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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 12.09.2002
Aktenzeichen: 2Z BR 64/02
Rechtsgebiete: BGB, WEG


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
WEG § 16 Abs. 2
Sind nach der die Gemeinschaftsordnung einer Eigentumswohnanlage die Kosten der Erneuerung der Tiefgarage, an der Nutzungsrechte bestehen, von den Nutzungsberechtigten allein zu tragen, so gilt diese Regelung auch für die Kosten für die Erneuerung des Tors und der Beleuchtung der Tiefgarage.
Gründe:

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer größeren Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Die Anlage verfügt über eine Tiefgarage, zu der die Teilungserklärung im Abschnitt A II 2 folgendes bestimmt:

Hinsichtlich der Abstellplätze in der Tiefgarage und der oberirdischen Standplätze wird gemäß § 15 WEG die in der Anlage C II. enthaltene Gebrauchsregelung getroffen.

Die als Teil B der Teilungserklärung niedergelegte Gemeinschaftsordnung bestimmt in § 7 (Lasten und Kosten des Wohnungseigentums) Nr. 3:

Für die PKW-Abstellplätze besteht folgende Regelung: a) die laufenden Kosten für den Betrieb einschließlich Heizung und Strom, des Unterhalts und der Erneuerung der Tiefgaragenanlage - von den Teilen des Gemeinschaftseigentums wie Fundamente, Boden, tragende Mauern und Decken nur die Innenflächen - sind anteilig nach der Zahl der Abstellplätze durch die Nutzungsberechtigten der Tiefgarage zu tragen.

Auf der Eigentümerversammlung vom 19.6.2001 wurden von der Mehrheit der anwesenden und vertretenen Wohnungseigentümer u.a. folgende Beschlüsse gefasst:

Zu Tagesordnungspunkt (TOP) 5.3 Beschluss Nr. 7:

Die Hausverwaltung wird beauftragt und bevollmächtigt, das Garagentor nach folgender Maßgabe zu erneuern: Es wird ein Betrag von DM 20000 zu Lastender Instandhaltungsrücklage zur Verfügung gestellt, über den die Hausverwaltung ... verfügen darf.

Zu TOP 5.4 Beschluss Nr. 9:

Im Zuge der Erneuerung des Garagentors wird auch gleich die Erneuerung der Beleuchtung in der Tiefgarage vorgenommen... Die Kosten der Maßnahme werden zu Lasten der Instandhaltungsrücklage finanziert.

Die beiden Antragsteller, denen ein Sondernutzungsrecht an einem Stellplatz in der Tiefgarage nicht zusteht, haben beim Wohnungseigentumsgericht beantragt, die Eigentümerbeschlüsse Nr. 7 und 9 für ungültig zu erklären, weil die Kosten für die Erneuerung des Tiefgaragentors und der Beleuchtung in der Tiefgarage nach der Gemeinschaftsordnung von den Sondernutzungsberechtigten der Tiefgarage allein zu tragen seien. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 23.1.2002 die Eigentümerbeschlüsse Nr. 7 und 9 vom 19.6.2001 für unwirksam erklärt. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht mit Beschluss vom 10.6.2002 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist unbegründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Eigentümerbeschlüsse Nr. 7 und 9 verstießen gegen § 7 Nr. 3a der Gemeinschaftsordnung. Danach seien die Kosten der Erneuerung der Tiefgaragenanlage von den Nutzungsberechtigten zu tragen. Vorliegend gehe es um die Erneuerung von Tiefgaragentor und -beleuchtung. Zur Tiefgaragenanlage gehöre die eigentliche Bausubstanz sowie sämtliche Einbauten für die Funktion als Tiefgarage, also auch Garagentor und Beleuchtung. Bei Tor und Beleuchtung handele es sich aber nicht um Teile des Gemeinschaftseigentums wie Fundamente, Boden, tragende Mauern und Decken. Die in der Gemeinschaftsordnung gemachte Einschränkung beziehe sich nur auf die tragenden Bauteile. Tor und Beleuchtung seien aber nicht tragende Bauteile, so dass es bei der Regelung bleibe, dass die Kosten der Erneuerung von den Nutzungsberechtigten zu tragen seien. Diese Auslegung entspreche auch dem Sinn und Zweck der Regelung, wonach derjenige, der den Nutzen habe, auch die Lasten zu tragen habe. Die Auslegung von § 7 Nr. 3a der Gemeinschaftsordnung durch die Antragsgegner ergebe keinen Sinn, da an den Stellplätzen der Tiefgarage kein Sondereigentum bestehe.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Die vorliegende Gemeinschaftsordnung enthält in § 7 eine von § 16 WEG zulässigerweise abweichende Regelung der Tragung der Kosten und Lasten von Sonder- und Gemeinschaftseigentum. Die Auslegung von § 7 Nr. 3a der Gemeinschaftsordnung, um die allein die Beteiligten streiten, wie sie vom Landgericht vorgenommen wurde, ist die einzig sinnvolle, weil sie der nächstliegenden Bedeutung des Wortlauts entspricht. Das ergibt sich zum einen aus den in § 7 Nr. 1 und 2 der Gemeinschaftsordnung enthaltenen Regelungen. In Nr. 1 ist abschließend geregelt, welche Lasten und Kosten jeder Wohnungseigentümer allein zu tragen hat. Nr. 2 schreibt dann vor, dass "sämtliche nicht in Ziffer 1) genannten Kosten und Lasten, gleichgültig ob sie durch das Gemeinschaftseigentum oder durch das Sondereigentum verursacht werden, von den Wohnungseigentümern nach dem Verhältnis der Wohnflächen zu tragen" sind. Dann folgt unter Nr. 3 die Regelung für die Abstellplätze, unter a) in der Tiefgarage und unter b) auf der Oberfläche. Nr. 4 befasst sich mit den Kellerabteilen, Nr. 5 mit den Kosten für Heizung und Warmwasser. Aus der Zusammenschau dieser Einzelregelungen wird deutlich, dass der Verfasser der Gemeinschaftsordnung für die Tragung der Lasten und Kosten gerade nicht zwischen Gemeinschafts- und Sondereigentum unterschieden hat.

