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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 10.08.2000
Aktenzeichen: 2Z BR 36/00
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 23
WEG § 25
WEG § 28
WEG § 45
Eine Beschwerde ist formwirksam eingelegt, wenn die Unterschrift des Anwalts fehlt, aber die beigefügte Abschrift einen Beglaubigungsvermerk des Anwalts enthält.

Jeder Wohnungseigentümer kann verlangen, dass entsprechend der Heizkostenverordnung und der Gemeinschaftsordnung Meßeinrichtungen für eine verbrauchsabhängige Abrechnung der Heizungs- und Warmwasserkosten installiert werden.

Der Kreis derjenigen Personen, die einen Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung vertreten dürfen, darf beschränkt werden.


BayObLG Beschluss

LG München II - 6 T 5776/99 AG Wolfratshausen 3 UR II 19/97

2Z BR 36/00

10.08.00

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung der Richter Demharter, Werdich und Dr. Delius am 10. August 2000 in der Wohnungseigentumssache wegen Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen,

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts München II vom 24. März 2000 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die in der Eigentümerversammlung vom 28. Juli 1997 unter Tagesordnungspunkt 3 gefaßten Eigentümerbeschlüsse hinsichtlich des Abrechnungspostens "Rechtskosten" in den Einzelabrechnungen für das Jahr 1996 und hinsichtlich der Entlastung des Verwalters für die Jahre 1995 und 1996 für ungültig erklärt werden.

II. Von den Gerichtskosten des Verfahrens vor dem Amtsgericht haben die Antragstellerin und die Antragsgegner, diese als Gesamtschuldner, jeweils die Hälfte zu tragen. Von den Gerichtskosten des Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerin 9/10 und die Antragsgegner als Gesamtschuldner 1/10.

Die Antragstellerin hat den Antragsgegnern die Hälfte ihrer außergerichtlichen Kosten im Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren zu erstatten. Eine weitergehende Kostenerstattung findet in keinem Rechtszug statt.

Die Kostenentscheidung des Landgerichts wird entsprechend abgeändert.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren vor dem Amtsgericht wird auf 120883 DM und der des Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahrens auf jeweils 66150 DM festgesetzt.

Die Geschäftswertfestsetzung des Landgerichts wird entsprechend abgeändert.

Gründe

I.

Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von dem weiteren Beteiligten verwaltet wird.

§ 7 Abs. 4 der in der Teilungserklärung vom 20.8.1997 enthaltenen Gemeinschaftsordnung lautet auszugsweise wie folgt:

Die Heizungskosten und die Kosten der Warmwasserversorgung werden zu 50% nach Wohnfläche wie sie in der Anlage II ausgewiesen sind, auf die Wohnungseigentümer und zu 50% anhand des festgestellten Verbrauchs umgelegt.

Zur Ermittlung der Verbrauchswerte werden entsprechende Meßeinrichtungen eingebaut.

In der Eigentümerversammlung vom 28.7.1997 faßten die Wohnungseigentümer unter Tagesordnungspunkt (TOP) 3 folgenden Beschluss:

Die Versammlung genehmigt die Rechnungslegungen und die Tätigkeiten der Hausverwaltung für die Wirtschaftsjahre 1995 und 1996.

Die Antragstellerin hat unter anderem beantragt, den Eigentümerbeschluss zu TOP 3 für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat dem Antrag am 26.8.1999 stattgegeben, das Landgericht hat ihn durch Beschluss vom 24.3.2000 abgewiesen. Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Unschädlich sei, dass die Abrechnungen der Einladung zu der Versammlung vom 28.7.1997 nicht beigelegen hätten. Jedenfalls die Abrechnung von 1995 sei Gegenstand einer früheren, gescheiterten Beschlussfassung gewesen. Entscheidend sei im übrigen', dass die Abrechnungen bei der Abstimmung vorlägen. Die Antragstellerin behaupte nicht, dass die Wohnungseigentümer Abrechnungen genehmigt hätten, die sie nicht gekannt hätten.

