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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 27.03.2001
Aktenzeichen: 3 ObOWi 9/01
Rechtsgebiete: TierSchG, TierSchTrV, OWiG


Vorschriften:

TierSchG § 18 Abs. 1 Nr. 3
TierSchTrV § 7 Abs. 2 Satz 1
TierSchTrV § 25 Abs. 1
TierSchTrV § 42 Abs. 1 Nr. 1
TierSchTrV § 42 Abs. 1 Nr. 4
OWiG § 14 Abs. 1 Satz 1
Adressat des § 7 Abs. 2 Satz 1 bzw. § 25 Abs. 1 TierSchTrV ist nur der Beförderer des Transportfahrzeugs.
BayObLG Beschluss

3 ObOWi 9/01

27.03.01

Tatbestand

Der Betroffene, ein selbständiger Viehhändler, überließ am 29.5.1998 sein Viehtransportfahrzeug samt Viehtransportanhänger, die er für die Ausübung seines Gewerbes benutzt, dem Viehhändler M. sen. Da dieser nicht die erforderliche Fahrerlaubnis der Klasse 2 besitzt, fuhr dessen Sohn M. jun. Den Zug in die neuen Bundesländer, wo sein Vater Vieh gekauft hatte. M. sen. begleitete die Fahrt in einem PKW. Nachdem auf verschiedenen Höfen Rinder aufgeladen worden waren, fuhr M. jun. mit dem Zug am 30.5.1998 auf der BAB A 9 in südlicher Richtung. Anlässlich einer bei km 273,0 durchgeführten LKW-Kontrolle stellten Polizeibeamte fest, dass LKW und Anhänger nicht mit dem Symbol eines Tieres versehen waren. Sie fanden am Zugwagen und am Anhänger auch nicht die Angabe über die Fläche und die Höhe des dem transportierten Vieh zur Verfügung stehenden Raumes.

Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen am 31.10.2000 wegen fahrlässigen Nichtanbringens des Symbols für lebende Tiere an seinem Viehtransportfahrzeug in Tatmehrheit mit vorsätzlichem Zulassen der Tierbeförderung mit einem Fahrzeug, an dem die vorgeschriebenen Angaben über Fläche und Höhe des für die Tiere uneingeschränkt zur Verfügung stehenden Raumes nicht an deutlich sichtbarer Stelle angebracht war, zu Geldbußen von 200 DM und 1500 DM.

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Verletzung des formellen und des materiellen Rechts beanstandete, hatte Erfolg.

Aus den Gründen:

Die statthafte (§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG) und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Die erhobene Aufklärungsrüge braucht nicht erörtert zu werden, weil die Sachrüge durchgreift.

