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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 01.06.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 110/01
Rechtsgebiete: GG, AuslG
Vorschriften:
GG Art. 2 Abs. 2 Satz 2 | |
GG Art. 19 Abs. 4 | |
AuslG § 57 Abs. 1 |
Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. PlÖßl und Dr. Denk
am 1. Juni 2001
in der Abschiebungshaftsache
auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Augsburg vom 8. März 2001 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Ausländerbehörde betreibt die Abschiebung des Betroffenen, eines indischen Staatsangehörigen.
Mit Beschluss vom 15.2.2001 ordnete das Amtsgericht gegen ihn zur Vorbereitung seiner Ausweisung mit sofortiger Wirksamkeit Abschiebungshaft auf die Dauer von höchstens sechs Wochen an.
Die vom Betroffenen hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht durch Beschluss vom 8.3.2001 zurückgewiesen, der am 9.3.2001 an die Beteiligten hinausgegeben wurde.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Betroffene, der am 14.3.2001 aus der Haft entlassen wurde, mit der sofortigen weiteren Beschwerde vom 20.3.2001, eingegangen bei Gericht am selben Tag.
II.
1. Das Rechtsmittel ist zulässig, obwohl sich vor seiner Einlegung die Hauptsache erledigt hat.
a) Hauptsacheerledigung ist dadurch eingetreten, dass der Betroffene am 14.3.2001 endgültig aus der Haft entlassen wurde (vgl. BayObLGZ 1989, 131/133). Dass es sich um eine endgültige Haftentlassung handelte, folgt aus der Befristung der Haftdauer im Beschluss des Amtsgerichts. Es war nämlich nicht zu erwarten, dass die Abschiebungshaft bis zum 28.3.2001, dem Ende dieser Befristung, aufgrund des angefochtenen Beschlusses des Amtsgerichts erneut vollzogen werden würde. Zum Entlassungszeitpunkt war der Beschluss des Landgerichts bereits erlassen, da er am 9.3.2001 an die Beteiligten hinausgegeben wurde (vgl. BGH NJW 1976, 1454; 1982, 888/889).
b) Die vom Bundesverfassungsgericht zur Rechtsweggarantie entwickelten Grundsätze gebieten es hier, eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung ausnahmsweise zuzulassen (vgl. BVerfG NJW 1998, 2432/2433 m.w.N.). Die erlittene Abschiebungshaft verletzt den Schutzbereich des Grundrechts der persönlichen Freiheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) tiefgreifend. Ihre Anordnung hat Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG vorbeugend dem Richter vorbehalten.
Da die Vorbereitungshaft die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten soll (§ 57 Abs. 1 Satz 2 AuslG), ist, anders als bei der Sicherungshaft (§ 57 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 AuslG), die direkte Belastung durch sie nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in dem von der Prozessordnung gegebenen Instanzenzug kaum erlangen kann. Hinsichtlich dieser Voraussetzung ist die Vorbereitungshaft vergleichbar mit der Anordnung einstweiliger Abschiebungshaft, welche die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten darf (vgl. hierzu OLG Karlsruhe InfAus1R 2001, 179/180). Zwar ist § 57 Abs. 1 Satz 2 AuslG im Gegensatz zu § 11 Abs. 1 Satz 2 FreihEntzG nur Sollvorschrift. Jedoch muss ohne das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände die Begrenzung der Haftdauer beachtet werden (BayObLGZ 1993, 378), wie dies hier auch geschehen ist.
c) Eine Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 FGG im Hinblick auf dessen Beschluss vom 25.7.1998 (BGHZ 139, 254) ist nicht geboten. Der Bundesgerichtshof hat dort entschieden, dass Abschiebungshaft nicht ihrer Natur nach häufig vor gerichtlicher Überprüfung schon wieder beendet ist (aaO S. 257). Er hat hierbei jedoch auf die gesetzliche Höchstdauer der Sicherungshaft von sechs Monaten (§ 57 Abs. 3 Satz 1 AuslG) abgestellt und auf die Verlängerungsmöglichkeit (§ 57 Abs. 3 Satz 2 AuslG) hingewiesen. Damit wird deutlich, dass die Entscheidung die Vorbereitungshaft mit ihrer deutlich kürzeren Höchstdauer nicht erfaßt (zur ähnlich gelagerten Problematik der einstweiligen Abschiebungshaft vgl. OLG Karlsruhe aaO).
