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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 23.10.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 63/03
Rechtsgebiete: FGG, WEG, ZPO


Vorschriften:

FGG § 27
WEG § 21 Abs. 5 Nr. 1
WEG § 23 Abs. 4
ZPO § 145
1. Wird ein Eigentümerbeschluss, der eine aus einer Vielzahl von Einzelregelungen bestehende Haus- und Gartenordnung zum Gegenstand hat, angefochten, handelt es sich um einen einheitlichen Verfahrensgegenstand. Es ist grundsätzlich ermessensfehlerhaft, das Verfahren entsprechend der Zahl der Einzelregelungen in eine Vielzahl von Verfahren zu zerlegen.

2. Zur Überprüfung eines Eigentümerbeschlusses, der eine Haus- und Gartenordnung zum Gegenstand hat.

3. Wird ein Eigentümerbeschluss angefochten, ist das Gericht in seiner Entscheidung durch den Antrag auf Ungültigerklärung beschränkt. Im Fall der Ungültigerklärung kann es ohne einen darauf gerichteten, bestimmten Antrag keine ersetzende Regelung treffen.

4. In der Rechtsbeschwerdeinstanz können keine neuen Sachanträge gestellt werden.


Gründe:

I.

Der Antragsteller und der Antragsgegner sind die beiden Wohnungseigentümer einer aus zwei freistehenden Häusern bestehenden Wohnanlage.

Ein Miteigentumsanteil von 64/100 ist verbunden mit dem Sondereigentum an dem Haus Nr. 1 und gehört dem Antragsgegner; ein Miteigentumsanteil von 36/100 ist verbunden mit dem Sondereigentum an dem Haus Nr. 2 und gehört dem Antragsteller. Mit beiden Wohnungseigentumsrechten sind Sondernutzungsrechte verbunden.

Das Stimmrecht bemisst sich gemäß der Gemeinschaftsordnung nach der Größe der Miteigentumsanteile.

Verwalter der Wohnanlage ist der Antragsgegner.

Am 17.7.2001 beschloss der Antragsgegner mit seiner Stimmenmehrheit unter Tagesordnungspunkt 3 eine umfangreiche Haus- und Gartenordnung mit einer Vielzahl von Einzelregelungen.

Der Antragsteller hat unter anderem beantragt, den Eigentümerbeschluss zu Tagesordnungspunkt 3 für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat das Verfahren dergestalt zerlegt, dass jede einzelne Bestimmung der Haus- und Gartenordnung in einem eigenen Verfahren behandelt wurde. Sodann hat es durch Beschlüsse vom 30.7. und 1.8.2002 einzelne Regelungen der Haus- und Gartenordnung für ungültig erklärt und im Übrigen die Anträge abgewiesen. Auf die sofortigen weiteren Beschwerden des Antragsgegners und des Antragstellers hat das Landgericht durch Beschlüsse vom 3.4.2003 sämtliche Einzelbestimmungen der Haus- und Gartenordnung für ungültig erklärt. Dagegen richten sich die sofortigen weiteren Beschwerden des Antragsgegners.

Der Senat hat die einzelnen Verfahren zu einem Verfahren verbunden.

II.

Die Rechtsmittel haben im Ergebnis keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Bei der Vielzahl der unwirksamen und teilweise schikanösen Bestimmungen entspreche die vom Antragsgegner unter missbräuchlicher Ausnutzung seiner Stimmenmehrheit beschlossene Haus- und Gartenordnung nicht mehr ordnungsmäßiger Verwaltung, auch wenn einzelne Regelungen nicht zu beanstanden sein sollten. Die Haus- und Gartenordnung sei als Einheit beschlossen worden und würde verfälscht, wenn sie nur in Teilen aufrechterhalten bliebe.

