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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 28.09.2000
Aktenzeichen: 2Z BR 51/00
Rechtsgebiete: GBO, EGBGB
Vorschriften:
GBO § 22 | |
EGBGB Art. 187 |
BayObLG Beschluß
LG Nürnberg-Fürth 13 T 2223/99; AG - Grundbuchamt - Erlangen
28.09.00
Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Werdich und Dr. Delius
am 28. September 2000
in der Grundbuchsache
Eintragung einer altrechtlichen Dienstbarkeit
Beschlossen:
Tenor:
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 4. April 2000 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten zu 1 haben als Gesamtschuldner die den Beteiligten zu 2 bis 4 im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten zu 1 sind Eigentümer des Grundstücks Flst. 58/10; bei dem Grundstück handelt es sich nach der Behauptung des Beteiligten zu 4 um eine Wiese, auf der Bäume stehen. Der Beteiligte zu 4 ist Eigentümer des als Ackerland genutzten Grundstücks Flst. 55 und der Verkehrsfläche Flst. 53/1. Für die Beteiligten zu 2 und 3 ist an dem Grundstück Flst. 55 eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen; auf dem Grundstück lastet außerdem ein Leibgeding für die Beteiligten zu 3.
Die Beteiligten zu 1 sind der Auffassung, dass sie aufgrund einer im Grundbuch nicht eingetragenen altrechtlichen Grunddienstharkeit berechtigt seien, eine näher bezeichnete Teilfläche der Grundstücke Flst. 55 und 53/1 zum Gehen und Fahren zu nutzen, um zu ihrem Grundstück Flst. 58/10 zu gelangen. Sie tragen im wesentlichen vor, aus dem vorgelegten und öffentlich beglaubigten Planauszug aus dem Grundsteuerkataster des Jahres 1834 in Verbindung mit der durch das Vermessungsamt E. amtlich bescheinigten Ausfertigung des Extraditionsplans aus dem Jahr 1832 ergebe sich, dass "Plan Nr. 55 einen Aus- und Einfuhrweg zu dulden" habe und dass die Wegfläche an der Nord- und Nordostgrenze des damaligen und heutigen Grundstücks Flst. 55 nach Süden zum damaligen Grundstück Flst. 58 1/2 und jetzigen Grundstück Flst. 58/10 verlaufe.
Das Geh- und Fahrtrecht sei von ihnen und ihren Rechtsvorgängern bis zu seiner Vereitelung durch den Beteiligten zu 4 im Jahr 1998 ständig ausgeübt worden. Dies ergebe sich aus dem Extraditionsplan von 1832, dem Planentwurf des Landesvermessungsamts N. von 1930, aus Luftbildaufnahmen des Landesvermessungsamts und dem Schreiben des Vermessungsamts E. vom 15.6.1998, in dem bestätigt werde, dass der an der Nordgrenze des Grundstücks Flst.,55 entlang führende Weg nach dem Extraditionsplan offenbar die einzige Möglichkeit gebildet habe, das Grundstück Flst. 58 1/2 zu erreichen.
Die Beteiligten zu 1 tragen schließlich weiter vor, dass der Feldrain, den sie nach dem Willen des Beteiligten zu 4 benutzen sollten, nicht befahrbar sei.
Demgegenüber hat der Beteiligte zu 4 im wesentlichen eingewandt, durch die vorgelegten Unterlagen werde weder bewiesen, dass eine Grunddienstbarkeit an dem Grundstück Flst. 55 jemals bestanden habe noch dass eine solche zugunsten des Grundstücks Flst. 58/10 eingeräumt worden sei. Abgesehen davon sei auch das Fortbestehen der Dienstbarkeit - ihre Entstehung unterstellt - nicht bewiesen. Wegen der unterschiedlichen Höhe der Grundstücke sei im übrigen die Ausübung eines Fahrtrechts nicht möglich. Auch habe für das bewaldete Wiesengrundstück Flst. 58/10 ein besonderer Bewirtschaftungsbedarf nicht bestanden. Jedenfalls hätte das Grundstück Flst. 58/10 bequemer und schneller über einen südlich gelegenen Feldrain erreicht werden können.
Die Antragsteller zu 1 haben beantragt, im Weg der Berichtigung eine altrechtliche Grunddienstbarkeit in das Grundbuch einzutragen. Das Grundbuchamt hat den Antrag am 3.9.1998 abgewiesen. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 4.4.2000 die Beschwerde der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich deren weitere Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Es könne dahingestellt bleiben, ob die Dienstbarkeit entstanden sei. Jedenfalls hätten die Beteiligten zu 1 für das Fortbestehen der Dienstbarkeit, dass also in dem gesamten Zeitraum die Dienstbarkeit nie länger als 10 Jahre nicht ausgeübt worden sei, keinen Nachweis in der Form des § 29 GBO erbracht. Es fehle schon an einer konkreten Behauptung dafür, wann und von wem die Dienstbarkeit während des gesamten langen Zeitraums ausgeübt worden sei. Insbesondere hätte die Benutzung des von den Beteiligten zu 1 eingeräumten anderweitig vorhandenen Feldrains zur gelegentlichen Begebung ausgereicht, wenn das herrschende Grundstück teilweise brach gelegen haben oder weniger intensiv genutzt worden sein sollte. Auch bestünden Anhaltspunkte dafür, dass die Dienstbarkeit 10 Jahre lang nicht ausgeübt worden sei. Eine entsprechende Behauptung der Beteiligten zu 2 bis 4 sei durch die von den Beteiligten zu 1 vorgelegten Unterlagen nicht widerlegt worden. Aufgrund der vorgelegten Karten sei schon unklar, wo genau der Weg verlaufen sein solle. Die vorgelegten Luftaufnahmen könnten weder beweisen, von wem der darauf abgebildete Weg benutzt worden sei, noch seien aus ihnen die Grenzen der Flurstücke ersichtlich.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis und im wesentlichen in der Begründung stand.