2. Die sofortige weitere Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 103 Abs. 2 Satt 1 AuslG, § 3 Satz 2 FreihEntzG, § 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO). Das Landgericht hat den entscheidungserheblichen Sachverhalt verfahrensfehlerfrei festgestellt und ohne Rechtsfehler gewürdigt. Das Landgericht konnte ausnahmsweise von einer erneuten persönlichen Anhörung des Betroffenen absehen, da nach der umfassenden Darstellung der Problematik durch die Verfahrensbevollmächtigten keine weitere Sachaufklärung zu erwarten war (vgl. BGH FGPrax 1995, 168/169).
Die den Senat bindenden Tatsachenfeststellungen (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 561 ZPO) trugen die vom Betroffenen beanstandete Haftanordnung.
Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde, wobei die Dauer der Vorbereitungshaft sechs Wochen nicht überschreiten soll (§ 57 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AuslG).
Inhalt und Reichweite dieser Bestimmung als eines freiheitsbeschränkenden Gesetzes sind so auszulegen, dass sie der Bedeutung der Freiheitsgarantie des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gerecht werden. Dem gemäß setzt die Anordnung von Vorbereitungshaft voraus, dass die von der Ausländerbehörde beabsichtigte Ausweisung hinreichend sicher ist, d.h. dass konkrete Umstände den Erlass einer Ausweisungsverfügung mit Wahrscheinlichkeit erwarten lassen (vgl. BayObLGZ 19/98, 124/125 m.w.N.). Dies stand im Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts nicht mehr in Frage, da inzwischen die Ausweisungsverfügung der Ausländerbehörde vom 15.2.2001 ergangen und deren sofortige Vollziehung angeordnet worden war (vgl. auch § 57 Abs. 1 Satz 3 AuslG).
Das Landgericht durfte nach den bis zum Zeitpunkt seiner Entscheidung durchgeführten Ermittlungen davon ausgehen, dass der Betroffene seine bisherigen Aufenthaltserlaubnisse durch Täuschung über das Bestehen seiner Ehe und den damit verbundenen ehelichen Wohnsitz erschlichen hatte. Die 1992 mit einer gefälschten Aufenthaltserlaubnis erfolgte Einreise des Betroffenen ließ darüber hinaus den Schluss zu, dass er die Durchführung seiner Abschiebung ohne deren Sicherung durch Haft vereiteln oder zumindest wesentlich erschweren würde (vgl. zur Indizwirkung einer erheblichen Straftat für den Haftgrund des § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AuslG BayObLGZ 1991, 266/271; 1993, 154/156).
Die Aufenthaltsgestattung, die der Betroffene aufgrund seines ersten Asylantrags erworben hatte (§ 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) ist erloschen (§ 67 Abs. 1 Nr. 6 AsylVfG). Der Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 16.4.1993, mit dem der Antrag des Betroffenen auf Anerkennung als Asylberechtigter abgelehnt wurde, ist seit 26.5.1993 unanfechtbar.
Ob die Abschiebung des Betroffenen ansonsten zu Recht betrieben wird, haben die Haftgerichte nicht zu prüfen; insoweit obliegt die Gewährung von Rechtsschutz ausschließlich den Verwaltungsgerichten (vgl. BayObLGZ 1993, 311/313; KG InfAuslR 2000, 230/232). Hierzu gehört auch die Frage ob die mit Bescheid vom 25.6.1998 erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis durch die Ausweisung erloschen ist (vgl. § 44 Abs. 1 Nr. 1 AuslG).
Ende der Entscheidung
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