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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 11.04.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 1/01
Rechtsgebiete: BGSG, AuslG, GG


Vorschriften:

BGSG § 40 Abs. 1
AuslG § 70 Abs. 4
GG Art. 2 Abs. 2 S. 2
GG Art. 20 Abs. 3
Die sofortige Beschwerde mit dem Ziel der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Freiheitsentziehung gemäß § 70 Abs. 4 Satz 2 AuslG bleibt auch nach Erledigung der Hauptsache zulässig.
Bayerisches Oberstes Landesgericht BESCHLUSS

Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Plößl und Dr. Denk

am 11. April 2001

in der Freiheitsentziehungssache

pp.

auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen

beschlossen:

Tenor:

I. Der Beschluß des Landgerichts Bayreuth vom 11. Dezember 2000 wird aufgehoben.

II. Es wird festgestellt, daß die Anordnung der Ingewahrsamnahme des Betroffenen durch den Beschluß des Amtsgerichts Bayreuth vom 22. November 2000 nicht rechtmäßig erfolgt ist.

III. Die außergerichtlichen Kosten des Betroffenen werden der Stadt Bayreuth auferlegt.

IV. Der Geschäftswert wird auf 5.000 DM festgesetzt.

I.

Der Betroffene, der behauptet, ruandischer Staatsangehöriger zu sein, reiste nach seinen Angaben im November 1999 in das Bundesgebiet ein und stellte einen Asylantrag, der im Dezember 1999, bestandskräftig seit 4.1.2000, abgelehnt wurde. Die Ausländerbehörde bereitet seither die Abschiebung des Betroffenen vor. Da die Botschaft von Ruanda mitteilte, der Betroffene sei nicht ruandischer Staatsangehöriger, erließ die Ausländerbehörde am 24.5.2000 gegenüber dem Betroffenen folgenden Bescheid:

1. Sie sind verpflichtet, bis zum 30.06.2000 der Ausländerbehörde einen gültigen Paß bzw. Paßersatz vorzulegen.

2. a) Sollten Sie über ein solches Dokument nicht verfügen, haben Sie binnen gleicher Frist bei der Botschaft Ihres Heimatstaates während der Geschäftszeiten persönlich vorzusprechen und einen zur Rückkehr in Ihr Heimatland berechtigenden Paß bzw. Paßersatz (Heimreisedokument) zu beantragen.

b) Sie haben das ausgestellte Heimreisedokument der Ausländerbehörde zu übergeben.

3. Für den Fall, daß Sie binnen der genannten Frist weder der Ausländerbehörde ein Heimreisedokument vorlegen noch ihr gegenüber den Nachweis erbringen, dass Sie bei der Botschaft Ihres Heimatlandes persönlich vorgesprochen und ein Heimreisedokument beantragt haben, wird Ihnen die zwangsweise Vorführung bei der Botschaft der Republik Mali ... oder, falls die Vertretung der Republik Mali Außentermine in Bayern oder anderen Bundesländern abhält, am Ort des Außentermins statt am Sitz der Vertretung angedroht. Im übrigen wird Ihnen die zwangsweise Vorführung bei allen in Betracht kommenden sonstigen afrikanischen Auslandsvertretungen angedroht.

4. Die sofortige Vollziehung der Ziff. 1 und 2 des Bescheides wird angeordnet.

Gegen diesen Bescheid erhob der Betroffene Widerspruch und, als die Ausländerbehörde darauf hinwies, daß die erteilte Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig sei, Klage zum Verwaltungsgericht.

Da der Betroffene weder ein Heimreisedokument noch eine Bestätigung vorlegte, daß er ein solches beantragt habe, organisierte die Ausländerbehörde nach Fristablauf Vorsprachetermine bei den Vertretungen von Ruanda, Senegal und Mali. Der Betroffene nahm diese Termine im August und September 2000 wahr, ohne daß hierbei seine Staatsangehörigkeit hätte geklärt werden können.

Am 24.10.2000 wurde dem Betroffenen ein Schreiben der Ausländerbehörde vom selben Tage ausgehändigt, in dem ihm mitgeteilt wurde, für ihn sei eine weitere Botschaftsvorsprache in Bonn bzw. Dortmund vereinbart worden. Die Vorsprachen fänden am Mittwoch, 25.10.2000 in Begleitung statt. Er habe sich am 25.10.2000 um 04.45 Uhr früh am Hauptbahnhof B. zur Fahrt nach Bonn bzw. Dortmund einzufinden.

