Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 07.10.1999
Aktenzeichen: 2Z BR 73/99
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, KO, WEG


Vorschriften:

ZPO § 521 Abs. 1
ZPO § 556 Abs. 1
ZPO § 780
ZPO § 747
ZPO § 781
ZPO § 785
ZPO § 767
ZPO § 766
ZPO § 92
BGB § 1975 ff.
BGB § 1967 Abs. 2
BGB § 1990 Abs. 1 Satz 1
BGB § 2059 Abs. 1 Satz 1
BGB § 1991 Abs. 2
BGB § 1978
BGB § 1979
BGB § 1978 Abs. 3
BGB § 670
BGB § 257
BGB § 1991 Abs. 1
BGB § 1990 Abs. 1 Satz 1
BGB § 2059 Abs. 2
BGB § 1978 Abs. 3
KO § 107 Abs. 1 Satz 1
KO § 224 Abs. 1 Nr. 1
WEG § 47
WEG § 48 Abs. 3 Satz 1.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BayObLG

Beschluß

07.10.1999

2Z BR 73/99 LG Nürnberg-Fürth 14 T 11207/98 AG Nürnberg UR II 289/98

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Präsidenten Dr. Tilch sowie der Richter Lehr und Demharter am 7. Oktober 1999 in der Wohnungseigentumssache wegen Haftung der Erben für Wohngeldschulden, beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner und die Anschlußrechtsbeschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 12. April 1999 werden zurückgewiesen, das Rechtsmittel der Antragsgegner mit der Maßgabe, daß die Leistung nur aus dem Nachlaß des am 30. oder 31. Dezember 1996 verstorbenen ... zu erbringen ist.

II. Von den Gerichtskosten aller Rechtszüge haben die Antragsteller 1/3, die Antragsgegner 2/3 jeweils als Gesamtschuldner zu tragen; außergerichtliche Kosten sind in keinem Rechtszug zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.600 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer aus 13 Wohnungen bestehenden Wohnanlage. Die beiden Antragsgegner und ihr Bruder sind die Erben ihres am 30. oder 31. 12. 1996 verstorbenen Vaters, eines Wohnungseigentümers, und seit dem 10. 3. 1997 als Eigentümer in Erbengemeinschaft im Grundbuch eingetragen. Die Antragsteller machen gegen die Antragsgegner aufgrund der am 28. 4. 1998 beschlossenen Jahresabrechnung für 1997 restliches Wohngeld von 566,23 DM und aufgrund des am selben Tage beschlossenen Wirtschaftsplans für 1998 monatliche Wohngeldvorauszahlungen von 170 DM, insgesamt 2.040 DM, geltend. Die Forderung von 2.606,23 DM nebst Zinsen ist der Höhe nach unstreitig; es geht im vorliegenden Verfahren darum, ob die Antragsgegner für die Wohngeldschulden unbeschränkt oder als Erben beschränkt auf den Nachlaß haften, oder ob der Antrag deshalb überhaupt abzuweisen ist.

Das Konkursgericht lehnte den Antrag der Antragsgegner, über den Nachlaß des Erblassers das Konkursverfahren zu eröffnen, mit Beschluß vom 19. 5. 1998 ab, da keine den Kosten des Verfahrens entsprechende Masse vorhanden sei. Zuvor hatte ein Gutachter im Auftrag des Konkursgerichts festgestellt, daß der Nachlaß überschuldet sei. Die Antragsgegner beantragen in erster Linie, den Zahlungsantrag abzuweisen. Hilfsweise beantragen sie, ihnen die Beschränkung der Haftung auf den Nachlaß vorzubehalten. Es handle sich bei den Wohngeldschulden um Nachlaßverbindlichkeiten, da sie nicht beabsichtigten, die Wohnung zu behalten. Schließlich erheben sie die Einrede, daß der Nachlaß zur Befriedigung der Gläubiger nicht ausreiche, daß er vielmehr erschöpft sei.

