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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Urteil verkündet am 29.05.2000
Aktenzeichen: 2Z RR 12/99
Rechtsgebiete: VO, WHG, BayWG, ZPO, VwGO, BauGB


Vorschriften:

VO § 3 Abs. 1
VO § 4
VO § 3
VO § 4 Abs. 1
VO § 4 Abs. 2
VO § 3 Nr. 5.2
VO § 3 Nr. 5.3
VO § 7 Abs. 1
WHG § 19 Abs. 3
WHG § 20
BayWG Art. 74
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1 ZPO
ZPO § 549 Abs. 1
VwGO § 47
VwGO § 47 Abs. 2 Satz 1
BauGB § 34
BauGB § 42 Abs. 2
BauGB § 42 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerisches Oberstes Landesgericht IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2Z RR 12/99 OLG München 1 U 1504/98 LG Augsburg 6 O 5533/93

Verkündet am 29. Mai 2000

Die Urkundsbeamtin: Brunner Justizangestellte

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Präsidenten Dr. Tilch sowie der Richter Lehr, Demharter, Werdich und Dr. Delius

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. Mai 2000

in dem Rechtsstreit

wegen Entschädigung,

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Revision der Beklagten gegen das Endurteil des Oberlandesgerichts München vom 10. Juni 1999 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der beklagten Stadt Augsburg Entschädigung wegen der Festsetzung eines Wasserschutzgebiets.

Die Klägerin ist Eigentümerin eines 29,013 m² großen, mit einem Verwaltungsgebäude und mehreren Hallen bebauten Grundstücks, das sie verpachtet hat; es wird zur Lagerhaltung genutzt. Das Grundstück liegt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils; im Flächennutzungsplan der Beklagten vom Mai 1988 sind das Grundstück sowie seine nördliche und südliche Umgebung als Gewerbegebiet dargestellt. Das Grundstück war in den Bereich der weiteren Schutzzone A 2 der Wasserschutzgebietsverordnung vom 13.12.1979 einbezogen. An deren Stelle erließ die Regierung von Schwaben am 24.10.1991 eine neue Wasserschutzgebietsverordnung (im folgenden: Verordnung). Dadurch wurde das Grundstück der Klägerin in die weitere Schutzzone A 1 einbezogen. In dieser ist es gemäß § 3 Abs. 1 der Verordung verboten, sonstige bauliche Anlagen zu errichten oder zu erweitern, ausgenommen Vorhaben, die nach dem jeweils gültigen Bebauungsplan zulässig sind, für die die zuständige Kreisverwaltungsbehörde im Einzelfall das Einvernehmen erteilt hat und bei denen das Abwasser in die öffentliche Sammelkläranlage eingeleitet wird... (Nr. 5.2); verboten sind ferner Bauwerksgründungen, ausgenommen solche ohne Aufdeckung des Grundwassers (Nr. 5.3). Nach § 4 der Verordnung sind unter bestimmten Voraussetzungen widerrufliche Ausnahmen und Befreiungen von den Verboten des § 3 möglich.

Die Verordnung wurde am 6.12.1991 im Amtsblatt der Regierung von Schwaben bekanntgemacht und trat gemäß § 9 Abs. 1 am 1.1.1992 in Kraft. Ein zu Anfang des Jahres 1994 gestellter Normenkontrollantrag der Klägerin wurde durch Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13.6.1996 abgelehnt; die Beschwerde gegen die Nichtvorlage der Rechtssache wurde durch Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.9.1996 zurückgewiesen.

