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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 29.07.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 98/04
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 14
Fehlt ein Zugang zum Dachspitz vom Gemeinschaftseigentum aus, ist der Mitgebrauch des Dachspitzes durch alle Wohnungseigentümer auf eine Nutzung zu Zwecken der Gemeinschaft beschränkt, die nur ein gelegentliches, von dem Eigentümer der darunter liegenden Wohnung zu gestattendes Betreten notwendig machen.
Gründe:

I.

Die Antragsteller, die Antragsgegner und die weiteren Beteiligten zu 1 sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten zu 2 verwaltet wird.

Den Antragstellern gehört die Dachgeschoßwohnung Nr. 11. Der darüber liegende Dachspitz steht im Gemeinschaftseigentum. Ein Zugang zu ihm ist nur von der Wohnung der Antragsteller aus möglich. Die Räume im Dachspitz werden von den Antragstellern genutzt; ob ihnen ein Sondernutzungsrecht daran zusteht, ist unklar.

Jeweils mit Mehrheit beschlossen die Wohnungseigentümer am 17.10.2002:

Tagesordnungspunkt (TOP) 2:

Bau einer feststehenden Treppe vom Treppenhaus ausgehend und Schaffung eines Eingangs (Tür) zum Dachspitz (Dachräume).

TOP 3:

Die Abgeschlossenheit zur Wohnung Nr. 11 soll wiederhergestellt werden, durch ordnungsgemäßen und statisch einwandfreien Rückbau des vorhandenen Zugangs (Verschluss der Decke/Boden) zu den Dachräumen (Dachspitz).

TOP 4:

Die Bauleitung wird dem ehemaligen Bauleiter ... übertragen.

TOP 5:

Die Eigentümer (= Antragsteller) verpflichten sich, zur Erstellung eines Kostenvoranschlags ... eine Ortsbegehung in die Dachräume zu ermöglichen, indem sie den Zugang durch ihre Wohnung ermöglichen und dulden.

TOP 6:

Sollten sich die Eigentümer ... (= Antragsteller) weigern, wird hilfsweise folgender Beschluss gefasst:

Die Hausverwaltung ... wird ermächtigt, gerichtlich den Beschluss bezüglich Durchgangsrechts in die oberen Dachräume (Dachspitz) zu erwirken.

TOP 7:

Die Hausverwaltung verpflichtet sich, den Kostenvoranschlag an alle von der Baumaßnahme betroffenen Eigentümer zu versenden. Im Falle, dass die einfache Mehrheit sich für die Durchführung der Baumaßnahme ausspricht ..., ist die Hausverwaltung ... ermächtigt, der Firma ... den Zuschlag zu erteilen und alles Nötige zu veranlassen, dass die Maßnahme durchgeführt wird.

TOP 8:

Kostenverteilung:

a) Aus Instandhaltungsrücklage abgelehnt

b) als Sonderumlage abgelehnt

c) die Kostenverteilung soll nach folgendem Schlüssel erfolgen:

prozentuale Aufteilung entsprechend der Schlussrechnung für das Haus ... aus dem Jahre 1992 ... angenommen

Die Antragsteller haben beantragt, die Eigentümerbeschlüsse für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 6.5.2003 dem Antrag stattgegeben. Das Landgericht hat am 10.3.2004 den Beschluss des Amtsgerichts abgeändert. Es hat den Antrag auf Ungültigerklärung der Eigentümerbeschlüsse zu TOP 2 bis 8 b abgewiesen. Im Übrigen (TOP 8 c) hat es die Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Amtsgerichts zurückgewiesen (Nr. I 1). Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.

II.

Das Rechtsmittel ist begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Antragsteller seien verpflichtet, die Schließung der Decke in ihrer Wohnung und die Schaffung eines Zugangs zum Dachspitz über das Treppenhaus zu dulden, weil der Dachspitz für alle Wohnungseigentümer zugänglich sein müsse. Durch die beschlossenen Baumaßnahmen werde ein Zustand hergestellt, der dem Umstand Rechnung trage, dass der Dachspitz im Gemeinschaftseigentum stehe. Der jetzige Zustand sei zwar im Rahmen der ursprünglichen Umbaumaßnahmen bei Begründung des Wohnungseigentums geschaffen worden, gleichwohl hätten die jetzt beschlossenen Baumaßnahmen ohne die Zustimmung der Antragsteller von der Eigentümerversammlung genehmigt werden können, weil sie allein das Ziel hätten, einen der Rechtslage entsprechenden Zustand herzustellen. Die beschlossenen Baumaßnahmen seien im Übrigen für die Antragsteller auch nicht nachteilig, weil ihnen lediglich ein rechtlich nicht zustehender Vorteil, nämlich die Nutzung des Dachspitzes, entzogen werde.

