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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 23.01.2004
Aktenzeichen: 3 ObOWi 3/04
Rechtsgebiete: PBefG


Vorschriften:

PBefG § 49 Abs. 4
PBefG § 46 Abs. 1
PBefG § 46 Abs. 2 Nr. 3
PBefG § 17 Abs. 1
PBefG § 17 Abs. 4
PBefG § 9 Abs. 1 Nr. 4
PBefG § 2 Abs. 1 Nr. 4
PBefG § 1 Abs. 1
1. Die für den Betriebssitz erteilte Genehmigung des Verkehrs mit Mietwagen berechtigt den Unternehmer nicht dazu, unselbständige Niederlassungen an anderen Orten einzurichten.

2. Die Rückkehrpflicht im Mietwagenverkehr bezieht sich stets auf den in der Genehmigung genannten Betriebssitz.


Tatbestand:

Das Amtsgericht verurteilte die "Betroffene" - gemeint die Firma E. als Nebenbeteiligte - wegen eines "vorsätzlichen Verstoßes gegen das Personenbeförderungsgesetz" (A.V.: § 2 Abs. 1 Nr. 4, § 46 Abs. 2 Nr. 3, § 49 Abs. 4 Satz 2 und 3, § 61 Abs. 1 Nr. 3g PBefG i.V.m. § 17 OWiG) zu einer Geldbuße von 500 Euro und stellte hierzu folgenden Sachverhalt fest:

"Die Firma E. betreibt Mietwagenverkehr und hat ihre Hauptniederlassung in F. Dafür besitzt sie vom Ordnungsamt der Stadt F. derzeit 38 Mietwagengenehmigungen. Diese Mietwagengenehmigungen wurden ausschließlich für den Betriebssitz F. erteilt.

Seit 01.07.2002 hat die Firma E. eine unselbständige Zweigstelle in U. angemeldet. Von dieser Adresse wird nach eigenen Angaben seitdem Mietwagenverkehr mit mindestens vier Fahrzeugen betrieben.

Für diese Fahrzeuge liegen Genehmigungsurkunden der Stadt F. befristet bis 26.11.2005 für Ausflugsfahrten mit Personenkraftwagen nach § 48 Abs. 1 PBefG und für Verkehr mit Mietwagen nach § 49 PBefG vor. In den Genehmigungsurkunden ist als Betriebssitz der Betroffenen jeweils F. angegeben.

Die Betroffene betrieb diese Fahrzeuge im Mietwagenverkehr im Landkreis M. seit 01.07.2002, obwohl die Aufträge am Betriebssitz F. eingingen und die Fahrzeuge nach Auftragserledigung nicht nach F. zurückkehrten, sondern bei der Zweigstelle U. verblieben. Eine für die Zweigstelle U. ausgestellte Genehmigung des Landratsamtes M. lag nicht vor."

Dagegen richtete sich die Rechtsbeschwerde der Nebenbeteiligten mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Die Rechtsbeschwerde erwies sich als statthaft, zulässig und mit der - allein - erhobenen Sachrüge jedenfalls vorläufig erfolgreich.

Gründe:

1. Entgegen der Rechtsauffassung in der Rechtsmittelbegründung ist das Amtsgericht zunächst frei von Rechtsfehlern davon ausgegangen, dass für den von der so genannten unselbständigen Niederlassung U. aus betriebenen Mietwagenverkehr der Nebenbeteiligten die Genehmigung der Stadt F. nicht ausreicht.

Der Gelegenheitsverkehr in Form des Verkehrs mit Mietwagen nach § 46 Absätze 1, 2 Nr. 3 PBefG ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 1 Abs. 1 PBefG genehmigungspflichtig, wobei dem Unternehmer gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4 PBefG eine Genehmigung für bestimmte Kraftfahrzeuge unter Angabe ihrer amtlichen Kennzeichen erteilt werden kann. Hierüber wird gemäß § 17 Abs. 1 PBefG eine Genehmigungsurkunde ausgestellt, die unter anderem gemäß Ziffer 1 Namen, Wohn- und Betriebssitz des Unternehmers enthalten muss. Diese Urkunde ist gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 PBefG im Gelegenheitsverkehr mit Kraftfahrzeugen mitzuführen und bei Kontrollen auf Verlangen vorzulegen.

Die Systematik des Gesetzes zeigt, dass damit die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften über die Ausgestaltung des Mietwagenverkehrs nach § 49 Abs. 4 PBefG überprüfbar sein soll. Nach Abs. 4 Satz 2 der zuletzt genannten Vorschrift dürfen etwa nur am Betriebssitz oder in der Wohnung des Unternehmers eingegangene Beförderungsaufträge mit Mietwagen ausgeführt werden und nach Abs. 4 Satz 3 dieser Bestimmung müssen Mietwagen grundsätzlich nach Ausführung eines Beförderungsauftrags zum Betriebssitz zurückkehren.