Mit der am 27.12.1993 beim Landgericht eingereichten Klage hat die Klägerin beantragt festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr für die Einschränkung der baulichen Nutzbarkeit ihres Grundstücks infolge der Verordnung vom 24.10.1991 eine angemessene Entschädigung in Geld zu zahlen. Sie vertritt die Ansicht, durch die Einbeziehung ihres Grundstücks in die Wasserschutzzone A 1 sei ein bisher bestehendes Baurecht entzogen worden. Dadurch habe das Grundstück eine Wertminderung von mindestens 5 Millionen DM erfahren. Die Beklagte hält die Klage für unzulässig, weil sie nicht innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Jahres erhoben worden sei, in dem die Verordnung bekanntgemacht wurde und damit die für eine Entschädigung maßgebenden Tatsachen hätten festgestellt werden können. Außerdem seien die Voraussetzungen einer Entschädigungspflicht nicht gegeben.

Das Landgericht hat am 29.10.1997 die Klage als unbegründet abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht dieses Urteil am 10.6.1999 aufgehoben und der Klage stattgegeben. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten, der die Klägerin entgegentritt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Die Klägerin habe es nicht versäumt, ihren Anspruch innerhalb der Klagefrist des Art. 87 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BayWG gerichtlich geltend zu machen. Die erforderliche Kenntnis der Vermögensbeeinträchtigung sei zwar bereits nach Bekanntmachung der Verordnung am 6.12.1991 möglich gewesen, weil der Umfang des Eingriffs aus der Verordnung selbst entnommen werden könne. Vor dem Inkrafttreten der Verordnung habe jedoch das Rechtsverhältnis, aus dem die Klägerin ihren Anspruch herleite, nicht bestanden und wäre deshalb eine Feststellungsklage unzulässig gewesen. Denn die Klägerin verfolge keine Ansprüche aus einer Vorwirkung der Verordnung, sondern ausschließlich aus Eigentumsbeeinträchtigungen, die durch das Inkrafttreten der Verordnung entstanden seien.

Ein Vergleich der Wasserschutzverordnung von 1979 mit der von 1991 ergebe, daß nach der neuen Verordnung bestimmte Bauvorhaben deutlich strengeren Einschränkungen unterlägen. Die in § 4 Abs. 2 der neuen Verordnung enthaltene Ausnahmeregelung schaffe nur teilweise einen Ausgleich, da sie eine Bestandsgefährdung bereits angesiedelter Betriebe voraussetze und damit nur einen Teil möglicher Bauvorhaben begünstige.

Ein Sonderopfer der Klägerin im Zusammenhang mit der Einbeziehung ihres Grundstücks in die Schutzzone A 1 könne nicht verneint werden. Eine wasserrechtliche Beschränkung wirke enteignend im Sinn von § 19 Abs. 3 WHG, wenn dadurch der Eigentümer im Verhältnis zu anderen ungleich in unzumutbarer Weise getroffen werde. Eine solche Belastung liege vor, wenn eine zulässige Nutzungsmöglichkeit, die sich nach Art und Beschaffenheit des Grundstücks anbiete, untersagt oder wesentlich eingeschränkt werde. Einschränkungen seiner Baubefugnis, die sich bereits aus der Anwendung der dem Gewässerschutz allgemein dienenden Vorschriften ergäben, müsse der Eigentümer ohne Geldausgleich hinnehmen. Nur Verbote, die als Ausfluß eines abstrakt vorbeugenden Wasserschutzes bereits ohne konkrete Gefahr einer Gewässerbeeinträchtigung erlassen worden seien, lägen außerhalb der Situationsgebundenheit, sofern die denkbare untersagte Nutzung grundwasserneutral wäre.

Der Sachverständige habe festgestellt, daß das Grundwasser bereits zwei Meter unter dem Gelände anstehe. Gleichwohl habe er mit überzeugender Begründung eine Beeinträchtigung des Grundwassers für ausschließbar erachtet, wenn Baumaßnahmen mit einem entsprechend hohen Aufwand an technischen Vorsorgemaßnahmen durchgeführt würden. Daher sei davon auszugehen, daß bei Einhaltung dieses sehr hohen Vorsorgeaufwands ein Bauen nach den Regeln des allgemeinen Wasserrechts zulässig und situationsangemessen gewesen wäre.