Soweit die Antragstellerin bestreitet, dass ihr Rechtskosten in Höhe von 350,71 DM gutgeschrieben worden seien, geschehe dies ohne Erfolg. Denn sie hätte anhand der seitdem erstellten Abrechnung feststellen können, ob ein entsprechender Betrag berücksichtigt worden sei oder nicht. Ihr unsubstantiiertes Bestreiten genüge nicht. Dem Begehren der Antragstellerin fehle wegen eingetretener Hauptsacheerledigung das Rechtsschutzbedürfnis.

Für die Jahre 1995 und 1996 seien die Kosten für Heizung und Warmwasser nach Wohnfläche umgelegt worden; Verbrauchswerte seien nicht erhoben worden. Wenn die Kosten nicht ordnungsgemäß umgelegt worden seien, betreffe dies allenfalls die Einzelabrechnungen, nicht aber die Gesamtabrechnung. Nachträglich sei es nicht möglich, eine der Gemeinschaftsordnung entsprechende Abrechnung vorzunehmen. Da entsprechende Meßgeräte fehlten, habe der Verwalter nicht anders abrechnen können. Es sei auch nicht seine Aufgabe gewesen, Meßgeräte anbringen zu lassen, zumal die Wohnungseigentümer dies mehrheitlich nicht wollten und eine Änderung der Gemeinschaftsordnung betrieben hätten.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält im wesentlichen der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Das Landgericht ist zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde der Antragsgegner zu 2 ausgegangen. Der am letzten Tag der Frist mittels Telefax eingegangenen Beschwerdeschrift fehlt zwar die letzte Seite mit der Unterschrift des verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalts. Gleichzeitig ging aber eine beglaubigte Abschrift der Beschwerdeschrift per Telefax ein, die die letzte Seite enthält, allerdings nicht mit der Unterschrift des verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalts. Die Seite enthält aber einen Beglaubigungsvermerk, der von dem verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben ist. Damit liegt eine wirksame Beschwerdeschrift vor (BAG NJW 1973, 1343).

b) Zu Recht weist das Landgericht darauf hin, dass es sich bei dem Eigentümerbeschluss zu TOP 3 nicht um einen einheitlichen Beschluss handelt. Der Eigentümerbeschluss hat vielmehr die Genehmigung der Jahresabrechnung (Gesamtabrechnung und Einzelabrechnung) für die Jahre 1995 und 1996 zum Gegenstand sowie die Entlastung des Verwalters für diese beiden Jahre. Weil es sich dabei um jeweils selbständige Beschlussgegenstände handelt, konnte die Beschwerde gegen die den Eigentümerbeschluss insgesamt für ungültig erklärende Entscheidung des Amtsgerichts auf einzelne Beschlussgegenstände beschränkt werden, ebenso wie dies bei der Anfechtung des Eigentümerbeschlusses möglich gewesen wäre (BayObLGNJW 1986, 385). Dies ist hier geschehen. Die Antragsgegner zu 2 haben in ihrer Beschwerdebegründungsschrift vom 13. 9.1999 ausdrücklich ausgeführt, das Beschwerdeverfahren beziehe sich nur auf den Abrechnungsposten "Heiz- und Warmwasserkosten"; sie haben sich in der Rechtsmittelbegründung auch ausschließlich mit diesem Punkt befaßt. Zu Recht weist die Antragstellerin daher darauf hin, dass der Beschlussgegenstand "Entlastung des Verwalters" von der Erstbeschwerde nicht erfaßt wird, sich das Rechtsmittel vielmehr lediglich gegen die Genehmigung der Jahresabrechnungen 1995 und 1996 richtet. Dass die Antragsgegner zu 2 dabei lediglich den Abrechnungsposten Heiz- und Warmwasserkosten bekämpften, liegt daran, dass die übrigen Beanstandungen der Jahresabrechnungen durch die Antragstellerin vom Amtsgericht als nicht gerechtfertigt erachtet wurden.

