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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 02.08.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 72/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 530
BGB § 883
Der Rückübereignungsanspruch des Veräußerers im Fall groben Undanks des Erwerbers kann grundbuchrechtlich durch eine Vormerkung gesichert werden (Vorlage an den BGH wegen Abweichung von OLG Hamm Rpfleger 2000, 449).
2Z BR 71/01 2Z BR 72/01

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Dr. Delius und Lorbacher

am 2. August 2001

in den Grundbuch- und Wohnungsgrundbuchsachen

Eintragung je einer Vormerkung für den Rückübertragungsanspruch des Schenkers im Fall groben Undanks

beschlossen:

Tenor:

Die weiteren Beschwerden der Beteiligten gegen die Beschlüsse des Landgerichts München I vom 7. März 2001 (1 T 2139/01 und 1 T 4093/01) werden dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1, die Eltern der Beteiligten zu 2 - 4, sind im Grundbuch und Wohnungsgrundbuch als Eigentümer eines Grundstücks und einer Wohnung eingetragen. Diese ließen sie zu notariellen Urkunden vom 14.12.2000 an die Beteiligten zu 2 bzw. zu 3 und 4 auf. Außerdem behielten sie sich als Veräußerer neben einem lebenslangen Nießbrauch das Recht vor, Rückübereignung unter anderem dann verlangen zu können, wenn der Erwerber oder dessen Gesamtrechtsnachfolger grob undankbar im Sinn des § 530 BGB ist. Zur Sicherung des Rückübereignungsanspruchs bewilligten die Vertragsparteien die Eintragung von Auflassungsvormerkungen zugunsten der Veräußerer.

Den Antrag auf grundbuchamtlichen Vollzug der Urkunden hat das Grundbuchamt mit Schreiben vom 28.12.2000 dahingehend beanstandet, dass der Rückübertragungsanspruch im Fall groben Undanks nicht hinreichend bestimmt sei und deshalb nicht durch eine Vormerkung gesichert werden könne. Zur Vermeidung einer Zurückweisung der Anträge nach § 16 Abs. 2 GBO hat das Grundbuchamt Gelegenheit zur Stellungnahme und gegebenenfalls teilweisen Antragsrücknahme bis zum 15.2.2001 gegeben. Außerdem hat es um Mitteilung gebeten, ob eine rechtsmittelfähige Entscheidung gewünscht werde. Hiergegen haben die Beteiligten je mit Schreiben vom 9.1.2001 Beschwerden eingelegt. Mit Beschluss vom 17.1.2001 hat das Grundbuchamt die Eintragungsanträge abgewiesen. Dagegen haben die Beteiligten am 26.1.2001 Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat je am 7.3.2001 die Beschwerde "gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamts vom 28.12.200011 verworfen und die Beschwerde gegen den "Beschluss vom 25.1.2001" (gemeint ist der Beschluss vom 17.1.2001) zurückgewiesen. Hiergegen richten sich die weiteren Beschwerden der Beteiligten.

II.

Die weiteren Beschwerden der Beteiligten sind gemäß § 79 Abs. 2 GBO dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen. Aufgrund der gleichartigen urkundlichen Gestaltung und des identischen Verfahrensgangs macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, als bloße Maßnahme der Vereinfachung ohne verfahrensrechtliche Folgen die Verfahren gemeinsam zu behandeln und die Entscheidung über sie in einem Beschluss zusammenzufassen (BGH NJW 1957, 183/184; BayObLGZ 1967, 25/29). Der Senat ist der Auffassung, dass der Rückübertragungsanspruch des Veräußerers im Fall groben Undanks des Erwerbers vormerkungsfähig ist. Er sieht sich an entsprechenden Entscheidungen durch den Beschluss des OLG Hamm vom 23.5.2000 (Rpfleger 2000, 449/451) gehindert; dieses hat entschieden, dass eine Vormerkung, die die gesetzlichen Rückübertragungsansprüche des Schenkers nach den §§ 528, 530 BGB sichern soll, nicht im Grundbuch eingetragen werden kann.