Die nach den Feststellungen des Sachverständigen gegebene situationsbedingte Bebaubarkeit sei der Klägerin durch den Erlaß der Wasserschutzverordnung weitgehend genommen worden, ohne daß die nach § 4 der Verordnung möglichen Ausnahmen einen so deutlichen Ausgleich geschaffen hätten, daß ein unzumutbares Sonderopfer zu verneinen wäre. Nach § 4 Abs. 1 der Verordnung bestehe nur die Möglichkeit ausnahmsweiser Genehmigung in Fällen unbilliger Härte. Ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Befreiung für gewerbliche Betriebe oder Betriebsstätten bestehe gemäß § 4 Abs. 2 der Verordnung nur, wenn ein Bauvorhaben notwendig sei, um den Bestand dieser Betriebe oder Betriebsstätten zu gewährleisten. Daß in der Praxis eine betriebliche Notwendigkeit für Bauvorhaben sehr großzügig bejaht würde, könne nicht festgestellt werden. Die von der Beklagten vorgelegten Genehmigungsbescheide ließen keine hinreichenden Schlüsse auf eine solche Genehmigungspraxis zu. Außerdem komme eine betriebliche Notwendigkeit nicht in Betracht, wenn völlig neue Betriebe erstmals auf dem Grundstück angesiedelt werden sollten; auch könne eine großzügige Verwaltungspraxis jederzeit geändert werden. Die fehlende Rechtssicherheit müsse sich auf den Grundstückswert nachteilig auswirken. Dieser werde ferner maßgebend davon bestimmt, was ein Dritter, der sich nicht auf eine Betriebsfortführung berufen könne, mit dem Grundstück unternehmen könne.

Zu entschädigen sei der Unterschiedsbetrag zwischen dem Marktpreis des Grundstücks, wenn es nach der Art der Bebauung oder mit entsprechenden, auch sehr aufwendigen, technischen Vorkehrungen ohne Beeinträchtigung des Grundwassers bebaut werden könne, und dem Preis bei der gegebenen Sachlage, nach der das Grundstück grundsätzlich nicht, sondern nur in den von der Verordnung zugelassenen Ausnahmefällen bebaubar sei. Es bestehe eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, daß sich bei dieser Berechnung ein Entschädigungsbetrag zugunsten der Klägerin ergebe.

II.

Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

A. Die Zulässigkeit der auf die Feststellung einer Entschädigungspflicht gerichteten Klage hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler bejaht.

1. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Entschädigung wegen der Einbeziehung ihres Grundstücks in die weitere Schutzzone A 1 des durch die Verordnung vom 24.10.1991 festgesetzten Wasserschutzgebiets richtet sich gemäß § 7 Abs. 1 der Verordnung nach § 19 Abs. 3, § 20 WHG, Art. 74 BayWG. Danach ist eine Entschädigung zu leisten, die den eintretenden Vermögensschaden angemessen auszugleichen hat, soweit das Verbot oder die nur beschränkte Zulassung bestimmter Handlungen im Grundwasserschutzgebiet eine Enteignung darstellt. Zur Entschädigung verpflichtet ist die Beklagte als Begünstigte der Verordnung (Art. 74 Abs. 5 BayWG; vgl. BGHZ 60, 126/143; Sieder/Zeitler/Gößl WHG § 19 Rn. 53).

2. Die auf § 19 Abs. 3 WHG gestützte Klage auf Entschädigung ist gemäß Art. 87 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BayWG spätestens innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Jahres zu erheben, in dem die Tatsachen, die für die Entschädigung maßgebend sind, festgestellt werden konnten. Die Vorschrift enthält eine besondere Prozeßvoraussetzung, die für die Geltendmachung der Ansprüche in dem gemäß Art. 87 Abs. 2 Satz 1 BayWG den ordentlichen Gerichten zugewiesenen Verfahren zusätzlich vorliegen muß, damit in der Sache entschieden werden kann. Die Versäumung dieser Frist führt zur Abweisung der Klage als unzulässig (BayobLGZ 1989, 430/433 m.w.N.). Die in Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayWG enthaltene Beschränkung der Klagefrist für wasserrechtliche Entschädigungsansprüche ist verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG NVwZ 1999, 1329 = BayVBl 2000, 17/18).

