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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 08.04.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 72/04
Rechtsgebiete: FGG, WEG
Vorschriften:
FGG § 22 Abs. 2 | |
FGG § 29 Abs. 1 | |
WEG § 45 Abs. 1 |
Gründe:
I.
Die Antragstellerin ist die Verwalterin einer Wohn- und Teileigentumsanlage. Sie macht in Verfahrensstandschaft für die übrigen Wohnungseigentümer gegen die Antragsgegnerin, der als Miteigentümerin in der Wohnanlage zwei gewerbliche Einheiten gehören, Wohngeldrückstände von 4.082,52 EUR für die Zeit vom 1.1.2000 bis 7.5.2003 geltend.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 21.10.2003 dem Zahlungsantrag der Antragstellerin stattgegeben. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin, die in Norddeutschland wohnt und anwaltlich nicht vertreten ist, blieb erfolglos. Gegen den ihr am 18.2.2004 zugestellten Beschluss des Landgerichts vom 11.2.2004, dem keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt war, hat die Antragsgegnerin mit eigenhändig verfasstem Telefax-Schreiben am 29.2.2004 Rechtsmittel eingelegt. Das Landgericht hat ihr daraufhin am 6.3.2004 eine schriftliche Belehrung zugestellt, die u.a. auf Form und Frist für die sofortige weitere Beschwerde hinweist. Die Antragsgegnerin hat daraufhin mit eigenhändigem Schreiben vom 10.3.2004 darum gebeten, ihre bereits erhobene Beschwerde "zu Protokoll zu nehmen", und ihr Rechtsmittel unter dem 15.3.2004 schriftlich näher begründet. Das Schreiben des Vorsitzenden der Beschwerdekammer vom 12.3.2004, dass ihre Beschwerde derzeit unzulässig sei, "da sie nicht von einem Rechtsanwalt eingelegt wurde und auch von Ihnen nicht bei der zuständigen Rechtsantragsstelle", hat die Antragstellerin am 17.3.2004 damit beantwortet, dass sie auswärts wohne und ihr Rechtsmittel nicht vor Ort bei einer zuständigen Rechtsantragsstelle zu Protokoll geben könne. Sie bitte erneut, ihr Beschwerdeschreiben zu Protokoll zu nehmen. Zugleich hat sie angekündigt, einen Rechtsanwalt zur Wahrung ihrer Rechte zu beauftragen.
II.
Das Rechtsmittel ist unzulässig und deshalb zu verwerfen.
1. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die sofortige weitere Beschwerde gemäß § 45 Abs. 1 WEG statthaft. Sie ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen; die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem die Entscheidung dem Beschwerdeführer bekannt gemacht worden ist (§ 27, § 29 Abs. 4, § 22 Abs. 1 FGG). Die Bekanntmachung erfolgt in der Regel durch Zustellung der gerichtlichen Verfügung (§ 16 Abs. 2 FGG), die hier am 18.2.2004 durch Übergabe des landgerichtlichen Beschlusses an die Antragstellerin persönlich bewirkt wurde. Der Ablauf der Beschwerdefrist ist nicht dadurch gehindert, dass der Beschluss des Landgerichts nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war. Denn die Frist läuft auch dann, wenn die an sich erforderliche Belehrung unterblieben ist (BGHZ 150, 390).
Wird das Rechtsmittel durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt, so muss die Schrift von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein (§ 29 Abs. 1 Satz 2 FGG). Die innerhalb der Frist am 29.2.2004 eingegangene Beschwerdeschrift der Antragstellerin erfüllt diese Voraussetzung nicht. Sie ist deshalb nicht geeignet, die Beschwerdefrist zu wahren.
2. Wegen Versäumung der Beschwerdefrist kommt eine - gegebenenfalls auch ohne ausdrücklichen Antrag zu bewilligende - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 22 Abs. 2 Satz 1 FGG in Betracht, wenn der Belehrungsmangel im Einzelfall für das Versäumen der Rechtsmittelfrist ursächlich geworden ist (BGHZ 150, 390; siehe auch Sternal in Keidel/Kuntze/Winkler FGG 15. Aufl. § 22 Rn. 69). Der Belehrungsmangel bildet hier jedoch nicht die Ursache für die Fristversäumung.
