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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 08.05.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 8/03
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 21 Abs. 4
WEG § 23 Abs. 4
WEG § 28 Abs. 5
WEG § 29 Abs. 1
Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass eine Entlastung des Verwalters grundsätzlich nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.
Gründe:

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Es handelt sich dabei um eine Mehrhausanlage.

Im Verfahren 13 UR II 58/00 des Amtsgerichts Regensburg schlossen die Beteiligten am 21.6.2001 folgenden Teilvergleich:

Die Antragsgegnerseite, insbesondere der Verwalter, verpflichten sich, ab der nächsten Jahresabrechnung, mithin ab der Jahresabrechnung 2000/2001, eine Kostenaufstellung (Gesamtabrechnung) all derjenigen Kosten zu fertigen, die von der gesamten Eigentümergemeinschaft zu tragen sind und daneben eine Hausabrechnung über diejenigen Kosten zu fertigen, die jeweils nur von den Häusern zu tragen sind. Unberührt davon bleibt die Einzelabrechnung für die jeweiligen Häuser.

In § 17 Satz 2 der ursprünglichen Teilungserklärung war Folgendes geregelt:

Der Verwaltungsbeirat besteht aus drei Wohnungseigentümern einschließlich des von den Wohnungseigentümern mit Stimmenmehrheit zu bestimmenden Vorsitzenden.

Diese Regelung wurde geändert. § 17 Satz 1 der nunmehr geltenden Fassung lautet wie folgt:

Die Wohnungseigentümer wählen mit Stimmenmehrheit einen Verwaltungsbeirat, deren Aufgaben sich aus § 2 WEG ergeben.

In der Eigentümerversammlung vom 22.10.2001 beschlossen die Wohnungseigentümer die Genehmigung der Jahresabrechnung 2000/2001 und die Entlastung des Verwalters. Die Abrechnung gliedert sich in einen Teil "Gemeinsame Kosten" und einen Teil "Haus-/Gebäudeweise Kosten". In mehreren Spalten sind dann die Gesamtbeträge und die Einzelbeträge für die jeweiligen Häuser aufgeführt. Die Abrechnung enthält ferner die Angabe der Vorauszahlungen insgesamt und aufgeteilt auf die einzelnen Häuser. Ferner ist der Bestand der Instandhaltungsrücklage ebenfalls insgesamt und aufgeteilt nach einzelnen Häusern angegeben. In der Einzelabrechnung ist für das jeweilige Haus die Entwicklung der Instandhaltungsrücklage und die Anlage der Instandhaltungsrücklage ausgewiesen. Angaben zum Bestand des Girokontos der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer fehlen.

Die Wohnungseigentümer beschlossen am 22.10.2001 zu TOP 4 die Wahl eines Verwaltungsbeirats. In den Verwaltungsbeirat wurden 21 Wohnungseigentümer gewählt.

Die Antragsteller haben beim Amtsgericht beantragt, die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 22.10.2001 zu den TOP 1 und 4 für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 27.2.2002 die Anträge abgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller hat das Landgericht Regensburg am 30.12.2002 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat teilweise Erfolg.

1. Vorab ist klarzustellen, dass die Verwalterin im Beschlussanfechtungsverfahren nicht Antragsgegnerin, sondern weitere Beteiligte ist.

2. Das Landgericht hat ausgeführt:

Dass unter der Position "Gemeinsame Kosten" keine gesonderte Instandhaltungsrücklage ausgewiesen sei, sei ein geringfügiger Fehler, der hingenommen werden müsse. Das Gleiche gelte für fehlende Angaben zum gemeinschaftlichen Girokonto. Im übrigen wäre der Genehmigungsbeschluss wegen der Unvollständigkeit der Abrechnung nicht anzufechten, sondern es wäre allein ein Ergänzungsantrag zu stellen.

Zur Entlastung des Verwalters hat das Landgericht keine Ausführungen gemacht.

Hinsichtlich der Zahl der Mitglieder des Verwaltungsbeirats habe sich eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung durch eine langjährige Übung ergeben. Außerdem sei das Anfechtungsrecht verwirkt, da der Antragsteller früher selbst Mitglied des Verwaltungsbeirats gewesen sei.

3. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.

a) Zutreffend hat das Landgericht entschieden, dass der Beschluss über die Genehmigung der Abrechnung nicht für ungültig zu erklären ist.

Die Jahresabrechnung muss eine geordnete und übersichtliche, inhaltlich zutreffende Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben für den Abrechnungszeitraum enthalten. Zur Vollständigkeit der Abrechnung gehört es auch, dass der Stand der gemeinschaftlichen Konten ausgewiesen ist (BayObLGZ 1989, 310./314). Dabei ist auch das Girokonto darzustellen (Staudinger/Bub § 28 WEG Rn. 366). Das Fehlen von Angaben führt jedoch in der Regel nicht dazu, dass der Eigentümerbeschluss über die Abrechnung für ungültig zu erklären ist. Die fehlenden Angaben sind vielmehr nachholbar (BayObLGZ.1989, 310/314; BayObLG NJW-RR 1992, 1169; Beschluss des Senats vom 20.3.2003 - 2Z BR 12/03). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die fehlenden Angaben die Abrechnung nicht insgesamt unverständlich oder nicht nachvollziehbar machen.

