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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 15.05.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 41/03
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

BGB § 1004
WEG § 10 Abs. 1 Satz 2
WEG § 10 Abs. 2
WEG § 14 Nr. 1
WEG § 15 Abs. 3
Mit der Zweckbestimmung eines Teileigentums als "Cafe mit Schnellimbiss" ist es unvereinbar, über 21.00 Uhr hinaus für einen ausländischen Kulturverein Getränke auszuschenken und Speisen zuzubereiten.
Gründe:

I.

Die Antragsteller und der Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer größeren Wohnanlage. Dem Antragsgegner gehört ein 37/1000 Miteigentumsanteil verbunden mit dem Sondereigentum an im Erdgeschoss gelegenen Räumen, die im Aufteilungsplan mit Nr. C1 bezeichnet sind. Diese sind in der Teilungserklärung vom 21.4.1993 als "Café mit Schnellimbiss" beschrieben. Seit dem Jahr 2000 hat der Antragsgegner sein aus zwei Gasträumen, WC, Küche und Abstellraum bestehendes Teileigentum an einen ausländischen Kulturverein vermietet. Dieser benutzt die Räume als Versammlungsstätte für männliche Mitglieder, die täglich spätestens um Mitternacht geschlossen wird. Es werden auch Speisen angeboten und Getränke ausgeschenkt. Die Antragsteller beklagen Störungen der Nachtruhe insbesondere durch Kartenspiel und Streitgespräche im Freien.

In der Eigentümerversammlung vom 21.5.2001 fassten die Wohnungseigentümer unter dem Tagesordnungspunkt "Beauftragung eines Anwalts mit der - auch gerichtlichen - Durchsetzung der Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen den Miteigentümer B." mehrheitlich folgenden Beschluss:

Die Eigentümergemeinschaft beauftragt den Verwalter, die Beendigung des Mietvertrages mit dem Kulturverein gegenüber dem Eigentümer B. unter Einschaltung einer Anwaltskanzlei gerichtlich durchzusetzen. In diesem Zusammenhang sind auch gegebene Störungen zu rügen....

Der Verwalter schaltete deshalb namens der Wohnungseigentümer einen Rechtsanwalt ein, der seinerseits für die Antragsteller beim Amtsgericht beantragt hat, den Antragsgegner zu verpflichten, es zu unterlassen, in erster Linie die Räume als Bistro/Gaststätte, hilfsweise als Vereinsräume zu nutzen oder durch Dritte nutzen zu lassen. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 31.7.2002 den Antragsgegner unter anderem verpflichtet, die Nutzung der Räume durch den Verein über 21.00 Uhr hinaus zu unterbinden. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragsgegners hat das Landgericht am 29.1.2003 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Beschreibung des Teileigentums in der Teilungserklärung als Café mit Schnellimbiss sei als eine die Nutzung einschränkende Zweckbestimmung im Sinne einer Gebrauchsregelung zu verstehen. Maßgeblich sei der Wortlaut der Teilungserklärung, der nach objektiven Grundsätzen zu ermitteln sei. Die Öffnungszeit eines Cafés richte sich regelmäßig an den Ladenöffnungszeiten aus, eine Beschränkung der Öffnungszeiten auf 21.00 Uhr sei deshalb nicht zu beanstanden. Der Zusatz "mit Schnellimbiss" umschreibe lediglich die Art des zugelassenen Speisenangebots, lasse jedoch nicht auf eine erweiterte Nutzungszeit schließen. Die getroffene zeitliche Einschränkung bewege sich innerhalb des gestellten umfassenderen Antrags.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Der gestellte Antrag ist zulässig. Der Beschluss der Wohnungseigentümer vom 21.5.2001 berechtigte und verpflichtete den Verwalter, einen Rechtsanwalt mit der gerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen der Gemeinschaft gegen den Antragsgegner zu beauftragen (§ 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG; vgl. BGH NJW 1998, 3279; BayObLGZ 1980, 154/156 f.). Nach dem Inhalt des Beschlusses, der aus sich heraus objektiv und normativ auszulegen ist (BGHZ 139, 288), bezieht sich die Ermächtigung nicht auf Maßnahmen gegen den Mieter, sondern gegen den Teileigentümer und erlaubt sämtliche Schritte, die eine aus der Sicht der Wohnungseigentümer ordnungsmäßige Nutzung des Teileigentums herbeiführen. Diese umfasst alle den Wohnungseigentümern eingeräumten Ansprüche, die darauf gerichtet sind, eine Einschränkung oder Beendigung des Nutzungsverhältnisses zwischen dem einzelnen Teileigentümer und seinem Mieter herbeizuführen. Die Zielsetzung ergibt sich ausreichend deutlich aus der Bezeichnung des Beschlusspunkts. Auch aus dem formulierten Beschlussantrag ist erkennbar, dass es um die Unterbindung fortdauernder gemeinschaftswidriger Störungen durch den Teileigentümer geht (vgl. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dies ist Gegenstand der beim Amtsgericht gestellten Anträge. Ob sich das Amtsgericht bei der konkreten Beschlussfassung noch im Rahmen der gestellten Anträge bewegt hat, spielt für die ordnungsmäßige Vertretung der Wohnungseigentümer keine Rolle.

