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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 20.06.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 59/03
Rechtsgebiete: WEG, ZPO


Vorschriften:

WEG § 45 Abs. 1
WEG § 48
ZPO § 313 Abs. 1 Nr. 1
1. Die Wohnungseigentümer sind in einem Beschluss namentlich und mit ihrer Anschrift zu bezeichnen, was auch durch Beifügung einer Eigentümerliste geschehen kann.

2. Das Landgericht hat bei der Festsetzung des Beschwerdewerts das Interesse des Beschwerdeführers von Amts wegen zu ermitteln. Nimmt es hierzu Rückrechnungen aus einzelnen bei den Akten befindlichen Schriftstücken vor, ist den Beteiligten hierzu vorab Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

3. Beantragt der Antragsteller den Beschluss über eine Jahresabrechnung hinsichtlich einer Position insgesamt für ungültig zu erklären, so kann bei der Geschäftswertfestsetzung nicht von einem Betrag ausgegangen werden, den der Antragsteller in der Begründung als Mindestbetrag für die Unrichtigkeit angegeben hat.


Gründe:

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. In der Eigentümerversammlung vom 3.7.2001 beschlossen die Wohnungseigentümer die Gesamt- und Einzelabrechnung für das Jahr 2001. In dieser Abrechnung ist auch die Entwicklung der Instandhaltungsrücklage dargestellt. Darin enthalten ist ein entnommener Betrag in Höhe von 116000 DM, der als Zahlung für Heizung bezeichnet ist.

Der Antragsteller hat beim Amtsgericht beantragt, den Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung in der Einzelposition Instandhaltungsrücklage für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat den Antrag am 5.12.2002 abgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht mit Beschluss vom 25.2.2003 zurückgewiesen und den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 511,29 EUR festgesetzt. Der Antragsteller hat gegen diesen Beschluss in der Hauptsache sofortige weitere Beschwerde und gegen die Geschäftswertfestsetzung Beschwerde eingelegt.

Die Vorinstanzen haben die Antragsgegner als "WEG" bezeichnet und ihren Beschlüssen eine Eigentümerliste nicht beigelegt.

II.

1. Die Geschäftswertbeschwerde ist unzulässig, da es dem Antragsteller an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Durch eine Heraufsetzung des Geschäftswerts würde der Antragsteller nichts zu seinen Gunsten erreichen können. Insbesondere ist die Geschäftswertfestsetzung vom Wert der Beschwer unabhängig.

2. In der Hauptsache ist das Rechtsmittel zulässig. Die Zulässigkeit ergibt sich unabhängig vom Beschwerdewert daraus, dass das Landgericht die Beschwerde wegen des fehlenden Beschwerdewerts verworfen hat.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist in der Hauptsache auch begründet.

a.) Die Entscheidung des Landgerichts leidet bereits deshalb an einem erheblichen Mangel, weil die Antragsgegner nicht namentlich bezeichnet sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats haben die Wohnungseigentümer keine Rechtspersönlichkeit, sodass entsprechend § 313 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich sämtliche Wohnungseigentümer im Rubrum aufzuführen sind oder auf eine dem Beschluss beigefügte Liste zu verweisen ist (BayObLG, ZMR 2002, 536, 537).

b) Das Landgericht hat ausgeführt: Die sofortige Beschwerde sei mangels Erreichens des Beschwerdewerts nicht statthaft. Aus der vorgelegten Rücklageentwicklung ergebe sich, dass bei einer Entnahme aus der Rücklage über 406291,61 DM der Anteil des Beschwerdeführers 3078,82 DM betrage. Hinsichtlich der Rechnung über 116000 DM liege demzufolge der Anteil des Beschwerdeführers bei ca. 928 DM. Selbst wenn die vom Beschwerdeführer gerügten Kosten 1000 DM übersteigen würden, läge daher das vermögenswerte Interesse des Beschwerdeführers an der Abänderung des Beschlusses jedenfalls weit unter dem Beschwerdewert von 750 EUR.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Das Landgericht hat eine Rückrechnung aus einem Teil der vorgelegten Jahresabrechnung vorgenommen. Das Landgericht hat zu dieser Rückrechnungsmethode dem Antragsteller keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und damit gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen. Das Landgericht hat ferner gegen den Amtsermittlungsgrundsatz des § 12 FGG verstoßen, indem es nicht aufgeklärt hat, wie viele Wohnungen dem Antragsteller gehören.

Auf diesen Verfahrensverstößen beruht die angefochtene Entscheidung auch. Würde man den in der Beschwerdebegründung enthaltenen Vortrag des Antragstellers als richtig unterstellen, dass er Eigentümer von zwei Wohnungen ist und mit 76,00/10.000 und 77,03/10.000 an den Kosten beteiligt ist, ergäbe sich bei einem Gesamtbetrag von 116000 DM ein auf den Antragsteller entfallender Betrag von 1775,14 DM und damit von umgerechnet mehr als 750 EUR.

Der Antragsteller hat seinen Antrag auf Ungültigerklärung auch nicht auf einen Betrag von ca. 1000 DM beschränkt, sondern dem Wortlaut des beim Amtsgericht gestellten Antrags nach die gesamte Einzelposition Instandhaltungsrücklage beanstandet und den Betrag von 1000 DM lediglich als Mindestbetrag bezeichnet.

Der Senat sieht sich an einer abschließenden Entscheidung gehindert, da der Kostenanteil des Antragstellers nicht unstreitig ist. Die Antragsgegner haben vielmehr die Berechnung des Landgerichts übernommen, wonach der Anteil des Beschwerdeführers bei lediglich 928 DM liege. Das Landgericht wird hierzu nähere tatsächliche Feststellungen zu treffen haben.

4. Die Geschäftswertfestsetzung des Landgerichts war von Amts wegen abzuändern (§ 31 Abs. 1 Satz 2 KostO). Das Landgericht hat ersichtlich auf den vom Antragsteller genannten Mindestbetrag der Kosten für die Solaranlage von 1000 DM abgestellt und diesen auf Euro umgerechnet. Dabei hat es jedoch außer Acht gelassen, dass der Antragsteller diesen Betrag lediglich als Mindestbetrag beziffert hat. Da der Antragsteller bereits im Beschwerdeverfahren einen höheren Betrag seinen Ausführungen zugrunde gelegt hat, ist das Interesse aller Beteiligten (§ 48 Abs. 3 Satz 1 WEG) mit 511,29 EUR nicht hinreichend bewertet. Auszugehen ist vielmehr gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG vom Gesamtbetrag der angefochtenen Position also von 116000 DM. Hierdurch würde sich jedoch für den Fall einer Kostenbelastung des Antragstellers ein Missverhältnis zu seinem Interesse an der Entscheidung ergeben. Der Senat hält deshalb gemäß § 48 Abs. 3 Satz 2 WEG einen Geschäftswert von 3000 EUR für angemessen.

5. Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist dem Landgericht vorzubehalten. Eine Kostenentscheidung für das Geschäftswertbeschwerdeverfahren ist nicht veranlasst (§ 31 Abs. 4 KostO).

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird gemäß § 48 Abs. 3 Satz 2 WEG gemäß den vorstehenden Ausführungen auf 3000 EUR festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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