Das Amtsgericht hat die Antragsgegner mit Beschluß vom 4. 12. 1998 als Gesamtschuldner verpflichtet, an die Antragsteller den begehrten Betrag nebst Zinsen zu zahlen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht mit Beschluß vom 12. 4. 1999 die Verpflichtung aufrechterhalten, den Antragsgegnern aber die Beschränkung der Haftung auf den Nachlaß vorbehalten. Die Antragsgegner haben sofortige weitere Beschwerde eingelegt, mit der sie weiterhin die Abweisung des Antrags als unzulässig erstreben, da der Nachweis der Überschuldung und Dürftigkeit des Nachlasses geführt sei. Die Antragsteller haben Anschlußrechtsbeschwerde erhoben; sie wollen den Wegfall des Vorbehalts erreichen.

II.

Die beiden Rechtsmittel sind zulässig, das der Antragsteller in entsprechender Anwendung von § 521 Abs. 1, § 556 Abs. 1 ZPO als unselbständige Anschlußrechtsbeschwerde (vgl. BGH Rpfleger 1985, 409 f. m. w. N.; BayObLG WE 1991, 24 f.).

Das Rechtsmittel der Antragsteller ist unbegründet, das der Antragsgegner nur zum geringen Teil begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die sofortige Beschwerde sei insoweit begründet, als die Beschlußformel des Amtsgerichts durch den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung zu ergänzen sei. Die Abweisung des Zahlungsantrags komme hingegen nicht in Betracht.

Die Antragsgegner hätten sich mit Erfolg auf die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses berufen. Die Kammer gehe in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Köln (NJW-RR 1992, 460 f.) davon aus, daß es sich bei den Wohngeldrückständen um Nachlaßverbindlichkeiten handle, obwohl sie aus der Zeit nach dem Erbfall stammten. Denn die Verbindlichkeiten seien zwangsläufig mit dem in den Nachlaß fallenden Wohnungseigentum verbunden und rührten deshalb vom Erblasser her. Zwar seien sie erst nach dem Tode des Erblassers neu begründet worden; sie seien indes ihrer Natur nach den Ausgaben für die Verwaltung des Nachlasses zuzurechnen und als solche Nachlaßverbindlichkeiten. Hieran würde sich erst dann etwas ändern, wenn die Wohnung nicht der endgültigen Verwertung zum Zwecke der Befriedigung von Nachlaßgläubigern zugeführt würde, die Erben sich vielmehr entschlössen, die Wohnung für sich zu behalten.

Hierbei verkenne die Kammer nicht, daß die Antragsgegner und ihr Bruder am 10. 3. 1997 als Eigentümer der Wohnung im Grundbuch eingetragen worden seien. Daraus ergebe sich aber noch nicht, daß sie sich dazu entschlossen hätten, die Wohnung für sich zu behalten. Sie hätten vorgetragen, daß eine Ausschlagung der Erbschaft deshalb nicht erfolgt sei, weil für die Kinder der Antragsgegner als Nächstberufene vom Vormundschaftsgericht Pfleger hätten bestellt werden müssen. Die Antragsgegner hätten sich vielmehr dazu entschlossen, die Wohnung weiterzuverkaufen. Daß hierzu ihre Eintragung in das Grundbuch erforderlich gewesen sei, liege auf der Hand. Daraus ergebe sich somit hier nicht die Absicht der Antragsgegner, die Wohnung zu behalten. Diesem und ihrem weiteren Vortrag, der Verkauf der Wohnung oder die Aufgabe des Eigentums daran sei an der Weigerung des weiteren Beteiligten, dabei mitzuwirken, gescheitert, seien die Antragsteller nicht entgegengetreten.

Schließlich hätten die Antragsgegner ihre Absicht, die Wohnung nicht zu behalten, dadurch gezeigt, daß sie am 19. 3. 1998 Antrag auf Eröffnung des Nachlaßkonkurses gestellt hätten. Zwar könne die lange Zeitspanne zwischen Erbfall und Antragstellung grundsätzlich ein Indiz für die Absicht der Erben darstellen, die Wohnung als neue Eigentümer zu behalten. Diese Indizwirkung werde aber im vorliegenden Fall durch die besonderen Umstände widerlegt. Zum einen sei die Mitwirkung des Bruders nicht zu erreichen gewesen; zum anderen spreche auch das Leerstehenlassen der Wohnung dafür, daß die Antragsgegner diese nicht wie neue Eigentümer hätten nutzen wollen. Es könne dahinstehen, ob eine Vermietung daran gescheitert sei, daß die erzielbare Miete geringer gewesen wäre als die monatlichen Belastungen aufgrund der Darlehensschulden.