Die von den Antragsgegnern für richtig gehaltene Unterscheidung der Kosten von Gemeinschaftseigentum und Sondereigentum im Zusammenhang mit der Tiefgarage findet keine Grundlage in der Teilungserklärung und der Gemeinschaftsordnung. Zwar kann nach § 3 Abs. 2 Satz 2 WEG an dauerhaft markierten Stellplätzen in einer Tiefgarage Sondereigentum begründet werden, entweder als selbständige Teileigentumseinheiten mit jeweils eigenem Grundbuchblatt oder als unselbständige Bestandteile des Wohnungseigentums; doch wurde von dieser Möglichkeit im vorliegenden Fall kein Gebrauch gemacht. Nach der Teilungserklärung (Abschnitt A II 2) steht die Tiefgarage vielmehr im Gemeinschaftseigentum aller Wohnungseigentümer, da sie nicht zum Sondereigentum erklärt wurde (§ 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 WEG). An den einzelnen Stellplätzen bestehen nur Nutzungsrechte, die auf einer Gebrauchsregelung nach § 15 Abs. 1 WEG beruhen. In § 7 Nr. 3a der Gemeinschaftsordnung ist deshalb folgerichtig von "Nutzungsberechtigten", nicht von Sonder- oder Teileigentümern der Stellplätze die Rede. Wenn man sich diesen rechtlichen Ausgangspunkt vor Augen hält, ergibt sich ganz zwanglos, dass nach der Regelung der Gemeinschaftsordnung alle im Zusammenhang mit der Tiefgarage anfallenden Kosten von den Nutzungsberechtigten allein zu tragen sind mit Ausnahme der Kosten für die Reparatur und Erneuerung der Fundamente, des Bodens sowie der tragenden Mauern und Decken - davon wieder ausgenommen die Innenflächen.

Da das Garagentor und die Beleuchtung der Garage nicht zu den konstruktiven Teilen der Tiefgarage gehören, sind die Kosten für ihre Erneuerung allein von den Nutzungsberechtigten zu tragen. Die Eigentümerbeschlüsse, die eine Kostentragung durch alle Wohnungseigentümer vorsehen, verstoßen deshalb gegen die Gemeinschaftsordnung und sind folglich zu Recht vom Amtsgericht für ungültig erklärt worden.

3. Nach § 47 Satz 1 und 2 WEG erscheint es angemessen, dass die in allen Rechtszügen erfolglosen Antragsgegner nicht nur die gerichtlichen, sondern auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen.

Die mit dem Landgericht übereinstimmende Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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