1. Die Eintragung eines durch Vormerkung zu sichernden Rechts unterliegt dem grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz; der Inhalt des einzutragenden Rechts muss klar und eindeutig sein (OLG Hamm aaO; Demharter GBO 23. Aufl. Anhang zu § 13 Rn. 5 und Anhang zu § 44 Rn. 87). Dabei bedeutet objektive Bestimmbarkeit nicht, dass das Ereignis, welches wie hier eine Bedingung oder einen künftigen Anspruch auslöst, sogleich und ohne weiteres feststellbar ist, ohne dass es über seinen Eintritt Meinungsverschiedenheiten oder gar Streit geben könnte (BayObLGZ 1997, 246 f.). Kriterium für die Zulässigkeit einer Vormerkung kann nicht sein, ob die Voraussetzungen für die Entstehung des Anspruchs leicht oder schwer feststellbar sind (Schöner/Stöber Grundbuchrecht 12. Aufl. Rn. 1489). So ist es z.B. ständige Rechtsprechung, dass die Kündigung oder, allgemein die Beendigung eines schuldrechtlichen Vertragsverhältnisses, insbesondere eines Miet- oder Pachtvertrags über das belastete Grundstück, zur auflösenden Bedingung für ein dingliches Recht, vor allem eine Dienstbarkeit oder ein Vorkaufsrecht, gemacht werden kann. Auch über die Berechtigung einer (außerordentlichen) Kündigung wird es nicht selten zum Streit oder zur gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen den Vertragsparteien kommen können. Dies steht der Eintragungsfähigkeit eines solchen Umstands als auflösender Bedingung des dinglichen Rechts nicht entgegen (BayObLGZ 1997, 246 f. m.w.N.). Nur wenn die verwendeten Begriffe selbst zu ungenau sind, gilt etwas anderes. Dies kann aber nicht angenommen werden, wenn wie hier bezüglich des Ereignisses, das einen bedingten oder künftigen Anspruch auslöst, auf den Wortlaut des Gesetzes (§ 530 Abs. 1 BGB) zurückgegriffen wird. Vormerkungsfähig ist somit der Rückübertragungsanspruch des Veräußerers im Fall groben Undanks des Erwerbers (so auch Schöner/ Stöber aaO).

2. Im Hinblick auf den Beschluss des OLG Hamm hängen die Entscheidungen von der unterschiedlichen Auslegung bundesrechtlicher Vorschriften ab; die weiteren Beschwerden sind deshalb dem Bundesgerichtshof vorzulegen.

Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass es sich hier um einen vertraglichen Rückübertragungsanspruch handelt, während der Entscheidung des OLG Hamm ein gesetzlicher Rückübertragungsanspruch zugrunde lag. Die Rechtsfrage, ob bei "grobem Undank" als auslösendes Ereignis für den Rückübereignungsanspruch dem Bestimmtheitsgrundsatz Genüge getan ist, ist in beiden Fällen die gleiche. Aus dem gleichen Grund ist es unerheblich, ob es sich hier um einen bedingten Anspruch handelt, während das OLG Hamm davon ausgegangen ist, in dem von ihm entschiedenen Fall liege ein künftiger Anspruch vor. Nicht entscheidungserheblich ist schließlich, ob hinsichtlich der Eintragungsfähigkeit einer Vormerkung zur Sicherung bedingter oder künftiger Ansprüche in gleicher Weise Einschränkungen derart bestehen, dass der Rechtsboden für die Entstehung der vorzumerkenden Ansprüche soweit vorbereitet sein muss, dass die Entstehung des Anspruchs nur noch vom Willen des demnächst Berechtigten abhängt (vgl. dazu BayObLG MittBayNot 1995, 207 ff.).

3. Die Entscheidung über die weiteren Beschwerden der Beteiligten gegen die Verwerfung ihrer Beschwerden "gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamts vom 28.12.2000" ist für die Frage, ob die weiteren Beschwerden dem Bundesgerichtshof vorzulegen sind, ohne Bedeutung. Selbst wenn was offensichtlich nicht der Fall ist (vgl. KGJ 51, 278) die weiteren Beschwerden insoweit Erfolg hätten, wäre wiederum im Rahmen der Entscheidungen über die - unterstellten - Zwischenverfügungen allein entscheidungserheblich, ob der Rückübertragungsanspruch der Veräußerer im Fall groben Undanks des Erwerbers vormerkungsfähig ist oder nicht.

Ende der Entscheidung

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