Die Kammer gehe weiter davon aus, daß sich die Antragsgegner infolge ihres Verhaltens gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern lediglich als Inhaber des Nachlasses dargestellt hätten, nicht aber unabhängig davon als neue Eigentümer.

Es hätte von den Antragsgegnern auch nicht verlangt werden können, zur Vermeidung der unbeschränkten Haftung die Erbschaft auszuschlagen oder jedenfalls das Eigentum an der Wohnung aufzugeben.

Entgegen der Ansicht der Antragsgegner führe die von ihnen erhobene Dürftigkeitseinrede im vorliegenden Fall nicht zur Abweisung des Antrags, sondern nur zum Vorbehalt nach § 780 ZPO. Die Abweisung käme nur in Betracht, wenn die Einrede der Unzulänglichkeit oder der Erschöpfung des Nachlasses unstreitig oder bewiesen sei. Die Antragsteller bestritten die Überschuldung des Nachlasses. Diese sei auch nicht durch den Beschluß des Konkursgerichts nachgewiesen, der für dieses Verfahren keine Bindungswirkung entfalte. Das im Konkursverfahren eingeholte Gutachten könne eine Beweisaufnahme über die Überschuldung des Nachlasses schon deshalb nicht ersetzen, weil im Konkursverfahren die Antragsteller nicht beteiligt gewesen seien.

Nach alledem sei die weitergehende sofortige Beschwerde auf Abweisung des Zahlungsantrags als unzulässig zurückzuweisen.

Den Antragstellern stünden die geltendgemachten Zinsen als Verzugszinsen zu.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält jedenfalls im Ergebnis im wesentlichen der rechtlichen Nachprüfung stand; statt des bloßen Vorbehalts der Haftungsbeschränkung gemäß § 780 Abs. 1 ZPO ist jedoch auszusprechen, daß die Leistung nur aus dem Nachlaß zu bewirken ist.

a) Zu Recht beurteilt das Landgericht die geltendgemachten Wohngeldansprüche auf seiten der Antragsgegner als Nachlaßverbindlichkeiten, auf die die Vorschriften der §§ 1975 ff. BGB über die Beschränkung der Haftung auf den Nachlaß anzuwenden sind.

(1) Es ist allgemein anerkannt, daß zu den Nachlaßverbindlichkeiten neben den in § 1967 Abs. 2 BGB genannten Schulden als sog. Nachlaßerben- oder Nachlaßverwaltungsschulden auch Verbindlichkeiten gehören können, die der Erbe in ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses selbst eingegangen ist (vgl. BGHZ 32, 60/64; Palandt/Edenhofer BGB 58. Aufl. Rn. 8, Staudinger/Marotzke BGB 13. Aufl. Rn. 30 und 42, jeweils zu § 1967). Auf solche Verbindlichkeiten sind auch die Vorschriften über die Haftungsbeschränkung einschließlich der prozessualen Bestimmungen der §§ 780 ff. ZPO anzuwenden (Staudinger/Marotzke § 1967 Rn. 30).

(2) Wohngeldschulden rühren aus der Verwaltung der Eigentumswohnung und des gemeinschaftlichen Eigentums her (vgl. § 16 Abs. 2 WEG; BayObLGZ 1991, 93 f.). Sie werden, auch wenn sie durch nach dem Erbfall gefaßte Eigentümerbeschlüsse begründet wurden, von der Rechtsprechung und der Literatur unter bestimmten Voraussetzungen als Nachlaßverbindlichkeiten behandelt. Dabei wird vor allem darauf abgestellt, ob sich der Erbe entschlossen hat, die Wohnung zu behalten (vgl. OLG Hamburg NJW-RR 1987, 177 f.; OLG Köln NJW-RR 1992, 460 f.; Palandt/Edenhofer § 1967 Rn. 5; Bärmann/Pick WEG 7. Aufl. § 16 Rn. 104 a.E.; Staudinger/Bub WEG § 28 Rn. 174).

b) Dem folgt in seiner Begründung auch das Landgericht; doch kommt es auf die dortigen Erwägungen nicht entscheidend an. Bei den Wohngeldschulden handelt es sich schon deshalb um Nachlaßverbindlichkeiten, weil die Antragsgegner sich mit Erfolg auf die Einrede der Unzulänglichkeit des Nachlasses (§ 1990 Abs. 1 Satz 1 BGB) berufen.