Noch am 24.10.2000 erklärte der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen fernmündlich gegenüber der Ausländerbehörde, daß er dem Betroffenen, der grundsätzlich weiterhin bereit sei, bei Botschaftsterminen freiwillig vorzusprechen, geraten habe, den Termin am nächsten Tag nicht wahrzunehmen, da er, der Verfahrensbevollmächtigte, auf einer schriftlichen Benachrichtigung mindestens eine Woche vor dem Termin bestehe. Der Betroffene nahm den Termin nicht wahr.

Mit Schreiben vom 6.11.2000 kündigte die Ausländerbehörde die zwangsweise Vorführung des Betroffenen bei allen in Betracht kommenden Botschaften an, falls der Betroffene nicht bis 20.11.2000 ein Heimreisedokument oder eine Bestätigung, ein solches beantragt zu haben, vorlege. Nachdem die Frist ergebnislos abgelaufen war, beantragte die Ausländerbehörde, zum Zweck der Vorführung des Betroffenen bei Botschaften in Bonn Haft für die Dauer von drei Tagen anzuordnen.

Mit Beschluß vom 22.11.2000 ordnete das Amtsgericht an, daß der Betroffene zur zwangsweisen Durchsetzung seines persönlichen Erscheinens bei den Vertretungen des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitze, mit sofortiger Wirksamkeit bis längstens 24.11.2000, 24.00 Uhr, in Gewahrsam zu nehmen sei.

Die vom Betroffenen hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht am 11.12.2000 zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Betroffene mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig und führt zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der durch das Amtsgericht angeordneten Maßnahme.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, daß der Betroffene verpflichtet sei, auszureisen. Seine Mitwirkungspflichten zur Vorbereitung der Abschiebung seien durch den Bescheid der Ausländerbehörde vom 24.5.2000 konkretisiert worden. Die zwangsweise Vorführung des Betroffenen sei vom Amtsgericht zu Recht als zulässig erklärt worden, weil der Betroffene einer Anordnung des persönlichen Erscheinens ohne hinreichenden Grund keine Folge geleistet habe. Das Verhalten des Betroffenen begründe den Verdacht, er wolle die Feststellung seiner Herkunft und damit seine Abschiebung vereiteln. Die freiwilligen Vorsprachen des Betroffenen seien insbesondere deshalb erfolglos geblieben, weil der Betroffene behaupte, er spreche keine afrikanische Sprache. Die kurzfristige direkte Verständigung des Betroffenen am 24.10.2000 von den für den nächsten Tag vorgesehenen Vorspracheterminen sei angesichts der Weigerungshaltung des Betroffenen nicht zu beanstanden. Die Ausländerbehörde habe versuchen müssen, hierdurch der Weigerungshaltung des Betroffenen zu begegnen, um ein erneutes Fehlschlagen ihrer Bemühungen, seine Herkunft zu klären, zu vermeiden.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 70 Abs. 4 Satz 3 AuslG, § 40 Abs. 2 Satz 2 BGSG, § 3 Satz 2 FreihEntzG, § 27 Abs. i FGG, § 550 ZPO) nicht stand.

a) Das Landgericht hat zutreffend angenommen, daß die sofortige Beschwerde gegen die Anordnung des Amtsgerichts zulässig ist. Insbesondere fehlt dem Rechtsmittel nicht das Rechtsschutzbedürfnis.

Zwar war die gerichtliche Anordnung vom 21.11.2000 durch die Vorführung des Betroffenen bei den ausländischen Botschaften und die anschließende Entlassung aus dem Gewahrsam gegenstandslos geworden; die Hauptsache hatte sich erledigt (vgl. BayObLGZ 1988, 317/318; 1993, 76/78). Nach Erledigung der Hauptsache besteht für die nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Maßnahme grundsätzlich kein schutzwürdiges Interesse mehr (vgl. BayObLGZ 1993, 82; 1997, 276 und 287). Jedoch kann das gemäß Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfG NJW 1997, 2163/2164) ausnahmsweise gebieten, dem Betroffenen zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme den vorgegebenen Instanzenzug zu eröffnen. Deshalb ist, ungeachtet prozessualer Überholung, in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf einen Zeitraum beschränkt, in welchem der Betroffene die gerichtliche Überprüfung in dem von der Prozeßordnung vorgegebenen Instanzenzug kaum erlangen kann, ein Rechtsschutzinteresse für die gerichtliche Prüfung des Eingriffs grundsätzlich zu bejahen (BayObLGZ 1999, 24 m.w.N.; 2000, 220/221).

