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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 28.03.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 52/00
Rechtsgebiete: HeizkostenV, WEG


Vorschriften:

HeizkostenV § 3
HeizkostenV § 9a Abs. 1
WEG § 28 Abs. 3
WEG § 28 Abs. 4
WEG § 28 Abs. 5
Läßt sich wegen eines Defekts des Meßgeräte der Heizenergie- oder Warmwasserverbrauch nur schätzen, ist die Jahresabrechnung nur dann nicht ordnungsgemäß, wenn sich die Schätzung als grob unrichtig erweist.
Bayerisches Oberstes Landesgericht BESCHLUSS

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Demharter und Dr. Delius

am 28. März 2001

in der Wohnungseigentumssache

pp.

wegen Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen,

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 4. Mai 2000 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Gerichtskosten des Verfahrens vor dem Amtsgericht und des Beschwerdeverfahrens der Antragsteller und die Antragsgegner, diese als Gesamtschuldner, je zur Hälfte zu tragen haben; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

II. Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Der Geschäftswert wird für das Verfahren vor dem Amtsgericht und für das Beschwerdeverfahren auf 60.000 DM und für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 12.000 DM festgesetzt.

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer aus 81 Wohnungen bestehenden Anlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

In der Eigentümerversammlung vom 20.10.1997 genehmigten die Wohnungseigentümer unter Tagesordnungspunkt (TOP) 3 nach Erläuterung durch einen Mitarbeiter der Verwalterin die Jahresabrechnung 1996 mit Gesamtausgaben von rund 265.000 DM und erteilten der Verwalterin die Entlastung bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung. Unter TOP 4 wurde der Wirtschaftsplan 1998 mit Gesamtausgaben von rund 264.000 DM gegen die Stimme des Antragstellers genehmigt.

Der Antragsteller hat beim Amtsgericht beantragt, die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 3 und 4 für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat am 7.7.1999 die Anträge abgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht am 4.5.2000 mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß in der Jahresabrechnung 1996 vom 28.7.1997 für die Wohnung des Antragstellers die Beträge von 11.518,06 DM (Vorauszahlungen) und 13.709,18 DM (Nachzahlung), die nach dem auf den Antragsteller für das Jahr 1996 entfallenden Kostenanteil von 2.191,12 DM aufgeführt sind, zu streichen sind.

Gegen diesen Beschluß hat der Antragsteller sofortige weitere Beschwerde eingelegt, wobei er nur noch die Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses zu TOP 3 hinsichtlich einzelner Abrechnungsposten weiter verfolgt.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Antragsteller habe insoweit Recht, als er beanstande, daß in die Jahresabrechnung ein Abschlußsaldo aus vorangegangenen Jahren aufgenommen worden sei. Denn dabei handle es sich weder um Einnahmen noch um Ausgaben der Wohnungseigentümer für das abzurechnende Jahr, so daß für eine Aufnahme in die Jahresabrechnung kein Raum sei. Dem Verwalter bleibe es jedoch unbenommen, diesen Saldo in einer gesonderten Kontoübersicht auszuweisen. Dieser Mangel der Abrechnung führe aber nur dazu, daß dieser Teil für ungültig zu erklären sei.

Im übrigen sei die Beschwerde unbegründet. Der Verwaltungsbeirat habe Einsicht genommen in die Belege, die zu der in einem Formular zusammengefaßten Gesamt- und Einzelabrechnung geführt hätten. Da Beanstandungen in der Versammlung nicht vorgebracht worden seien, sei es zur Genehmigung der Jahresabrechnung 1996 und der Entlastung der Verwalterin gekommen. Darin liege die Genehmigung sowohl der Gesamt- als auch der Einzelabrechnung. Es sei nicht erforderlich, daß die Einzelabrechnung jeweils auf einem gesonderten Blatt aufgeführt sei. Ob der Bericht der Verwalterin über den Jahresabschluß 1996 dem Verwaltungsbeirat vor der Beschlußfassung über die Gesamt- und Einzelabrechnung vorgelegen habe, spiele keine Rolle, weil der Verwaltungsbeirat Einsicht in die der Abrechnung zugrundeliegenden Belege gehabt habe, wie sich aus der Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht ergebe. Soweit der Antragsteller die eingesetzten Rechts- und Beratungskosten rüge, führe dies nicht zur Anfechtbarkeit des Beschlusses zu TOP 3. Denn bei diesem Posten handle es sich um Vorschüsse für das Verfahren gegen den Antragsteller auf Entziehung des Wohnungseigentums. Derartige Ausgaben seien zunächst Kosten der Verwaltung. Erst nach rechtskräftiger Entscheidung im Gerichtsverfahren sei die Verteilung in den Einzelabrechnungen durch eine Belastung der unterliegenden Partei zu ersetzen. Inwiefern die eingesetzten Sollzinsen höher sein sollten als überprüft, sei nicht ersichtlich und auch nicht dargetan. Soweit der Antragsteller beanstande, daß die Heizkostenabrechnung für seine Wohnung auf einer Schätzung beruhe, betreffe dies die Abrechnung für 1995. Wenn auch für 1996 die Abrechnung auf Schätzung beruhe, betreffe dies nur das Bad der Wohnung. Im übrigen sei es Sache des Antragstellers selbst, für ordnungsgemäße Meßgeräte zu sorgen; denn diese ständen im Sondereigentum. Daß der angenommene Schätzwert grob falsch sei, habe der Antragsteller nicht dargetan. Er habe auch nicht dargelegt, warum der in der Heizkostenabrechnung zugrunde gelegte Verteilungsschlüssel nicht richtig sei. Die Verteilung entspreche genau § 12 der Gemeinschaftsordnung. Zu Recht sei deshalb der Verwalter entlastet worden.