(1) Nach § 1990 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Erbe diese Einrede unter anderem dann erheben, wenn die Anordnung der Nachlaßverwaltung oder die Eröffnung des Nachlaßinsolvenzverfahrens (hier nach der bis zum 31. 12. 1998 bestehenden Rechtslage des Nachlaßkonkursverfahrens) mangels einer den Kosten des Verfahrens entsprechenden Masse nicht tunlich ist. Dem ist der Fall gleichzustellen, daß das Konkursgericht wie hier die Eröffnung des Nachlaßkonkursverfahrens gemäß § 107 Abs. 1 Satz 1 KO (jetzt § 26 Abs. 1 Satz 1 InsO) mangels einer den Kosten des Verfahrens entsprechenden Masse abgelehnt hat (BGH NJW-RR 1989, 1226 f.; Stein/Jonas/Münzberg ZPO 21. Aufl. § 780 Rn. 3 Fn. 4). Bei der Entscheidung über die vom Erben erhobene Dürftigkeitseinrede ist dies für das Wohnungseigentumsgericht bindend (vgl. BGH aaO; MünchKomm/Siegmann BGB 3. Aufl. Rn. 3, Palandt/Edenhofer Rn. 2, jeweils zu § 1990). Die Einrede kann auch von einzelnen Miterben erhoben werden, die vom Gläubiger im Wege der Gesamtschuldklage (§ 2058 BGB) in Anspruch genommen werden (Staudinger/Marotzke § 1990 Rn. 45). Daneben steht dem einzelnen Miterben bis zur Teilung des Nachlasses zur Beschränkung seiner Haftung auch die Einrede des § 2059 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Seite; hier ist der Nachlaß, soweit es sich um die Eigentumswohnung handelt, noch nicht geteilt.

(2) Die von den Antragsgegnern erhobene Dürftigkeitseinrede hat gemäß § 1991 Abs. 2 BGB eine rückwirkende Sonderung von Nachlaß und Eigenvermögen der Erben zur Folge; außerdem finden gemäß § 1991 Abs. 1 BGB auf die Verantwortlichkeit des Erben für die Verwaltung des Nachlasses und auf den Ersatz seiner Aufwendungen die Vorschriften der §§ 1978, 1979 BGB Anwendung. Beim Wohngeld handelt es sich um Aufwendungen im Sinne von § 1978 Abs. 3 und § 670 BGB, die sich aus der Verwaltung des Wohnungseigentums ergeben und von dem Eigentümer zu bestreiten sind. Der Erbe könnte für von ihm bezahltes Wohngeld nach den genannten Vorschriften Ersatz aus dem Nachlaß verlangen (vgl. RGZ 90, 91/94 f.; BGHZ 8, 222/229; 32, 60/64; OLG Hamburg NJW-RR 1986, 177 f.; Staudinger/Marotzke § 1967 Rn. 42). Hat er das Wohngeld noch nicht beglichen, so kann er unter den genannten Voraussetzungen gemäß § 257 BGB Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen, die dann aus dem Nachlaß zu befriedigen ist (vgl. RGZ aaO; Palandt/Edenhofer § 1967 Rn. 8 a.E.). Daraus, und aus der Bestimmung des § 224 Abs. 1 Nr. 1 KO (jetzt § 324 Abs. 1 Nr. 1 InsO), folgt, daß es sich bei den hier geltend gemachten Wohngeldschulden um Nachlaßverbindlichkeiten handelt, und dies nicht nur, wenn die Nachlaßverwaltung angeordnet oder das Nachlaßinsolvenzverfahren eröffnet worden ist, sondern kraft der Verweisung in § 1991 Abs. 1 BGB auch dann, wenn dem Erben die Einrede die Unzulänglichkeit des Nachlasses gemäß § 1990 Abs. 1 Satz 1 BGB zusteht.