b) Der vom Amtsgericht den Antragstellern zuerkannte eingeschränkte Unterlassungsanspruch ist auf eine generelle Unterbindung der Nutzung durch den Mieter nach 21.00 Uhr gerichtet. Dieser Anspruch findet seine Grundlage in § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 15 Abs. 3 WEG (vgl. z.B. BayObLG Beschluss vom 6.3.2003 - 2Z BR 9/03; Beschluss vom 3.4.2003 - 2Z BR 11/03). Denn die Bezeichnung des Teileigentums in der Teilungserklärung als "Café mit Schnellimbiss" bildet eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter nach § 10 Abs. 1 Satz 2, § 15 Abs. 1 WEG,(vgl. etwa BayObLG ZMR 2000, 53; 2000, 234). Zulässig ist zwar grundsätzlich auch noch eine andere Nutzung, als sie sich aufgrund dieser Zweckbestimmung ergibt; dies gilt aber nur, sofern sie nicht mehr stört oder beeinträchtigt als eine der Zweckbestimmung entsprechende Nutzung. Die zweckbestimmungsgemäße Nutzung stellt für das Störungsmoment die obere Messlatte dar (siehe Müller Praktische Fragen des Wohnungseigentums 3. Aufl. Rn. 126).

c) Zutreffend hat das Landgericht dem Wortlaut der Teilungserklärung entnommen, dass aus der prägenden Bezeichnung des Teileigentums als "Café" eine zeitliche Einschränkung der Öffnungszeiten folgt, während der Zusatz ("mit Schnellimbiss") nur die Art des zugelassenen Speisenangebots betrifft. Maßgeblich für die Bedeutung der verwendeten Begriffe ist der Zeitpunkt der Grundbucheintragung (BayObLG ZMR 2001, 51; OLG Hamburg MDR 1997, 816; Riecke MDR 1998, 1157). Das Angebot eines Cafés orientiert sich regelmäßig an den Ladenöffnungszeiten; ob sich durch aktuelle Änderungen im Ladenschlussrecht eine großzügigere Betrachtungsweise durchsetzen wird, ist hier nicht erheblich, weil der Zeitpunkt der Grundbucheintragung maßgeblich ist. Zudem hat der Senat nur noch über die Untersagung des Betriebs über 21.00 Uhr hinaus zu befinden.

Der mit der Präposition "mit" verbundene Zusatz "Schnellimbiss" bezeichnet in erster Linie eine auf die Fertigung kleiner und in kurzer Zeit zu verzehrender Mahlzeiten gerichteten Betrieb und unterscheidet sich von einer herkömmlichen Gaststätte durch eine beschränkte Speisen- und Getränkeauswahl und ein geringeres und von der Ausstattung bescheideneres Platzangebot bei erhöhter Publikumsfrequenz. Hätte man in der Regelung der Teilungserklärung eine erweiterte Nutzungsmöglichkeit in zeitlicher Hinsicht eröffnen wollen, hätte es sich angeboten, das Teileigentum als Schnellimbiss zu bezeichnen, weil dieser regelmäßig auch eine Nutzung als Café erlauben würde. Auch diese Überlegung spricht dafür, der zusätzlichen Bezeichnung als Café hier eine einschränkende Bedeutung beizumessen.

d) Aus der Zweckbestimmung des Teileigentums haben Amts- und Landgericht zutreffend den Schluss gezogen, dass der Antragsgegner eine Nutzung der Räume durch den Mieter jedenfalls über 21.00 Uhr hinaus zu unterbinden hat. Denn eine solche Nutzung stört mehr als die zweckbestimmungsmäßige Nutzung. Das folgt hier schon daraus, dass von Räumen, die als Café mit Schnellimbiss betrieben werden, nach 21.00 Uhr im Allgemeinen keine Geräusch- und Geruchsimmissionen mehr ausgehen, wie dies aber bei der Nutzung der Räume durch den Mieter nach Art eines Vereinslokals der Fall ist. Auf eine weitergehende Nutzungserlaubnis nach öffentlichem Recht (Gaststättenerlaubnis) kommt es im Verhältnis zu den übrigen Wohnungseigentümern nicht an (BayObLG ZMR 2001, 823/824 m. w. N.).

e) Die ausgesprochene Verpflichtung ist auch vom Antrag umfasst. Dieser zielte auf die vollständige Untersagung einer Nutzung ab, wie sie von dem Mieter des Antragsgegners ausgeübt wird. Die zeitliche Einschränkung als ein Merkmal der Nutzungsbeschneidung ist demgegenüber weniger. Ob sich die Nutzung der Räume als für Dritte nicht zugängliche Versammlungsstätte eines Vereins mit Getränkeausschank und Speisenzubereitung innerhalb der von der Zweckbestimmung gezogenen Störungsgrenze im Übrigen bewegt, kann für den Senat dahinstehen.

3. Der Senat hält es nach § 47 WEG für angemessen, die gerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens dem unterlegenen Antragsgegner aufzuerlegen und zudem anzuordnen, dass er auch den Antragstellern die außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat.

Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG und entspricht der vom Landgericht vorgenommenen Bemessung.

Ende der Entscheidung

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