1. a) Ein Verstoß des Betroffenen gegen § 7 Abs. 2 Satz 1 TierSchTrV als Täter kommt nicht in Betracht, weil er nicht Beförderer der in Rede stehenden Tiere war. Die genannte Bestimmung, die die Kennzeichnung der Transportmittel mit der Angabe "lebende Tiere" bzw. einer gleichbedeutenden Angabe und einem entsprechenden Symbol gebietet, wendet sich in der zur Tatzeit geltenden Fassung vom 25.2.1997 (BGBl I S. 348) wie in deren jetzt geltenden Neufassung vom 11.6.1999 (BGBl I S. 1337) an den Beförderer. Dieser hat die entsprechende Kennzeichnung an gut sichtbarer Stelle der Außenseite des Transportmittels sicherzustellen. Beförderer ist nach der in beiden Fassungen übereinstimmenden Legaldefinition des § 2 Nr. 10 TierSchTrV, wer im Rahmen seiner wirtschaftlichen Unternehmung Tiere befördert. Dementsprechend ist der Verleiher oder Vermieter eines Transportfahrzeuge, mit dem dann ein Dritter Tiere transportiert, nicht Beförderer im Sinne der genannten Bestimmung und zwar auch dann nicht, wenn er selbst im Rahmen seines Betriebes mit Tiertransporten befasst ist. Denn die Beförderung von Tieren durch Dritte in einem Leih- oder Mietfahrzeug findet, soweit die Tiere nicht in seinem Auftrag befördert werden, nicht im Rahmen der Unternehmung des Verleihers/Vermieters, sondern in der des Dritten statt. § 7 Abs. 2 Satz 1 TierSchTrV wendet sich ausdrücklich nur an den Beförderer. Auch der Sinnzusammenhang, in den sie gestellt ist, lässt unter Berücksichtigung des Gebots der Bestimmtheit der Bußgelddrohung eine ausdehnende Auslegung dieser Bestimmung auf den Fahrzeughalter nicht zu. Dementsprechend ahndet die Bußgeldnorm des § 42 Abs. 1 Nr. 4 TierSchTrV auch nicht denjenigen, der nicht sicherstellt, dass ein Transportmittel mit der vorgeschriebenen Angabe versehen "ist", sondern nur denjenigen, der nicht da für sorgt, dass es mit dieser Angabe ausgestattet "wird". Während nämlich mit der Verwendung des Wortes "ist" ausgedrückt würde, dass an einem solchen Transportmittel die durch § 7 Abs. 2 Satz 1 TierSchTrV vorgeschriebenen Angaben immer angebracht sein müssen, lässt in diesem Zusammenhang der Gebrauch des Wortes "wird" nur den Schluss zu, dass die genannten Angaben erst bei Transportbeginn (§ 2 Nr. 5 TierSchTrV) angebracht werden müssen.

Dementsprechend gebietet § 7 Abs. 2 Satz 1 TierSchTrV auch nicht, dass die vorgeschriebene Kennzeichnung dauernd, also auch dann an den Transportmitteln angebracht sein muss, wenn in ihnen keine lebenden Wirbeltiere im Sinne des § 2 Nr. 5 TierSchTrV befördert werden.

b) Geahndet werden kann daher das Verhalten des Verleihers/ Vermieters im vorliegenden Fall nur dann, wenn er sich am Verstoß des Beförderers gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 4 TierSchTrV im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 OWiG beteiligt hat. Dies erfordert aber vorsätzliches Handeln ' aller Beteiligten (vgl. dazu z.B. BayObLGSt 1997, 148 m.w.N.). In der angefochtenen Entscheidung sind hierzu keine Feststellungen getroffen worden.

2. a) Das zur Tatzeit wie auch in der jetzigen Fassung der TierSchTrV in § 25 Abs. 1 unverändert normierte Gebot, Nutztiere nur in Straßenfahrzeugen zu befördern, an denen an gut sichtbarer Stelle Fläche und Höhe des für die Tiere uneingeschränkt verfügbaren Raumes angegeben sind, wendet sich ebenfalls nicht an den Verleiher/Vermieter des Transportfahrzeugs. Nach der zur Tatzeit und jetzt gleichlautenden Bestimmung des § 42 Abs. 1 Nr. 1 TierSchTrV richtet es sich an denjenigen, der ein solches Tier befördert oder befördern lässt.

Zu diesem Personenkreis gehören jedenfalls nicht Verleiher und Vermieter von Fahrzeugen, die der Beförderung von Nutztieren dienen. Ihre Tätigkeit ermöglicht zwar den Tiertransport, sie erschöpft sich aber zugleich in der Überlassung des Fahrzeugs. Befördern lässt dagegen im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 1 TierSchTrV nur derjenige, der an der Entscheidung, dass ein bestimmter Tiertransport durchgeführt wird, zumindest mitwirkt. Dem gemäß normiert § 25 Abs. 1 TierSchTrV auch keine Pflicht des Fahrzeughalters, an den dort genannten Straßenfahrzeugen die geforderten Angaben auf Dauer anzubringen. Unzulässig ist vielmehr der dort genannte Tiertransport (§ 2 Nr. 5 TierSchTrV) in Straßenfahrzeugen, an denen diese Angaben fehlen.

b) Auch insoweit kommt deswegen nur eine Beteiligung des Betroffenen im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 OWiG an einer unzulässigen Nutztierbeförderung in Betracht. Zu ihr fehlen aber in der angegriffenen Entscheidung ebenfalls die erforderlichen Feststellungen...

