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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 23.05.2002
Aktenzeichen: 2Z BR 33/02
Rechtsgebiete: ZPO, EGZPO


Vorschriften:

ZPO § 42
ZPO § 45 Abs. 2
ZPO § 261 Abs. 3 Nr. 2
EGZPO § 26
Ein einzelner Verfahrensfehler begründet regelmäßig nicht die Besorgnis der Befangenheit eines Richters.
Gründe:

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage mit 29 Wohnungen. Die Antragsteller haben zunächst von den Antragsgegnern Wohngeldrückstände von 144,35 DM vor dem Wohnungseigentumsgericht geltend gemacht. Mit Schriftsatz vom 11.10.2001 haben sie die Hauptsache in Höhe von 131,17 DM für erledigt erklärt; sie verlangen nunmehr noch Zahlung von 13,18 DM und Zinsen seit 20.2.2001.

Mit Schreiben vom 8.12.2001 hat der Antragsgegner zu 2 den für das Verfahren zuständigen Richter am Amtsgericht unter Hinweis auf einen streitigen Zivilprozess wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. In dem Zivilprozess, den der Antragsgegner zu 2 gegen ein Mitglied des Verwaltungsbeirats führte, habe derselbe Amtsrichter sein Urteil auf ein Schreiben gestützt, das in einem anderen Zivilprozess eingereicht worden und dem Antragsgegner zu 2 unbekannt geblieben sei. Mit Verfügung vom 17.12.2001 hat das Amtsgericht die Akten dem Landgericht zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch vorgelegt. Mit Beschluss vom 20.2.2002 hat das Landgericht die Ablehnung des Richters am Amtsgericht für unbegründet erklärt.. Dieser Beschluss wurde den beiden Antragsgegnern am 28.2.2002 zugestellt. Am 5.3.2002 ist beim Landgericht ein Schriftsatz des Antragsgegners zu 2 eingegangen, in dem er zum Ausdruck bringt, dass er mit dem Beschluss des Landgerichts vom 20.2.2002 nicht einverstanden sei. Dieser Schriftsatz ist zunächst dem Oberlandesgericht und von dort dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Entscheidung vorgelegt worden.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Rechtsmittel ist zulässig. Das Landgericht war zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch des Antragsgegners zu 2 zuständig.

a) Für das Rechtsmittel des Antragsgegners zu 2 gelten die §§ 46 Abs. 2, 567 ff. ZPO in der seit 1.1.2002 geltenden Fassung (§ 26. Nr. 10 EGZPO) entsprechend. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts werden aber nur für die Frage der Statthaftigkeit die Vorschriften der ZPO herangezogen, während es im übrigen bei den Vorschriften über die sofortige Beschwerde des FGG verbleibt (im einzelnen Demharter NZM 2002, 233/235). Da das Landgericht hier im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die sofortige Beschwerde gem. § 46 Abs. 2, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Im übrigen konnte der Antragsgegner zu 2 die sofortige Beschwerde gem. §§ 22, 21 Abs. 1, 2 FGG durch eine von ihm selbst unterzeichnete Beschwerdeschrift beim Landgericht wirksam einlegen. Dass er die sofortige Beschwerde zusätzlich bei dem nicht zuständigen Oberlandesgericht eingereicht hat, ändert nichts an der Zulässigkeit. Über die sofortige Beschwerde hat nach § 199 FGG das Bayerische Oberste Landesgericht zu entscheiden.