Würde man es der freien Entscheidung des Unternehmers überlassen, an anderen Orten "unselbständige Niederlassungen" oder ähnliche Filialen einzurichten, auf die sich die genannte Rückkehrpflicht dann alternativ zum (Haupt-)Betriebssitz beschränken könnte, so wäre einem im Extremfall bundesweit flächendeckenden Einsatz Tür und Tor geöffnet. Eine vom Gesetzgeber geforderte Kontrollmöglichkeit anhand der im Kraftfahrzeug mitzuführenden Genehmigungsurkunde die ja "nur" den (Haupt-)Betriebssitz enthält, wäre damit ausgeschlossen.

Damit verbietet sich eine mit der Rechtsbeschwerde erstrebte Auslegung der Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes, im Mietwagenverkehr könne durch die Einrichtung unselbständiger Niederlassungen der Betriebssitz im Sinne von § 49 Abs. 4 Satz 3 PBefG samt der darauf bezogenen Rückkehrpflicht erweitert werden.

Nur die Rechtsauffassung des Senats lässt sich auch mit dem vom Bundesverfassungsgericht als verfassungsrechtlich legitim bezeichneten Zweck des § 49 Abs. 4 Satz 3 PBefG in Einklang bringen, dass nämlich eine Erweiterung der Freigabe des Bereitstellens von Mietwagen eine Beeinträchtigung der Existenz- und Funktionsfähigkeit des Taxenverkehrs besorgen ließe (BVerfG DVBl 1990, 202/203; vgl. auch BGH NJW-RR 1990, 173).

Wie schon das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt und belegt hat, ist der beförderungsrechtliche Betriebssitzbegriff eng auszulegen und genügt regelmäßig für die Konkretisierung der oben genannten Rückkehrpflicht des Mietwagenunternehmers nicht einmal die Angabe einer Gemeinde als solcher, sondern es muss als Betriebssitz (auch in der Genehmigungsurkunde) eine bestimmte Anschrift nach Straßenbezeichnung und Hausnummer angegeben sein (vgl. Bidinger Personenbeförderungsrecht 1. Band PBefG B § 49 Rn. 132, 133; siehe auch OVG NW VRS 70, 156/157). Diese, einer Kontrolle des Mietwagenverkehrs dienende Bestimmbarkeit des Betriebssitzes (OVG aaO.) wäre nicht mehr gewährleistet, ließe man frei wählbare weitere Niederlassungen rechtlich noch als Betriebssitz oder dessen "verlängerten Arm" zu.

2. Während dem Hauptanliegen des Rechtsmittels nicht entsprochen werden konnte, erzielt die Rechtsbeschwerde anderweitig mit der erhobenen Sachrüge einen jedenfalls vorläufigen Erfolg:

Das Amtsgericht hat übersehen, dass eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung als juristische Person als solche nicht handlungsfähig ist und Täter im Recht der Ordnungswidrigkeiten nur natürliche Personen sein können. Die in § 30 OWiG gegebene Möglichkeit, auch gegen juristische Personen ein Bußgeld zu verhängen, ist nur eine Nebenfolge. Deswegen wird die betreffende juristische Person als Nebenbeteiligte - oder allgemeiner - Verfahrensbeteiligte bezeichnet, die das ordungswidrige Handeln einer natürlichen Person voraussetzt, welche als Organ vertretungsberechtigt ist (vgl. zum Ganzen Brenner ZfZ 2003, 185/188). Es fehlen Feststellungen, wer für die Nebenbeteiligte im Sinne von § 30 Abs. 1 Nr. 1 bzw. § 9 OWiG handelte (zur letztgenannten Bestimmung vgl. Göhler OWiG 13. Aufl. Rn. 41).

3. Auf die Rechtsbeschwerde der Nebenbeteiligten war daher das angefochtene Urteil aufzuheben. Die zugrunde liegenden Feststellungen zum Einsatz der Mietwagen und der vorliegenden Genehmigungen konnten aufrechterhalten bleiben, weil sich der Mangel der angefochtenen Entscheidung nicht auf sie erstreckt (§ 353 StPO, § 79 Abs. 3 Satz 1, § 87 Abs. 2 Satz 1, § 88 OWiG).

Die Sache, die weiterer Feststellungen bedarf, war zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an einen anderen Richter des Amtsgerichts zurückzuverweisen (§ 79 Abs. 6 OWiG).



Ende der Entscheidung

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