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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 14.05.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 54/03
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 22 Abs. 2
Zur Frage des Organisationsverschuldens bei Fristsachen.
Gründe:

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.

Auf Antrag der Antragsteller hat das Amtsgericht die Antragsgegner am 2.10.2002 verpflichtet, zwei Wanddurchbrüche zu beseitigen. Gegen den ihren Verfahrensbevollmächtigten am 11.10.2002 zugestellten Beschluss haben die Antragsgegner am 19.12.2002 sofortige Beschwerde eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist beantragt.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs ist ausgeführt, die im dritten Lehrjahr befindliche Auszubildende D. sei dem Verfahrensbevollmächtigten als tüchtige und zuverlässige Mitarbeiterin bekannt. Bei Kontrollen habe es nie Beanstandungen gegeben. Sowohl im Fristenkalender als auch in der Akte habe D. als Vorfrist den 18.10.2002 und als Frist den 25.10.2002 notiert. Die zum 25.10.2002 notierte Frist sei im Fristenkalender abgehakt worden. Die Akten seien dem Verfahrensbevollmächtigten am Tag des Fristablaufs jedoch nicht vorgelegt worden. Von der Fristversäumung habe der Verfahrensbevollmächtigte durch einen Anruf der Antragsgegner am 6.12.2002 erfahren.

Das Landgericht hat durch Beschluss vom 4.3.2003 den Antragsgegnern Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt und die sofortige Beschwerde verworfen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegner habe eine ausreichende Überwachung seines Personals nicht glaubhaft gemacht. Wenn die Führung des Fristenkalenders einer Auszubildenden übertragen wurde, hätten konkrete Überwachungsmaßnahmen hinsichtlich der Frist dargelegt werden müssen. Die allgemeine Erklärung, auf die Auszubildende habe man sich verlassen können, bei Kontrollen habe es nie Beanstandungen gegeben, reiche nicht aus.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler den Antragsgegnern Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt und die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen (§ 43 Abs. 1 WEG, § 22 Abs. 2 FGG, § 45 Abs. 1 WEG, § 22 Abs. 1 FGG). Die Antragsgegner müssen sich das Verschulden ihres Verfahrensbevollmächtigten, nicht jedoch ein Verschulden der Mitarbeiter des Verfahrensbevollmächtigten zurechnen lassen (§ 22 Abs. 2 Satz 2 FGG). Ein Verschulden des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner liegt in der unzureichenden Organisation der Fristenkontrolle.

b) Der Rechtsanwalt kann die Berechnung und Notierung einfacherer und in seinem Büro geläufiger Fristen einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Angestellten überlassen (BGH NJW-RR 1998, 1526). Er hat jedoch durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden; unverzichtbar sind insoweit eindeutige Anweisungen an das Büropersonal, die Festlegung klarer Zuständigkeiten und die mindestens stichprobenartige Kontrolle des Personals (BGH NJW 2001, 2975). Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, darf der Anwalt darauf vertrauen, dass das zuständige Büropersonal die ihm übertragenen Aufgaben des Fristenwesens ordnungsgemäß erfüllt (BGH NJW 1995, 1682). Unentbehrliches Hilfsmittel für die Fixierung der Fristen ist in erster Linie der Fristenkalender sowie die Notierung der Fristen auf den Handakten des Rechtsanwalts.

c) Gemessen an diesen Grundsätzen liegt ein Organisationsverschulden bei dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner vor. Nach dessen Sachvortrag wird bei fristgebundenen Rechtsmitteln in den Fristenkalender und in der Handakte eine Vorfrist und die eigentliche Frist vermerkt. Dies sei auch im vorliegenden Fall geschehen. Die eigentliche Frist sei im Kalender abgehakt worden, ohne dass ihm die Akten vorgelegt worden seien. Es ist nichts dazu vorgetragen, dass auch bei Eintritt der Vorfrist die Handakte hätte vorgelegt werden müssen und ob dies geschehen ist. Einen Sinn gibt die Eintragung einer Vorfrist nur, wenn sie zu einer Vorlage der Akte bei dem Verfahrensbevollmächtigten führt. Mangels eines diesbezüglichen Sachvortrags ist davon auszugehen, dass entsprechende organisatorische Maßnahmen bzgl. einer Behandlung der Vorfrist nicht getroffen wurden. Ein neuer Sachvortrag in der Rechtsbeschwerdeinstanz kann nicht mehr berücksichtigt werden (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 559 Abs. 1 ZPO).

3. Es erscheint angemessen, den unterlegenen Antragsgegnern die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 47 WEG).

Die Geschäftswertfestsetzung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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