b) Das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG), das auch für das Verfahren nach dem Wohnungseigentumsgesetz maßgebend ist (§ 43 Abs. 1 WEG), enthält keine eigenen Vorschriften über die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit durch einen Verfahrensbeteiligten. Für derartige Fälle werden deshalb die Vorschriften der Zivilprozessordnung (§§ 42 ff. ZPO) entsprechend angewendet. Dem gemäß sind die Änderungen des Ablehnungsverfahrens zum.1.1.2002 durch das Zivilprozessreformgesetz auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu beachten. Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 ZPO n.F. hat seit 1.1.2002 bei Ablehnung eines Richters am Amtsgericht ein anderer Richter desselben Gerichts über das Gesuch zu entscheiden. Da § 26 EGZPO für § 45 Abs. 2 Satz 1-ZPO keine besondere Übergangsvorschrift enthält, gilt die Neuregelung unmittelbar seit 1.1.2002. Im vorliegenden Fall hat zu Recht noch das Landgericht über das Gesuch entschieden, wie es der bis zum 31.12.2001 geltenden Rechtslage entsprach (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 1 ZPO a.F.). Dabei kann offen bleiben, ob sich die Frage der Zuständigkeit des zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch berufenen Gerichts danach richtet, wann das Gesuch gestellt wurde oder wann das Ablehnungsgesuch dem anderen Richter des Amtsgerichts oder dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde. Das Ablehnungsgesuch wurde mit der dienstlichen Stellungnahme des abgelehnten Richters dem Landgericht mit Verfügung vom 17.12.2001 vorgelegt und ist dort am 19.12.2001 eingegangen. Damit wurde das Ablehnungsverfahren beim Landgericht anhängig. Entsprechend § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO ist es auch nach dem 1.1.2002 bei dieser Zuständigkeit verblieben (vgl. Zöller/ Greger ZPO 23. Aufl. § 261 Rn. 712). Diese Zuständigkeit ist auch dann gegeben, wenn auf den Zeitpunkt des Ablehnungsgesuchs abgestellt wird (vgl. Zöller/Greger § 261Rn. 13).

2. Entsprechend § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit in Wohnungseigentumsverfahren statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Dabei muss es sich um einen objektiven Grund handeln, der vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung erwecken kann, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber; rein subjektive, unvernünftige oder eingebildete Vorstellungen des Ablehnenden scheiden aus (ständige Rechtsprechung, z.B. BayObLG WuM 2002, 47).

Nach diesen Grundsätzen ist das Ablehnungsgesuch des Antragsgegners zu 2 unbegründet. Er erhebt zu Unrecht den Vorwurf, der Amtsrichter habe im vorangegangenen Zivilprozess ihm das rechtliche Gehör nicht gewährt. Das im Urteil vom 23.11.1999 verwertete Schreiben des Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats an das Landgericht vom 24.9.1999 war dem Antragsgegner zu 2 als dem damaligen Kläger als Anlage zu dem Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 2.11.1999 (Bl. 16/21 der Zivilprozessakten) übersandt worden. Durch Bezugnahme auf diesen Schriftsatz in der mündlichen Verhandlung vom 9.11.1999 sind gemäß § 137 Abs. 3 Satz 1 ZPO auch die Anlagen zu diesem Schriftsatz Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden, ohne dass der Amtsrichter darauf besonders hinweisen musste.

Selbst wenn in der Verwertung des genannten Schreibens im Urteil ohne vorherigen ausdrücklichen Hinweis ein Verfahrensfehler des Amtsrichters zu sehen sein sollte, wäre das Ablehnungsgesuch des Antragsgegners zu 2 unbegründet. Denn ein, auch schwererer, Verfahrensfehler allein vermag die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit regelmäßig nicht zu rechtfertigen. Verfahrensfehler sind mit den ordentlichen Rechtsmitteln der Berufung und Revision geltend zu machen, nicht aber durch Ablehnung des Richters. Erst eine Häufung von Verfahrensfehlern kann die Besorgnis der Befangenheit begründen (Putzo in Thomas/Putzo ZPO 24. Aufl. § 42 Rn. 12).

3. Dem unterlegenen Antragsgegner ZU 2 werden die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt (§ 47 WEG).

Der Geschäftswert wird gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG entsprechend d ein Wert des noch anhängigen Hauptsacheverfahrens festgesetzt.



Ende der Entscheidung

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