Die Antragsteller würden zwar darauf verweisen, dass wegen des Zugangs vom Treppenhaus zum Dachspitz ein Kehlbalken herausgetrennt werden und aus statischen Gründen eine Unterfangung der Dachstuhlkonstruktion innerhalb ihrer Wohnung erfolgen müsse, was naturgemäß mit erheblichen Kosten verbunden sei. Demgegenüber hätten aber die Antragsgegner klargestellt, dass lediglich eine schmale, nicht gewendelte Holztreppe zum Dachspitz geführt werden solle. Dies lasse sich zwar aus den Beschlüssen der Eigentümerversammlung nicht mit der notwendigen Klarheit entnehmen. Diese enthielten aber auch nur eine Grundsatzentscheidung. Durch TOP 7 sei nämlich bestimmt, dass zunächst ein Angebot erholt werden solle, bevor endgültig über die Vergabe des Antrags nochmals durch die Eigentümerversammlung entschieden werde.

Für ungültig zu erklären sei der Eigentümerbeschluss zu TOP 8 c, weil er der Teilungserklärung widerspreche.

2. Die Entscheidung des Landgerichts, soweit sie dem Rechtsbeschwerdegericht angefallen ist, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Auch die übrigen angefochtenen Eigentümerbeschlüsse sind für ungültig zu erklären, wobei für alle angefochtenen Eigentümerbeschlüsse eine Gesamtschau vorzunehmen ist, da sie untrennbar miteinander zusammenhängen und aufeinander bezogen sind.

a) Die beschlossenen Baumaßnahmen stellen, schon weil es sich um einen Eingriff in die im gemeinschaftlichen Eigentum bestehende Decke zwischen Dachgeschoß und Dachspitz handelt, bauliche Veränderungen dar, die grundsätzlich nicht ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer vorgenommen werden dürfen (§ 22 Abs. 1 WEG). Bauliche Veränderungen bedürfen zwar der Zustimmung nicht, wenn damit erstmals der nach der Teilungserklärung oder dem Aufteilungsplan vorgesehene ordnungsmäßige Zustand hergestellt werden soll (ständige Rechtsprechung des Senats, z.B. BayObLG NZM 1999, 578). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

Weder im Aufteilungsplan noch in der Teilungserklärung ist der Bau einer Treppe vom Treppenhaus zum Dachspitz vorgesehen. Die Notwendigkeit einer Treppe ergibt sich auch nicht aus der Lage des Dachspitzes, insbesondere aus dem fehlenden Zugang zum Dachspitz vom Gemeinschaftseigentum aus. In einem solchen Fall ist eben die Nutzung zu Zwecken der Gemeinschaft beschränkt, die nur ein gelegentliches, von dem Eigentümer der darunter liegenden Wohnung zu gestattendes Betreten notwendig machen (BayObLG WuM 2001, 292).

Entgegen der Auffassung des Landgerichts wären die beabsichtigten Baumaßnahmen für die Antragsteller auch nachteilig. Einen Nachteil würden nicht nur die in der Wohnung der Antragsteller vorzunehmenden Bauarbeiten, sondern auch die Errichtung einer Treppe direkt vor ihrer Wohnungseingangstür darstellen.

b) Die Eigentümerbeschlüsse in ihrer Gesamtheit sind aber auch deshalb für ungültig zu erklären, weil sie zu unbestimmt sind. Die Antragsteller verweisen darauf, dass wegen des Zugangs vom Treppenhaus zum Dachspitz ein Kehlbalken herausgetrennt werden und aus statischen Gründen eine Unterfangung der Dachstuhlkonstruktion innerhalb ihrer Wohnung durchgeführt werden müsse, was mit erheblichen Kosten verbunden sei. Demgegenüber behaupten die Antragsgegner, dass lediglich eine schmale, nicht gewendelte Holztreppe zum Dachspitz geplant sei. Aus den angefochtenen Eigentümerbeschlüssen ist nicht erkennbar, welche Treppenkonstruktion durchgeführt werden soll. Dies wäre aber schon deshalb erforderlich, weil die Entscheidung für eine bestimmte Konstruktion zumindest mittelbar auch die Aussage enthält, dass die Konstruktion rechtlich zulässig, technisch durchführbar und kostenmäßig in einem angemessenen Verhältnis zu den Nutzungsmöglichkeiten des Dachspitzes für die Wohnungseigentümer steht. Hinzu kommt, dass aus dem Eigentümerbeschluss nicht ersichtlich ist, welche auch nur ungefähren Kosten aufgrund der beschlossenen Maßnahmen auf die Wohnungseigentümer zukommen und wie diese, nach Ungültigerklärung von TOP 8 c durch das Landgericht, aufgebracht werden sollen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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