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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 26.04.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 4/01
Rechtsgebiete: BGB, FGG, WEG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1004 Abs. 1
WEG § 14 Nr. 1
WEG § 15 Abs. 3
WEG § 22 Abs. 1
FGG § 27 Abs. 1 S. 2
ZPO § 561 Abs. 2
Die Eigentümer einer im 1. Obergeschoß gelegenen Wohnung können die Beseitigung einer Sauna auf der darunter liegenden Terrasse verlangen, wenn Einbrecher über das Dach des Saunahauses leicht auf den Balkon 1. Obergeschoß gelangen können.
Bayerisches Oberstes Landesgericht BESCHLUSS

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Werdich und Dr. Delius

am 26. April 2001

in der Wohnungseigentumssache

pp.

wegen Beseitigung,

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 7. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsgegner hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 DM festgesetzt.

I.

Die Antragsteller (ein Ehepaar), der Antragsgegner und die weiteren Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer aus etwa 40 Wohnungen bestehenden Wohnanlage. Der Antragsgegner ist Eigentümer zweier miteinander verbundener Wohnungen im Erdgeschoß; den Antragstellern gehört eine darüber liegende Wohnung im 1. Obergeschoß.

1992 errichtete der Antragsgegner auf seiner Terrasse, schräg unterhalb des Balkons der Wohnung der Antragsteller, ein Saunahaus, ohne dazu eine Genehmigung der übrigen Wohnungseigentümer einzuholen. Zuvor befand sich ein von den Wohnungseigentümern genehmigtes Saunahaus auf der anderen Seite des Gebäudes.

Im Januar 1999 wurde in die Wohnung der Antragsteller eingebrochen. Vermutlich war der Einbrecher über das Dach des Saunahauses auf den Balkon der Antragsteller und von dort in die Wohnung gelangt.

Die Antragsteller haben daraufhin beim Amtsgericht beantragt, den Antragsgegner zur Beseitigung des Saunahauses und zur Wiederherstellung des früheren Zustands zu verpflichten.

Nach Vernehmung einer Zeugin hat das Amtsgericht am 18.7.2000 den Antragsgegner antragsgemäß verpflichtet. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners hat das Landgericht mit Beschluß vom 7.12.2000 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsgegner mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Das Amtsgericht habe den Antragsgegner zu Recht nach § 22 Abs. 1, § 14 Nr. 1 WEG, § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Beseitigung des Saunahauses verpflichtet. Daß sich die Antragstellerin mit der Begrünung des Saunadachs einverstanden erklärt habe, beinhalte keineswegs zugleich die Genehmigung des Baus als solchen. Nach der Aussage der Zeugin habe der Antragsgegner die Idee gehabt, die Sauna zu begrünen und sie dadurch zu kaschieren; er habe gehofft, daß sie dann von den Antragstellern akzeptiert werde. Bei dem Gespräch sei es ausschließlich um die Begrünung gegangen, nicht um die Frage, ob die Sauna an der betreffenden Stelle bleiben dürfe. Mit der Zustimmung zur Begrünung habe die Antragstellerin nicht auch ihr Einverständnis mit dem Bau als solchem erteilt.

Das Saunahaus stelle auch einen erheblichen Nachteil dar, den die Antragsteller nicht hinnehmen müßten. Zum einen könne es als Einstiegshilfe auf den Balkon der Antragsteller für Einbrecher dienen; zum anderen stelle das Saunahaus als Fremdkörper vor der Fassade einen ästhetischen Nachteil dar. Der Beseitigungsanspruch der Antragsteller sei auch nicht verwirkt. Eine Duldung über sieben Jahre hinweg reiche als Zeitmoment nicht aus; Umstände zur Begründung eines Vertrauenstatbestands seien nicht erkennbar.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Zutreffend haben die Vorinstanzen einen Beseitigungsanspruch der Antragsteller aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 15 Abs. 3 WEG, § 22 Abs. 1, § 14 Nr. 1 WEG bejaht. Die Aufstellung eines Saunahauses auf der Terrasse einer Eigentumswohnung oder auf der Sondernutzungsfläche stellt eine bauliche Veränderung i.S. von § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG dar, weil dadurch das äußere Erscheinungsbild der Wohnanlage nachteilig verändert wird. Jeder Wohnungseigentümer kann die Beseitigung einer solchen baulichen Veränderung verlangen.

b) Der Beseitigungsanspruch wäre nur dann ausgeschlossen, wenn entweder die Antragsteller der Errichtung des Saunahauses unter ihrem Balkon zugestimmt hätten (§ 22 Abs. 1 Satz 2 WEG) oder wenn sie dadurch in ihren Rechten nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt wären oder wenn sie den Beseitigungsanspruch verwirkt hätten. Das Landgericht hat zutreffend jeden dieser Ausschlußtatbestände verneint.

(1) Ob die Antragsteller der Aufstellung des Saunahauses unter ihrem Balkon zugestimmt haben, ist in erster Linie eine Tatfrage. Das Amtsgericht hat hierzu eine Zeugin vernommen und deren Aussage gewürdigt. Das Landgericht hat sich dieser Beweiswürdigung angeschlossen. Der Senat als Rechtsbeschwerdegericht kann die Beweiswürdigung der Vorinstanzen nur beschränkt, nämlich nur auf Rechtsfehler, überprüfen (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 561 Abs. 2 ZPO; BayObLG WuM 1996, 487; NZM 1999, 809/810). Solche liegen hier nicht vor. Die Angriffe der Rechtsbeschwerde laufen darauf hinaus, die Würdigung der Zeugenaussage durch das Landgericht durch ihre eigene Würdigung zu ersetzen. Damit kann sie im Rechtsbeschwerdeverfahren keinen Erfolg haben (BayObLG WE 1997, 275/276; NZM 1999, 809/810). Demnach ist der Senat an die Feststellung des Landgerichts gebunden, daß eine wirksame Zustimmung beider Antragsteller zur Aufstellung des Saunahauses unter ihrem Balkon nicht bewiesen ist.

(2) Die Antragsteller sind durch das Saunahaus des Antragsgegners auch über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus in ihren Rechten beeinträchtigt. Daß durch die Aufstellung des Saunahauses unmittelbar unter einem Balkon der Antragsteller die Möglichkeit und Gefahr, über das Dach des Saunahauses auf den Balkon und von da in die Wohnung der Antragsteller zu gelangen, erheblich verstärkt wird, liegt offen zu Tage und bedarf keines Beweises durch den konkreten Ablauf des Einbruchs in die Wohnung der Antragsteller. Unerheblich ist auch, ob es noch weitere Möglichkeiten gibt, einen Balkon der Antragsteller zu erklimmen.

(3) Der Beseitigungsanspruch der Antragsteller ist auch nicht nach § 242 BGB verwirkt. Das Landgericht hat zutreffend befunden, daß bei einer siebenjährigen Duldung des derzeitigen Zustands bereits das Zeitmoment nicht erfüllt ist.

3. Da der Antragsgegner in allen drei Rechtszügen unterlegen ist, erscheint es nach § 47 WEG angemessen, ihm die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird gemäß § 48 Abs. 3 WEG in Übereinstimmung mit der Geschäftswertfestsetzung des Landgerichts auf 5.000 DM festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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