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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 17.11.2000
Aktenzeichen: 2Z BR 93/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 667
BGB § 675 Abs. 1
Zur Frage wie der Anspruch der Wohnungseigentümer gegen den ausgeschiedenen Verwalter auf Herausgabe von Geldern der Gemeinschaft zu ermitteln ist.
BayObLG Beschluss

LG Landshut 60 T 934/99; AG Freising - Zweigstelle Moosburg 2 UR II 3/98

2Z BR 93/00

17.11.00

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Demharter und Lorbacher am 17. November 2000 in der Wohnungseigentumssache wegen Herausgabe von Gemeinschaftsgeldern,

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Landgerichts Landshut vom 2. August 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Kostenentscheidungen in den Beschlüssen des Amtsgerichts Freising - Zweigstelle Moosburg - vom 12. März 1999 und des Landgerichts Landshut vom 2. August 2000 werden dahin abgeändert, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind.

III. Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des zweiten Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3054,97 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage; die Antragsgegnerin war vom 1.12.1989 bis zum 30.11.1994 Verwalterin. Sie wickelte den Zahlungsverkehr über ein Girokonto und ein Festgeldkonto ab, die sie auf den Namen der Gemeinschaft eröffnet hatte (offene Treuhandkonten). Nach Beendigung der Verwaltertätigkeit löste sie die Konten auf und erstattete der Gemeinschaft einen Betrag von 34590,71 DM. Die Antragsteller verlangen von ihr weitere 3.054,97 DM, weil sich die Guthaben der Gemeinschaft am 30.11.1994 auf 37645,68 DM belaufen hätten. Sie gehen dabei von folgenden Zahlen aus: Die "Einnahmen- und Ausgabenrechnung" der Antragsgegnerin für 1993 weise zum Jahresende Rücklagen von 22836,05 DM aus. Dazu seien bis zum 30.11.1994 unstreitig Einnahmen von 56669,88 DM gekommen, denen Ausgaben von unstreitig 41860,25 DM gegenübergestanden hätten. Daraus ergebe sich zum 30.11.1994 ein Guthaben der Gemeinschaft von 37645,68 DM; die Antragsgegnerin habe deshalb noch 3054,97 DM zu erstatten. Die Antragsteller bestreiten, dass die Antragsgegnerin 1994 noch weitere Ausgaben für die Gemeinschaft getätigt habe. Die Jahresabrechnung 1993 habe zwar "Rücklagen", aber keine Kontostände ausgewiesen.

Demgegenüber trägt die Antragsgegnerin vor, dass am 31.12.1993 das eingerichtete Girokonto ein Guthaben von 5293,44 DM und das Festgeldkonto ein solches von 20020,13 DM aufgewiesen habe. Zu den Ausgaben von 41860,25 DM kämen im Jahr 1994 noch 4499,81 DM "Betriebskostenzahlungen aus dem Wirtschaftsjahr 1993" sowie 1032,68 DM "saldierte Betriebskostenrückerstattung 1993" hinzu. Diese Ausgaben seien zwar 1994 angefallen, sie seien aber auf das Wirtschaftsjahr 1993 zu verrechnen. Dadurch ergebe sich am 30.11.1994 das zur Auszahlung gebrachte Guthaben der Gemeinschaft von 34590,71 DM.

Das Amtsgericht hat den Antrag, die Antragsgegnerin zur Zahlung von 3054,97 DM zuzüglich Verzugszinsen zu verpflichten, mit Beschluss vom 12.3.1999 zurückgewiesen und die Antragsteller mit den Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin belastet. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller hat das Landgericht mit Beschluss vom 21.7.1999 diese Entscheidung aufgehoben und die Antragsgegnerin antragsgemäß verpflichtet. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin hat der Senat mit Beschluss vom 3.2.2000 (ZMR 2000, 235) den Beschluss des Landgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Dieses Landgericht hat nach weiteren Ermittlungen mit Beschluss vom 2.8.2000 die Beschwerde zurückgewiesen und den Antragstellern die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahrens auferlegt.

Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Antragsteller besäßen keinen Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten Betrages. Das Festgeldkonto habe zum 1.1.1994 einen Kontostand von 20020,13 DM aufgewiesen. Das darauf liegende Festgeld sei jeweils unter zwischenzeitlicher Übertragung auf das Girokonto zweimal verlängert, schließlich aufgelöst und der verbleibende Betrag auf das Girokonto überwiesen worden. Auch der auf dem Festgeldkonto erwirtschaftete Zinsertrag von 691,53 DM netto sei auf das Girokonto gebucht worden. Weil Gelder nur zwischen Giro- und Festgeldkonto hin- und herbewegt worden seien, lasse sich die wirtschaftliche Entwicklung im Laufe des Jahres 1994 allein aus der Überprüfung des Girokontos nachvollziehen.