Auch die Anfechtung des Beschlusses über den Wirtschaftsplan für 1998 sei unbegründet.

2. Die Entscheidung des Landgerichts ist ohne Rechtsfehler. Die vom Antragsteller noch aufrechterhaltenen Beanstandungen des Eigentümerbeschlusses zu TOP 3 sind unbegründet.

a) Die vom Verwalter nach § 28 Abs. 3 WEG aufzustellende und von den Wohnungseigentümern nach § 28 Abs. 5 WEG zu beschließende Jahresabrechnung muß eine geordnete und verständliche, inhaltlich zutreffende Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben in dem betreffenden Abrechnungsjahr enthalten. Sie ist keine Gewinn- und Verlustrechnung sowie keine Bilanz, sondern eine Einnahmen-Ausgabenrechnung, die die tatsächlichen Beträge einander gegenüberzustellen hat. Aus der Gesamtabrechnung sind die Einzelabrechnungen abzuleiten (ständige Rechtsprechung des Senats, z.B. NJW-RR 2000, 603/604). Dabei können Gesamtabrechnung und Einzelabrechnung auf demselben Blatt enthalten sein. Wenn jeder Wohnungseigentümer auf diese Weise die Gesamtabrechnung und die ihn betreffende Einzelabrechnung vor sich hat, erfaßt der Eigentümerbeschluß über die Billigung der Abrechnung, wie er hier gefaßt worden ist, sowohl die Gesamtabrechnung als auch alle Einzelabrechnungen.

b) Nicht zur Jahreseinzelabrechnung gehört die Mitteilung und Verrechnung von Verbindlichkeiten oder Guthaben aus früheren Jahresabrechnungen, also die Mitteilung der Bewegungen auf einem für jeden einzelnen Wohnungseigentümer vom Verwalter geführten Konto (vgl. den zwischen denselben Beteiligten ergangenen Senatsbeschluß vom 24.6.1999, BayObLGZ 1999, 176/180). Der Beschluß der Wohnungseigentümer über die Abrechnung für das Jahr 1996 hat deshalb die Zahlen über die Entwicklung des Kontos des Antragstellers nicht erfaßt. Deshalb kann der Antragsteller die Anfechtung der Jahresabrechnung 1996 weder darauf stützen, daß eine für unzulässig erklärte Sonderumlage von etwa 415 DM aus dem Jahr 1995 immer noch in seinem Konto geführt werde, noch darauf, daß eine von dritter Seite erfolgte Zahlung von 1.557,46 DM in der Jahresabrechnung nicht berücksichtigt sei. In seiner Konto-Abrechnung (S. 2 der Abrechnung vom 28.7.1997) ist diese Zahlung per 30.12.1996 zu seinen Gunsten berücksichtigt.

c) Da die Anfechtung des Eigentümerbeschlusses über die Jahresabrechnung auf bestimmte Einzelposten beschränkt werden kann, ist davon auszugehen, daß der Antragsteller sein Begehren auf Überprüfung der Jahresabrechnung für 1996 in der Rechtsbeschwerdeinstanz auf diejenigen Punkte beschränkt haben will, die er in seiner Rechtsbeschwerde ausdrücklich angesprochen hat. Der Senat nimmt deshalb im Folgenden auch nur zu den vom Antragsteller angesprochenen Beanstandungen Stellung (vgl. BayObLGZ 1999, 176/180).

(1) Die Rüge des Antragstellers, dem Verwaltungsbeirat hätten die Kontoauszüge für die Buchungen nicht vorgelegen, berührt die Ordnungsmäßigkeit der Abrechnung nicht. Im übrigen haben Amts- und Landgericht durch die Aussage der Zeugin H. als erwiesen angesehen, daß den Mitgliedern des Verwaltungsbeirats die Originalbelege zur Überprüfung vorgelegen haben. Damit hatte der Verwaltungsbeirat die nötigen Grundlagen für die Überprüfung der Jahresgesamtabrechnung. An diese tatrichterliche Feststellung ist der Senat gebunden (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 561 ZPO).