Damit hat es bei der Ungültigerklärung des Beschlussgegenstands "Entlastung des Verwalters" durch das Amtsgericht zu verbleiben. Es braucht daher nicht mehr darauf eingegangen zu werden, ob den Antragsgegnern zu 2 überhaupt ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschwerde gegen die Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses über die Entlastung des Verwalters zugestanden werden könnte.

c) Soweit in der Abrechnung für das Jahr 1996 die für Rechtsstreitigkeiten entstandenen Kosten auf alle Wohnungseigentümer mit Einschluß der Antragstellerin umgelegt wurden, entsprechen die Abrechnung und der sie genehmigende Eigentümerbeschluss nicht ordnungsmäßiger Verwaltung. Denn zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass sich die Antragstellerin an diesen Kosten nicht zu beteiligen hat. Dieser Mangel erfaßt aber nur die Einzelabrechnungen, weil er lediglich die Umlegung dieser Kosten auf die einzelnen Wohnungseigentümer betrifft. Dieser Mangel der Einzelabrechnungen für das Jahr 1996 konnte nicht durch eine behauptete Gutschrift auf dem Wohngeldkonto der Antragstellerin behoben werden. Die Freistellung der Antragstellerin von den anteiligen Kosten hatte nämlich zur Folge, dass sich die Kostenbelastung aller anderen Wohnungseigentümer erhöht. Dies ist bei einer bloßen Gutschrift auf dem Wohngeldkonto der Antragstellerin nicht berücksichtigt. Die Einzelabrechnungen 1996 sind daher wegen des Abrechnungspostens "Rechtskosten" für ungültig zu erklären.

d) Im Mittelpunkt der Beanstandungen der Antragstellerin steht der Abrechnungsposten "Heiz- und Warmwasserkosten" in den Abrechnungen für die Jahre 1995 und 1996. Insoweit hat das Landgericht ohne Rechtsfehler eine Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses zu TOP 3 abgelehnt. Die verbrauchsunabhängige Umlage dieser Kosten auf die einzelnen Wohnungseigentümer widerspricht sowohl der Heizkostenverordnung als auch § 7 Abs. 4 GO. Gleichwohl wurde der Eigentümerbeschluss insoweit zu Recht nicht für ungültig erklärt. In den beiden Jahren sind Kosten für Heizung und Warmwasser entstanden und mußten auf die einzelnen Wohnungseigentümer umgelegt werden. Eine verbrauchsabhängige Umlage war nicht möglich und ist auch künftig nicht möglich, weil Verbrauchswerte mangels Meßeinrichtungen nicht erfaßt wurden und nachträglich nicht mehr erfaßt werden können. Vor diesem Hintergrund bestehen gegen eine nicht verbrauchsabhängige Umlage keine durchgreifenden Bedenken (vgl. BayObLGNZM 1999, 908/909).

Dem steht auch nicht die Rechtskraft einer früheren gerichtlichen Entscheidung entgegen, durch die ein Eigentümerbeschluss für ungültig erklärt wurde, der für die Zukunft in Abänderung der Gemeinschaftsordnung eine verbrauchsunabhängige Abrechnung der Heizungs- und Warmwasserkosten vorsah. Es bleibt damit dabei, dass die Wohnungseigentümer entsprechend der Gemeinschaftsordnung verpflichtet sind, verbrauchsabhängig abzurechnen und die hierfür erforderlichen Meßeinrichtungen anbringen zu lassen. Solange dies aber nicht geschehen ist, bleibt nichts anderes als eine Abrechnung nach einem anderen geeigneten Verteilungsschlüssel. Die vom Amtsgericht geäußerte Befürchtung, damit würde die Antragstellerin rechtlos gestellt, ist nicht begründet. Denn jeder Wohnungseigentümer und damit auch die Antragstellerin ha t gegen die anderen einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Anbringung von Meßeinrichtungen entsprechend den Vorgaben der Heizkostenverordnung und der Gemeinschaftsordnung, so dass Verbrauchswerte erfaßt und einer Abrechnung zugrundegelegt werden können.

e) Die formalen Einwendungen der Antragstellerin gegen einen wirksamen Eigentümerbeschluss zu TOP 3 hat das Landgericht ohne Rechtsfehler zurückgewiesen.

