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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 14.11.2002
Aktenzeichen: 2Z BR 79/02
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 16
BGB § 177
BGB § 286
BGB § 291
Wohnungseigentümer kommen mit Zahlungen nicht in Verzug, wenn nach der Teilungserklärung Zahlungen an den Verwalter zu leisten sind, aber ein solcher nicht bestellt ist.
Gründe:

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.

In § 11 Nr. 5 der Teilungserklärung ist geregelt, dass die Bewirtschaftungskosten sowie die Verwaltungskosten an den Verwalter zu entrichten sind.

Die nunmehrige Verwalterin wurde bereits mit Beschluss der Eigentümerversammlung vom 2.9.1998 für den Zeitraum vom 1.1.1999 bis 31.12.2000 als Verwalterin bestellt. Im Verwaltervertrag war als Ende des Bestellungszeitraums der 31.12.2001 angegeben. Die Verwalterin führte auch im Jahre 2001 die Verwaltungsgeschäfte fort. In der Eigentümerversammlung vom 13.3.2002 wurde beschlossen, die Verwalterin für den Zeitraum vom 1.4.2002 bis 31.12.2006 neu zu bestellen und ihr Handeln vom 1.1.2001 bis 31.3.2002 zu genehmigen.

Die Antragsgegner stellten im Jahre 2001 ihre Wohngeldzahlungen mit der Begründung ein, dass kein Verwalter vorhanden sei, an den geleistet werden könne. Die insgesamt rückständigen Zahlungen waren mit 2175,54 EUR in den Tatsacheninstanzen unstreitig.

Die frühere und nunmehrige Verwalterin hat im Jahre 2001 einen Rechtsanwalt mit der Geltendmachung der Wohngeldrückstände beauftragt. Dieser erwirkte einen Mahnbescheid gegen den Antragsgegner zu 1 und dessen Ehefrau (Antragsgegnerin zu 2). Nach Einspruch gegen den Mahnbescheid haben die Antragsteller den Antrag gegen die Ehefrau des Antragsgegners zu 1 zurückgenommen. Das Amtsgericht hat am 28.5.2002 den Antragsgegner zu 1 verpflichtet, an die Antragsteller 2175,54 EUR nebst 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz liegende Zinsen hieraus sowie 17,79 EUR vorgerichtliche Mahnauslagen zu bezahlen. Es hat weiter entschieden, dass die Antragsteller die Kosten des Rechtsstreits gegenüber der Antragsgegnerin zu 2 tragen. Die übrigen Kosten einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller hat es dem Antragsgegner zu 1 auferlegt. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts mit Beschluss vom 29.7.2002 zurückgewiesen und den Zinsausspruch des Amtsgerichts dahin berichtigt, dass Zinsen ab dem 25.1.2002 zu zahlen sind. Gegen den Beschluss des Landgerichts richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners zu 1.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat nur in geringem Umfang Erfolg.

Das Landgericht hat, teilweise unter Bezugnahme auf die Gründe der amtsgerichtlichen Entscheidung, ausgeführt:

Der geschuldete Betrag sei der Höhe nach unstreitig. Die Verwalterin sei zwischen dem 1.1.2001 und dem 1.4.2002 als faktische Verwalterin tätig gewesen. Dem Umstand, dass keine "Zahlstelle" zur Verfügung gestanden habe, hätte der Antragsgegner zu 1 durch geeignete Maßnahmen, wie durch Hinterlegung oder ähnliches, begegnen müssen. Die Antragsteller seien wegen der faktischen Verwaltungstätigkeit bei der Beauftragung und Bevollmächtigung des Verfahrensbevollmächtigten und der gerichtlichen Geltendmachung der Wohngeldforderung wirksam vertreten gewesen. Der Beschluss des Amtsgerichts sei hinsichtlich des Beginns des Zinslaufs zu berichtigen gewesen, da der Zinslauf lediglich versehentlich in den Tenor nicht aufgenommen worden sei.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Überprüfung in der Hauptsache stand, jedoch nicht in allen Nebenentscheidungen.

a) Die Antragsteller sind ordnungsgemäß vertreten. Die Eigentümerversammlung hat das Handeln der Verwalterin für den Zeitraum vom 1.1.2001 bis 31.3.2002 genehmigt. Damit ist die Beauftragung und Bevollmächtigung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller rückwirkend wirksam geworden (§ 177 Abs. 1 BGB).

b) Der Antragsgegner zu 1 hat die Höhe der geltend gemachten Hauptsacheforderung in den Tatsacheninstanzen nicht in Abrede gestellt. Weitere Ermittlungen der Tatsacheninstanzen hierzu waren auch unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes gemäß § 12 FGG nicht veranlasst. Die Amtsermittlungspflicht endet nämlich dort, wo ein Beteiligter es allein oder hauptsächlich in der Hand hat, Tatsachen und Beweismittel für eine ihm günstige Entscheidung beizutragen (st. Rspr.; BayObLG NJW-RR 1991, 1041).

Soweit der Antragsgegner zu 1 im Rechtsbeschwerdeverfahren Zahlungen und Verrechnungen vorträgt, handelt es sich dabei um neuen Sachvortrag, mit dem er im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht gehört werden kann (§ 27 Abs. 1 FGG).

Die Forderung der Antragsteller ist auch seit dem 1.4.2002 fällig, da ab diesem Zeitpunkt ein Verwalter für die Wohnanlage vorhanden ist, so dass auch eine Zahlungsadresse gegeben ist.

c) Zinsen schuldet der Antragsgegner zu 1 erst ab 1.4.2002.