2. Die Entscheidungen des Landgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

a) Die Haus- und Gartenordnung, die Gegenstand des Eigentümerbeschlusses zu Tagesordnungspunkt 3 ist, enthält zahlreiche Einzelregelungen. Die Zerlegung des Anfechtungsantrags entsprechend der Zahl der Einzelregelungen in eine Vielzahl von Anfechtungsverfahren durch das Amtsgericht war ermessensfehlerhaft. Dasselbe gilt für die Aufrechterhaltung der Verfahrenstrennung durch das Landgericht.

Voraussetzung einer Verfahrenstrennung ist in entsprechender Anwendung des § 145 Abs. 1 ZPO, dass Gegenstand des Verfahrens mehrere selbständige Ansprüche sind. Dies ist bei einem Eigentümerbeschluss über eine Hausordnung nicht der Fall, auch wenn sich diese in der Regel aus mehreren Einzelbestimmungen zusammensetzt. Es liegt nur ein Verfahrensgegenstand vor. Der Eigentümerbeschluss über die Haus- und Gartenordnung kann nicht in ein Bündel von einzelnen Beschlüssen zerlegt werden. Abgesehen davon kann Ziel einer Verfahrenstrennung immer nur sein, den Prozessstoff zu ordnen und übersichtlicher zu gestalten, ferner einer Verfahrensverschleppung entgegenzuwirken. Damit ist eine Trennung nur dann am Platz, wenn sich ein abgrenzbarer Teil voraussichtlich rascher entscheiden lassen würde als ein anderer (vgl. BGH NJW 1995, 3120). Auch diese Voraussetzungen liegen ersichtlich nicht vor.

Die Zerlegung des Verfahrens in eine Vielzahl von Einzelverfahren durch das Amtsgericht und die Aufrechterhaltung durch das Landgericht können daher keinen Bestand haben. Die Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts werden deshalb aufgehoben. Einer Zurückverweisung der Sache bedarf es aber nicht, weil der Senat abschließend über den Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses zu Tagesordnungspunkt 3 entscheiden kann. Der Eigentümerbeschluss entspricht insgesamt nicht ordnungsmäßiger Verwaltung.

b) Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (vgl. Art. 103 Abs. 1 GG) liegt nicht vor. Das Landgericht hat sich zur Begründung seiner Entscheidung die rechtlichen Erwägungen des Amtsgerichts in einem anderen Verfahren zwischen den Beteiligten zu Eigen gemacht und diese in vollem Umfang in der angefochtenen Entscheidung wiedergegeben. Dies hätte auch ohne die Benennung des früheren Verfahrens geschehen können. Zu der Begründung seiner Entscheidung hat das Gericht den Beteiligten vor seiner Entscheidung kein rechtliches Gehör zu gewähren. Der geltend gemachte Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs ist deshalb nicht gegeben.

c) Zu einer ordnungsmäßigen Verwaltung, die von den Wohnungseigentümern beschlossen werden und die jeder Wohnungseigentümer verlangen kann, gehört insbesondere die Aufstellung einer Hausordnung. Der Eigentümerbeschluss, der eine solche zum Gegenstand hat, muss dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entsprechen (§ 21 Abs. 3, 4, 5 Nr. 1 WEG).

Der Sinn einer Hausordnung ist es, die sich aus § 14 WEG ergebenden Pflichten der Wohnungseigentümer im Hinblick auf die Instandhaltung des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums sowie bei deren Nutzung zu konkretisieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Wohnanlage im vorliegenden Fall aus zwei freistehenden Einzelhäusern besteht und die beiden Wohnungseigentümer nach der Gemeinschaftsordnung weitgehend wie Alleineigentümer des jeweiligen Hauses samt dem Gegenstand des Sondernutzungsrechts angesehen werden sollen, für deren Instandhaltung sie jeweils allein verantwortlich sind (vgl. § 4 Abs. 1, 3, § 7 der Gemeinschaftsordnung). Ein Bedürfnis für ins Einzelne gehende Regelungen seitens der Gemeinschaft tritt damit stark in den Hintergrund. Bei der Prüfung, ob die einzelnen Bestimmungen der Haus- und Gartenordnung ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, ist auch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller sein Wohnungseigentum vermietet hat, während es der Antragsgegner selbst bewohnt. Verwalter der nur aus dem Antragsteller und dem Antragsgegner bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft ist der Antragsgegner. Soweit in der Haus- und Gartenordnung die Zustimmung des Verwalters zu bestimmten Maßnahmen vorgesehen ist, handelt es sich damit nicht um das Erfordernis der Zustimmung einer neutralen Person.