(1)In § 11 Abs. 7 GO ist der Kreis derjenigen Personen, durch die sich ein Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung vertreten lassen kann, auf andere Wohnungseigentümer, den Ehegatten oder einen in gerader Linie Verwandten beschränkt. Eine solche Beschränkung ist zulässig; Gründe, die es ausnahmsweise nach Treu und Glauben geboten erscheinen lassen könnten, auch weitere Personen zuzulassen, liegen nicht vor (s. dazu BayObLGZ 1996, 297 m.w.N.).

(2) § 23 Abs. 2 WEG bestimmt, dass zur Gültigkeit eines Eigentümerbeschlusses sein Gegenstand in der Einberufung bezeichnet sein muß. Dadurch soll es den Wohnungseigentümern ermöglicht werden, sich auf die Eigentümerversammlung und die anstehende Beschlussfassung über die einzelnen Tagesordnungspunkte vorzubereiten (vgl. BayObLG ZMR 1998, 580/581).

Bei dem Tagesordnungspunkt "Beschlussfassung über die Jahresabrechnung" wird es daher grundsätzlich als notwendig zu erachten sein, dass mit der Einladung die Jahresabrechnung zugesandt wird. Dies ist hier, was die Einladung zu der Versammlung vom 28.7.1997 angeht, nicht geschehen. Ohne Rechtsfehler hat dies das Landgericht unbeanstandet gelassen. Denn die Jahresabrechnungen waren den Wohnungseigentümern bekannt, weil sie Gegenstand einer kurz vorher, nämlich am 26.5.1997 vorgenommenen und gescheiterten Beschlussfassung waren.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Sie orientiert sich an dem Ergebnis des Verfahrens. Die Antragsgegnerin zu 1 hat sich an diesem nicht beteiligt.

Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG. Bei der Anfechtung eines Eigentümerbeschlusses über die Jahresabrechnung ist grundsätzlich der Wert der einzelnen beanstandeten Abrechnungsposten zugrunde zu legen und wegen der übrigen, nicht im einzelnen beanstandeten Abrechnungsposten, ein Bruchteil von etwa einem Viertel ihres Werts (vgl. BayObLGZ 1979, 312).

Die Gesamtausgaben des Jahres 1995 betragen etwa 131000 DM und die des Jahres 1996 etwa 127000 DM. Soweit der Abrechnungsposten Heizung und Warmwasser beanstandet wird, legt der Senat der Geschäftswertfestsetzung nur etwa ein Drittel der Heizkosten von etwa 14300 DM im Jahr 1995 (= 5000 DM) und etwa 13000 DM im Jahr 1996 (= 4000 DM) zugrunde, weil nicht der Ansatz dieser Kosten als solcher beanstandet wird, sondern nur die Verteilung auf die einzelnen Wohnungseigentümer. Im Hinblick auf die nicht beanstandeten Abrechnungsposten nimmt der Senat einen Betrag von jeweils 20000 DM an und für den Beschlussgegenstand "Verwalterentlastung" jeweils 5000 DM.

Für TOP 3, der Gegenstand des Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahrens ist, ergibt sich damit ein Geschäftswert von insgesamt 66150 DM, der sich aus einem Betrag von 36300 DM für das Jahr 1995 und 29850 DM für das Jahr 1996 zusammensetzt.

Der Geschäftswert für das Verfahren vor dem Amtsgericht erhöht sich um die von diesem für die übrigen Verfahrensgegenstände angenommenen Werte (TOP 2: 18161 DM; TOP 4: 28572 DM; TOP 7: 8000 DM), so dass sich ein Gesamtgeschäftswert von 120883 DM ergibt. Entsprechend werden die Geschäftswerte für die einzelnen Rechtszüge festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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