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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 04.03.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 9/04
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 23 Abs. 4
WEG § 45 Abs. 2
1. Ein rechtskräftiger Beschluss des Gerichts, nach dem ein Wohnungseigentümer berechtigt ist, ein Fahrzeug auf einer bestimmten Grundstücksfläche abzustellen, erlaubt diesem, unabhängig von den rechtlichen Verhältnissen an der Teilfläche, gegen einen anderen Wohnungseigentümer gerichtlich vorzugehen, der die Fläche zum Lagern von Gegenständen benutzt.

2. Wird ein Antrag auf Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses rechtskräftig abgewiesen, so steht die Rechtskraft dieser gerichtlichen Entscheidung auch dem späteren Einwand entgegen, mangels Abstimmung in der Eigentümerversammlung sei gar kein Eigentümerbeschluss zustande gekommen.


Gründe:

I.

Die Antragsteller, die Antragsgegner und die weiteren Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Sie sind untereinander zerstritten. Insbesondere herrscht Streit über den Umfang der jeweiligen Sondernutzungsrechte an einzelnen Hof- und Gartenflächen. Auf Antrag der Antragsteller hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 25.9.2003 den Antragsgegnern bei Meidung eines Ordnungsgeldes, ersatzweise Ordnungshaft, verboten, auf einem Stellplatz, der sich als gepflasterter Bereich westlich des Wohngebäudes rechts im Anschluss an die Doppelgaragen befindet, Kies oder sonstige Gegenstände, etwa Baumaterialien o.Ä., zu lagern. Mit gleichem Beschluss wurde den Antragsgegnern unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten, den Bereich des Wintergartens von ca. 2 m auf 2 m mit Gegenständen zu verstellen, Abgrabungen vorzunehmen, andere Pflanzen als Rasen anzupflanzen oder diesen Bereich sonst zu verändern. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht mit Beschluss vom 30.12.2003 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.

II.

Das zulässige Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

1. Das Landgericht hat, teils unter Bezugnahme auf die amtsgerichtliche Entscheidung, ausgeführt:

Den Antragstellern stehe gegen die Antragsgegner ein Anspruch auf Beseitigung der Ablagerungen und auf künftige Freihaltung der Fläche westlich der Doppelgarage zu. Die Antragsteller hätten an der Fläche ein Sondernutzungsrecht. Auf die dinglichen Rechtsverhältnisse komme es aber nicht an. Denn das Landgericht habe in einem anderen Verfahren am 5.6.2001 nach § 43 Abs. 2 WEG rechtskräftig u.a. angeordnet, dass bis zu einer Klärung der Gestaltung der Hofeinfahrt durch einen Beschluss der Eigentümerversammlung die Antragsteller berechtigt seien, ein Fahrzeug auf der Fläche neben den Garagen so abzustellen, dass der Zugang zum Garten der Antragsgegner nicht beeinträchtigt wird. Bis heute sei ein abweichender Beschluss der Eigentümerversammlung nicht gefasst worden. Die Beteiligten seien verpflichtet, sich an die gerichtliche Regelung zu halten. Wiederholungsgefahr müsse bejaht werden, weil die Antragsgegner nach Möglichkeiten suchten, die Rechte der Antragsteller weiter zu schmälern. Die Ablagerungen gerade auf dieser Hoffläche dienten vorrangig dem Zweck der Schikane.

Hinsichtlich des Bereichs vor dem Wintergarten der Antragsteller bestehe ein bestandskräftiger Eigentümerbeschluss vom 15.5.2001, durch den die Antragsgegner aufgefordert worden seien, den Zugang bis 1.7.2001 wieder herzustellen. Die Kammer habe mit Beschluss vom 2.7.2003 den Antrag auf Ungültigerklärung dieses Eigentümerbeschlusses als verfristet zurückgewiesen. Der Eigentümerbeschluss sei nicht nichtig. Den jetzigen Einwand, es sei von den Wohnungseigentümern gar kein Beschluss gefasst worden, hätten die Antragsgegner nur durch ein Rechtsmittel gegen den Kammerbeschluss vom 2.7.2003 geltend machen können. Auf die rechtlichen Verhältnisse an der Grundstücksfläche komme es nicht an; es sei auch kein vernünftiger Grund ersichtlich, den Antragstellern die Benutzung der Terrassentür des Wintergartens als Ausgang zur Hoffläche zu versagen.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass aufgrund des nach § 45 Abs. 2 WEG rechtskräftigen, damit für die Beteiligten bindenden Beschlusses des Landgerichts vom 5.6.2001 die Antragsteller befugt sind, auf der Fläche neben den Garagen ein Fahrzeug abzustellen. Dies wird ihnen, wie der Tatrichter rechtsfehlerfrei und damit für den Senat bindend festgestellt hat, durch Ablagerung von Baumaterialien, die von den Antragsgegnern zu verantworten ist, erschwert oder unmöglich gemacht. Der gerichtliche Beschluss vom 5.6.2001 ist nicht nichtig. Seine inhaltliche Richtigkeit kann nicht mehr in Zweifel gezogen werden, weil er rechtskräftig geworden ist. Er verschafft den Antragstellern, jedenfalls bei unveränderten tatsächlichen Verhältnissen, das Recht, gegen Störer, die ein Abstellen ihres Fahrzeugs behindern, gerichtlich vorzugehen, ohne dass es auf die rechtlichen Verhältnisse an der Grundstücksteilfläche noch ankommt.

b) Das Landgericht hat auch zutreffend einen Unterlassungsanspruch der Antragsteller für den Bereich vor ihrem Wintergarten bejaht. Hergeleitet hat das Landgericht diesen Ausspruch aus einem Beschluss der Eigentümerversammlung vom 15.5.2001. Der im Eigentümerbeschluss formulierten Aufforderung, den Zugang zum Wintergarten wieder herzustellen, stehen die vom gerichtlichen Unterlassungsgebot erfassten Tathandlungen der Antragsgegner entgegen. Das Landgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Wohnungseigentümer in der Versammlung vom 15.5.2001 einen entsprechenden Beschluss gefasst haben. Dies kann nämlich nicht mehr in Frage gestellt werden, weil der rechtskräftige und damit die Beteiligten bindende Beschluss des Landgerichts vom 2.7.2003 entgegensteht. Zwar kann ein Wohnungseigentümer grundsätzlich unbeschränkt geltend machen, zu einem bestimmten Punkt der Tagesordnung habe gar keine Beschlussfassung stattgefunden (siehe BayObLGZ 1995, 407). Einer Ungültigerklärung durch gerichtlichen Beschluss nach § 23 Abs. 4 WEG bedarf es ebenso wenig wie bei einem nichtigen Beschluss (BGHZ 145, 158; Palandt/Bassenge BGB 63. Aufl. § 23 WEG Rn. 25 und 26). Jedoch kann nach rechtskräftiger Antragsabweisung nicht mehr geltend gemacht werden, es lägen Nichtigkeitsgründe vor oder ein Beschluss sei gar nicht gefasst worden (siehe BayObLG ZMR 2002, 142; Palandt/Bassenge § 23 Rn. 20). Das gilt auch, wenn die Abweisung des Antrags auf einer Versäumung der Monatsfrist in § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG beruht. Denn es handelt sich hierbei um eine materielle Ausschlussfrist (BGH NJW 1998, 3648; Palandt/Bassenge § 23 Rn. 16).

3. Nach § 47 WEG ist es angemessen, den in allen Rechtszügen unterlegenen Antragsgegnern samtverbindlich neben den Gerichtskosten auch die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller aufzuerlegen. Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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