Vor diesem Zeitpunkt befand sich der Antragsgegner zu 1 jedenfalls deshalb nicht in Verzug, weil er die Nichtleistung nicht zu vertreten hatte (§ 285 BGB a.F.; § 286 Abs. 4 BGB n. F.). Nach der Teilungserklärung sind die Zahlungen an den Verwalter zu leisten. Dabei kann es offen bleiben, ob das Konto für die Wohnungseigentümer als eigenes auf deren Namen lautendes Konto geführt wird oder ob es sich um ein Anderkonto des Verwalters handelt. Jedenfalls ist der Teilungserklärung zu entnehmen, dass nur der Verwalter zur Entgegennahme der Zahlungen berechtigt ist und dass deshalb nicht mit befreiender Wirkung an andere geleistet werden kann. Da ein Verwalter tatsächlich nicht vorhanden war, kann dem Antragsgegner zu 1 seine Nichtzahlung nicht angelastet werden. Der Antragsgegner zu 1 kann auch nicht auf eine Hinterlegung verwiesen werden. Dabei kann es dahinstehen, ob vorliegend überhaupt ein Fall des § 372 Satz 2 BGB vorliegt. Jedenfalls ist der Schuldner zu einer Hinterlegung nur berechtigt, nicht aber verpflichtet. Welche "ähnliche" Maßnahmen der Antragsgegner zu 1 hätte ergreifen müssen, wird von den Vorinstanzen nicht aufgezeigt.

Bis zum 31.3.2002 schuldet der Antragsgegner zu 1 auch keine Prozesszinsen gemäß § 291 BGB. Da kein Verwalter vorhanden war, gab es auch keine Stelle, an die der Antragsgegner zu 1 Zahlungen leisten konnte. Dieser Fall ist dem in § 291 Satz 1 Halbsatz 2 BGB geregelten Fall gleichzustellen, dass die Schuld erst nach Rechtshängigkeit fällig wird.

Da ab 1.4.2002 ein Verwalter vorhanden war, schuldet der Antragsgegner zu 1 von diesem Zeitpunkt an Prozesszinsen. Dabei kann es dahinstehen, wann der Antragsgegner zu 1 von der Verwalterbestellung erfahren hat, da § 291 BGB ein Verschulden nicht voraussetzt.

Der Zinssatz beträgt fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§ 288 Abs. 1 BGB).

d) Da sich der Antragsgegner zu 1 jedenfalls bis zum 31.3.2002 nicht in Verzug befand, besteht auch keine Rechtsgrundlage für die Verpflichtung des Antragsgegners zu 1 zur Erstattung vorgerichtlicher Mahnauslagen.

e) Die vom Amtsgericht getroffene und vom Landgericht bestätigte Kostenentscheidung für das Verfahren erster Instanz entspricht nicht der Billigkeit gemäß § 47 WEG.

Zwar kann sich der Antragsgegner zu 1 nicht darauf berufen, dass zunächst ein Mangel der Vertretungsbefugnis bestand, da dieser Mangel, wie dargestellt, rückwirkend geheilt wurde. Der Antragsgegner zu 1 kann sich auch nicht darauf berufen, dass bis zum 1.4.2002 kein Verwalter vorhanden war. Der Antragsgegner zu 1 hätte zur Erreichung einer günstigeren Kostenfolge den Anspruch sofort nach Kenntnis von der Verwalterbestellung anerkennen können. Nach seinem eigenen Vortrag im Rechtsbeschwerdeverfahren hat der Antragsgegner zu 1 am 15.4.2002 das Protokoll über die Eigentümerversammlung vom 13.3.2002 erhalten. Im Schriftsatz vom 7.5.2002 hat der Antragsgegner zu 1 jedoch auf eine entsprechende Anfrage des Gerichts ausdrücklich mitgeteilt, dass er ein Anerkenntnis nicht abgebe.

Die Kostenentscheidung für die erste Instanz entspricht jedoch insofern nicht der Billigkeit, als nicht hinreichend berücksichtigt wurde, dass der Antrag ursprünglich auch gegen die Ehefrau des Antragsgegners zu 1 gerichtet war. Der Rücknahme des Antrags gegen die Ehefrau des Antragsgegners zu 1 haben die Vorinstanzen insoweit Rechnung getragen, als den Antragstellern die außergerichtlichen Kosten der früheren Antragsgegnerin auferlegt wurden. Sie haben jedoch nicht berücksichtigt, dass infolge der Klagerücknahme die Antragsteller ihr ursprüngliches Klageziel nur gegen einen von zwei behaupteten Gesamtschuldnern erreicht haben. Es entspricht deshalb der Billigkeit, die Gerichtskosten für die erste Instanz zu teilen und den Antragsgegner zu 1 nur zur Hälfte der Tragung der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu verpflichten. Für eine Kostenerstattung zugunsten des Antragsgegners zu 1 besteht dagegen auch für die erste Instanz keine Veranlassung.

Für die zweite Instanz ist die Kostenentscheidung des Landgerichts nicht zu beanstanden, zumal es zu diesem Zeitpunkt keinen nachvollziehbaren Grund mehr gab, die Zahlung zu verweigern.

3. Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 47 WEG. Da der Antragsgegner zu 1 in der Hauptsache vollständig unterlegen ist, entspricht es der Billigkeit, ihn mit den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu belasten. Der Erfolg des Rechtsmittels war geringfügig und wirkt sich deshalb unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 97 Abs. 2 Nr. 1 ZPO auch im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 47 WEG nicht aus.

Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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