d) Vor diesem Hintergrund hat das Landgericht folgende Einzelbestimmungen der Haus- und Gartenordnung zutreffend für nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechend angesehen:

Zu Nr.1 (Häusliche Ruhe und Ordnung)

(1) Nr. 1c der Haus- und Gartenordnung lautet:

Der Garten der Wohnanlage ist als Ziergarten zu pflegen. Die Wohnungseigentümer haben dies bei Anpflanzungen und in Erfüllung ihrer Gartenpflegepflicht zu berücksichtigen. Anlagenveränderungen müssen alle Wohnungseigentümer zustimmen. Kinderspielplätze dürfen nicht angelegt werden. Ballspiele sind nicht erlaubt.

Die Regelung, dass der Garten als Ziergarten zu pflegen ist, schränkt, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, den Wohnungseigentümer über die Bestimmungen in der im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung (§ 10 Abs. 1 Satz 2 WEG) hinaus ein. Diese berechtigen und verpflichten den jeweiligen Wohnungseigentümer, seine ihm zur Sondernutzung zugewiesene und als "Gartenteil" bezeichnete Fläche allein zu unterhalten sowie ordnungsgemäß instand zu halten und instand zu setzen. Das Sondernutzungsrecht beinhaltet, wie § 13 Abs. 1 WEG zeigt, die Befugnis, die in Rede stehende Fläche gärtnerisch zu gestalten (BayObLG NJW-RR 1987, 846) oder zu Erholungszwecken zu benutzen. Diese Befugnis umfasst eine Nutzung etwa in der Form des Anlegens von Gemüsebeeten oder des Einpflanzens von Obstbäumen und Sträuchern, aber auch das Aufstellen eines Schaukelgeräts (siehe OLG Düsseldorf NJW-RR 1989, 1167). Unter einem Ziergarten versteht der Senat hingegen, abgrenzend von einem Nutzgarten, eine dahingehend kultivierte Fläche, die ausschließlich "schmückt" (siehe zur Begriffsbestimmung Der Große Duden Herkunftswörterbuch Stichwort "Zier"), d.h. der optischen Erbauung dient. Bestätigt wird dieses Verständnis durch die Verwendung des gleichen Begriffs in Nr. 1g der Haus- und Gartenordnung, wonach im Zusammenhang mit dem Entfernen von Laub ein Abfallplatz im "Ziergarten" nicht genehmigt wird.

Damit wird aber die Freiheit des Wohnungseigentümers, den ihm als Sondernutzungsfläche zugewiesenen Gartenteil in der einen oder anderen Weise nach Belieben zu nutzen, einseitig und über Gebühr beschnitten, indem durch die Hausordnung das umfassende Verbot aufgestellt wird, die Gartenfläche anders als nur zur optischen Erbauung, etwa für den Obst- und Gemüseanbau oder zur Freizeitgestaltung, zumindest teilweise zu nutzen (vgl. LG Bremen DWE 1995, 168 - Leitsatz 7; Staudinger/ Bub WEG § 21 Rn. 139). Dabei spielt auch eine Rolle, dass bei der Größe der gesamten Anlage auf dem Grundstück verschiedene Gartennutzungsarten ohne Störung des anderen Wohnungseigentümers ohne weiteres möglich wären.

Der Antragsgegner kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er mit dem Rechtsvorgänger des Antragstellers übereingekommen sei, die Fläche nach einem schon in den 70er Jahren entwickelten Konzept ausschließlich als "Ziergarten" zu verwenden. Diese Übereinkunft würde nämlich eine Änderung der Gemeinschaftsordnung beinhalten, die gegenüber dem Antragsteller nur wirkte, wenn sie im Grundbuch eingetragen wäre (§ 10 Abs. 2 WEG). Daran fehlt es.

