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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 25.07.2002
Aktenzeichen: 2Z BR 63/02
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 23 Abs. 1
Zwischen dem Eigentümerbeschluss, mit dem ein Beschlussantrag auf Vornahme einer bestimmten Maßnahme abgelehnt wird und dem Eigentümerbeschluss, durch den ein Beschlussantrag, diese Handlung nicht vorzunehmen, angenommen wird, besteht kein Unterschied.
Gründe:

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer 1983 begründeten Wohnanlage, die von dem weiteren Beteiligten verwaltet wird. Dem Antragsteller gehört eine 1995 erworbene Dachgeschosswohnung. Am 3.3.2000 lehnten die Wohnungseigentümer mehrere Beschlussanträge des Antragstellers ab, nämlich die Anträge,

auf Kosten der Gemeinschaft

- die Wohnungsabschlusstür seiner Wohnung zu streichen (TOP 4),

- die Dachliegefenster im Toiletten- und Wohn-/Schlafraum seiner Wohnung durch Kunststoff- oder neue Holzfenster zu ersetzen (TOP 5),

- im Küchenraum seiner Wohnung ein Dachliegefenster einzubauen (TOP 6).

Der Antragsteller hat unter anderem beantragt, diese Beschlüsse für ungültig zu erklären, und den Beschlussanträgen entsprechende Verpflichtungsanträge gestellt. Das Amtsgericht hat die Anträge am 24.11.2000 abgewiesen. Das Landgericht hat durch Beschluss vom 17.5.2002 die sofortige Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich dessen sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Zu Recht habe das Amtsgericht ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Ungültigerklärung der Negativbeschlüsse verneint. Ein Anspruch des Antragstellers auf Anstrich der Wohnungstür, auf Austausch der beiden vorhandenen Fenster und auf Einbau eines zusätzlichen Dachliegefensters bestehe nicht.

Aus dem unstreitigen Sachvortrag der Beteiligten und dem Augenschein der Amtsrichterin ergebe sich, dass die Wohnungsabschlusstüren der Wohnanlage in Farbe und Gestaltung unterschiedlich seien und kein einheitliches optisches Erscheinungsbild abgäben. Der schwarze Anstrich der Tür des Antragstellers stelle keine ästhetische Beeinträchtigung dar. Im übrigen sei die Lackierung unbeschädigt.

Die beiden Dachliegefenster seien nach den Feststellungen der Amtsrichterin beim Augenschein unbeschädigt. Der Sachverständige habe dies im wesentlichen bestätigt. Nach seinem Gutachten lägen nur geringe Mängel vor, die keinen Austausch der Fenster erforderlich machten. Daran ändere nichts der Umstand, dass die Fenster nicht gekippt werden könnten und daher auf der Außenseite nicht zu reinigen seien. Die Fenster seien bei Erwerb der Wohnung durch den Antragsteller vorhanden gewesen. Ihm sei es nach der Regelung in der. Gemeinschaftsordnung unbenommen, auf eigene Kosten einen Fensteraustausch vorzunehmen.

Nach den Feststellungen der Amtsrichterin beim Augenschein könne der Antragsteller durch teilweises Entfernen der Abtrennung zum Küchenraum für einen ausreichenden Lichteinfall sorgen. Auch hier gelte, dass die Wohnung vom Antragsteller in dem derzeitigen Zustand erworben worden sei und er auf eigene Kosten ein zusätzliches Fenster einbauen dürfe.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Nur im Ergebnis, nicht aber in der rechtlichen Begründung kann dem Landgericht insoweit gefolgt werden, als dieses die Anträge auf Ungültigerklärung der Eigentümerbeschlüsse mit dem Amtsgericht für erfolglos erachtet hat. Das Landgericht hat seine Ansicht damit begründet, bei der Ablehnung des jeweiligen Beschlussantrags handle es sich um einen Nichtbeschluss. Dies entsprach der lange Zeit vom Senat in Übereinstimmung mit anderen Obergerichten vertretenen Ansicht (z.B. BayObLG NZM 1998, 866 f.; 1999, 712 f.). Diese Rechtsansicht hat der Bundesgerichtshof im Beschluss vom 23.8.2001 verworfen (NJW 2001, 3339, FGPrax 2001, 231). Er vertritt die Auffassung, eine formal einwandfrei zustande gekommene Ablehnung eines Beschlussantrags durch die Wohnungseigentümer habe Beschlussqualität. Ein solcher Negativbeschluss sei kein Nichtbeschluss. Dem hat sich der Senat angeschlossen (BayObLGZ 2002, 20/25).

