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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 04.08.2000
Aktenzeichen: 2Z BR 4/00
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 21 Abs. 3
WEG § 21 Abs. 4
WEG § 22 Abs. 1
Der Beschluß, eine neue Hauseingangstüre in bestimmter Weise zu gestalten, ist daraufhin zu überprüfen, ob die Neugestaltung die Fassade optisch beeinträchtigt.
BayObLG Beschluss

LG München I - 1 T 14641/99 AG München 482 UR II 409/99

2Z BR 4/00

04.08.00

Der 2.Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung der Richter Demharter, Werdich und Dr.Delius am 4.August 2000 in der Wohnungseigentumssache wegen Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses,

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 29.November 1999 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegner tragen die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren in allen Rechtszügen wird auf 14000 DM festgesetzt. Die Geschäftswertfestsetzung der Vorinstanzen wird entsprechend abgeändert.

Gründe

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Anlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird und aus zehn Wohnungen, einem Laden und drei Garagen besteht. In der Eigentümerversammlung vom 18.2.,1997 beschlossen die Wohnungseigentümer den Einbau einer "neuen Hauseingangstüre mit integrierten Briefkästen und Klingelanlage". Die Kosten sollten ca. 12000 DM betragen; die Gestaltung der Türe sollte nach Vorlage von weiteren Angeboten in einer weiteren Eigentümerversammlung festgelegt werden. Ferner wurde beschlossen, die Briefkastenschlitze in den vorhandenen Wohnungseingangstüren zu schließen. Diese Eigentümerbeschlüsse wurden nicht angefochten.

In der Versammlung vom 12.6.1998 beschlossen die Wohnungseigentümer, die Hauseingangstüre entsprechend vorgelegter Skizze in Eiche natur farblos lasiert ausführen zu lassen. Dieser Eigentümerbeschluss wurde vom Antragsteller angefochten und vom Amtsgericht für ungültig erklärt. In der Versammlung vom 9.11.1998 faßten die Wohnungseigentümer einen weiteren Beschluss über die Gestaltung der Hauseingangstüre, der wiederum auf Antrag des Antragstellers vom Amtsgericht für ungültig erklärt wurde.

In der Eigentümerversammlung vom 17.5.1999, bei der sechs Wohnungseigentümer mit § 683/10 000 Miteigentumsanteilen anwesend oder vertreten waren, wurde die Gestaltung der Hauseingangstüre erneut behandelt. Der Versammlungsniederschrift zufolge legte die Verwalterin eine Zeichnung der Firma R. vom 21.4.1999 vor, die nach einem Ortstermin angefertigt und jedem Eigentümer mit der Einladung zur Versammlung zugesandt worden sei, und teilte mit, dass die Firma R. ein Angebot zum Preis von 11897 DM zuzüglich Mehrwertsteuer abgegeben habe. Die Ausführung sei wie folgt vorgesehen:

Türrahmen: Eiche massiv, naturlasiert,

Verglasung: Isolierglas, linker Teil schwenkbar,

9 Briefkästen, Größe für DIN A 4-Küverts geeignet.

Der Antrag, die Türe in dieser Form auszuführen, wurde mit fünf Ja-Stimmen gegen eine Nein-Stimme angenommen.

Auf Antrag des Antragstellers hat das Amtsgericht den Eigentümerbeschluss vom 17.5.1999 am 2.8.1999 für ungültig erklärt. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht durch Beschluss vom 29.11.1999 zurückgewiesen. Die Antragsgegner haben sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Eigentümerbeschluss vom 17.5.1999 widerspreche schon deshalb ordnungsmäßiger Verwaltung, weil der neugestaltete Hauseingang nur neun Briefkästen erhalten solle, während in der zugrunde liegenden Skizze und in früheren Eigentümerbeschlüssen zehn Briefkästen vorgesehen gewesen seien. Für den Wegfall des zehnten Briefkastens sei kein sachlicher Grund ersichtlich. Aus dem Beschwerdevorbringen ergebe sich vielmehr, dass der Antragsteller gemaßregelt werden solle; dies allein müsse schon zur Aufhebung des Eigentümerbeschlusses führen.

Darüber hinaus teile die Kammer in vollem Umfang die Auffassung des Amtsgerichts, dass die Ersetzung der messingfarbenen Metalltüre durch eine Holztüre in der Farbe Eiche natur zu einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung der Fassadenansicht führen würde. Den vorgelegten Lichtbildern sei zu entnehmen, dass die Hauseingangstüre, die danebenliegenden Schaufenster und die zwischen den Schaufenstern liegende Ladeneingangstüre einheitlich in messingfarbenem Metall ausgeführt seien. Diese Elemente bestimmten den Eindruck etwa der Hälfte der Hausfassade und ließen diese als Einheit erscheinen. Der anschließende Teil der Fassade sei geprägt von weißen, durch Sprossen unterteilten Fenstern und mache ebenfalls einen einheitlichen, aber andersartigen Eindruck. Die vorgesehene Haustüre in Eiche natur würde in der durch messingfarbene Metallelemente geprägten Hälfte der Fassade wie ein Fremdkörper wirken, aber auch nicht zu der anderen Fassadenhälfte mit den weißen Sprossenfenstern passen und damit insgesamt einen unruhigen und unharmonischen Eindruck hervorrufen.

2. Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Der Eigentümerbeschluss vom 17.5.1999 knüpft an den bestandskräftigen Eigentümerbeschluss vom 18.2.1997 an, mit dem die Wohnungseigentümer grundsätzlich beschlossen haben, eine neue Hauseingangstüre einzubauen und deren Gestaltung in einer weiteren Eigentümerversammlung festzulegen. Damit kann dem Mehrheitsbeschluss vom 17.5.1999 nicht entgegengehalten werden, dass es sich bei der vorgesehenen Maßnahme um eine bauliche Veränderung im Sinn von § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG handle, die grundsätzlich der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedürfe. Dieser Beschluss, der eine bestimmte Ausführung der neuen Eingangstüre festlegt, ist vielmehr daraufhin zu überprüfen, ob er einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht, die jeder Wohnungseigentümer verlangen kann. Der Eigentümerbeschluss muß daher den Vereinbarungen und Beschlüssen der Wohnungseigentümer und, soweit solche nicht bestehen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entsprechen (§ 21 Abs. 3, Abs. 4 WEG; BayObLG WE 1995, 286 und NZM 2000, 512/513).

b) Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass der angefochtene Eigentümerbeschluss schon deswegen einer ordnungsmäßigen Verwaltung nicht entspricht, weil er für die zehn Wohnungen umfassende Anlage eine Hauseingangstüre mit nur neun Briefkästen vorsieht. Die Wohnungseigentümer haben am 18.2.1991 nicht nur den Einbau einer neuen Hauseingangstüre mit integrierter Briefkastenanlage, sondern auch die Schließung der Briefkastenschlitze in den vorhandenen Wohnungseingangstüren bestandskräftig beschlossen. Demnach sollen die an der neuen Haustüre anzubringenden Briefkästen an die Stelle der bisherigen Einwurfschlitze an den Wohnungstüren treten. Somit muß für jedes Wohnungseigentum ein Briefkasten an der Haustüre angebracht werden. Im übrigen weist das Landgericht zu Recht darauf hin, dass dem Antragsteller nicht aus sachfremden Erwägungen ein Briefkasten vorenthalten werden darf.

c) Die am 17.5.1999 beschlossene Gestaltung der Hauseingangstüre widerspricht auch deswegen einer ordnungsmäßigen Verwaltung im Sinn von § 21 Abs. 4 WEG, weil sie zu einer optischen Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes der Wohnanlage führen würde. Das Landgericht hat auf der Grundlage der von den Beteiligten vorgelegten Lichtbilder und Entwurfszeichnungen festgestellt, dass die nach dem Eigentümerbeschluss vorgesehene Hauseingangstüre aus naturlasiertem Eichenholz sich nicht in das Erscheinungsbild der Hausfassade einfügen würde, das teils von den messingfarbenen Metallelementen der vorhandenen Türen und Schaufenster, teils von weißen Sprossenfenstern geprägt wird. Diese Feststellung liegt weitgehend auf dem Gebiet tatrichterlicher Würdigung. Sie kann vom Rechtsbeschwerdegericht nicht auf ihre sachliche Richtigkeit, sondern nur darauf überprüft werden, ob ihr Ergebnis auf einem Rechtsfehler beruht (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 561 Abs. 2 ZPO; BGHZ 116, 392/396; BayObLG WuM 1996, 487 und st.Rspr.). Ein solcher Rechtsfehler liegt nicht vor. Die Antragsgegner können keinen Erfolg damit haben, dass sie der tatsächlichen Würdigung des Landgerichts widersprechen und diese durch ihre eigene Würdigung ersetzt wissen wollen (vgl. BayObLG WE 1997, 275/276 und ZMR 1999, 580/581).

3. Dem Senat erscheint es angemessen, den in allen Rechtszügen unterlegenen Antragsgegnern die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 48 Abs. 3 Satz 1 WEG).

Der Geschäftswert für das Verfahren in allen Rechtszügen wird auf jeweils 14000 DM festgesetzt. Maßgebend sind die voraussichtlichen Kosten der Maßnahme einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer. Die vom Nettobetrag ausgehende Wertfestsetzung der Vorinstanzen wird gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 KostO von Amts wegen abgeändert.

Ende der Entscheidung

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