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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 23.05.2002
Aktenzeichen: 2Z BR 37/02
Rechtsgebiete: BGB, GBO


Vorschriften:

BGB § 2113
GBO § 51
Durch eine Zwischenverfügung kann nicht aufgegeben werden, eine zur Eintragung erforderliche, aber noch gar nicht erklärte Eintragungsbewilligung des unmittelbar Betroffenen beizubringen.
Gründe:

I.

Als Eigentümer eines Grundstücks waren ursprünglich Eheleute in Bruchteilsgemeinschaft zu je 1/2 eingetragen.

Im Jahr 1997 ging der 1/2-Miteigentumsanteil der Ehefrau im Weg der Erbfolge auf die aus dem Ehemann und dem gemeinsamen Sohn, dem Beteiligten zu 1, bestehende Erbengemeinschaft über. In Abteilung I wurden im Grundbuch nunmehr als Eigentümer eingetragen unter Nr. 2 a der Ehemann zur Hälfte und unter Nr. 2 b I und II die aus dem Ehemann und dem Sohn bestehende Erbengemeinschaft zur anderen Hälfte.

Der Ehemann wurde im Jahr 1999 von dem Sohn als Vorerbe beerbt. Nacherbe ist dessen Sohn, der Beteiligte zu 2.

Der Beteiligte zu 1 ist seit dem Jahr 1999 als Alleineigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen. In Abteilung II wurde vermerkt, dass Nacherbfolge angeordnet ist hinsichtlich der Anteile Nr. 2 a und 2 b I.

Der Beteiligte zu 1 hat beantragt, im Weg der Grundbuchberichtigung den Nacherbenvermerk zu löschen. Das Grundbuchamt hat durch Zwischenverfügung vom 27.12.2001 die Zustimmung des Nacherben verlangt. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 25.3.2002 die Beschwerde des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich dessen weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und der Zwischenverfügung des Grundbuchamts.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Beteiligte zu 1 sei hinsichtlich seines 3/4-Anteils an dem Grundstück nicht-befreiter Vorerbe. Lediglich die Verfügung über das restliche 1/4 sei nicht durch Nacherbfolge beschränkt. In einem solchen Fall gehe bei der vorzunehmenden Güterabwägung der Schutzzweck des § 2113 BGB dem Interesse des Eigentümers an einer freien Verfügungsmöglichkeit vor.

2. Die Entscheidung des Landgerichts und die Zwischenverfügung müssen aus formellen Gründen aufgehoben werden.

Durch die Zwischenverfügung sollen dem Antragsteller der Rang und die sonstigen Rechtswirkungen, die sich nach dem Eingang des Antrags richten und die bei sofortiger Zurückweisung verloren gingen, erhalten bleiben. Dies ist nur gerechtfertigt, wenn der Mangel des Antrags mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann; nur unter diesen Voraussetzungen kommt der Erlass einer Zwischenverfügung in Betracht. Durch Zwischenverfügung kann somit nicht aufgegeben werden, eine zur Eintragung erforderliche, aber noch gar nicht erklärte Eintragungsbewilligung des unmittelbar Betroffenen beizubringen (BayObLG Mitt-BayNot 1990, 307 m.w.N.).

Diese Grundsätze hat das Grundbuchamt nicht beachtet und durch Zwischenverfügung aufgegeben, die Zustimmung des Nacherben beizubringen. Soweit eine "Zustimmung" verlangt wird, ist die Zwischenverfügung so auszulegen, dass die gemäß § 19 GBO erforderliche Eintragungsbewilligung gemeint ist. Die Zwischenverfügung und die sie bestätigende Entscheidung des Landgerichts können daher keinen Bestand haben; sie sind aufzuheben.

3. Da Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens nur die Zwischenverfügung und nicht der Eintragungsantrag selbst ist, kann über den Eintragungsantrag vom Rechtsbeschwerdegericht nicht entschieden werden. Dies ist Sache des Grundbuchamts.

4. Die Anordnung einer Kostenerstattung ist nicht veranlasst (§ 13a Abs. 1 Satz 1 FGG).

III.