Es stellt auch einen unzulässigen Eingriff in das Gartensondernutzungsrecht dar, wenn die Hausordnung bestimmt, dass bei Veränderungen von Anlagen alle Wohnungseigentümer zustimmen müssen. Von dem Sondernutzungsrecht darf der Berechtigte ohnehin nach § 14 Nr. 1 WEG nur einen solchen Gebrauch machen, dass andere Miteigentümer nicht in vermeidbarer Weise beeinträchtigt werden (z.B. OLG Köln NJW-RR 1997, 14 f.). Soweit der Wohnungseigentümer seinen Garten ortsüblich nutzt, kann insbesondere bei den Verhältnissen in der Gemeinschaft der Beteiligten, die weitgehend denen von Nachbarn entsprechen, ein anderer Wohnungseigentümer hierüber nicht mitbestimmen (vgl. etwa BayObLG WuM 1998, 563; LG Düsseldorf MDR 1989, 1105).

Demgemäß widerspricht es auch dem Gebot, die Bedürfnisse der Wohnungseigentümer beim Aufstellen einer Hausordnung gerecht abzuwägen, wenn ohne Einschränkung das Anlegen von Kinderspielplätzen und Ballspiele verboten werden. Die Zweckbestimmung als Garten verbietet solche Nutzungen nicht schlechthin. Das Landgericht hat hierbei auch zutreffend einen Zusammenhang mit der Regelung zu Nr. 1 e (generelles Verbot von Baumschaukeln und Hängematten) hergestellt. In der gebotenen Zusammenschau schließen sie nämlich die Nutzung des Gartens auch als Spiel- und Erholungsfläche für Kinder weitgehend aus, ohne dass dies durch berechtigte Interessen des anderen Wohnungseigentümers geboten wäre.

(2) Nr. 1 e der Haus- und Gartenordnung lautet:

Baumschaukel und Hängematten dürfen an den Bäumen nicht angebracht werden.

Diese Bestimmung hat das Landgericht ohne Rechtsfehler für unwirksam erachtet. Sie schränkt das dem Antragsteller in der Gemeinschaftsordnung eingeräumte Sondernutzungsrecht in unzulässiger Weise ein. Es ist zwar nicht von der Hand zu weisen, dass bei einer nicht sachgerechten Anbringung einer Baumschaukel oder Hängematte eine Beschädigung des Baumes nicht ausgeschlossen werden kann. Diese eher fern liegende Möglichkeit rechtfertigt das Verbot aber schon deshalb nicht, weil der Antragsteller einen etwa eintretenden Schaden an einem der im Gemeinschaftseigentum stehenden Bäume nach der Gemeinschaftsordnung auf seine Kosten zu beheben hätte (vgl. § 4 Abs. 1, 3 der Gemeinschaftsordnung).

Zu Nr. 2 (Sorgfaltspflicht der Hausbewohner)

(1) Nr. 2b der Haus- und Gartenordnung lautet:

Aufstellen und Lagern von Gegenständen (z.B. Waren, Verpa-ckungen, Fahrzeuge aller Art, Kinderwagen, Schlitten, Kinderroller u.ä.) ist außerhalb der Wohnungen und der dazugehörigen Keller sowie sonstigen Räumen nur an den dazu vorzusehenden Stellen gestattet.

Zutreffend hat das Landgericht auch diese Regelung als unwirksam erachtet. Denn der nächstliegenden Bedeutung nach erfasst sie jedes, auch nur kurzzeitige Abstellen von Gegenständen und greift damit jedenfalls bei den hier gegebenen Verhältnissen über das durch eine Hausordnung verfolgbare Ziel hinaus, die Grundlage für ein geordnetes Zusammenleben aller Wohnungseigentümer nach § 14 WEG zu schaffen.