Ein solcher Fall liegt hier vor (vgl. für den ähnlich gelagerten Polizeigewahrsam Art. 18 Abs. 2 Satz 1 PAG). Wird ein Ausländer gemäß § 70 Abs. 4 Satz 2 AuslG mehrere Tage in Gewahrsam genommen, so stellt dies eine Freiheitsentziehung (vgl. BayObLG DVBl 1983, 1069) und damit einen tiefgreifenden Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG geschützte Grundrecht der persönlichen Freiheit dar, das auch Ausländern zusteht. Die Zwangsmaßnahme darf nicht länger als vier Tage dauern (§ 70 Abs. 4 Satz 3 AuslG, § 42 Abs. 1 Satz 3 BGSG). Sie ist schon ihrer Natur nach regelmäßig vor einer möglichen Überprüfung durch die übergeordneten Gerichte (§ 70 Abs. 4 Satz 3 AuslG, § 40 Abs. 2 Satz 2 BGSG, § 7 Abs. 1 FreihEntzG) wieder beendet, so daß der Betroffene deren Entscheidung kaum erlangen kann (vgl. BGH NVwZ-Beilage 1998, 87).

b) Die Anordnung des Amtsgerichts ist nicht rechtmäßig erfolgt.

aa) Gemäß § 70 Abs. 4 Satz 1 AuslG kann die Ausländerbehörde das persönliche Erscheinen des Ausländers bei den Vertretungen des Staates anordnen, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, wenn das persönliche Erscheinen zur Vorbereitung oder Durchführung von ausländerrechtlichen Maßnahmen erforderlich ist. Gemäß § 70 Abs. 4 Satz 2 AuslG kann die Anordnung der Behörde zwangsweise durchgesetzt werden, wenn ihr der Ausländer ohne hinreichenden Grund keine Folge leistet. Für diese Durchsetzung gelten mangels ausdrücklicher anderweitiger gesetzlicher Regelung die allgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsrechts, d.h. in Bayern die Art. 18 bis 22, 29 ff. VwZVG (BayVGH NVwZ-Beilage I 2001, 4/5; ebenso für die vergleichbare Vorschrift des § 25 Abs. 3 BGSG Heesen/Hönle BGSG § 25 Rn. 8). Als Zwangsmittel kommen hierbei Zwangsgeld (Art. 31 VwZVG) und unmittelbarer Zwang (Art. 34 VwZVG) in Betracht (so für § 25 BGSG Heesen/Hönle aaO; für die vergleichbare Rechtslage im Rahmen des Art. 15 Abs. 3 PAG Honnacker/Beinhofer PAG 17. Aufl. Art. 15 Anm. 9).

Aus § 70 Abs. 4 Satz 3 AuslG ergibt sich nichts anderes. Die Vorschrift regelt die Anwendung von Zwang nicht abschließend, sondern enthält durch die Verweisung auf Bestimmungen des Bundesgrenzschutzgesetzes nur Vorgaben für einzelne Fragen bezüglich der Durchführung und des Umfangs bestimmter Maßnahmen sowie deren gerichtlicher Überprüfung. Einen Rückgriff auf die allgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsrechts im übrigen schließt sie nicht aus.

bb) Die Anwendung unmittelbaren Zwangs war nach den konkreten Umständen, die das Amtsgericht bei seiner Entscheidung über die Zulässigkeit der Freiheitsentziehung zu würdigen hatte, unzulässig. Sie verstößt jedenfalls gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Art. 20 Abs. 3 GG; Art. 29 Abs. 3 VwZVG). Dieser Grundsatz ist bei der Anwendung unmittelbaren Zwangs in besonderem Maße zu beachten (vgl. Erichsen in Erichsen/Martens Allgemeines Verwaltungsrecht 8. Aufl. S. 291). Das gilt vor allem dann, wenn, wie hier, eine Person in länger andauernden Gewahrsam genommen wird. Die Freiheit der Person stellt ein so hohes Rechtsgut dar, daß sie nur aus besonders gewichtigem Grund angetastet werden darf (BVerG NJW 1998, 1774/1775).

(1) Auszugehen ist davon, daß die Anwendung unmittelbaren Zwangs gemäß § 70 Abs. 4 Satz 2 AuslG das gemäß § 70 Abs. 4 Satz 1 AuslG angeordnete persönliche Erscheinen des Ausländers bei der Vertretung seines mutmaßlichen Heimatstaates sicherstellen soll, nicht hingegen die Erfüllung sonstiger Mitwirkungs- und Verhaltenspflichten (vgl. HessVGH Entscheidung vom 16.8.2000 Az. 9 TG 2206/00, zitiert nach juris). Dieser Verpflichtung ist der Betroffene bis zum 25.10.2000 stets nachgekommen. Es trifft zwar zu, daß er eine Verweigerungshaltung einnimmt, was die Preisgabe seiner wahren Staatsangehörigkeit und seiner Muttersprache betrifft. Diese Verweigerungshaltung erstreckt sich jedoch nicht auf den Bereich der Vorsprachen bei Botschaften, deren Staatsangehörigkeit der Betroffene möglicherweise besitzt. Der Betroffene ist im August und September 2000 dreimal, und zwar bei den Vertretungen Ruandas, Malis und Senegals, freiwillig erschienen, nachdem die Ausländerbehörde mit Schreiben vom 27.7.2000 angekündigt hatte, zunächst von Zwang abzusehen. Der Betroffene hat noch durch Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom 10.11.2000 und zuletzt bei seiner persönlichen Anhörung durch das Amtsgericht am 22.11.2000 bekräftigt, daß er grundsätzlich bereit sei, bei den in Frage kommenden Botschaften freiwillig vorzusprechen.