Für das weitere Verfahren wird bemerkt:

1. In der neuerlichen Hauptverhandlung wird zunächst wiederum zu prüfen sein, ob Vieh transportiert wurde, das M. sen. im Rahmen seines Viehhändlergewerbes gekauft, oder solches, das M. jun. für seinen landwirtschaftlichen Betrieb erworben hatte. Für die erste Fallgestaltung sprechen entscheidend die Angaben des Zeugen M. jun. anlässlich der polizeilichen Kontrolle. Auch ist bisher nicht erkennbar, aus welchen Gründen M. jun. sieben Kühe und sieben Bullen für seine Landwirtschaft erworben haben sollte. Erforderlichenfalls wird die Überprüfung der Buchhaltung der Zeugen M. sen. und jun., die auch ein Angehöriger der Finanzbehörden übernehmen kann, hierüber Aufschluss geben.

2. Wird wiederum festgestellt, dass die Tiere von M. sen. gekauft und von M. jun. transportiert wurden, so war ersterer Beförderer (§ 2 Nr. 10 TierSchTrV) und letzterer Transportführer (§ 2 Nr. 11 TierSchTrV), andernfalls letzterer sowohl Beförderer als auch Transportführer.

3. Die Auffassung des Amtsgerichts, dass ein an der Innenseite der Klappe des Hebelkastens der Hydraulik befestigtes Schild nicht den Anforderungen des § 25 Abs. 1 TierSchTrV genügt, trifft zu, weil es nicht "an gut sichtbarer Stelle" angebracht ist. Anders als § 7 Abs. 2 Satz 1 TierSchTrV schreibt § 25 Abs. 1 TierSchTrV zwar nicht ausdrücklich vor, dass diese Kennzeichnung an der Außenwand des Transportmittels zu befestigen ist. Doch auch hier erfüllt dieses Erfordernis nur ein Schild, das an der Außenseite des Zugwagens bzw. Anhängers so augenfällig montiert ist, dass es auch ohne gezielte Suche danach ohne weiteres wahrgenommen werden kann. Da M. sen. Viehhändler ist, liegt es nahe, dass er ebenso wie der Betroffene mit den einschlägigen Vorschriften vertraut ist und deswegen das Fehlen einer entsprechenden Kennzeichnung sogleich bemerkt hat. Handelt es sich um einen Viehtransport des Zeugen M. sen. und handelte dieser vorsätzlich, so bedarf es für die Frage der Beteiligung des Betroffenen an einem Verstoß dieses Zeugen gegen § 42 Abs. 1 Nr. 1 TierSchTrv keiner Feststellungen zur subjektiven Tatseite beim Zeugen M. jun. Kann jedoch insoweit nur fahrlässiges Verhalten des Zeugen M. sen. festgestellt werden so ist zu prüfen, ob der Zeuge M. jun. vorsätzlich gehandelt hat. Dies liegt nicht fern, wenn dieser Zeuge für seinen Vater, der nach den bisherigen Feststellungen nicht die Fahrerlaubnis der Klasse 2 besitzt, schon wiederholt Tiere transportiert hat oder in sonstiger Weise an dessen Viehhandel mitwirkt. Gegebenenfalls kommt auch eine Beteiligung des Betroffenen an einem Verstoß des Zeugen M. jun. in Betracht. Denn die Bußgeldvorschrift des § 42 Abs. 1 Nr. 1 TierSchTrV wendet sich nicht nur an den Beförderer, sondern jedenfalls auch an den Transportführer. Denn anders als etwa § 7 Abs. 2 Satz 1 TierSchTrV richtet sich § 25 Abs. 1 TierSchTrV nicht gezielt an den Beförderer, sondern verbietet generell und damit auch dem Fahrer den Transport von Nutztieren in Straßenfahrzeugen, an denen die dort vorgeschriebenen Angaben nicht angebracht sind.