a) Die Eintragung einer Grunddienstbarkeit, die vor Anlegung des Grundbuchs wirksam entstanden ist, in das Grundbuch, stellt nach Art. 187 Abs. 1 Satz 2 EGBGB eine Grundbuchberichtigung dar. Deshalb müssen die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 GBO erfüllt sein (BayObLGZ 1988, 102/105; BayObLG Rpfleger 1990, 352). Fehlt die Berichtigungsbewilligung, kann eine altrechtliche Grunddienstbarkeit im Grundbuch nur dann eingetragen werden, wenn die Entstehung und das Fortbestehen der Grunddienstbarkeit in der Form des § 29 GBO nachgewiesen sind.
b) Ob hier der Nachweis des Entstehens der Grunddienstbarkeit als geführt angesehen werden kann, ist zweifelhaft. Zu Recht hat das Landgericht diese Frage offen gelassen. Selbst wenn man unterstellt, eine Grunddienstbarkeit sei entstanden, liegen aber die Voraussetzung für ihre Eintragung nach § 22 Abs. 1 GBO nicht vor. Es besteht nämlich die nicht ganz entfernt liegende Möglichkeit, die die Beteiligten zu 1 nicht ausgeräumt haben, dass die Rechtsvorgänger der Beteiligten zu 1 ihr - unterstelltes - Recht aus der Dienstbarkeit zumindest einmal mehr als 10 Jahre lang nicht ausgeübt haben. Damit ist die Grunddienstbarkeit nach Art. 189 Abs. 3, Art. 218 EGBGB, Art. 57 Abs. 1, Art. 56 Abs. 3 Sätze 1, 4 und 5 AGBGB erloschen.
(1) Den Beteiligten zu 1 obliegt die Beweislast dafür, dass die unterstellte altrechtliche Dienstbarkeit nicht durch zehnjährige Nichtausübung erloschen ist. Voraussetzung für das Erlöschen ist allerdings, dass es sich bei der zehnjährigen Nichtausübung nicht nur um eine ganz entfernt liegende, theoretische Möglichkeit handelt (BayObLGZ 1988, 102/109).
(2) Soweit das Landgericht eine zehnjährige Nichtausübung der unterstellten Dienstbarkeit angenommen hat, ist seine Beweiswürdigung nicht ganz frei von Rechtsfehlern. Daher kann der Senat die Beweiswürdigung insoweit selbst vornehmen. Für eine zehnjährige Nichtausübung bestehen konkrete Anhaltspunkte.
Der Beteiligte zu 4 trägt nämlich vor, das Grundstück Flst. 58/10 sei über einen anderen Weg bequemer und schneller zu erreichen. Die Beteiligten zu 1 räumen ein, dass es diesen Weg gibt und dass sie über ihn gehen können, um zu ihrem Grundstück Flst. 58/10 zu gelangen. Es ist somit durchaus möglich, dass Rechtsvorgänger der Beteiligten zu 1 das in Anspruch genommene Gehrecht über die Grundstücke Flst. 55 und Flst. 53/1 über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren nicht ausgeübt haben, weil sie den anderen Weg benutzten.
Die Antragsteller zu 1 behaupten allerdings, dass der anderweitig vorhandene Weg nicht befahrbar sei. Berücksichtigt man aber, dass es sich bei dem Grundstück Flst. 58/10 um eine, wie der Beteiligte zu 4 unwidersprochen vorträgt, mit Bäumen bewachsene Wiese handelt, so ist ein besonderer Bewirtschaftungsbedarf dieses Grundstücks nicht ersichtlich. Daraus ist zu folgern, dass es sich nicht nur um eine ganz entfernt liegende, theoretische Möglichkeit handelt, wenn man davon ausgeht, dass das in Anspruch genommene Fahrtrecht durch zehnjährige Nichtausübung erloschen ist.
Abgesehen davon haben die Antragsteller zu 1 die Behauptung des Beteiligten zu 4 nicht mit den Mitteln des § 29 GBO widerlegt, der in Anspruch genommene Weg sei wegen der örtlichen Gegebenheiten überhaupt nicht befahrbar. Die von den Beteiligten zu 1 vorgelegten Karten und Luftbildaufnahmen sind offensichtlich nicht geeignet, einen Nachweis dafür zu erbringen, dass das in Anspruch genommene Geh- und Fahrtrecht in der Vergangenheit ununterbrochen ausgeübt worden ist. Dem Schreiben des Vermessungsamtes E. vom 15.6.1988 kommt nur wenig Bedeutung zu. Das Schreiben erläutert nur den Extraditionsplan von 1832; es macht keine Angaben für die Folgezeit, erst recht kann ihm nichts hinsichtlich der Frage einer zehnjährigen Nichtausübung des Geh- und Fahrtrechts entnommen werden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG.
Ende der Entscheidung
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