Anhaltspsunkte dafür, daß die Antragsgegner die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung bereits endgültig verloren hätten (vgl. § 1994 Abs. 1 Satz 2, § 2005 Abs. 1 Satz 1, § 2013 Abs. 1 Satz 1 BGB), sind nicht gegeben.

(3) Auf die weiteren Erwägungen des Landgerichts kommt es somit nicht mehr entscheidend an. Der Eigenschaft der Wohngeldschulden als Nachlaßverbindlichkeiten steht hier insbesondere nicht im Wege, daß sich die Erben schon zweieinhalb Monate nach dem Erbfall als Eigentümer in das Grundbuch eintragen ließen (vgl. OLG Hamburg aaO; kritisch dazu Staudinger/Marotzke § 1967 Rn. 162) und daß sie die Wohnung bis jetzt nicht veräußert haben.

(4) Für die Verbindlichkeiten, die ein Erbe im Zusammenhang mit der Verwaltung des Nachlasses durch Rechtsgeschäft eingeht, haftet der Erbe nach den allgemeinen Grundsätzen in der Regel auch persönlich mit seinem Eigenvermögen, sofern nicht die Beschränkung der Haftung auf den Nachlaß ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart ist (vgl. MünchKomm/Siegmann § 1978 Rn. 2; Staudinger/Marotzke § 1967 Rn. 42 a.E.). Doch ändert dies, soweit § 1978 BGB einschlägig ist, nichts daran, daß der Erbe gegenüber den Nachlaßgläubigern einen Anspruch auf Befreiung von der Verbindlichkeit hat, soweit es um seine Eigenhaftung geht (vgl. MünchKomm/Siegmann § 1978 Rn. 12; Palandt/Edenhofer Rn. 8 a.E.; Staudinger/Marotzke Rn. 38, jeweils zu § 1967). Es kann daher auf sich beruhen, ob die auf Gesetz und Eigentümerbeschluß beruhenden Wohngeldschulden einer durch Rechtsgeschäft begründeten Verbindlichkeit überhaupt gleichgestellt werden könnten.

(5) Der Anerkennung der Wohngeldschulden als Nachlaßverbindlichkeiten und den Ansprüchen des Erben gemäß § 1978 Abs. 3, §§ 670, 257 BGB entspricht dessen Verantwortlichkeit gegenüber den Nachlaßgläubigern gemäß § 1978 Abs. 1 BGB. So können die Nachlaßgläubiger etwa vom Erben Herausgabe der eingenommenen Mietzinsen (§ 667 BGB) oder Ersatz für nicht erzielte, aber erzielbare Mietzinsen verlangen. Einen solchen Anspruch, der sich gegen den Erben selbst richten würde und in dessen Eigenvermögen vollstreckt werden könnte, haben die Antragsteller nicht geltend gemacht.

Außerdem hat der Erbe, der sich auf die Einrede des § 1990 Abs. 1 Satz 1 BGB beruft, den Nachlaß den Gläubigern zum Zweck der Befriedigung im Wege der Zwangsvollstreckung herauszugeben (§ 1990 Abs. 1 Satz 2 BGB); das heißt, daß er die Zwangsvollstreckung in die noch vorhandenen Nachlaßgegenstände zu dulden hat (MünchKomm/Siegmann Rn. 14, Staudinger/Marotzke Rn. 29, jeweils zu § 1990), wozu hier allerdings gemäß § 2059 Abs. 2 BGB, § 747 ZPO ein Vollstreckungstitel auch gegen den Bruder der Antragsgegner erforderlich wäre. In Betracht kommt hier insbesondere eine Vollstreckung in die Eigentumswohnung.

c) Ohne Erfolg wenden sich die Antragsgegner dagegen, daß ihnen das Landgericht nur die Beschränkung der Haftung auf den Nachlaß vorbehalten und nicht den Antrag als unzulässig oder unbegründet abgewiesen hat. Die Entscheidung des Landgerichts ist nur insoweit abzuändern, als statt des allgemeinen Vorbehalts die Beschränkung der Haftung auf den Nachlaß auszusprechen ist.

