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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 06.12.2000
Aktenzeichen: 2Z BR 5/00
Rechtsgebiete: GBO, EGBGB


Vorschriften:

GBO § 20
EGBGB Art. 15
Die grundbuchrechtliche Eintragung ausländischer Ehegatten als Bruchteilseigentümer einer Eigentumswohnung ist unzulässig, wenn nach dem maßgeblichen Güterrecht die Eigentumswohnung gemeinschaftliches Eigentum der Ehegatten wird. Daß Grundbuchamt kann die Eintragung ablehnen, wenn es sicher weiß, daß mit der Eintragung das Grundbuch unrichtig werden würde.
BayObLG Beschluß

LG München I - 1 T 15900/99; AG - Grundbuchamt - München

2Z BR 5/00

06.12.00

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Werdich und Dr. Delius am 6. Dezember 2000 in der Grundbuchsache Eintragung einer Auflassung

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten werden die Beschlüsse des Landgerichts München I vom 10. November 1999 und des Amtsgerichts - Grundbuchamt - München vom 19. August 1999 aufgehoben.

II. Das Amtsgericht - Grundbuchamt - München wird angewiesen, die beantragten Eintragungen vorzunehmen.

Gründe

I.

Zu notarieller Urkunde vom 11.9.1998 verkaufte die Beteiligte zu 3 an die Beteiligten zu 1 und 2 in Miteigentum zu gleichen Teilen einen Miteigentumsanteil zu 22,24/1000, verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung und einem Kellerabteil.

Die Beteiligten zu 1 und 2 wiesen sich durch jugoslawische Reisepässe aus und erklärten, verheiratet zu sein und im gesetzlichen Güterstand zu leben; beide haben ihren Wohnsitz in Deutschland.

Die Anträge der Beteiligten, die Auflassung der Eigentumswohnung einzutragen und im Gegenzug die Auflassungsvormerkung zu löschen, hat das Grundbuchamt am 19.8.1999 abgewiesen. Das Landgericht hat die Beschwerde durch Beschluss vom 10.11.1999 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg; es führt zur Aufhebung der Entscheidungen des Landgerichts und des Grundbuchamts und zur Anweisung an das Grundbuchamt, die beantragten Eintragungen vorzunehmen.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Beschwerdekammer sei in Übereinstimmung mit dem Grundbuchamt zur Überzeugung gelangt, dass durch die beantragte Eintragung der Beteiligten zu 1 und 2 als Miteigentümer zu je 1/2 das Grundbuch unrichtig würde. Zwar bestünden keine Zweifel an der Wirksamkeit der Auflassung, doch habe das Grundbuchamt trotz Vorliegens der Eintragungsvoraussetzungen die Eintragung zu Recht abgelehnt, da feststehe, dass das Grundbuch durch die beantragte Eintragung inhaltlich unrichtig werde. Aufgrund der von den Beteiligten zu 1 und 2 vorgelegten Reisepässe sei die Kammer überzeugt, dass sie jugoslawische Staatsangehörige seien. Nach Art. 15 Abs. 1 EGBGB in Verbindung mit Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB gelte für die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe zwischen den Beteiligten zu 1 und 2 jugoslawisches Recht, da angesichts des Geburtsjahrgangs der Beteiligten zu 2 eine Eheschließung vor dem 1.9.1986 ausscheide. Das jugoslawische Kollisionsrecht nehme die Verweisung an, eine Rück- oder Weiterverweisung sei bei Ehegatten gleicher Staatsangehörigkeit nicht vorgesehen. Eine anderweitige Rechtswahl nach Art. 15 Abs. 2 EGBGB sei nach den vorliegenden Umständen auszuschließen. Das eheliche Güterrecht in Jugoslawien sei jeweils in den Gesetzen der Teilrepubliken geregelt. Nach dem Recht der interlokalen Kollisionen in Jugoslawien komme es bei einem Wohnsitz außerhalb der jugoslawischen Republik auf die Staatsangehörigkeit der Ehegatten an. In den Teilstaaten der sozialistischen Republik Jugoslawien (Serbien, Montenegro, Kosovo) gelte übereinstimmend als gesetzlicher Güterstand die sogenannte Errungenschaftsgemeinschaft. Das bedeute, dass während der Ehe durch Arbeit erworbenes Vermögen zwingend gemeinsames Vermögen werde. Auch in den unabhängig gewordenen früheren Teilrepubliken Jugoslawiens (Kroatien, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina und Slowenien) gelte dieser Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft. Demnach sei eine Eintragung der Beteiligten zu 1 und 2 als Bruchteilseigentümer mit dem maßgeblichen Ehegüterrecht nicht vereinbar. Dass die Eigentumswohnung mit vorehelichem Vermögen eines der Ehegatten erworben werde, scheide angesichts der überwiegenden Fremdfinanzierung aus.

