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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 30.05.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 50/03
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 10
BGB § 133
BGB § 1004
1. Ein Widerspruch zwischen der wörtlichen Beschreibung eines Sondernutzungsrechts und der zeichnerischen Darstellung in einem Aufteilungsplan liegt nicht vor, wenn die wörtliche Beschreibung ausdrücklich auf die Darstellung im Aufteilungsplan verweist.

2. Wird eine bisher als Mülltonnenplatz genutzte Fläche nicht mehr benötigt, entsteht an dieser Fläche auch dann kein Sondernutzungsrecht eines einzelnen Wohnungseigentümers, wenn diese Fläche mit Rücksicht auf ihre frühere Nutzung von einer Sondernutzungsfläche ausgespart wurde.


Gründe:

I.

Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Der Antragstellerin gehört die mit der Nr. 1 bezeichnete Wohnung.

In § 23 der Gemeinschaftsordnung (GO) ist unter anderem Folgendes bestimmt:

Weiter sind den Wohnungseigentumseinheiten Nr. 1 2, 3, 4 und 5 Terrassen und Gartenflächen vorgelagert. Diese vorstehend erwähnten Terrassen und Gartenflächen sind Gemeinschaftseigentum und im beigefügten Lageplan wie folgt angelegt:

für Wohnung Nr. 1 blau umrandet, für Wohnung Nr. 2 grün umrandet, für Wohnung Nr. 3 orange umrandet, für Wohnung Nr. 4 blau umrandet und schraffiert, für Wohnung Nr. 5 orange umrandet und schraffiert.

Gemäß § 15 WEG wird der Gebrauch dieser Terrassen und Gartenflächen, die Gemeinschaftseigentum sind, in der Weise geregelt, dass jeweils diejenige Terrasse und diejenige Gartenfläche, die einer Wohnung, wie vorstehend beschrieben, vorgelagert ist oder sie umgibt, dem jeweiligen Wohnungseigentümer zum ausschließlichen Gebrauch zugewiesen wird.

.....

Diese Sondernutzungsrechte und der Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Räume werden eingeschränkt durch das Verlegen, Belassen, Unterhalten, Instandhalten und Erneuern von Ver- und Entsorgungsanlagen, soweit sie dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen.

Im Aufteilungsplan ist bei der vor der Wohnung der Antragstellerin liegenden Gartenfläche an der nordwestlichen Ecke eine Fläche von der blauen Umrandung ausgespart. Diese Fläche diente früher als Mülltonnenstandort und ist zwischenzeitlich von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bepflanzt worden. Die Sondernutzungsfläche der Antragstellerin ist entlang dem Hauszugangsweg und um die ausgesparte Fläche von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durch einen Zaun abgegrenzt worden.

Die Antragstellerin hat beim Amtsgericht unter anderem beantragt, die Antragsgegner und die frühere Verwalterin zu verpflichten, den Zaun so zu versetzen, dass der frühere Mülltonnenplatz innerhalb der Umzäunung der Sondernutzungsfläche der Antragstellerin liegt.

Das Amtsgericht hat diesem Antrag mit Beschluss vom 25.10.2001 stattgegeben. Auf die sofortige Beschwerde der übrigen Wohnungseigentümer hat das Landgericht am 5.3.2003 den Beschluss des Amtsgerichts insoweit aufgehoben und den Antrag abgewiesen. Die frühere Verwalterin hat gegen den Beschluss des Amtsgerichts kein Rechtsmittel eingelegt. Mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag bezüglich des früheren Mülltonnenplatzes gegen die übrigen Wohnungseigentümer weiter. Die sonstigen Anträge sind nicht Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Im Hinblick auf Nr. 2 des Rechtsbeschwerdeantrags ist Nr. 1 des Antrags entgegen seinem Wortlaut dahin auszulegen, dass sich die Antragstellerin nur gegen die Zurückweisung ihres Antrags bezüglich des Mülltonnenplatzes wendet und nicht auch die Aufhebung der ihrem Antrag entsprechenden Verpflichtung bezüglich des Zaunstücks entlang dem Zugangsweg begehrt. Insoweit will die Antragstellerin lediglich weiterhin die Einfriedung des Grundstücks.