Auf dem Girokonto seien bis zur Auflösung zum 1.12.1994 Einnahmen von insgesamt 57755,50 DM verzeichnet, denen Ausgaben von 49171,50 DM gegenüberstünden. Die Ausgaben beliefen sich mithin auf einen deutlich höheren Betrag, als er von den Beteiligten beziffert worden sei. Alle Kontenbewegungen im Laufe des Jahres 1994 seien veranlaßt gewesen. Darauf, ob in diesem Zeitraum Schulden getilgt wurden; die bereits 1993 angefallen seien, komme es nicht an. Die Kontoauszüge für 1994 zeigten, dass durchaus erhebliche Beträge noch für 1993 aufgewendet worden seien. Die von der Antragsgegnerin in den Raum gestellten Beträge von 4499,81 DM bzw. 1032,68 DM seien anhand der Kontounterlagen nicht nachzuvollziehen. Vielmehr seien die tatsächlichen Zahlungsflüsse zugrunde zu legen. Da auch die Einnahmen erheblich höher gewesen seien als vorgetragen, ergebe sich aus den Zahlenangaben der Beteiligten für die Entscheidungsfindung insoweit nichts. Eine weitergehende Sachaufklärung sei nicht möglich.

2. Die Entscheidung des Landgerichts ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Antragsteller besitzen gegen die Antragsgegnerin keinen weitergehenden Anspruch auf Auskehrung zugeflossener oder erwirtschafteter Gelder.

a) Die Antragsgegnerin war nach Beendigung ihrer Tätigkeit als Verwalterin nach den Vorschriften des Auftragsrechts (§§ 675, 667 BGB~; BGH NJW 1997, 2106/2108; BayObLG ZMR 1999, 844/845 m.w.N.) verpflichtet, der Gemeinschaft die auf den angelegten Konten verwalteten Gelder herauszugeben, soweit sie diese nicht zur Erfüllung von Verbindlichkeiten der Gemeinschaft verwendet hatte. Steht fest, dass die Gemeinschaftskonten am Stichtag ein bestimmtes Guthaben ausgewiesen haben, so obliegt es der Antragsgegnerin, darzutun und nachzuweisen, welche Ausgaben (Abhebungen) sie nach diesem Stichtag zu Lasten der Gemeinschaftskonten berechtigterweise getätigt hat; lassen sich nach Durchführung der gebotenen Ermittlungen (§ 43 Abs. 1 WEG, § 12 FGG) dazu keine Feststellungen mehr treffen, so geht dies zu Lasten der Antragsgegnerin (vgl. BayObLG aaO m.w.N.).

b) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des Landgerichts ergaben sich im Abrechnungszeitraum Januar bis November 1994 auf dem maßgeblichen Girokonto gemeinschaftsbezogene Ausgaben von insgesamt 49171,50 DM, denen Einnahmen von insgesamt 57755,50 DM gegenüberstanden. Diese Beträge errechnen sich aus den dem Gericht überlassenen Belegen, wie Kontoauszügen, Überweisungsaufträgen, Lastschriften, Einzahler-Quittungen und anderem. Aus diesen Belegen ist ersichtlich, dass diese teilweise auch Zahlungsvorgänge betreffen, die der Abrechnungsperiode 1993 zugehörig sind, wie etwa Rückerstattungen, aber auch Nachzahlungen. Freilich lassen sich die von der Antragsgegnerin in den Raum gestellten Beträge von 4499,81 DM und 1032,68 DM durch die gesichteten Belege nicht erklären. Jedoch ist dies nach jetzigem Verfahrensstand, wie das Landgericht zutreffend angeführt hat, unerheblich. Denn die belegten Ausgaben im Jahr 1994 sind tatsächlich höher als die von den Beteiligten mit 41860,25 DM behaupteten.

c) Verändert haben sich nach den Feststellungen des Landgerichts allerdings auch die Einnahmen, welche statt angegebener 56669,88 DM sich tatsächlich auf 57755,50 DM belaufen. Die Differenz von 8584,-- DM bildet das rechnerische Guthaben der Gemeinschaft im Abrechnungszeitraum Januar bis November 1994.

