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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 30.05.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 35/03
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 10
WEG § 16 Abs. 2
Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass ein Wohnungseigentümer nur dann einen Anspruch gegen die übrigen Wohnungseigentümer auf Änderung eines bestehenden Kostenverteilungsschlüssels hat, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, die das Festhalten an der bisherigen Kostenverteilung als grob unbillig und damit als gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen lassen.
Gründe:

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Zur Anlage gehört eine Tiefgarage mit 23 Stellplätzen. Sechs Stellplätze befinden sich im Teileigentum von Personen, die gleichzeitig Wohnungseigentümer sind, die übrigen Eigentümer der Tiefgaragen-Stellplätze verfügen nicht über eine Wohnung in der Anlage. Der Antragsteller hat keinen Tiefgaragen-Stellplatz. Das Dach der Tiefgarage ist teilweise begrünt, teilweise gepflastert. Der Zugang und die Zufahrt von der Straße zur Wohnanlage führen über dieses Dach, die Mülltonnen sind auf dem Bereich der Dachfläche abgestellt. Auf dem gepflasterten Bereich sind 12 Pkw-Stellplätze ausgewiesen, die von den Wohnungseigentümern vermietet werden. An den Mieteinnahmen haben die Wohnungs- und Teileigentümer von Tiefgaragen-Stellplätzen mit ihren Miteigentumsanteilen teil.

Die Teilungserklärung enthält keine Regelung über die Verteilung der Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums.

Der Antragsteller hält die Kostenverteilung nach Miteigentumsanteilen für grob unbillig. Die Wohnungseigentümer, die nicht über einen Tiefgaragen-Stellplatz verfügen, würden durch die Instandhaltungsmaßnahmen gegenüber den Teileigentümern der Tiefgaragen-Stellplätze unangemessen belastet.

Der Antragsteller hat beim Amtsgericht beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, einer Abänderung des geltenden Kostenverteilungsschlüssels dergestalt zuzustimmen, dass laufende Instandhaltungen der Tiefgarage des Objekts mit folgendem Kostenverteilungsschlüssel abzurechnen sind:

85 % der anfallenden Kosten tragen die Teileigentümer der Tiefgaragen-Stellplätze, wobei der Gesamtschuldnerausgleich nach 1000stel Miteigentumsanteilen erfolgt,

15 % der anfallenden Kosten tragen die Wohnungseigentümer als Gesamtschuldner, wobei der Gesamtschuldnerausgleich nach 1000stel Miteigentumsanteilen erfolgt.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 15.3.2002 diesen Antrag abgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht am 3.2.2003 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

Das Landgericht hat ausgeführt:

Da keine abweichende Vereinbarung der Wohnungseigentümer bestehe, richte sich die Kostenverteilung nach § 16 Abs. 2 WEG. Diese Kostenverteilung sei nicht grob unbillig. Dem Antragsteller sei von vornherein bekannt gewesen, dass für die Tiefgarage keine besondere Kostenregelung bestehe. Das Tiefgaragendach diene auch dem Nutzen aller Wohnungseigentümer. Selbst wenn man die vom Antragsteller behauptete jahrelange abweichende Abrechnungspraxis als wahr unterstelle, sei dadurch keine Vereinbarung zustande gekommen. Jedenfalls würde eine etwaige Vereinbarung nicht gegen die Antragsgegner wirken, weil sie nicht in das Grundbuch eingetragen worden sei.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. BayObLG WE 1992, 162; WUM 2001, 142; ZMR 2001, 997) besteht ein Anspruch auf Abänderung des gesetzlichen oder vereinbarten Kostenverteilungsschlüssels nur dann, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, die ein Festhalten am bisherigen Verteilungsschlüssel als grob unbillig und damit als gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßend erscheinen lassen. Bei der Prüfung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist ein strenger Maßstab anzulegen. Meist, so auch hier, fällt dagegen ins Gewicht, dass den Wohnungseigentümern beim Erwerb des Wohnungseigentums der Verteilungsschlüssel bekannt war und sie sich deswegen auf ihn einstellen konnten. Eine Praxis, die Versuche ermutigen würde, die vereinbarte Regelung unter Berufung auf Billigkeitserwägungen in Frage zu stellen, könnte ständige Unruhe in den Gemeinschaften fördern und den Rechtsgrundsatz aushöhlen, dass das einmal Vereinbarte grundsätzlich bindet.

Von dieser Rechtsprechung, die zu ändern der Senat keine Veranlassung sieht, ist das Landgericht ausgegangen. Es hat in rechtlich nicht zu beanstandender Weise eine grobe Unbilligkeit verneint. Insbesondere hat es die Kenntnis des Antragstellers von der Kostenregelung bei Erwerb des Wohnungseigentums, den Nutzen der Tiefgarage für alle Wohnungseigentümer und die Auswirkungen der gesetzlichen Kostenverteilung in angemessener Weise gegeneinander abgewogen. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen an.

Ebenfalls in rechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das Landgericht entschieden, dass eine jahrelang geduldete Praxis, selbst wenn eine solche bestanden haben sollte, nicht zu einer Vereinbarung im Sinne des § 10 WEG geführt hat. Das Landgericht konnte nicht feststellen, dass die Beteiligten den geltenden Kostenverteilungsschlüssel für die Zukunft hätten ändern wollen. An diese rechtsfehlerfrei getroffene Tatsachenfeststellung ist der Senat gebunden (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 559 ZPO).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Insbesondere erschien es dem Senat angemessen, dem bereits in beiden Vorinstanzen erfolglosen Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner im Rechtsbeschwerdeverfahren aufzuerlegen.

Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt aus § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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