2. Das Landgericht hat ausgeführt:

Soweit die Antragstellerin nicht nur die Beseitigung des in ihrem Sondernutzungsbereich befindlichen Zaunteils, sondern auch dessen Versetzung begehrt hat, sei der Antrag abzulehnen gewesen. Ob und in welcher Form der Zaun in diesem Bereich wieder errichtet werde, sei zunächst der Entscheidung der Gemeinschaft zu überlassen.

Durch die Ausklammerung des früheren Mülltonnenstandplatzes werde die Antragstellerin nicht in ihrem Sondernutzungsrecht beeinträchtigt. An dieser Fläche bestehe kein Sondernutzungsrecht. Dies ergebe sich eindeutig aus dem Lageplan, auf den § 23 GO Bezug nehme. § 23 letzter Absatz GO sei deshalb für diese Fläche von vornherein nicht einschlägig.

3. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Zutreffend hat es das Landgericht abgelehnt, die Antragsgegner zur Neuerrichtung eines Zauns zu verpflichten. Wie das Landgericht richtig ausgeführt hat, ist ein Rechtsgrund für die Verpflichtung der Antragsgegner zur Errichtung eines Zauns nicht ersichtlich. Es bleibt den Antragsgegnern deshalb auch unbenommen, von der Errichtung eines neuen Zauns abzusehen. Entsprechendes gilt für eine sonstige Einfriedung, wie sie nunmehr im Rechtsbeschwerdeverfahren von der Antragstellerin begehrt wird.

b) Das Rechtsmittel ist auch insoweit unbegründet, als es die früher als Mülltonnenplatz genutzte Fläche betrifft.

Der Senat hat die Gemeinschaftsordnung wie jede Grundbucherklärung selbst auszulegen. Dabei ist auf den Wortlaut und Sinn abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt (BGHZ 121, 236, 239; BayObLGZ 1996, 58, 61).

§ 23 GO verweist auf den beigefügten Lageplan. Dieser nimmt eindeutig eine Fläche, die vor der Wohnung der Antragstellerin liegt, vom Sondernutzungsrecht aus. Da die wörtliche Beschreibung in der Gemeinschaftsordnung in keinem Widerspruch zur zeichnerischen Darstellung im Aufteilungsplan steht, stellt sich das Problem eines Vorrangs des wörtlichen Beschriebs gegenüber der zeichnerischen Darstellung nicht.

Auf den letzten Absatz von § 23 GO kann sich die Antragstellerin nicht berufen. Die Regelung schränkt nach ihrem eindeutigen Wortlaut die Sondernutzungsrechte ein. Sie kann deshalb nicht herangezogen werden, um eine Erweiterung der Sondernutzungsfläche zu begründen. Dass die Verfasser der Gemeinschaftsordnung und des Aufteilungsplans zur damaligen Zeit wohl davon ausgegangen sind, dass die Fläche für eine Entsorgungsanlage benötigt wird, ändert nichts daran, dass diese Fläche nicht der Antragstellerin zur Sondernutzung zugewiesen ist. Der Wegfall der bisherigen Benutzung dieser Fläche führt nicht zu einer Erweiterung des Sondernutzungsrechts der Antragstellerin, sondern es obliegt den Wohnungseigentümern im Rahmen einer ordnungsmäßigen Verwaltung, diese Fläche anderweitig gemeinschaftlich zu nutzen.

Soweit die Antragstellerin erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren vorträgt, dass die Aussparung für den Mülltonnenplatz in Wirklichkeit anders verlaufe als im Aufteilungsplan angegeben, handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen, mit dem die Antragstellerin im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr gehört werden kann (§ 27 Abs. 1 FGG). Im Übrigen könnte dieser Umstand nicht dazu führen, dass die Antragstellerin entsprechend ihrem Antrag die Fläche insgesamt zu ihrer Sondernutzung erhielte, sondern lediglich dazu, dass die Abgrenzung zwischen Sondernutzungsfläche und Gemeinschaftsfläche neu abgegrenzt wird.

4. Es entspricht der Billigkeit, die Antragstellerin mit den Gerichtskosten zu belasten (§ 47 Satz 1 WEG), da das Rechtsmittel erfolglos ist. Von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten sieht der Senat im Hinblick auf die unterschiedlichen Entscheidungen der Vorinstanzen ab (§ 47 Satz 2 WEG).

Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt aus § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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