a) Das Landgericht hat die Antragstellerin nach Eingang ihres formunwirksamen Rechtsmittels ausreichend schriftlich belehrt, nämlich über das Rechtsmittel selbst, über einzuhaltende Form- und Fristerfordernisse sowie über die Gerichte, bei denen das Rechtsmittel einzulegen ist (vgl. BGHZ 150, 390; auch Demharter NZM 2002, 673/675). Dessen ungeachtet hat die Antragstellerin mit ihren Schreiben vom 10., 15. und 17.3.2004 den formellen Mangel nicht behoben und auch nicht beheben können, weil die sofortige weitere Beschwerde zu Protokoll der Geschäftsstelle eine bloße Bezugnahme auf eine auf dem Postweg eingereichte oder persönlich vorgelegte Privatschrift nicht erlaubt (BayObLG Rpfleger 1995, 342; OLG Köln Rpfleger 1994, 495). Darüber brauchte jedoch nicht belehrt zu werden (vgl. Demharter NZM 2002, 673/675; siehe auch KG FGPrax 2002, 245/246). Denn auch einem juristischen Laien ist es jedenfalls nach grundsätzlicher Belehrung über die Rechtsmittel und ihre Form zumutbar, sich bei Zweifeln über Einzelheiten der zu wahrenden Form selbst zu erkundigen (Sternal in Keidel/Kuntze/Winkler § 22 Rn. 68 a.E.). Zudem ergibt sich jedenfalls aus dem Schreiben der Antragstellerin vom 17.3.2004, dass sie die Notwendigkeit der unmittelbaren Protokollerklärung bei Gericht erkannt hatte, sei es bereits aufgrund der ersten Rechtsmittelbelehrung, sei es auch erst aufgrund der erneuten Belehrung durch den Kammervorsitzenden vom 12.3.2004. Somit war spätestens ab diesem Zeitpunkt das Hindernis für die Wahrung der Frist entfallen (§ 22 Abs. 2 Satz 1 FGG). Jedoch ist auch binnen zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses ein wirksames Rechtsmittel nicht eingelegt worden.
b) Gegen die in § 29 Abs. 1 FGG aufgestellten Formerfordernisse bestehen auch insoweit keine verfassungsrechtlichen Bedenken, als ein auswärts wohnhafter Beteiligter ohne anwaltliche Mithilfe gehalten ist, das Rechtsmittel zu Protokoll der gerichtlichen Geschäftsstelle zu erklären. Der Gesetzgeber darf Regelungen treffen, die für ein Rechtsschutzbegehren besondere formelle Voraussetzungen aufstellen und sich dadurch für den Rechtssuchenden einschränkend auswirken (BVerfGE 88, 118/123 f.; BGH FGPrax 2002, 20/22). Die Beschreitung des Instanzenzugs, soweit die jeweilige Prozessordnung ihn überhaupt vorsieht, darf aber nicht in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert werden. Das Rechtsmittelgericht darf ein gegebenes Rechtsmittel nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leer laufen" lassen (BVerfGE 96, 27/39; BGH FGPrax 2002, 20/22). Die Regelung in § 29 Abs. 1 FGG ist in dieser Hinsicht unbedenklich. Selbst eine in Haft befindliche Person kann nicht verlangen, die weitere Beschwerde bei dem Amtsgericht des Anstaltsorts zu Protokoll zu erklären (BGH FGPrax 2002, 20). Im Übrigen kann sich ein Beteiligter, der nicht am Sitz des Gerichts erster Instanz, des Landgerichts oder des Oberlandesgerichts (Bayerischen Obersten Landesgerichts) wohnhaft ist, gemäß § 13 FGG für die Erklärung zu Protokoll auch durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen, der nicht als Rechtsanwalt zugelassen ist. Zudem ist es sachgerecht, die Rechtsmitteleinlegung örtlich an die Gerichte anzuknüpfen, die für die Sachentscheidung zuständig sind. Hinzu kommt, dass die ausschließliche Zuständigkeit der Wohnungseigentumsgerichte, in deren Bezirk das Grundstück liegt (§ 43 Abs. 1 Satz 1 WEG), sich darauf gründet, dass in der Regel auch der beteiligte Wohnungseigentümer zu diesem Ort einen persönlichen oder geschäftlichen Bezug unterhält und somit ohne unzumutbare Erschwernisse auch in der Lage ist, ein zuständiges Gericht zur Entgegennahme der Protokollerklärung aufzusuchen.
3. Dem Senat erscheint es nach § 47 WEG angemessen, der unterlegenen Antragsgegnerin die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Die Anordnung einer außergerichtlichen Kostenerstattung konnte in diesem Rechtszug unterbleiben, weil die Antragstellerin nicht beteiligt wurde.
Die Bestimmung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.
Ende der Entscheidung
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