Die Lagerung umfasst ersichtlich das Aufbewahren über einen längeren Zeitraum, etwa eine jahreszeitliche Periode, insbesondere auch für mobile Gegenstände wie etwa Schlitten oder Kinderroller. Demgegenüber betrifft das Aufstellen ein "Parken" während eines Besuchs oder eines periodischen Zeitraums. Über Häufigkeit und Dauer besagt die Regelung nichts. Ob eine hauptsächlich optisch-ästhetischen Belangen des anderen Wohnungseigentümers Rechnung tragende Regelung bei dem Zuschnitt der Wohnanlage überhaupt erforderlich erscheint, mag dahinstehen. Jedenfalls ist das vollständige Verbot, außerhalb festgelegter Stellen, also vor allem auch in Bereichen, die dem Sondernutzungsrecht unterliegen, Gegenstände ohne zeitliche Einschränkung aufzustellen, übermäßig und von § 14 Nr. 1 WEG nicht mehr gedeckt.

(2) Nr. 2 c der Haus- und Gartenordnung lautet:

Alle Dachrinnen (...) sind im Jahr mindestens zweimal zu räumen. Bei Vermietung ist diese Aufgabe an einen Auftragsdienst zu vergeben.

Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht in der Bestimmung, dass bei einer Vermietung die Reinigung an einen Auftragsdienst zu vergeben ist, eine unzulässige Einschränkung des Antragstellers gesehen. Ob die erforderliche Reinigung durch den Eigentümer, den Mieter oder durch einen Dritten vorgenommen wird, liegt in der Entscheidungsbefugnis des Wohnungseigentümers und kann ihm nicht durch die Gemeinschaft im Rahmen einer Hausordnung vorgeschrieben werden (vgl. hierzu den Senatsbeschluss vom 27.7.2000, NZM 2001, 672/676 f.).

(3) Nr. 2g der Haus- und Gartenordnung lautet:

Gefallenes Laub ist baldmöglichst vor allem auf den Hauszugängen und im Vorgarten ... (des Antragstellers) zu entfernen und sachgemäß zu verbringen. Das Drei-Tonnen-System der Stadt ... ist zu beachten. - Ein "Abfallplatz" im Ziergarten ... (des Antragstellers) wird nicht genehmigt.

Das Landgericht hat auch diese Bestimmung zutreffend als nicht wirksam erachtet. Dabei steht außer Frage, dass die Wohnungseigentümer befugt sind, durch die Hausordnung Reinigungspflichten für das gemeinschaftliche Eigentum näher auszugestalten. Der Senat versteht den objektiven Gehalt der Regelung dahin, dass einer der beiden Wohnungseigentümer in gesteigertem Maß verpflichtet sein soll, Laub zu beseitigen. Soweit die Hausordnung aber von einem Eigentümer ein Mehr verlangt, das von den allgemeinen Regeln über die Rechte und Pflichten von einzelnen Wohnungseigentümern (vgl. § 16 WEG) abweicht, entspricht dies im Allgemeinen nicht mehr dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen (vgl. § 15 Abs. 3 WEG). Ungleichbehandlung ist nämlich nicht von dem bei der Beschlussfassung bestehenden Ermessen der Wohnungseigentümer gedeckt. Soweit durch die räumlichen und klimatischen Verhältnisse bedingt sich das Laub hauptsächlich beim Haus des Antragstellers sammelt, ergibt sich die Mehrleistung des einen Wohnungseigentümers sachbezogen schon aus der situativen Gebundenheit seines Wohnungseigentums. Einer darüber hinausgehenden normativen Anordnung bedarf es nicht.

Auch ist das generelle Verbot, im Gartenteil des Antragstellers einen "Abfallplatz" zu errichten, unangemessen. Denn es würde seinem objektiven Gehalt nach auch das Anlegen eines heutzutage aus ökologischen Gründen oftmals befürworteten und in bayerischen Gärten auch üblichen kleinflächigen Komposters verbieten, welcher den Antragsgegner weder optisch beeinträchtigt noch zwangsläufig eine Geruchsbelästigung bedingt. Überdies handelt es sich wiederum um eine einseitige Regelung, die nur dem einen (Minderheits-)Wohnungseigentümer etwas verbietet, was sie dem anderen (Mehrheits-) Wohnungseigentümer belässt.