Dementsprechend hat jedenfalls auch der Transportführer die Vorschrift des § 25 Abs. 1 TierSchTrV zu beachten. An dem Verstoß gegen diese Vorschrift kann sich der Betroffene auch beteiligt haben, wenn der Zeuge M. jun. die Tiere selbst erworben und zu seinem landwirtschaftlichen Betrieb transportiert hat. Gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 TierSchTrV in der zur Tatzeit wie in der jetzt geltenden Fassung gilt diese Verordnung zwar grundsätzlich nicht für den nicht gewerblichen Transport von Tieren der in Rede stehenden Art. Jedoch legt diese Bestimmung im Wege der Ausnahmeregelung fest, dass u.a. § 25 Abs. 1 TierSchTrV auch für solche Tiertransporte gilt.

4. Sofern der Zeuge M. sen. Beförderer der Tiere war und vorsätzlich gehandelt hat, ist auch insoweit eine Beteiligung des Betroffenen zu prüfen. Zunächst ist zu beachten, dass sich die von § 7 Abs. 2 Satz 1 TierSchTrV auch in der jetzt geltenden Fassung unverändert normierte Pflicht des Beförderers nicht in dem Anbringen eines Symbols für lebende Tiere an gut sichtbarer Stelle der Außenseite des Transportmittels erschöpft. Entsprechend anzubringen ist zusätzlich die Angabe "lebende Tiere" oder eine gleichbedeutende Angabe. Bisher ist nicht festgestellt, dass der Betroffene sein Fahrzeug und den

Anhänger je mit einer entsprechenden Kennzeichnung versehen hatte. Im übrigen liegt die Annahme eher fern, dass der Betroffene das Fehlen beider Angaben an seinen Viehtransportmitteln bis zu deren Verleih übersehen haben könnte.

5. War M. jun. Beförderer der Tiere im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebs, so scheidet eine Beteiligung des Betroffenen an einem Verstoß gegen § 42 Nr. 4 TierSchTrV aus, weil M. jun. dann nicht gegen § 7 Abs. 2 Satz 1 TierSchTrV verstoßen hat. in diesem Fall ist auf das Verhalten des Zeugen M. jun. § 1 Abs. 2 Nr. 2 TierSchTrV in der jetzt geltenden Fassung anzuwenden, weil diese Bestimmung die zur Tatzeit für nicht gewerbliche Transporte geltende Begrenzung auf höchstens 50 Kilometer nicht mehr enthält. Zu den gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 TierSchTrV ausnahmsweise auch für nicht gewerbliche Transport e geltenden Bestimmungen der TierSchTrV gehört § 7 Abs. 2 Satz 1 nicht.

6. Im Verurteilungsfalle ist die zur Tatzeit geltende Fassung der Tierschutztransportverordnung anzuwenden, weil ihr gegenüber im vorliegenden Fall weder die Tierschutztransportverordnung in der Fassung der Ersten Verordnung zur Änderung de Tierschutztransportverordnung vom 23.2.1999 (BGBl I S. 181) noch deren Neufassung vom 11.6.1999 das mildere Gesetz im Sinne des § 4 Abs. 3 OWiG sind. Die Liste der angewandten Vorschriften (S 260 Abs. 5 Satz 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG) lautet dann: § 42 Nr. 1, (und/oder) 4 TierSchTrV, § 18 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a) TierSchG, § 14 Abs. 1 OWiG. Die übrigen in der angefochtenen Entscheidung angeführten Vorschriften brauchen nicht genannt zu werden.

Ende der Entscheidung

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