Zur Begründung führt der BGH aus, durch die Ablehnung des Beschlussantrags werde "der Gemeinschaftswille festgelegt, dass die beantragte Änderung oder Ergänzung des Gemeinschaftsverhältnisses nicht eintreten soll. Insoweit unterscheidet sich die Ablehnung eines Antrags in nichts von der... Annahme des 'negativen' Antrags, eine bestimmte Handlung nicht vorzunehmen oder zu unterlassen". Diese Aussage steht allerdings im Widerspruch zu den weiteren Ausführungen, "dass die Ablehnung eines Antrags die Rechtslage unverändert lässt, insbesondere kann aus der Ablehnung nicht auf den Willen der Wohnungseigentümer geschlossen werden, das Gegenteil des Beschlussantrags zu wollen". Der Gesamtheit der Gründe der BGH-Entscheidung ist jedoch zu entnehmen, dass die Bestandskraft des einen Beschlussantrag ablehnenden Eigentümerbeschlusses einem Verpflichtungsantrag mit dem Inhalt des Beschlussantrags entgegensteht und insoweit eine Veränderung der Rechtslage bewirkt, die ein Rechtsschutzinteresse für eine Anfechtung des ablehnenden Eigentümerbeschlusses begründet.

b) Der Rechtsfehler des Landgerichts nötigt den Senat nicht zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts. Dieses hat im Ergebnis zu Recht die sofortige Beschwerde zurückgewiesen, weil die Eigentümerbeschlüsse über die Ablehnung der Beschlussanträge ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Dies kann der Senat selbst entscheiden, weil hierzu weitere Ermittlungen nicht erforderlich sind.

Der Antragsteller hat außer einer Anfechtung der Ablehnung seiner Beschlussanträge diese zum Gegenstand von Verpflichtungsanträgen gemacht. Die Verpflichtungsanträge hat das Landgericht ohne Rechtsfehler abgewiesen.

(1) Jeder Wohnungseigentümer kann von den übrigen Wohnungseigentümern die erstmalige Herstellung eines ordnungsmäßigen Zustands der Wohnanlage und im übrigen eine Instandsetzung und Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung verlangen (§ 21 Abs. 3, 4, 5 Nr. 2 WEG). Bezüglich der mit den Beschlussanträgen zu TOP 4 und 5 übereinstimmenden Verpflichtungsanträge (Streichen der Wohnungsabschlusstür und Erneuerung von zwei Fenstern) hat das Landgericht unter Bezugnahme auf das Ergebnis eines von der Amtsrichterin durchgeführten Augenscheins und bezüglich der beiden Fenster außerdem unter Bezugnahme auf ein erholtes Sachverständigengutachten die Notwendigkeit von Instandsetzungsmaßnahmen verneint. Diese tatrichterliche Würdigung ist, da sie rechtsfehlerfrei zustande gekommen ist, für den Senat bindend (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 559 ZPO).

(2) Was den Einbau eines zusätzlichen Dachflächenfensters angeht (Beschlussantrag zu TOP 6), hat das Landgericht zu Recht einen Anspruch des Antragstellers gegen die übrigen Wohnungseigentümer verneint. Ein solches Fenster war von Anfang an nicht vorgesehen und eingebaut. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich oder vorgetragen, dass es sich dabei um einen nicht ordnungsmäßigen Zustand der Wohnanlage handelt. Daran ändert nichts, dass der Einbau eines zusätzlichen Fensters eine Verbesserung der Wohnung des Antragstellers darstellen würde.

Da somit die mit den abgelehnten Beschlussanträgen übereinstimmenden Verpflichtungsanträge zu Recht ohne Erfolg geblieben sind, kann für die Anfechtung der Eigentümerbeschlüsse, mit denen die Beschlussanträge abgelehnt wurden, nichts anderes gelten.

3. Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 47 WEG und die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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