(2) Eine Pflicht zur Rechnungslegung hat der Verwalter gemäß § 28 Abs. 4 WEG nur gegenüber den Wohnungseigentümern in ihrer Gesamtheit und auch nur dann, wenn die Wohnungseigentümer einen entsprechenden Mehrheitsbeschluß gefaßt haben (BayObLG NJW-RR 2000, 603/605). Der Antragsteller hatte deshalb keinen persönlichen Anspruch auf Rechnungslegung gegen die weitere Beteiligte. Denn ihrer allgemeinen Auskunftspflicht kam die weitere Beteiligte in ausreichendem Maß dadurch nach, daß der Antragsteller während der Eigentümerversammlung Gelegenheit hatte, die Unterlagen und Belege für die Jahresabrechnung selbst zu überprüfen, wie die Zeugin H. vor dem Amtsgericht bestätigte.

(3) Ohne Erfolg rügt der Antragsteller ferner, daß in der Heizkostenabrechnung für 1996 der Warmwasserverbrauch im Bad nur geschätzt wurde. Nach der von ihm selbst vorgelegten Auskunft des Unternehmens für die Wärmemessung war das Meßgerät damals defekt. Das bedeutet, daß der Warmwasserverbrauch nur geschätzt werden konnte, wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat (vgl. § 3 Satz 1 in Verbindung mit § 9a Abs. 1 HeizkostenVO). Das berührt die Ordnungsmäßigkeit der Abrechnung nicht, solange der Antragsteller keine Anhaltspunkte vorgebracht hat, daß die Schätzung grob falsch sei. Solche Anhaltspunkte fehlen hier. Ob der Antragsteller Kenntnis vom Defekt des Meßgeräts hatte, ist für die Ordnungsmäßigkeit der Abrechnung ohne Bedeutung.

(4) Welchen in der Verhandlung vom 18.4.2000 gestellten Antrag des Antragstellers das Landgericht zu Unrecht unberücksichtigt gelassen haben soll, ist nicht zu erkennen. Weitere Beanstandungen hat der Antragsteller in der Rechtsbeschwerde nicht vorgebracht.

3. Das Landgericht hat den Eigentümerbeschluß über die Jahresabrechnung 1996 insoweit für ungültig erklärt, als dort Vorauszahlung von etwa 11.000 DM und ein Nachzahlungsbetrag von etwa 13.000 DM ausgewiesen sind. Mangels Anfechtung ist dies einer Überprüfung durch den Senat entzogen. Damit enthält die Jahresabrechnung nur einen auf den Antragsteller entfallenden Kostenanteil von etwa 2.100 DM. Anteilige Vorauszahlungen enthält die Jahresabrechnung nicht. Zahlungen im Jahr 1996 wurden, wie sich aus Kontoübersicht ergibt, mit Rückständen aus Abrechnungen für frühere Jahre verrechnet.

Die teilweise Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses über die Jahresabrechnung 1996 durch das Landgericht rechtfertigt es nicht, dem Antragsteller die gesamten Gerichtskosten aufzuerlegen und ihn mit außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu belasten. Der Senat hält es vielmehr für angemessen, die Gerichtskosten für das Verfahren vor dem Amtsgericht und dem Landgericht dem Antragsteller und den Antragsgegnern jeweils zur Hälfte aufzuerlegen und von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten abzusehen. Dagegen bleibt die Rechtsbeschwerde des Antragstellers ohne Erfolg, so daß ihm die Gerichtskosten dieses Rechtszugs auferlegt werden, von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten aber abgesehen wird (§ 47 WEG).

Der nach § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG festzusetzende Geschäftswert ergibt sich aus der Summe der Einzelbeanstandungen von etwa 2.800 DM und 25 % des Restes der Gesamtheizkosten von etwa 85.000 DM (= rund 25.000 DM). Die sich hieraus errechnenden Kosten stehen jedoch in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Interesse des Antragstellers, das sich im wesentlichen aus dem Wert der einzelnen Beanstandungen ergibt. Der Senat setzt daher den Geschäftswert nach § 48 Abs. 3 Satz 2 WEG niedriger, nämlich auf 12.000 DM fest. Entsprechendes gilt für die Geschäftswertfestsetzung des Landgerichts für das Verfahren vor dem Amtsgericht und für das Beschwerdeverfahren. Insoweit erscheint eine Herabsetzung des nach § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG zutreffend errechneten Geschäftswerts auf 60.000 DM angemessen.

Ende der Entscheidung

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