Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 05.09.2002
Aktenzeichen: 2Z BR 76/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 823
BGB § 1004
BGB § 1011
Wandelt der kein Wohnungseigtentum verkörpernder Bauträger das Schaufenster eines Teileigentums in eine Eingangstür um, so kann jeder Wohnungseigentümer, sofern aus der Gemeinschaftsordnung keine Duldungspflicht folgt, einen Anspruch auf Beseitigung und Herstellung des ursprünglichen Zustands gegen den Bauträger gerichtlich geltend machen.
Gründe:

I.

Die Antragsteller, ein Ehepaar, sind Wohnungseigentümer in einer 1992 gegründeten Wohnanlage, die aus einem Teileigentum und einer größeren Zahl von Wohnungen besteht. Das Teileigentum befindet sich im Erdgeschoss unter der im Obergeschoss gelegenen Wohnung der Antragsteller. Es ist in der Teilungserklärung als "Laden" bezeichnet.

§ 2 Abs. 2 der Gemeinschaftsordnung lautet wie folgt:

In den nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen (Teileigentum) ist jede berufliche und gewerbliche Tätigkeit gestattet, die nicht durch die Art ihres Betriebes die übrigen Mitbewohner der Anlage gefährdet oder über das normale Maß hinaus belästigt, sei es durch übermäßige Geräusch- oder Geruchsimmissionen oder durch Aufbewahrung und Handel mit gefährlichen Gegenständen oder durch Erschwerung des Zugangs zu den Wohnungen. Die Umwandlung des im Aufteilungsplan bezeichneten Teileigentums in Wohnungseigentum ist gestattet; insoweit ist mit der Bezeichnung als Teileigentum keine Zweckbestimmung vereinbart.

4 Abs. 3 der Gemeinschaftsordnung lautet wie folgt:

Die Sondereigentümer sind nicht berechtigt, Fenster, Fensterrahmen, Rollläden und Wohnungseingangstüren eigenmächtig zu verändern, auch soweit sie sich in ihrem Sondereigentum befinden.

Die Antragsgegnerin, eine GmbH, war zusammen mit R. Miteigentümerin des Grundstücks, das in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilt wurde. Das Eigentum an dem Teileigentum erhielt R., während die Wohnungen die Antragsgegnerin erhielt. Von der Antragsgegnerin, die die Wohnanlage errichtete, erwarben die Antragsteller im Jahr 1993 ihre Wohnung. Kurze Zeit danach wurde ein Schaufenster des Teileigentums von der Antragsgegnerin zu einer Eingangstür umgebaut.

Die Antragsteller haben beantragt, die Antragsgegner; in zu verpflichten, die Tür zu entfernen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Das Amtsgericht hat am 5.11.2001 dem Antrag stattgegeben. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin durch Beschluss vom 3.7.2002 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Die Vorinstanzen sind irrig davon ausgegangen, dass die Antragsgegnerin Eigentümerin des Teileigentums ist. Die Antragsgegnerin wurde von den Antragstellern als Eigentümerin benannt und hat dies bestätigt. Für die gegen die Antragsgegnerin gerichteten Ansprüche sind die Wohnungseigentumsgerichte nicht zuständig. Denn es handelt sich, da die Antragsgegnerin nicht Wohnungs- oder Teileigentümerin ist, nicht um Ansprüche, die ihre Wurzeln in den sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ergebenden Rechten und Pflichten von Wohnungseigentümern untereinander im Sinn des § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG haben. Die Ansprüche gegen die Antragsgegnerin hätten daher vor dem Streitgericht geltend gemacht werden müssen. Mit der dahingehenden Einwendung kann die Antragsgegnerin aber im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr gehört werden. Denn dem Rechtsbeschwerdegericht ist gemäß § 17a Abs. 5 GVG die Prüfung verwehrt, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Die genannte Bestimmung ist im Verhältnis der Wohnungseigentumsgerichte und der Gerichte der streitigen Gerichtsbarkeit entsprechend anzuwenden (BayObLGZ 1998, 111/113 m. w. N.).