Zu Nr. 8 (Sonstiges)

Nr. 8 k der Haus- und Gartenordnung lautet:

Bei Vermietung des Einfamilienhauses ist die jeweils mietende Familie auf die Einhaltung der Hausordnung zu verpflichten. Eine Vermietung an mehrere Mietparteien ist nicht erlaubt. Dem Verwalter ist jede Vermietung samt abzuschließendem Mietvertrag eine Woche vor Abschluss zur Kenntnis zu geben.

Rechtlich zutreffend hat das Landgericht diese Bestimmung für unzulässig erachtet. Sie schränkt den Antragsteller in dem ihm durch § 13 Abs. 1 WEG eingeräumten Nutzungsrecht seines Sondereigentums in unzulässiger Weise ein. Nach der genannten Gesetzesbestimmung kann ein Wohnungseigentümer sein Sondereigentum grundsätzlich ohne Einschränkungen vermieten. Ob er an mehrere Personen mit mehreren selbständigen Mietverträgen oder nur an einen Mieter vermietet, ist seine Entscheidung. Insbesondere hat die Gemeinschaft keinen Anspruch darauf, dass ihr die einzelnen mietvertraglichen Regelungen, insbesondere auch die Höhe des Mietzinses, bekannt gegeben werden. Ihr Auskunftsanspruch beschränkt sich allenfalls auf die Benennung des Mieters.

e) Ob weitere Einzelbestimmungen der Haus- und Gartenordnung zu beanstanden wären, kann dahinstehen. Denn das Landgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass im Hinblick auf die für unwirksam zu erklärenden Einzelbestimmungen der Eigentümerbeschluss über die Haus- und Gartenordnung insgesamt keinen Bestand haben kann. Dabei ist von Bedeutung, dass viele der Einzelbestimmungen Selbstverständlichkeiten oder im Wesentlichen die gesetzliche Regelung wiedergeben (z.B. Nr. 3 a, 3 e, 5 b, 5 c, 6 b, 6 d, 8 c, 8 d, 8 l), also keine eigenständige Regelung enthalten. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass diese Bestimmungen ohne die für ungültig erachteten Regelungen der Haus- und Gartenordnung beschlossen worden wären (vgl. § 139 BGB).

f) Dem Hilfsantrag des Antragsgegners, diejenigen Bestimmungen der Haus- und Gartenordnung, die nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, durch eine wirksame Regelung zu ersetzen, kann nicht entsprochen werden. Es ist nicht Sache des Gerichts, den Beteiligten eine Hausordnung aufzustellen. Eine rechtsgestaltende Regelung des Gerichts kommt bei der Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses gemäß § 23 Abs. 4 WEG grundsätzlich nicht in Betracht. Die Entscheidung des Gerichts hat sich vielmehr auf die Ungültigerklärung des angefochtenen Eigentümerbeschlusses zu beschränken. Eine ersetzende Entscheidung zu der durch die Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses beseitigten Regelung der Wohnungseigentümer kommt nur dann in Betracht, wenn dies Gegenstand eines entsprechenden Antrags ist, der bestimmt zu bezeichnen hat, welche Regelung getroffen werden soll (BayObLGZ 1985, 171/176; BayObLG WE 1995, 245 f.). Daran fehlt es hier. Abgesehen davon kann ein solcher Antrag im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht erstmals gestellt werden (BayObLGZ 1996, 58/62; 188/192).

3. Es erscheint angemessen, dem unterlegenen Antragsgegner die Gerichtskosten des gesamten Verfahrens aufzuerlegen, von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten aber abzusehen (§ 47 WEG).

Der Geschäftswert für das Verfahren in allen Rechtszügen wird gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG auf 7500 EUR festgesetzt.



Ende der Entscheidung

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