a) Für den Beginn der Klagefrist hat das Berufungsgericht im Anschluß an das Urteil des 1. Zivilsenats vom 20.11.1989 (BayobLGZ 1989, 430) den Zeitpunkt als maßgebend angesehen, zu dem der Anspruchsberechtigte aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen den Anspruchsverpflichteten zumindest eine Feststellungsklage in zulässiger Weise erheben kann (BayobLG aaO S. 434 m.w.N.). In dem zu diesem Urteil ergangenen Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 9.8.1999 (NVwZ 1999, 1329) ist die Festlegung des Fristbeginns auf diesen Zeitpunkt nicht beanstandet worden; der jetzt zuständige 2. Zivilsenat hält daran fest.

b) Der die Klägerin belastende Eingriff geschah unmittelbar durch die Verordnung, mit der ihr Grundstück in die Wasserschutzzone A 1 einbezogen und damit den Verboten und Beschränkungen unterworfen wurde, die in § 3 der Verordnung im einzelnen aufgeführt sind. Dementsprechend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die Klägerin bereits im Anschluß an die Bekanntmachung der Verordnung am 6.12.1991 die Tatsachen feststellen konnte, die für die Entschädigung maßgebend sind. Von der Revision wird dies als ihr günstig nicht in Frage gestellt. Sie wendet sich vielmehr gegen die Annahme des Berufungsgerichts, eine Feststellungsklage wäre vor dem Inkrafttreten der Verordnung am 1.1.1992 unzulässig gewesen. Das Berufungsgericht ist jedoch zu Recht davon ausgegangen, daß die Klagefrist des Art. 87 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BayWG gewahrt ist.

(1) Gegenstand einer Feststellungsklage muß grundsätzlich ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis sein. Hierfür reicht es aus, daß die zwischen den Parteien des Rechtsstreits bestehenden Beziehungen schon zur Zeit der Klageerhebung wenigstens die Grundlage bestimmter Ansprüche bilden; ein erst künftiges Rechtsverhältnis kann nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein (BGH NJW 1988,774; Zöller/Greger ZPO 21. Aufl. Rn. 3a, MünchKomm/Lüke ZPO Rn. 29, jeweils zu § 256). Es kann offenbleiben, ob schon die Bekanntmachung einer Verordnung, mit der ihr Inhalt endgültig festgelegt ist (vgl. BayVGH BayVBl 1986, 497/498), Rechtsbeziehungen zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten eines Entschädigungsanspruchs im Sinn von § 19 Abs. 3 WHG begründet, aufgrund deren die Erhebung einer Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig wäre. Denn die Verfahrensnorm des Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayWG darf nicht restriktiv ausgelegt werden; der Rechtsweg darf nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (BVerfG NVwZ 1999, 1329). Die gebotene verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift führt zu dem Ergebnis, daß die Klagefrist des Art. 87 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BayWG erst zu laufen beginnt, wenn mit dem Inkrafttreten der Verordnung die Verbote und Beschränkungen, die einen Entschädigungsanspruch gemäß § 19 Abs. 3 WHG begründen können, wirksam geworden sind (vgl. BayObLGZ 1975, 310/316). Soweit der 1. Zivilsenat in seiner nach der Zurückverweisung durch das Bundesverfassungsgericht erlassenen neuerlichen Entscheidung vom 5.4.2000 (1Z RR 449/99) die Bekanntmachung der Vorordnung als maßgebenden Zeitpunkt in Betracht zieht, beruht das Urteil darauf nicht.