(2) Die einmalige Verweigerung der Mitwirkung an den Vorsprachen am 25.10.2000 durfte die Ausländerbehörde nicht zum Anlaß nehmen, sofort zum schärfsten Zwangsmittel zu greifen, das ihr zur Verfügung stand, der Ingewahrsamnahme für mehrere Tage. Dieses Fehlverhalten erscheint, so wie es sich nach den Feststellungen des Landgerichts darstellt, als zu gering, um angesichts der bis dahin gezeigten allgemeinen Mitwirkungsbereitschaft des Betroffenen unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit die vom Landgericht gebilligte Maßnahme zu rechtfertigen.

Dabei kann dahinstehen, ob, wozu das Landgericht keine Feststellungen getroffen hat, zunächst der Einsatz von Zwangsgeld (Art. 31 VwZVG) zu prüfen gewesen wäre (vgl. Art. 34 Satz 1 VwZVG und BayVGH AuAS 2000, 249/251). Jedenfalls ist zu berücksichtigen, daß die Bestimmung des Termins zum persönlichen Erscheinen am 25.10.2000 durch das Schreiben der Ausländerbehörde vom 24.10.2000 äußerst kurzfristig erfolgte. Ein zwingender Grund hierfür (vgl. auch BVerwGE 17, 83/85 f.) ist nicht festgestellt. Die Begründung, die das Landgericht in diesem Zusammenhang gibt, greift nicht durch. Dem Umstand, daß der Betroffene seinen Heimatstaat und seine Muttersprache nicht preisgibt, kann nicht dadurch wirkungsvoll begegnet werden, daß er von heute auf morgen bei einer zunächst noch unbenannten Botschaft vorgeführt wird.

In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, daß die Ausländerbehörde dem Betroffenen zunächst die Staaten, bei deren Vertretungen er vorgeführt werden sollte, nicht benannt hat. Es kann dahinstehen, ob die Angabe im Bescheid vom 24.5.2000, der Betroffene werde "bei allen in Betracht kommenden sonstigen afrikanischen Auslandsvertretungen" zwangsweise vorgeführt werden, eine hinreichend konkrete Androhung im Sinn von Art. 36 VwZVG darstellt (vgl. auch VG München NVwZ-Beilage I 4/1999 S. 37). Jedenfalls muß dem Betroffenen grundsätzlich vor Durchführung der Zwangsmaßnahme die Vertretung des Staates, bei der er vorgeführt werden soll, so rechtzeitig bekannt sein, daß er gegen die Vorführung bei eben dieser Vertretung noch Einwendungen erheben kann. Dem ist hier nicht Rechnung getragen.

Unter diesen Umständen kommt es nicht darauf an, ob § 70 Abs. 4 Satz 1 und 2 AuslG der Ausländerbehörde ausnahmsweise die Befugnis geben kann, dem Betroffenen einen Begleiter an die Seite zu geben und die Ladung zur Vorsprache kurzfristig und ohne Benennung des Staates, dessen Vertretung aufgesucht werden soll, bekanntzugeben, um ein Hintertreiben des Ziels der Vorführung zu verhindern. Das Landgericht hat hierzu auch keine konkreten Feststellungen getroffen, insbesondere nicht dazu, ob der Betroffene bei seiner früheren Vorsprache bei der Botschaft von Mali sein verfrühtes Erscheinen dazu benützte, die Ermittlung seiner Staatsangehörigkeit durch unlautere Einflußnahme auf das Botschaftspersonal zu verhindern.

Schließlich ist auch zu berücksichtigen, daß der Betroffene von seinem Verfahrensbevollmächtigten dahin beraten worden war, den Termin am 25.10.2000 nicht wahrzunehmen, und der Verfahrensbevollmächtigte dies am 24.10.2000 der Ausländerbehörde fernmündlich mitteilte. Dies läßt das Verhalten des Betroffenen am 25.10.2000 ebenfalls in einem milderen Licht erscheinen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 16 Abs. 1 Satz 1 FreihEntzG. Der Antrag der Ausländerbehörde war, wie oben dargelegt, unbegründet.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 31 Abs. 1 Satz 1, § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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