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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 23.02.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 36/01
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 21 Abs. 3
WEG § 21 Abs. 4
Die Wirksamkeit eines Entlastungsbeschlusses hängt nicht davon ab, dass der Verwalter die Wohnungseigentümer über mögliche Schadensersatzansprüche belehrt hat, die gegen ihn zu richten wären.
BayObLG Beschluss

LG München I - 1 T 17690/00; AG München 483 UR II 946/99

2Z BR 36/01

23.02.01

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Demharter und Dr. Delius

am 23. Februar 2001

in der Wohnungseigentumssache

wegen Schadensersatzes,

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 18. Januar 2001 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen und die der Antragsgegnerin und ihrem Streithelfer im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 17254,57 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, deren Verwalterin bis 31.12.1998 die Antragsgegnerin war. Der Streithelfer der Antragsgegnerin ist Architekt.

Am 8.5.1995 beschlossen die Wohnungseigentümer, die Laubengänge im obersten Stockwerk der Anlage mit einer Sicherheitsglasüberdachung zu versehen. Ferner beschlossen sie, den Streithelfer der Antragsgegnerin mit der Planung und Bauüberwachung zu beauftragen.

Am 20.10.1995 wurde die Baugenehmigung für die Maßnahme unter der aufschiebenden Bedingung erteilt, dass mit den Bauarbeiten erst begonnen werden darf, wenn diese schriftlich freigegeben wurden. Am 31.10.1995 erteilte die Antragsgegnerin den Auftrag, die Überdachungsarbeiten auszuführen.

In der Eigentümerversammlung vom 18.6.1996 berichtete die Antragsgegnerin unter Tagesordnungspunkt 1 über die Verzögerung bei der Erteilung der Baugenehmigung für die Glasüberdachung der obersten Laubengänge. Unter Tagesordnungspunkt 2 erteilten die Wohnungseigentümer der Verwalterin für das Jahr 1995 Entlastung. In der Eigentümerversammlung vom 7.7.1997 wies die Antragsgegnerin unter Tagesordnungspunkt 1 darauf hin, dass die ausgeführte Laubenverglasung von der Lokalbaukommission nicht anerkannt werde. Unter Tagesordnungspunkt 2 wurde der Verwalterin sodann für das Jahr 1996 Entlastung erteilt. Unter Tagesordnungspunkt 6 ermächtigten die Wohnungseigentümer die Antragsgegnerin, zur Durchsetzung von Ansprüchen der Wohnungseigentümer im Zusammenhang mit dem geforderten Glasaustausch einen Rechtsanwalt zu beauftragen und gegebenenfalls Klage zu erheben.

Am 31.7.1997 verlangte die Landeshauptstadt München den Austausch der eingebauten Überkopfverglasung.

Die Antragsteller nehmen die Antragsgegnerin auf Ersatz der Kosten für den Glasaustausch in Anspruch. Sie haben beantragt, die Antragsgegnerin zur Zahlung von 17254,57 DM nebst Zinsen zu verpflichten. Das Amtsgericht hat den Antrag am 11.8.2000 abgewiesen. Das Landgericht hat durch Beschluss vom 18.1.2001 die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Amtsgerichts ausgeführt: Die Schadensersatzansprüche seien schon wegen der der Verwalterin erteilten Entlastung für die Jahre 1995 und 1996 unbegründet. In der Eigentümerversammlung vom 7.7.1997 sei bekannt gewesen, dass das Glas ausgetauscht werden müsse. Möglicherweise sei jedoch die Verantwortlichkeit nicht bei der Verwalterin gesehen worden. Auch diese hätte aber in den Kreis derjenigen einbezogen werden müssen, die als Schadensersatzpflichtige in Betracht kämen. Ihr hätte daher nicht Entlastung erteilt werden dürfen. Die Entlastung ergreife grundsätzlich die gesamte Tätigkeit des Verwalters. Eine Belehrung der Wohnungseigentümer seitens des Verwalters über etwaige Schadensersatzansprüche gegen ihn sei nicht geboten. Der dem Schadensersatzanspruch zugrundegelegte Sachverhalt sei ohne weiteres erkennbar gewesen. Die Baugenehmigung vom 20.10.1995 und die Auftragserteilung vom 31.10.1995, also vor Freigabe der Bauarbeiten, seien bekannt gewesen. Im übrigen sei ein Fehlverhalten der Verwalterin nicht ersichtlich.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Die Entlastung des Verwalters wirkt wie ein negatives Schuldanerkenntnis der Wohnungseigentümer gegenüber dem Verwalter, das im Umfang der Entlastung jegliche Schadensersatzansprüche und konkurrierende Ansprüche wegen solcher Vorgänge ausschließt, die bei der Beschlussfassung den Wohnungseigentümern bekannt oder für sie bei Anwendung zumutbarer Sorgfalt erkennbar waren (BGH NJW 1997, 2106/2108; BayObLG WE 1988, 76; ZWE 2000, 183 f.; Staudinger/Bub WEG § 28 Rn. 438; Palandt/Bassenge BGB 60. Aufl. § 26 Rn. 16; Bärmann/Merle WEG 8. Aufl. § 28 Rn. 112).

b) Ohne Rechtsfehler haben die Vorinstanzen nach diesen Grundsätzen den geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen der der Antragsgegnerin erteilten Entlastung verneint. Insbesondere aus der Niederschrift über die Eigentümerversammlung vom 7.7.1997 ergibt sich, dass die Vorgänge, die zu dem Schadensereignis geführt haben, den Wohnungseigentümern bekannt waren. Diese haben sich in dieser Versammlung mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen ausdrücklich befasst. Allerdings war dabei nicht die Antragsgegnerin als Schadensersatzpflichtige ins Auge gefasst. Es war aber ohne weiteres erkennbar, dass insoweit auch die Verwalterin in Betracht kommen konnte. Dem Verwalter von Wohnungseigentum obliegt auch, anders als einem Rechtsanwalt, keine Pflicht zu rechtlichen Hinweisen und Belehrungen der Wohnungseigentümer..

Grundsätzlich besteht kein Anspruch des Verwalters gegen die Wohnungseigentümer, dass ihm, insbesondere im Zusammenhang mit der Erstellung der Jahresabrechnung, Entlastung erteilt wird (OLG Düsseldorf WuM 1996,.723; BayObLG ZWE 2000, 183 f.; Staudinger/Bub § 28 Rn. 450; Bärmann/Merle § 28 Rn. 116). Wenn die Wohnungseigentümer gleichwohl, ohne dazu verpflichtet zu sein, dem Verwalter Entlastung erteilen, dann müssen sie auch die rechtlichen Folgen tragen.

Ob ein Eigentümerbeschluss, durch den dem Verwalter Entlastung erteilt wird, überhaupt ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen kann, auf die jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch hat (§ 21 Abs. 3, 4 WEG), weil damit mögliche Ansprüche aufgegeben werden, ohne dass die Wohnungseigentümer dazu verpflichtet wären und der Verwalter darauf einen Anspruch hätte, braucht hier nicht entschieden zu werden (verneinend AG Kerpen ZMR 1998, 376; Köhler ZMR 1999, 293; Sauren Das Praxislexikon Wohnungseigentum Stichwort: Entlastung S. 98). Nichtig ist ein solcher Eigentümerbeschluss jedenfalls nicht.

3. Es erscheint angemessen, den Antragstellern als Gesamtschuldnern die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin und ihres Streithelfers aufzuerlegen (§ 47 WEG). Der Geschäftswert wird gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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