(2) Demgegenüber kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, daß der Normenkontrollantrag gemäß § 47 VwGO, der allein als Rechtsbehelf des Primärrechtsschutzes gegen die Schutzgebietsverordnung selbst gegeben war (vgl. Drost Das Wasserrecht in Bayern § 19 WHG Rn. 99, Wüsthoff/Roth Handbuch des deutschen Wasserrechts § 19 WHG Rn. 6), nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in der seit 1.1.1997 geltenden Fassung innerhalb von zwei Jahren seit Bekanntmachung der Rechtsvorschrift zu stellen ist. Verfahrensgegenstand des Normenkontrollantrags ist die Gültigkeit der Rechtsvorschrift, nicht die Feststellung einer Entschädigungspflicht (vgl. Drost Art. 87 BayWG Rn. 15). Davon abgesehen war im Zeitpunkt des Erlasses und des Inkrafttretens der Verordnung vom 24.10.1991 der Normenkontrollantrag gemäß § 47 Abs. 2 VwGO a.F. an keine Frist gebunden (Kopp VwGO 9. Aufl. § 47 Rn. 62, 68).

(3) Der Zweck des Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayWG liegt darin, die mit einer wasserrechtlichen Maßnahme verbundenen Entschädigungsfälle möglichst schnell abzuwickeln und den zur Entschädigung verpflichteten Hoheitsträgern so bald wie möglich Klarheit darüber zu verschaffen, ob und in welcher Höhe Entschädigungsansprüche bestehen. Dazu genügt es, daß die entschädigungspflichtige Stelle am Ende des auf das Inkrafttreten der wasserrechtlichen Schutzgebietsverordnung folgenden Jahres den Kreis der möglichen Entschädigungsberechtigten bestimmen kann (vgl. BVerfG NvWZ 1999, 1329/1330).

B. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß die Beklagte gemäß § 19 Abs. 3, § 20 WHG verpflichtet ist, der Klägerin für die Einschränkung der baulichen Nutzbarkeit ihres Grundstücks infolge der Verordnung vom 24.10.1991 eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

1. § 19 Abs. 3 WHG enthält eine salvatorische Entschädigungsklausel, die das Bayerische Oberste Landesgericht bisher auf der Grundlage des früher vom Bundesgerichtshof vertretenen weiten Enteignungsbegriffs als enteignungsrechtliche Regelung im Sinn von Art. 14 Abs. 3 GG angesehen hat (BayObLGZ 1973, 195/202 und 1975, 310/319). Demgegenüber geht die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von dem durch das Bundesverfassungsgericht entwickelten engen Begriff der Enteignung aus, demzufolge die Enteignung auf die vollständige oder teilweise Entziehung konkreter Rechtspositionen gerichtet ist, die durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt sind (vgl. BVerfGE 52, 1/27 und 58, 300/330 f.). Danach stellen Schutzanordnungen im Sinn von § 19 Abs. 2 WHG, Art. 35 BayWG lediglich eine Inhaltsbestimmung des Eigentums im Sinn von Art. 14 Abs. 2 GG dar (vgl. BGHZ 133, 271/274). Dementsprechend ist die salvatorische Entschädigungsklausel des § 19 Abs. 3 WHG ebenso wie vergleichbare Klauseln im Natur-, Landschafts- und Denkmalschutzrecht als Ausgleichsregelung im Rahmen der Inhaltsbestimmung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG auszulegen (BGH aaO m.w.N.; BayObLGZ 1998, 321/326 f. zum Denkmalschutzrecht). Ausgleichspflichtig ist eine Beeinträchtigung einer als Eigentum oder Eigentumsbestandteil geschützten Rechtsposition, durch die der Eigentümer unverhältnismäßig oder im Verhältnis zu anderen in unzumutbarer Weise belastet wird (BGHZ 133, 271/275; Rinne NVwZ Beil. II/2000 S. 5).