(1) Macht ein Erbe gegenüber einem Nachlaßgläubiger die Einrede des § 1990 BGB geltend, so steht es grundsätzlich im Ermessen des Tatrichters, ob er die Frage des Haftungsumfangs bereits sachlich aufklärt und entscheidet oder ob er sich mit dem Ausspruch des Vorbehalts gemäß § 780 Abs. 1 ZPO begnügt und die sachliche Klärung dem Zwangsvollstreckungsverfahren und den dortigen Rechtsbehelfen überläßt; in diesem Fall muß der verurteilte oder verpflichtete Erbe, wenn der Gläubiger in einen anderen als einen Nachlaßgegenstand vollstreckt, die Unzulässigkeit der Vollstreckung in einen nachlaßfremden Gegenstand gemäß §§ 781, 785 ZPO im Wege der Vollstreckungsabwehrklage oder des Vollstreckungsabwehrantrags nach § 767 ZPO geltend machen und gegebenenfalls beweisen (vgl. RGZ 137, 50/53 f.; BGH LM 1975 BGB Nr. 1; BGH NJW 1964, 2298/2300; NJW 1983, 2378 f.; BGB-RGRK/Johannsen 12. Aufl. § 1990 Rn. 10; Stein/Jonas/Münzberg § 780 Rn. 4, 7).

(2) Anders ist es jedoch, wenn die Voraussetzungen der Haftungsbeschränkung z.B. nach § 1990 BGB bereits im Erkenntnisverfahren endgültig bejaht werden. Dies ist hier geschehen und für die Entscheidung erforderlich, da davon gemäß § 1991 Abs. 1, § 1978 Abs. 3 BGB die Einstufung der geltendgemachten Wohngeldschulden als Nachlaßverbindlichkeiten abhängt. In diesem Fall besteht kein Anlaß, sich mit dem allgemeinen Vorbehalt zu begnügen und die Entscheidung über die Frage der Haftungsbeschränkung einem späteren Vollstreckungsverfahren vorzubehalten. Es ist vielmehr nur zur Leistung aus dem Nachlaß zu verpflichten (vgl. Stein/Jonas/Münzberg § 780 Rn. 7 m. w. N.). Gegen die Zwangsvollstreckung in nachlaßfremde Gegenstände können sich die Antragsgegner dann auf dem einfacheren Wege des § 766 ZPO zur Wehr setzen (vgl. Stein/Jonas/Münzberg aaO Fn. 37; § 766 Rn. 25).

(3) Die Abweisung der Klage oder des Zahlungsantrags aufgrund der von den Erben gemäß § 1990 Abs. 1 Satz 1 BGB erhobenen Einrede kommt dagegen nur in Betracht, wenn nachgewiesen und festgestellt wird, daß der Nachlaß erschöpft ist, d.h. daß überhaupt keine Nachlaßgegenstände mehr vorhanden sind, aus denen der Gläubiger sich Befriedigung verschaffen kann (vgl. BGH NJW 1954, 635 f.; MünchKomm/Siegmann § 1990 Rn. 12 und § 1973 Rn. 8; Palandt/Edenhofer Rn. 12; Soergel/Stein BGB 12. Aufl. Rn. 2, Staudinger/Marotzke Rn. 22, jeweils zu § 1990). Diese Voraussetzungen liegen hier entgegen der Ansicht der Antragsgegner nicht vor.

(4) Im Rahmen des Anwendungsbereichs des § 1990 BGB werden (vgl. Soergel/Stein § 1990 Rn. 2) die Dürftigkeitseinrede, die Unzulänglichkeitseinrede und die Erschöpfungseinrede unterschieden. Diese greift dann ein, wenn überhaupt keine Nachlaßgegenstände mehr vorhanden sind oder wenn vom Nachlaß nach Befriedigung anderer, vor allem vorrangiger Gläubiger, nichts mehr vorhanden wäre (vgl. Soergel/Stein aaO; Staudinger/Marotzke § 1990 Rn. 22). Dies steht aufgrund des Beschlusses des Konkursgerichts und des zugrundeliegenden Gutachtens nicht fest. Die Überschuldung des Nachlasses ist nicht gleichbedeutend mit seiner völligen Erschöpfung, zumal es dem Erben von Sonderfällen (vgl. § 1991 Abs. 4 BGB) abgesehen grundsätzlich freisteht, in welcher Reihenfolge er die Nachlaßgläubiger befriedigt (vgl. § 1991 Abs. 1, § 1979 BGB; BGH NJW-RR 1989, 1226/1228). Hier steht nicht fest, daß die