Für das weitere Verfahren wird bemerkt:

1. Wird einer von zwei Miterben eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück durch den anderen zum Vorerben eingesetzt und stirbt der andere, so kann der Überlebende als Alleinerbe .über diesen Miteigentumsanteil ohne die Beschränkungen des § 2113 BGB verfügen; die Regelung des § 51 GBO gilt in diesem Fall nicht (BGH Rpfleger 1978, 52; Demharter GBO 24. Aufl. § 51 Rn. 3). Andernfalls würde nicht nur der zum Nachlass des verstorbenen Miterben gehörende Gesamthandsanteil den Verfügungsbeschränkungen des § 2113 BGB unterworfen werden, sondern auch derjenige Gesamthandsanteil, der dem überlebenden Miterben schon vorher zu eigenem Recht zustand. Aus dem Gesichtspunkt der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit verdient das Schutzbedürfnis des Vorerben an der Flexibilität der Geschäftsführung und des Verkehrsschutzes den Vorrang vor dem Interesse des Nacherben am Schutz vor unberechtigtem Rechtsverlust (vgl. BGH aaO; BayObLGZ 1994, 177/180 ff.; Meikel/ Kraiss Grundbuchrecht Rn. 59; Schaub in Bauer/von Oefele Grundbuchordnung Rn. 58 und 62, jeweils zu § 51). Nichts anderes ergibt sich im Hinblick darauf, dass der Vorerbe in einem solchen Fall vor dem Eintritt des Nacherbfalls über seinen ursprünglichen Miterbenanteil im ganzen hätte verfügen (§ 2033 BGB) oder Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft (§ 2042 BGB) verlangen können (vgl. BGH aaO).

Der Nacherbenvermerk ist damit insoweit zu löschen, als er bezüglich des ursprünglich unter Nr. 2 b I vorgetragenen Anteils eingetragen ist, ohne dass eine Bewilligung des Nacherben erforderlich wäre (vgl. § 22 GBO).

2. Es bleibt dagegen bei der Anwendung von § 2113 BGB und bei der Eintragung des Nacherbenvermerks, wenn bei einer Bruchteilsgemeinschaft ein Miteigentümer hinsichtlich eines Miteigentumsanteils Vorerbe des anderen wird (vgl. BGH MittBayNot 1973, 28; Demharter Rn. 3, Meikel/Kraiss Rn. 61, jeweils zu § 51).

Ein solcher Fall liegt hinsichtlich des ursprünglichen Miteigentumsanteils Nr. 2 a vor. Dieser Miteigentumsanteil stand im Alleineigentum des Ehemanns. Im Gegensatz zu dem Miteigentumsanteil Nr. 2 b war er also nicht Gesamthandseigentum, das aus dem ursprünglich im Alleineigentum der Ehefrau stehenden Miteigentumsanteil entstand. Hinsichtlich des im Alleineigentum stehenden Miteigentumsanteils konnte der Ehemann Vor- und Nacherbschaft anordnen, ohne dass ein Konflikt zwischen dem Interesse eines Gesamthänders und dem Interesse des Nacherben am Schutz vor unberechtigtem Rechtsverlust entstehen konnte.

Der Beteiligte zu 1 ist somit durch die Anordnung der Nacherbschaft in der Verfügung über das Grundstück hinsichtlich des ursprünglichen Miteigentumsanteils Nr. 2 a beschränkt. Insoweit gilt nichts anderes als in dem Fall gälte, dass der Erblasser (Ehemann) seinen Miteigentumsanteil Nr. 2 a einem Dritten unter Anordnung von Vor- und Nacherbschaft vermacht hätte. Allein der Umstand, dass die beiden Miteigentumsanteile an dem Grundstück Nr. 2 a und 2 b bei dem Sohn nunmehr in einer Hand vereint sind, kann nicht dazu führen, dass die Rechtsprechung zur Eintragung eines Nacherbenvermerks, wenn zum Nachlass des Erblassers Anteile an einem Gesamthandsvermögen gehören und Vor- und Nacherbschaft angeordnet ist, erweitert wird. Im Ergebnis hat sich der Nacherbenvermerk darauf zu beschränken, dass Nacherbfolge nur hinsichtlich eines 1/2-Miteigentumsanteils-angeordnet ist.



Ende der Entscheidung

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