d) Der Herausgabepflicht des Verwalters nach Beendigung seiner Tätigkeit unterliegt überdies das vorhandene (positive) Guthaben aus den vorangegangenen Wirtschaftsjahren, ohne dass hier geklärt zu werden braucht, ob die Einbehaltung, etwa als "Rücklage", ordnungsmäßiger Verwaltung entsprach (verneinend Staudinger/Bub WEG 12. Aufl. § 16 Rn. 77, 91; § 28 Rn. 401, 407a, 516; Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums 3. Aufl. Rn. 523; bejahend KG NJW-RR 1995, 975; OLG Hamm DWE 1998, 188; wohl auch Bärmann/Pick/Merle WEG 8. Aufl. § 28 Rn. 103). Die Herausgabepflicht erfaßt darüber hinaus auch Guthaben sonstiger Art, die - aus welchen Gründen auch immer - aus der Jahresabrechnung nicht ersichtlich sind. Das folgt unmittelbar aus § 667 BGB. Soweit die Antragsteller von dem in der Einnahmen- und Ausgabenrechnung für das Jahr 1993 ausgewiesenen Rücklagenbetrag von 22836,05,DM als Guthaben ausgehen, übersehen sie, dass diese Summe nicht identisch sein muß mit den ihnen bei Gelegenheit früherer Abrechnungen nicht offengelegten Kontoständen. Zu einer solchen Offenlegung wäre die Antragsgegnerin verpflichtet gewesen (BayObLG NJW-RR 1992, 1169; Staudinger/Bub WEG § 28 Rn. 366 m.w.N.). Diese von der Antragsgegnerin im Verfahren vorgetragenen und nun tatsächlich belegten Kontostände belaufen sich auf 20020,13 DM (Festgeldkonto) und 5293,44 DM (Girokonto), mithin insgesamt auf 25313,57 DM. Unter Berücksichtigung des Guthabens aus Einnahmen und Ausgaben im Jahr 1994 (c) ergibt sich ein Betrag, der mit 33897,57 DM noch unter dem mit 34590,71 DM liegt. Die Differenz erklärt sich aus den bei den Einnahmen vom Landgericht offensichtlich nicht berücksichtigten Festgeldzinsen (691,53 DM) und der von der Antragsgegnerin eingeräumten Rechnungsdifferenz von 1,61 DM.

e) Das Vorbringen der Antragsteller führt zu keinem anderen Ergebnis. Ausgangspunkt für die Berechnung des herauszugebenden Betrages ist der 31.12.1993. Denn der Antragsgegnerin wurde bis einschließlich dem Wirtschaftsjahr 1993 Entlastung erteilt. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist vom EntlastungsBeschluss zugleich die Genehmigung der Jahresabrechnung mitumfaßt (BayObLG WE 1989, 144; 147; 212). Das in der Entlastung regelmäßig enthaltene negative Schuldanerkenntnis (§ 397 Abs. 2 BGB; BGH NJW 1997, 2106/2108; BayObLGZ 1986, 362; 1987, 86/94;' Palandt/Heinrichs BGB 59. Aufl. § 397 Rn. 11; Müller Rn. 513) hinsichtlich solcher Vorgänge, die bei Beschlussfassung bekannt oder bei zumutbarer Sorgfalt erkennbar waren, verbietet hier einen Rückgriff auf Ansprüche, die sich aus der Kontoführung in den Jahren 1989 bis 1991 ergeben könnten. Solange die Antragsgegnerin als Verwalterin tätig war, haben sich die Antragsteller mit einer Einnahmen- und Ausgabenabrechnung zufriedengegeben, welche die Kontostände nicht gesondert ausgewiesen hat. Die Antragsteller haben keine Tatsachen vorgetragen, die der Wirksamkeit der von ihnen gewährten Entlastung entgegenstehen könnten. Damit sind mögliche Ersatzansprüche aus der Kontoführung erloschen.

4. Die Entscheidung hinsichtlich der Gerichtskosten beruht auf § 47 Satz 1 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, dass die letztlich in allen Rechtszügen unterlegenen Antragsteller diese zu tragen haben.

Dem Senat erscheint es angemessen, den unterlegenen Antragstellern nur die außergerichtlichen Kosten des zweiten Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen, im übrigen aber von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten abzusehen (§ 47 Satz 2 WEG). Dabei spielt eine Rolle, dass das Landgericht zunächst anders als das Amtsgericht entschieden hat.

Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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