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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 10.08.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 91/01
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 5 Abs. 4
WEG § 10 Abs. 1 Satz 2
WEG § 16 Abs. 2
Ein Wohnungseigentümer kann gegen die übrigen Mitglieder der Gemeinschaft eine Änderung von Vereinbarungen verlangen, wenn ein Festhalten an einer Vereinbarung wegen außergewöhnlicher Umstände gegen Treu und Glauben verstößt
Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Dr. Delius und Lorbacher

am 10. August 2001

in der Wohnungseigentumssache

wegen Änderung des Kostenverteilungsschlüssels,

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 10. April 2001 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5000 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer aus 141 Wohnungen bestehenden Wohnanlage.

Zu der Wohnanlage gehört eine Tiefgarage mit 138 Stellplätzen. Die Tiefgarage steht im Gemeinschaftseigentum. Die Wohnung des Antragstellers verfügt, wie in der Teilungserklärung ausdrücklich bestimmt ist, nicht über einen Tiefgaragenstellplatz. Nach der Gemeinschaftsordnung hat jeder Wohnungseigentümer die Kosten der Instandhaltung der Tiefgarage nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils zu tragen. Der Miteigentumsanteil des Antragstellers beträgt 5,25/1000. Die Spannbreite der Miteigentumsanteile der übrigen Miteigentümer reicht von 4,59/1000 bis 24,60/1000.

Die Decke und die Stützen der Tiefgarage müssen saniert werden. Der Antragsteller ist der Auffassung, es sei grob unbillig, wenn er anteilige Sanierungskosten in Höhe von 5000 bis 10000 DM zu tragen habe, obwohl ihm kein Tiefgaragenstellplatz zustehe. Den Antrag, den Antragsteller von einer Kostenbeteiligung an der Tiefgaragensanierung freizustellen, haben die Wohnungseigentümer am 17.5.2000 abgelehnt.

Der Antragsteller hat beantragt

festzustellen, dass er von einer Beteiligung an den Instandsetzungskosten der Tiefgarage freizustellen ist, die Teilungserklärung insoweit abzuändern ist, dass auf ihn die Kosten bezüglich der Tiefgarage, insbesondere Instandsetzungskosten, nicht umverteilt werden (hilfsweise allenfalls zu 1/3) bzw. festzustellen, dass die Antragsgegner verpflichtet sind, in eine Änderung des Teilungsschlüssels insoweit einzuwilligen.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 20.11.2000 den Antrag abgewiesen. Das Landgericht hat am 10.4.2001 die sofortige Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen (vgl. ZMR 2001, 671). Hiergegen richtet sich dessen sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat im wesentlichen ausgeführt:

Der Wortlaut der Gemeinschaftsordnung sei eindeutig. Dem Antragsteller sei von Anfang an bekannt gewesen, dass er sich an den Instandsetzungskosten der Tiefgarage beteiligen müsse, obwohl seiner Wohnung kein Stellplatz zugewiesen sei. Im übrigen sei dem Antragsteller eine eingeschränkte Nutzung der Tiefgarage möglich; er könne sie zum Be- und Entladen seines Fahrzeugs nutzen. Hinzu komme, dass den Antragsteller mit seinem 5,25/1000 Miteigentumsanteil im Verhältnis zu den Wohnungseigentümern mit 8,50/1000, 9,00/1000 oder 24,60/1000 Miteigentumsanteilen nur eine verhältnismäßig geringe Kostenbelastung hinsichtlich der Tiefgarage treffe. Eine Befreiung des Antragstellers von der Kostentragungspflicht würde die Frage aufwerfen, ob nicht dann auch die Miteigentümer mit wesentlich höheren Miteigentumsanteilen, die aber sämtlich nur einen Stellplatz in der Tiefgarage haben, in anderer Weise an den Kosten der Tiefgarage beteiligt werden müssten.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Maßgebend für die Verteilung der Instandsetzungskosten an der Tiefgarage ist der in der Gemeinschaftsordnung festgelegte und § 16 Abs. 2 WEG entsprechende Verteilungsschlüssel. Die Regelung der Gemeinschaftsordnung hat Vereinbarungscharakter (§ 5 Abs. 4, § 8 Abs. 2, § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG) und ist grundsätzlich für die Abrechnung dieser Kosten bindend; das Gericht darf sich darüber nicht mit der Erwägung hinwegsetzen, dass die darin getroffene Regelung unbillig sei oder den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung nicht entspreche. Die Bindung an Vereinbarungen gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Ein Wohnungseigentümer hat gegen die übrigen Mitglieder der Gemeinschaft einen Anspruch auf Änderung von Vereinbarungen oder Beschlüssen, wenn außergewöhnliche Umstände ein Festhalten an einer Vereinbarung oder einem Eigentümerbeschluss als grob unbillig und damit als gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßend erscheinen lassen. Bei der Prüfung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist ein strenger Maßstab anzulegen. Meist, so auch hier, fällt dagegen ins Gewicht, dass den Wohnungseigentümern beim Erwerb des Wohnungseigentums der Verteilungsschlüssel bekannt war und sie sich deswegen auf ihn einstellen konnten. Eine Praxis, die Versuche ermutigen würde, die vereinbarte Regelung unter Berufung auf Billigkeitserwägungen in Frage zu stellen, könnte ständige Unruhe in den Gemeinschaften fördern und den Rechtsgrundsatz aushöhlen, dass das einmal Vereinbarte grundsätzlich bindet (BayObLG DWE 1992, 162 f.; WUM 2001, 142).

Anhaltspunkte für das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände oder für eine grob unbillige Belastung des Antragstellers sind hier nicht ersichtlich. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die wiedergegebenen Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen. Es muss daher bei der vereinbarten Regelung bleiben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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