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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 16.08.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 80/01
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 10 Abs. 1 Satz 2
WEG § 15 Abs. 3
WEG § 45 Abs. 2
Die Bezeichnung eines aus mehreren Räumen bestehenden Teileigentums als "nicht zu Wohnzwecken dienende Diele" gilt als eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter.
Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung der Richter Demharter, Werdich und Lorbacher

am 16. August 2001

in der Wohnungseigentumssache

wegen Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses,

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 2. April 2001 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5000 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer 1975 errichteten Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Dem Antragsteller gehört unter anderem das Teileigentum Nr. 13, das in der Teilungserklärung wie folgt beschrieben ist:

Sondereigentum an den im Kellergeschoss gelegenen nicht Wohnzwecken dienenden 5 Hobbyräumen nebst Diele.

Die Räume waren in der Vergangenheit vermietet und wurden als Rechtsanwaltskanzlei genutzt. Seit 1.6.2000 betreibt eine Goldschmiedin in einigen Hobbyräumen ihr Gewerbe. Ein von den Wohnungseigentümern gegen den Antragsteller gerichteter Antrag, ihm die nicht genehmigte gewerbliche Nutzung seines Teileigentums Nr. 13 zu untersagen, wurde durch rechtskräftigen Beschluss des Wohnungseigentumsgerichts vom 4.10.1996 mit der Begründung abgewiesen, ein Anspruch auf Unterlassung der gewerblichen Nutzung des Teileigentums in Form einer Rechtsanwaltskanzlei sei verwirkt.

Am 11.7.2000 beschlossen die Wohnungseigentümer, "gegen die derzeitige Nutzung der Hobbyräume durch die Mieterin... vorzugehen, soweit sie den Rahmen des Gerichtsbeschlusses vom 4.10.1996 übersteigt".

Der Antragsteller hat beantragt, diesen Eigentümerbeschluss für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat den Antrag am 4.12.2000 abgewiesen. Das Landgericht hat durch Beschluss vom 2.4.2001 die sofortige Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich dessen sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Mit dem Eigentümerbeschluss verfolgten die Wohnungseigentümer das Ziel, dass eine Nutzung entsprechend dem Gerichtsbeschluss von 1996, die sie hinnehmen müssten, nicht ausgeweitet werde. Hinzunehmen hätten sie aufgrund der Gerichtsentscheidung eine büromäßige Nutzung der Hobbyräume. Eine solche Nutzung unterscheide sich aber deutlich von einer Nutzung als Ladenlokal. Die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob sich die derzeitige Nutzung hinsichtlich der von ihr ausgehenden Beeinträchtigungen noch im Rahmen einer büromäßigen Nutzung halte, brauche nicht entschieden zu werden. Weil die Frage streitig sei, hätten die Wohnungseigentümer ein anerkennenswertes Interesse daran, der Bildung eines weiteren Verwirkungstatbestands entgegenzutreten. Eine uneingeschränkte gewerbliche Nutzung sei nach der Teilungserklärung nicht zulässig.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Zu Recht hat das Landgericht den angefochtenen Eigentümerbeschluss als ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechend (§ 21 Abs. 3, 4 WEG) angesehen.

a) Die Bezeichnung des Teileigentums Nr. 13 in der Teilungserklärung als "nicht Wohnzwecken dienende 5 Hobbyräume nebst Diele" stellt eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter im Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 2, § 15 Abs. 1 WEG dar. Zulässig ist damit aber auch eine andere Nutzung der Räume, sofern sie nicht mehr stört und beeinträchtigt als eine Nutzung als Hobbyräume. Wird das Teileigentum nach diesen Grundsätzen zweckbestimmungswidrig genutzt, kann jeder andere Wohnungs- oder Teileigentümer die Unterlassung dieser Nutzung gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 15 Abs. 3 WEG verlangen (allg. Meinung und ständige Rechtsprechung des Senats, z.B. BayObLG NZM 2000, 288 f.).

Allerdings darf das Teileigentum Nr. 13 darüber hinaus auch so genutzt werden, wie es im Rahmen der früheren Vermietung als Rechtsanwaltskanzlei, also zu Bürozwecken, genutzt wurde. Dies ergibt sich aus der Rechtskraft des Gerichtsbeschlusses vom 4.10.1996. Die rechtskräftige Entscheidung bindet gemäß § 45 Abs. 2 Satz 2 WEG alle Wohnungseigentümer als an dem Verfahren materiell Beteiligte (§ 43 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 1 WEG). Durch die rechtskräftige Abweisung des Antrags auf Unterlassung der seinerzeitigen Nutzung ist rechtskräftig festgestellt, dass die Nutzung, die unterlassen werden sollte, gestattet ist (BayObLGZ 2001, 99/103 m.w.Nachw.; vgl. OLG Düsseldorf NZM 2001, 711). Was den Umfang der Rechtskraft angeht, ist nicht auf den weitergehenden Unterlassungsantrag abzustellen, der vom Wortlaut her auf eine Unterlassung der gewerblichen Nutzung gerichtet war. Vielmehr ist maßgebend die tatsächliche Nutzung, deren Unterlassung begehrt wurde. Gestattet ist damit eine Nutzung in dem Umfang, in dem sie seinerzeit vorgenommen wurde.

b) Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass im vorliegenden Verfahren nicht entschieden zu werden braucht, ob die derzeitige Nutzung den Rahmen der damit zulässigen Nutzung, nämlich als Hobbyräume und darüber hinaus zu Bürozwecken, überschreitet. Nicht entschieden werden muss ferner, ob eine etwa darüber hinausgehende Nutzung gleichwohl zu dulden ist, weil sie nicht mehr stört oder beeinträchtigt als eine Nutzung als Hobbyräume oder zu Bürozwecken. Inhalt und Ziel des angefochtenen Eigentümerbeschlusses ist es festzustellen, dass eine über die zu duldende Nutzung hinausgehende und mehr störende Nutzung nicht hingenommen werden muss und unterbunden werden soll. Ein berechtigtes Interesse dafür hat das Landgericht rechtsfehlerfrei bejaht. Sofern die Wohnungseigentümer der Ansicht sein sollten, die derzeitige Nutzung sei von ihnen nicht hinzunehmen, steht es ihnen frei, Unterlassung zu verlangen. In einem solchen Verfahren ist dann zu entscheiden, ob die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs vorliegen.

Auf die Nutzung des weiteren Teileigentums Nr. 12 (Sauna) des Antragstellers kommt es nicht an, weil sich der angefochtene Eigentümerbeschluss ausschließlich mit den Hobbyräumen, also mit dem Teileigentum Nr. 13 befasst.

3. Es erscheint angemessen, dem unterlegenen Antragsteller die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 47 WEG).

Die Geschäftswertfestsetzung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG. Der Senat übernimmt die Geschäftswertfestsetzung des Landgerichts, die dem Interesse aller Beteiligten gerecht wird. Es trifft nicht zu, dass mit der Bestandskraft des Eigentümerbeschlusses der Antragsteller die Räume allenfalls als Büro nutzen dürfte.

Ende der Entscheidung

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