2. Die Entscheidung hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Die Beteiligten zu 1 und 2 sollen als Miteigentümer zu gleichen Teilen eingetragen werden. Das Vorliegen der erforderlichen Eintragungsvoraussetzungen, insbesondere einer Auflassung an sie (§ 20 GBO), steht nicht in Frage; Anhaltspunkte für Zweifel sind insoweit nicht gegeben. Dennoch müßte das Grundbuchamt die beantragte Eintragung ablehnen, wenn feststünde, dass durch die Eintragung das Grundbuch inhaltlich unrichtig würde (BayObLGZ 1992, 85 m.w.N.). Dies wäre dann der Fall, wenn die Beteiligten zu 1 und 2 nach dem für sie maßgeblichen Ehegüterrecht eine Eigentumswohnung nicht als Bruchteilseigentümer, sondern nur als Eigentümer in Gütergemeinschaft erwerben könnten. Die beantragte Eintragung der Ehegatten als Bruchteilseigentümer darf freilich nur dann abgelehnt werden, wenn das Grundbuchamt sichere Kenntnis davon hat, dass das Grundbuch dadurch wegen des maßgeblichen Güterrechts unrichtig würde; die bloße Möglichkeit, dass dies geschieht, genügt nicht (BayObLGZ 1992, 85/87 m.w.N.).

b) Nach diesen Grundsätzen haben die Vorinstanzen die beantragten Eintragungen zu Unrecht abgelehnt.

(1) zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall aufgrund der jugoslawischen Reisepässe der Beteiligten zu 1 und 2 deren gemeinsame jugoslawische Staatsangehörigkeit feststeht. Dafür besteht ein allgemeiner Erfahrungssatz, gegen dessen Geltung im vorliegenden Fall die Rechtsbeschwerde nur allgemeine Mutmaßungen ohne konkrete Zweifel vorbringt. Dasselbe gilt für einen Zeitpunkt der Eheschließung nach dem 1.9.1986. Angesichts des Geburtsdatums der Beteiligten zu 2 (9.4.1971) ist ein Heiratsdatum vor dem 1.9.1986, dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts, eine bloß theoretische Möglichkeit, die auszuscheiden hat (vgl. hierzu Demharter GBO 23. Aufl. § 29 Rn. 63). Demgemäß sind die Vorinstanzen auch zu Recht davon ausgegangen, dass nach Art. 15 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB für das Ehegüterrecht der Beteiligten jugoslawisches Recht gilt, das nach dem in Frage kommenden Recht der Teilrepubliken Serbien und Montenegro als gesetzlichen Güterstand die Errungenschaftsgemeinschaft vorsieht (Art. 321 des Gesetzes über die Ehe und die Familienbeziehungen vom 22.4.1980, Fassung vom 30.5.1994, für Serbien und Art. 281 des Familiengesetzes vom 23.3.1989 für Montenegro, zitiert jeweils und im Folgenden nach Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 136. Lieferung). Auch das Gesetz über die Ehe und die verwandtschaftlichen Beziehungen von 1984 für Kosovo sah in Art. 307 die Errungenschaftsgemeinschaft als gesetzlichen Güterstand vor. Ob dieses Gesetz seit 1993 nicht mehr gilt (vgl. Bergmann/Ferid aaO 136. Lieferung S. 3), kann unentschieden bleiben, weil es sich in den für den vorliegenden Fall maßgeblichen Punkten inhaltlich nicht von den Gesetzen für Serbien und Montenegro unterscheidet.

Zu Recht hat das Landgericht auch entschieden, dass ausreichende Anhaltspunkte für eine abweichende Rechtswahl der Beteiligten zu 1 und 2 hinsichtlich ihres Güterstandes, die durch Art. 15 Abs. 2 EGBGB unter besonderen Umständen zugelassen wird, fehlen.

(2) Die Vorinstanzen haben aber übersehen, dass die maßgeblichen Gesetze für Serbien in Art. 327, 330 und für Montenegro in Art. 286, 288 (für Kosovo Art. 313, 316) das Recht der Ehegatten begründen, jederzeit, also auch während des Bestehens der Ehe, einvernehmlich die Teilung des gemeinsamen Vermögens in schriftlicher Form vorzunehmen. Die Gesetze enthalten außerdem eine Vorschrift (Art. 322 Abs. 3 für Serbien, Art. 282 Abs. 3 für Montenegro, Art. 310 Abs. 3 für Kosovo), wonach die Eintragung der Ehegatten als Miteigentümer zu bestimmten Teilen im Grundbuch als Teilung des gemeinsamen Vermögens erachtet wird bzw. gilt. Das bedeutet, dass im Erwerb der Eigentumswohnung zu gleichen Miteigentumsanteilen durch die Beteiligten zu 1 und 2 stillschweigend eine Teilung des gemeinsamen Ehevermögens vereinbart wurde. Hinzukommt, dass spätestens durch die Eintragung der Beteiligten zu 1 und 2 als Bruchteilseigentümer eine Teilung des gemeinsamen Ehevermögens bewirkt wird. ob diese Teilung das gesamte Ehevermögen ergreift oder sich nur auf die neu erworbene Eigentumswohnung erstreckt, kann für das Grundbuchverfahren offen bleiben. Denn in jedem Fall führt die Eintragung als Bruchteilseigentümer nicht zu einer inhaltlichen Unrichtigkeit des Grundbuchs.

3. Die die Eintragungsanträge ablehnenden Entscheidungen der Vorinstanzen müssen demgemäß aufgehoben werden. Da eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts und die Genehmigung der Umlegungsbehörde nach § 51 BauGB vorliegen, sind die beantragten Eintragungen vorzunehmen.

Ende der Entscheidung

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