Antragsteller nicht durch die Zwangsvollstreckung in die zum Nachlaß gehörende Eigentumswohnung Befriedigung für ihre Forderung erlangen können. Zwar sind, wie sich den Akten entnehmen läßt, auf Antrag eines Grundschuldgläubigers die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung der Wohnung angeordnet worden. Der Gläubiger macht aber jeweils nur einen Teilbetrag von 9.000 DM geltend. Es erscheint durchaus möglich, daß nach einer etwaigen Zwangsversteigerung der Wohnung auch die Antragsteller mit ihrer Forderung bei der Verteilung des Erlöses oder auf andere Weise zum Zuge kommen, wenn sie sich noch einen Titel gegen den Bruder der Antragsgegner verschaffen und dem bereits anhängigen Zwangsversteigerungsverfahren beitreten.

3. Die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen, die den Antragsgegnern alle gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten auferlegt haben, können keinen Bestand haben.

Bei der Ermessensentscheidung nach § 47 WEG kann mit dem Landgericht jedenfalls bezüglich der Gerichtskosten auf die in den §§ 91 ff. ZPO zum Ausdruck kommenden Rechtsgrundsätze zurückgegriffen werden (vgl. BGHZ 111, 148/153; BayObLG WE 1991, 172). Es ist daher nicht zu beanstanden, daß das Landgericht auf § 92 ZPO abstellt; rechtlich fehlerhaft ist es jedoch hier, hinsichtlich des teilweisen Unterliegens der Antragsteller den Rechtsgedanken des § 92 Abs. 2 ZPO heranzuziehen. Diese Vorschrift ist nach der in Rechtsprechung und Literatur ganz überwiegend vertretenen Meinung bei der Verurteilung unter dem Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung nur dann anzuwenden, wenn der Kläger zwar zunächst die unbeschränkte Verurteilung des Beklagten erstrebt, gegen den Vorbehalt der Haftungsbeschränkung aber keine Einwendungen erhoben hat (vgl. OLG Hamburg MDR 1960, 150; MünchKomm/Belz ZPO Rn. 4, Musielak/Wolst Rn. 2, Stein/Jonas/Bork Rn. 1 a, Zöller/Herget ZPO 21. Aufl. Rn. 3, jeweils zu § 92). Dagegen ist § 92 Abs. 1 ZPO heranzuziehen, wenn gerade die Frage der Haftungsbeschränkung streitig ist und der Antragsteller sich gegen den Vorbehalt der Beschränkung wendet. So ist es hier; die Antragsteller haben gegen den Beschluß des Landgerichts ein Rechtsmittel eingelegt, weil sie die unbeschränkte Haftung der Antragsgegner erreichen wollen. Diesen ist nicht nur die Beschränkung der Haftung allgemein vorbehalten, vielmehr ist mit der Entscheidung des Senats rechtskräftig festgestellt, daß ihnen die Unzulänglichkeitseinrede gemäß § 1990 Abs. 1 Satz 1 BGB zusteht. Es ist auch nicht sicher, daß die Antragsteller wegen ihrer Forderung Befriedigung aus dem Nachlaß erlangen können. Dem teilweisen Unterliegen der Antragsteller kommt somit hier nicht nur geringfügiges Gewicht zu.

Der Senat, dem nach dem Rechtsfehler des Landgerichts die Kostenentscheidung für alle Rechtszüge zufällt, hält es für angemessen, den Antragstellern 1/3 und den Antragsgegner 2/3 der Gerichtskosten aller Rechtszüge jeweils als Gesamtschuldnern aufzuerlegen (§ 47 Satz 1 WEG), von der Anordnung der Kostenerstattung gemäß § 47 Satz 2 WEG aber abzusehen.

Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.



Ende der Entscheidung

Zurück