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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 06.03.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 6/03
Rechtsgebiete: BGB, WEG


Vorschriften:

BGB § 1004
WEG § 14 Nr. 1
WEG § 15
Die Bezeichnung eines Teileigentums in der Teilungserklärung und im Grundbuch als "Laden" enthält eine Zweckbestimmung. Die mit einer Nutzung als Laden typischerweise verbundenen Beeinträchtigungen müssen nur während der üblichen Ladenöffnungszeiten hingenommen werden.
Gründe:

I.

Die Antragsteller, die Antragsgegnerin und die weiteren Beteiligten sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage.

Der Antragsgegnerin gehört das Teileigentum Nr. 34. Dieses ist in der Teilungserklärung und im Grundbuch als "Laden" bezeichnet. Im Aufteilungsplan sind die zu diesem Teileigentum gehörenden Räume als "Laden", "Gang", "Teeküche" und "Büro" bezeichnet. Das Teileigentum ist vermietet und wird von dem Mieter als Bäckerei mit Stehcafe genutzt. Die im Aufteilungsplan als "Teeküche" und "Büro" bezeichneten Räume grenzen an die Wohnung an, die den Antragstellern gehört.

Die Antragsteller tragen vor, von der "Teeküche" und dem "Büro" gingen erhebliche Lärmbelästigungen aus, insbesondere in den Morgenstunden ab 5.00 Uhr, weil diese Räume zu Arbeiten für die Bäckerei genutzt würden.

Die Antragsteller haben beantragt, es der Antragsgegnerin unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, die im Aufteilungsplan als "Teeküche" und "Büro" bezeichneten Räume anders als im Aufteilungsplan vorgesehen zu nutzen oder durch den Mieter nutzen zu lassen, insbesondere dort vorbereitende Arbeiten für backblechgefertigte Teigwaren oder die Reinigung von Backblechen vorzunehmen. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 20.3.2002 dem Antrag stattgegeben. Das Landgericht hat am 2.12.2002 auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und den Antrag abgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller, mit der sie beantragen festzustellen, dass die als "Teeküche" und "Büro" bezeichneten Räume nur entsprechend dieser Zweckbestimmung als Büro und Teeküche genutzt werden dürfen und es der Antragsgegnerin unter Androhung von Ordnungsmitteln aufzugeben, dass der Mieter des Ladens die "Teeküche" und das "Büro" nicht als Arbeitsräume verwende.

II.

Das Rechtsmittel, mit dem sinngemäß der ursprüngliche Antrag im Wesentlichen weiterverfolgt wird, ist zulässig, aber nur teilweise begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Das Teileigentum sei in der Teilungserklärung und im Grundbuch als Laden bezeichnet. Dies stelle eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter dar. Demgegenüber komme der Kennzeichnung der beiden Nebenräume im Aufteilungsplan als "Teeküche" und "Büro" nicht die Bedeutung einer Zweckbestimmung zu. Es handle sich nur um Nutzungsvorschläge. Im Übrigen diene der Aufteilungsplan nicht dazu, Nutzungsbeschränkungen zum Ausdruck zu bringen. Die Antragsgegnerin dürfe somit sämtliche Räume als Laden und damit auch als Bäckerei nutzen. Beeinträchtigungen, die über das Maß hinausgingen, welches mit einer Ladennutzung typischerweise verbunden sei, hätten die Antragsteller substantiiert nicht vorgetragen. Abgesehen davon hätten die Antragsteller nichts gegen den Betrieb der Bäckerei als solchen; sie wendeten sich vielmehr nur gegen eine andere Nutzung der Nebenräume als im Aufteilungsplan vorgesehen.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.

a) Der Feststellungsantrag ist unbegründet. Während es sich bei der Bezeichnung des Teileigentums der Antragsgegnerin in der Teilungserklärung und im Grundbuch als "Laden" um eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter im Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 2, § 15 Abs. 1 WEG handelt, kommt demgegenüber der Bezeichnung der einzelnen Räume des Teileigentums der Antragsgegnerin im Aufteilungsplan als "Gang", "Teeküche" und "Büro" nicht die Bedeutung einer Zweckbestimmung zu. Aufgabe des Aufteilungsplans ist, die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe der im Sondereigentum und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich zu machen (§ 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG). Hier geht es aber nicht um die Abgrenzung von Sondereigentum und gemeinschaftlichem Eigentum, sondern um die Zweckbestimmung des Teileigentums. Insoweit kommt der Beschriftung der einzelnen Räume im Aufteilungsplan gegenüber der eindeutigen Zweckbestimmung in der Teilungserklärung und im Grundbuch als "Laden" keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Andernfalls müsste auch die Bezeichnung einzelner Räume einer Wohnung in dem Aufteilungsplan, z.B. als Wohnzimmer oder Schlafzimmer, den Charakter einer Zweckbestimmung haben. Dass dies nicht der Fall ist, liegt auf der Hand. Bei solchen Angaben im Aufteilungsplan handelt es sich regelmäßig nur um Nutzungsvorschläge. Diesen Angaben kommt keine Bedeutung zu, die die Zweckbestimmung gemäß den Angaben in der Teilungserklärung und im Grundbuch überlagern und erweitern. Es bleibt vielmehr dabei, dass maßgebend für die Zweckbestimmung und die zulässige Nutzung der Räume die in das Grundbuch übernommenen Angaben der Teilungserklärung sind (BayObLG ZMR 2000, 234).

b) Auch der Antrag, eine Nutzung der Nebenräume als Arbeitsräume zu untersagen, ist bei wörtlicher Auslegung nicht begründet. wie dargelegt dürfen auch die Nebenräume als Laden genutzt werden. Der Charakter eines Geschäftsbetriebs in einem Laden ist ganz wesentlich mit der Vorstellung verbunden, dass die Räume als "Arbeitsräume" verwendet werden.

Den Antragstellern geht es ersichtlich auch darum, dass die von den beiden Räumen (Büro und Teeküche) ab 5.00 Uhr ausgehende, im Zusammenhang mit der Fertigstellung der vorgefertigten Backwaren verbundene Lärmbeeinträchtigung unterbleibt. Der Anspruch auf Unterlassung ist für den Zeitraum bis 7.00 Uhr begründet. Jeder Wohnungseigentümer kann verlangen, dass eine Nutzung unterbleibt, die mit der Zweckbestimmung nicht vereinbar ist oder mehr stört als eine der Zweckbestimmung entsprechende Nutzung (§ 14 Nr. 1, § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 Abs. 1 BGB). Die Zweckbestimmung als Laden hat zur Folge, dass nur die typischerweise mit einem Laden verbundenen Beeinträchtigungen und diese insbesondere nur während der üblichen Ladenöffnungszeiten hingenommen werden müssen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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