2. Zur Beurteilung der Frage, ob eine wasserrechtliche Maßnahme den betroffenen Eigentümer ohne Entschädigung unzumutbar belasten würde, ist auf die Grundsätze zurückzugreifen, die noch unter der Geltung des umfassenden Enteignungsbegriffs zur Abgrenzung der entschädigungslosen Sozialbindung von entschädigungspflichtigen Eingriffen mit enteignender Wirkung entwickelt worden sind (BGHZ 133, 271/276). Diese Grundsätze besagen, daß alle zur Nutzung oder Benutzung von Grundstücken berechtigenden Befugnisse insofern einer Sozialbindung unterliegen, als alle Arten der Nutzung und Benutzung der jeweiligen Lage des Grundstücks, seiner "Situation" und der sich daraus im allgemeinen Interesse ergebenden "Situationsgebundenheit" entsprechen müssen (BayObLGZ 1998, 321/327).

Bei der in Anbetracht der Situationsgebundenheit des Grundeigentums gebotenen wertenden Beurteilung der Kollision zwischen den im Einzelfall berührten Belangen der Allgemeinheit (hier des Gewässerschutzes) und den betroffenen Interessen des Eigentümers ist nicht nur auf gezogene Nutzungen abzustellen; entscheidend ist vielmehr, ob eine zulässige Nutzungsmöglichkeit, die sich nach Lage und Beschaffenheit des Grundstücks objektiv anbietet, untersagt oder wesentlich eingeschränkt wird (BGHZ 133, 271/276). Im Wasserschutzrecht ist zu berücksichtigen, daß das Wasserhaushaltsgesetz die Gewässer einer vom Grundeigentum losgelösten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung unterstellt, die ein Recht des Eigentümers zur Einwirkung auf das Grundwasser vorbehaltlich einer Gestattung ausdrücklich ausschließt (BVerfGE 58, 300/336 ff.). Daraus folgt, daß die Untersagung oder Beschränkung einer Grundstücksnutzung, die sich als zulassungspflichtige Gewässerbenutzung (vgl. §§ 2 ff. WHG) oder sonst wassergefährdende Einwirkung darstellt (vgl. § 26 Abs. 1, §§ 34, 35 WHG), lediglich die Sozialpflichtigkeit des Eigentums aktualisiert und daher von vornherein nicht in eine entschädigungsrelevante Rechtsposition einzugreifen vermag. Soweit allerdings wasserwirtschaftliche Gründe einer ausgeübten oder beabsichtigten Nutzung im Einzelfall nicht entgegenstehen, kann ein gleichwohl vorgenommener Eingriff eine Entschädigungspflicht auslösen (BGHZ 133, 271/276 f.). Für Schutzanordnungen im Rahmen der Festsetzung eines Wasserschutzgebiets bedeutet dies, daß der Eigentümer die Auferlegung von Pflichten, die sich bereits aus der Anwendung der dem Gewässerschutz dienenden allgemeinen Vorschriften ergeben, entschädigungslos hinnehmen muß; werden indes durch eine solche Schutzanordnung darüber hinausgehende Nutzungen untersagt oder beschränkt, etwa in Ausprägung eines (abstrakt vorbeugend) umfassenden, bereits im Vorfeld einer konkreten Gefahr eingreifenden Gewässerschutzes, kann dies im Einzelfall die Grenzen der Situationsgebundenheit überschreiten, etwa wenn die in Frage stehende Nutzungsform im gegebenen Fall grundwasserneutral ist (vgl. BGHZ 133, 271/277 m.w.N.).

3. Das Berufungsgericht hat die dargelegten Grundsätze beachtet. Es hat angenommen, durch die Einbeziehung des Grundstücks der Klägerin in die Wasserschutzzone A 1 und die für dieses Gebiet festgesetzten Beschränkungen sei der Klägerin eine situationsangemessene Bebauungsmöglichkeit genommen und ein unzumutbares Sonderopfer auferlegt worden. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben ohne Erfolg.