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Die Antragsgegnerin hat das Schaufenster des Teileigentums in eine Eingangstür umgewandelt. Dies stellt einen Eingriff in die im gemeinschaftlichen Eigentum aller Wohnungseigentümer stehende Außenwand des Gebäudes dar. Diese Eigentumsbeeinträchtigung begründet den geltendgemachten Beseitigungsanspruch gegen die Antragsgegnerin als unmittelbare Störerin gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Verpflichtung zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands ergibt sich als- Schadensersatzanspruch gemäß § 823 BGB (Palandt/Bassenge BGB 61. Aufl. § 1004 Rn. 28).

Die Antragsteller sind als Miteigentümer berechtigt, die Ansprüche gegen die Antragsgegnerin geltend zu machen (vgl. § 1011 BGB).

b) Die Ansprüche sind nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Wohnungseigentümer zur Duldung des Eingriffs in das gemeinschaftliche Eigentum verpflichtet wären (§ 1004 Abs. 2 BGB). Die Gemeinschaftsordnung betrifft grundsätzlich nur das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander (§ 10 Abs. 1 Satz 2 WEG), nicht aber das Verhältnis der Wohnungseigentümer zu Dritten. Aber auch wenn auf die Eigentümerin des Teileigentums als Wohnungseigentümerin abgestellt wird, ergibt sich keine Duldungspflicht der übrigen Wohnungseigentümer.

Nach § 4 Abs. 3 der Gemeinschaftsordnung ist kein Sondereigentümer berechtigt, Fenster eigenmächtig zu ändern. Die Eigentümerin des Teileigentums "Laden" durfte daher ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer das Schaufenster nicht in eine Eingangstür umwandeln. Daran ändert nichts die Bestimmungen der Teilungserklärung, dass die Baubeschreibung nicht für das Teileigentum gilt. Das Teileigentum wurde in der Weise errichtet, dass an der betreffenden Stelle ein Schaufenster angebracht wurde und keine Tür. Dieser damit geschaffene Zustand durfte im Hinblick auf § 4 Abs. 3 der Gemeinschaftsordnung nicht eigenmächtig verändert werden. § 4 Abs. 3 der Gemeinschaftsordnung gilt gemäß der ausdrücklichen Bestimmung in § 2 Abs. 3 der Gemeinschaftsordnung auch für das Teileigentum.

Ein Recht zur Umgestaltung des Schaufensters und eine Duldungspflicht der übrigen Wohnungseigentümer ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 2 der Gemeinschaftsordnung. Die Vorschrift regelt ausdrücklich nur die Zweckbestimmung, also die Frage, in welcher weise das Teileigentum genutzt werden darf. Sie hebt die zunächst in der Bezeichnung des Teileigentums als "Laden" getroffene Zweckbestimmung wieder auf und lässt grundsätzlich jede berufliche und gewerbliche Nutzung zu. Ein Recht auf eine bauliche Umgestaltung des Teileigentums unter Einschluss des gemeinschaftlichen Eigentums lässt sich aus 2 der Gemeinschaftsordnung nicht ableiten.

Schließlich ist eine Duldungspflicht auch nicht unter dem Gesichtspunkt des § 242 BGB gegeben. Denn durch die Herstellung einer Tür wird ein zusätzlicher Zugang zu dem Teileigentum geschaffen, der eine Beeinträchtigung, insbesondere der Eigentümer der darüber liegenden Wohnung, durch den damit eröffneten Kundenverkehr mit sich bringt. Dies stellt eine das nach § 14 Nr. 1 WEG hinzunehmende Maß übersteigende Beeinträchtigung dar (Merle in Bärmann/Pick/Merle WEG 8. Aufl. § 22 Rn. 30 mit Rechtsprechungsnachweisen).

c) Die Einrede der Verjährung greift nicht durch, weil nach der maßgebenden Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1.1.2002 für Ansprüche aus § 1004 BGB die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. von 30 Jahren gilt (Palandt/Bassenge § 1004 Rn. 45).

3. Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 47 WEG und die Festsetzung des Geschäftswerts auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

Zurück