Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 31.08.2001
Aktenzeichen: 3Z AR 35/01
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 65 a
Zur Frage einer erneuten Abgabeentscheidung im Betreuungsverfahren aufgrund veränderter Umstände.
Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Plößl und Dr. Schreieder

am 31. August 2001

in der Betreuungssache

auf die Vorlage des Amtsgerichts Augsburg

beschlossen:

Tenor:

Die Abgabe des Betreuungsverfahrens an das Amtsgericht Kempten (Allgäu), Zweigstelle Sonthofen, ist gerechtfertigt.

Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 4.1.1967 entmündigte das Amtsgericht Landsberg am Lech den Betroffenen. Dieses Verfahren übernahm am 25.3.1977 das Amtsgericht Augsburg. Der Betroffene hat jedenfalls seit 1983 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bezirk des Amtsgerichts Kempten (Allgäu), Zweigstelle Sonthofen. An dieses Gericht gab das Amtsgericht Augsburg das Verfahren am 12.9.1997 gemäß Art. 9 § 5 Abs. 2 BtG ab. Das Amtsgericht Kempten (Allgäu), Zweigstelle Sonthofen, übernahm am 2.12.1997 das Verfahren und gab es gleichzeitig wieder an das Amtsgericht Augsburg ab. Mit Beschluss vom 14.1.1998 (BayObLGZ 1998, 1) hat der Senat entschieden, dass diese Abgabe berechtigt war. Das Amtsgericht Augsburg verlängerte am 14.8.2001 die bereits für den Aufgabenkreis Vermögenssorge bestehende Betreuung und erweiterte sie auf die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge. Mit der Begründung, dass durch die Erweiterung der Betreuung und den schlechten Gesundheitszustand des Betroffenen eine neue Sachlage gegeben sei, möchte das Amtsgericht Augsburg das Verfahren an das Amtsgericht Kempten (Allgäu), Zweigstelle Sonthofen, abgeben. Der Betroffene hat sich zur Abgabe nicht geäußert. Der Betreuer für die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge hat der Abgabe zugestimmt. Der Betreuer für den Aufgabenkreis Vermögenssorge hat erklärt, er wolle sich einer Abgabe nicht widersetzen, ihr aber auch nicht ausdrücklich zustimmen. Der Gegenbetreuer hat der Abgabe widersprochen. Das Amtsgericht Kempten (Allgäu), Zweigstelle Sonthofen, ist nicht bereit, das Verfahren zu übernehmen.

Das Amtsgericht Augsburg hat die Akten dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Entscheidung des Abgabestreits vorgelegt.

II.

1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zur Entscheidung berufen (§ 65a Abs. 1 Satz 1, § 46 Abs. 2 Satz 1, § 199 Abs. 2 Satz 2 FGG, Art. 11 Abs. 3 Nr. 1 AGGVG; BayObLGZ 1989, 1).

2. Die Voraussetzungen für eine solche Entscheidung sind gegeben, da sich die Gerichte nicht geeinigt haben, sowie der Betreuer für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge der Abgabe nicht zugestimmt hat und das gesamte Betreuungsverfahren abgegeben werden soll (§ 65a Abs. 1 Satz 1, § 46 Abs. 2 Satz 1 FGG; BayObLG BtPrax 2000, 91 LS). Hingegen brauchte der Gegenbetreuer nicht am Verfahren beteiligt zu werden (vgl. BayObLGZ 1996, 274).

3. Gemäß § 65a Abs. 1 Satz 1, § 46 Abs. 1 Satz 1 FGG kann ein Betreuungsverfahren aus wichtigen Gründen an ein anderes Vormundschaftsgericht abgegeben werden. Ob solche Gründe vorliegen, richtet sich nach Zweckmäßigkeitserwägungen. Es kommt auf die gesamten Umstände an. Maßgebend ist, ob das um Übernahme angegangene Gericht das Verfahren voraussichtlich leichter und sachdienlicher führen kann als das abgebende Gericht. Im Vordergrund hat das Wohl des Betreuten zu stehen. Aber auch das Interesse des Betreuers an einer möglichst einfachen Gestaltung seiner Amtsführung ist zu berücksichtigen, soweit dadurch die Belange des Betreuten nicht beeinträchtigt werden (BayObLGZ 1996, 274/276 und 1998, 1/2 m.w.N.).

4. Nach diesen Grundsätzen ist die Abgabe der Betreuungssache an das Amtsgericht Kempten (Allgäu), Zweigstelle Sonthofen, gerechtfertigt.

Die Sachlage hat sich seit der Entscheidung des Senats vom 14.1.1998 so geändert, dass es nunmehr zweckmäßig erscheint, wenn das Verfahren entsprechend der gesetzlichen Regel (§ 65a Abs. 1 Satz 2 FGG) künftig von dem für den Aufenthaltsort des Betroffenen zuständigen Gericht, dem Amtsgericht Kempten (Allgäu), Zweigstelle Sonthofen, geführt wird. Zwar trifft weiter zu, dass das Amtsgericht Augsburg mit den Vermögensverhältnissen des Betroffenen bestens vertraut ist. Diese erschließen sich aber aus den sorgfältigen und übersichtlichen Abrechnungen des Betreuers für den Aufgabenkreis Vermögenssorge, die zudem vom Gegenbetreuer überprüft werden, ohne unverhältnismäßigen Aufwand auch dem Amtsgericht Kempten (Allgäu), Zweigstelle Sonthofen. Akuter Handlungsbedarf, der im Bezirk des Amtsgerichts Augsburg bezüglich des Aufgabenkreises Vermögenssorge entstehen könnte, ist den Akten nicht zu entnehmen. Hingegen ist im Hinblick auf die im Sachverständigengutachten vom 8.6.2001 angesprochene schwere Herzerkrankung des Betroffenen und dessen mangelnde Krankheitseinsicht damit zu rechnen, dass alsbald im Rahmen der am 14.8.2001 angeordneten Aufgabenkreise Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmung gerichtliche Genehmigungen für Maßnahmen nach den §§ 1904 und/oder 1906 BGB erforderlich werden. Die in den diesbezüglichen Verfahren gebotenen gerichtlichen Handlungen (z. B. Anhörung des Betroffenen, Beauftragung eines Sachverständigen, Bestellung eines Verfahrenspflegers) können leichter und sachdienlicher vom Amtsgericht Kempten (Allgäu), Zweigstelle Sonthofen, durchgeführt werden.

Ende der Entscheidung

Zurück