a) Die Einbeziehung eines Grundstücks in ein Wasserschutzgebiet hat der Senat unter Heranziehung des früheren weiten Enteignungsbegriffs als "enteignende" Maßnahme im Sinn von Art. 65 Abs. 2 LStVG (jetzt § 19 Abs. 3 WHG) gewertet, wenn dem Grundstück dadurch eine bis dahin bestehende bauliche Nutzbarkeit uneingeschränkt und für dauernd genommen wird (BayObLGZ 1973, 195/203). Das Grundstück der Klägerin liegt den Feststellungen des Berufungsgerichts zufolge innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinn von § 34 BauGB, in dem gewerbliche Nutzung vorherrscht. Die Bebaubarkeit des Grundstücks ist durch dessen Einbeziehung in die Wasserschutzzone A 1 gemäß der Verordnung vom 24.10.1991 gegenüber der früheren Rechtslage wesentlich eingeschränkt worden. Während nach der Verordnung vom 13.12.1979 die Errichtung und Erweiterung sonstiger baulicher Anlagen in der Schutzzone A 2, zu der das Grundstück damals gehörte, bei Anschluß an eine Sammelentwässerung zulässig war, besteht nunmehr nach § 3 Nr. 5.2 der Verordnung vom 24.10.1991 ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt; Bauwerksgründungen mit Aufdecken des Grundwassers sind gemäß § 3 Nr. 5.3 schlechthin verboten.

b) Es kann offenbleiben, ob die hier maßgebliche Wasserschutzverordnung einer Musterverordnung entspricht und deshalb die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der nur im Bezirk eines Oberlandesgerichts geltenden Vorschrift ungeachtet § 549 Abs. 1 ZPO vom Revisionsgericht nachgeprüft werden kann (vgl. BGH NJW-RR 1988, 1021). Denn der Senat käme zu keinem anderen Auslegungsergebnis als das Berufungsgericht.

c) Das Berufungsgericht hat geprüft, ob die von der Lage im Grundwassereinzugsgebiet geprägte Situation des Grundstücks seiner weiteren Bebauung entgegenstand, so daß ein vernünftig denkender Eigentümer von sich aus von einer weiteren baulichen Nutzung abgesehen hätte (vgl. BGHZ 133, 271/277; BayObLGZ 1973, 195/202). Es hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens festgestellt, daß eine Bebauung des Grundstücks bei Einhaltung entsprechend hoher Vorsorgemaßnahmen ohne Beeinträchtigung des Grundwassers möglich und damit situationsgerecht gewesen wäre. Wenn die zum Grundwasserschutz erforderlichen Maßnahmen jedes Bauvorhaben unwirtschaftlich gemacht hätten, wie die Revision vorbringt, wäre eine Bebauung allerdings nicht mehr situationsgerecht gewesen. Dies ist dem Gutachten, gegen das die Beklagte im Berufungsverfahren keine Einwendungen erhoben hat, jedoch nicht zu entnehmen. Den Ausführungen des Sachverständigen zufolge könnten sich die erforderlichen grundwasserschützenden Maßnahmen erheblich baukosten- und betriebskostensteigernd auswirken; ihr Umfang sei davon abhängig, was nach Kenntnis des konkreten Bauprojekts vom Fachplaner für unerläßlich gehalten werde. Daraus ergibt sich nicht, daß schon vor der Einbeziehung des Grundstücks der Klägerin in die Wasserschutzzone A 1 der Verordnung vom 24.10.1991 eine Bebauung in dem nach § 34 BauBG zulässigen Umfang bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht sinnvoll gewesen wäre und daher nicht seiner Situation entsprochen hätte.

d) Gemäß § 3 Nr. 5.2 der Verordnung ist das Verbot jeder Bebauung in der Schutzzone A 1 auf die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinn von § 34 BauGB gelegenen Grundstücke beschränkt, während auf Grundstücken im Bereich eines Bebauungsplans die nach dem jeweils gültigen Plan zulässigen Bauvorhaben unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin verwirklicht werden können. Dies bedeutet eine materiellrechtliche Schlechterstellung der im unbeplanten Innenbereich entstandenen Baurechte und damit der Klägerin als Eigentümerin eines in diesem Bereich gelegenen Grundstücks.

e) Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß die in § 4 der Verordnung vorgesehenen Möglichkeiten, von den Verboten des § 3 Ausnahmen zuzulassen oder Befreiung zu gewähren, im Fall der Klägerin nicht ausreichen, um die ihr auferlegte Belastung auf ein zumutbares Maß zurückzuführen. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und führt zu dem Ergebnis, daß der Klägerin gemäß § 19 Abs. 3, § 20 WHG ein Entschädigungsanspruch grundsätzlich zusteht (vgl. Sieder/Zeitler/Gößl WHG § 19 Rn. 51). Nach den Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in seinem Urteil vom 13.6.1996 enthält die Verordnung von 1991 unbeschadet der dort in § 4 vorgesehenen Ausnahme- und Befreiungsmöglichkeiten eine materiellrechtliche Verschlechterung des bisherigen Baurechts der Klägerin. Schon dies trägt den Feststellungsantrag. Es ist nämlich keineswegs sicher, daß der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung auf ein Bauvorhaben der Klägerin zur Anwendung kommen wird.

f) Die Revision macht geltend, die Auslegung und Anwendung des § 19 Abs. 3 WHG müsse der Entwicklung des Planungsschadensrechts angepasst werden. Nach § 42 Abs. 2 und 3 BauGB könne der Eigentümer keine Entschädigung für eine nicht ausgeübte Nutzung verlangen, wenn eine solche durch einen Bebauungsplan aufgehoben werde, nachdem sie mindestens sieben Jahre zulässig gewesen sei (vgl. Breuer Öffentliches und privates Wasserrecht 2. Aufl. Rn. 620). Dem kann nicht gefolgt werden. Im Planungsschadensrecht des Baugesetzbuches ist die zeitlich begrenzte Nutzungsgewährleistung, die das Vertrauen in den Fortbestand bisher zulässiger Nutzungen nach Ablauf einer Frist von sieben Jahren außer bei ausgeübten Nutzungen nicht mehr gegen Umplanungen schützt, ausdrücklich geregelt. Auf die damit verbundene Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, vgl. BGH NJW 1999, 3488/3489) kann sich der betroffene Grundstückseigentümer einrichten. Das Wasserhaushaltsgesetz enthält keine vergleichbare Regelung für die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets. Eine Beschränkung des in § 19 Abs. 3, § 20 WHG geregelten Entschädigungsanspruchs entsprechend § 42 Abs. 3 BauGB kommt daher nicht in Betracht; denn das Rechtsstaatsprinzip gebietet, daß grundrechtsrelevante Vorschriften in ihren Voraussetzungen und ihrem Inhalt so klar formuliert sein müssen, daß die Rechtslage für den Betroffenen erkennbar ist und er sein Verhalten danach einrichten kann (BVerfG NJW 1980, 985/990 und 1996, 3146). Es kann daher auch offenbleiben, inwieweit die Beschränkung des § 42 Abs. 3 BauGB bei einer nach § 34 BauGB zulässigen Nutzung, um die es hier geht, zur Anwendung kommt (vgl. BGH NJW 1999, 3488 m.w.N.; Berliner Kommentar zum BauGB/Krohn 2. Aufl. § 42 Rn. 28; Rinne aaO S. 8).

4. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß die Einbeziehung des Grundstücks in die Wasserschutzzone A 1 mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu einer Wertminderung geführt habe, für die der Klägerin grundsätzlich ein Entschädigungsanspruch zusteht. Der Erlaß eines Feststellungsurteils setzt lediglich voraus, daß aus dem festzustellenden Rechtsverhältnis mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Ansprüche entstanden sind oder entstehen können (BGH NJW 1998, 160; Thomas/Putzo ZPO 22. Aufl. § 256 Rn. 14).

III.

Die Entscheidung über die Kosten der Revision beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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