Hinsichtlich des Fehlens einer gesonderten Rücklage für die Instandhaltung im Rahmen der gemeinschaftlichen Kosten erweist sich die Entscheidung des Landgerichts deshalb als richtig, weil eine derartige Instandhaltungsrücklage nur auszuweisen ist, wenn sie auch tatsächlich gebildet wurde. Dass dies der Fall ist, ist weder dem Vortrag der Antragsteller zu entnehmen noch sonst ersichtlich.

Das Fehlen von Angaben zum Girokonto kann nachgeholt werden. Hierauf haben die Antragsteller einen Anspruch, der entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht der Frist des § 23 Abs. 4 WEG unterliegt. Über die fehlenden Angaben wurde nämlich gerade kein Beschluss der Wohnungseigentümer gefasst, so dass hierfür die Frist des § 23 Abs. 4 WEG weder direkt noch analog gilt.

Das Fehlen der Angaben über das Girokonto macht die Abrechnung auch nicht unverständlich oder nicht nachvollziehbar. Für die Überprüfung der Abrechnung ist die Angabe der Entwicklung des Girokontos zwar hilfreich, aber nicht unbedingt ausreichend. Wenn ein Wohnungseigentümer Zweifel an der Richtigkeit der angesetzten Positionen hat, kann er diese am ehesten dadurch ausräumen oder bestätigen, dass er Einsicht in die Verwalterunterlagen nimmt. Die Schlüssigkeit der Abrechnung als solche wird durch das Fehlen, der Angaben über das Girokonto nicht berührt.

b) Der Eigentümerbeschluss über die Entlastung des Verwalters ist für ungültig zu erklären.

Der Senat hat am 19.12.2002 (BayObLGZ 2002, 417 = NJW 2003, 1328) entschieden, dass ein Beschluss über die Entlastung des Verwalters grundsätzlich nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht (zustimmend Greiner WE 2003, 54, 78, 102; a.A. Niedenführ NZM 2003, 305; Gottschalg NJW 2003, 1293).

Im vorliegenden Fall ist der Eigentümerbeschluss über die Entlastung des Verwalters auch deshalb für ungültig zu erklären, weil der Verwalter seiner Verpflichtung zur Erstellung der Abrechnung wegen der fehlenden Angaben zum Girokonto noch nicht vollständig nachgekommen ist (BayObLGZ 1989, 310, 314/315).

c) Auch der Beschluss über die Bestellung des Verwaltungsbeirats entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung.

Nach § 29 Abs. 1 Satz 2 WEG besteht der Verwaltungsbeirat aus einem Wohnungseigentümer als Vorsitzenden und zwei weiteren Wohnungseigentümern als Beisitzer. Dieser Regelung widerspricht die Wahl von insgesamt 21 Beiratsmitgliedern.

Aus der Teilungserklärung ist eine andere Regelung nicht zu entnehmen. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass bei der Teilungserklärung nur auf Wortlaut und Sinn des im Grundbuch Eingetragenen abzustellen ist, wie es sich für einen unbefangenen Beobachter als nächstliegende Bedeutung ergibt (BGHZ 139, 288). Das Landgericht hat deshalb richtig erkannt, dass § 17 der Teilungserklärung in der nunmehr geltenden Fassung eine Abweichung von der gesetzlich festgelegten Zahl der Mitglieder des Verwaltungsbeirats nicht zu entnehmen ist.

Dagegen folgt der Senat der Auffassung des Landgerichts nicht, dass eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung durch eine über 30-jährigeÜbung erfolgt sei. Das Landgericht hat nämlich keine Feststellungen dazu getroffen, dass die jeweiligen Wohnungseigentümer dabei den Willen gehabt hätten, die Teilungserklärung zu ändern. Hierfür bestehen auch nach dem Vortrag der Beteiligten und dem Akteninhalt keinerlei Anhaltspunkte. Davon abgesehen würde eine solche Übung mangels Eintragung im Grundbuch nicht gegenüber Rechtsnachfolgern wirken (§ 10 Abs. 2 WEG).

Die Antragsteller haben entgegen der Auffassung des Landgerichts ihr Anfechtungsrecht auch nicht verwirkt. Aus dem Umstand, dass einer der Antragsteller von 1972 bis 1973 und von 1985 bis 1987 Mitglied des Verwaltungsbeirats war, lässt sich eine Verwirkung nicht herleiten. Zum einen ist es jedem Wohnungseigentümer unbenommen, eine nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechende Vorgehensweise hinzunehmen und von einer Beschlussanfechtung abzusehen. Zum anderen ist nicht erkennbar, worin das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment liegen soll. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die übrigen Wohnungseigentümer im Hinblick auf die Tätigkeit eines der Antragsteller als Mitglied des Verwaltungsbeirats irgendwelche Dispositionen bezüglich der künftig zu wählenden Mitglieder des Beirats vorgenommen hätten.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es erscheint angemessen, die Antragsteller mit 3/4 der Gerichtskosten zu belasten und die Antragsgegner nur mit 1/4, da der Schwerpunkt des Verfahrens in der Anfechtung der Abrechnung liegt und die Antragsteller insofern erfolglos waren. Die Anordnung einer Erstattung außergerichtlicher Kosten hält der Senat nicht für angemessen.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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