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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 15.09.2004
Aktenzeichen: 3Z BR 128/04
Rechtsgebiete: GG, BGB
Vorschriften:
GG Art. 12 | |
GG Art. 3 | |
BGB § 1836 |
Gründe:
I.
Für die nicht vermögenslose Betroffene ist ein Vereinsbetreuer mit dem Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung einschließlich der Entscheidung über eine Unterbringung, Wohnungsangelegenheiten, Vermögenssorge, Vertretung bei Ämtern und Behörden sowie Vertretung gegenüber Heimen bestellt. Der Betreuungsverein legte seiner Vergütungsabrechnung für 2003 einen Stundensatz von 46,40 EURO zugrunde. Das Amtsgericht bewilligte am 2.10.2003 insoweit lediglich 31 EURO. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde hat das Landgericht am 7.5.2004 unter Berichtigung des Rechenwerks zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich der weitere Beteiligte mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde.
II.
Die zulässige sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler einen 31 EURO übersteigenden Stundensatz abgelehnt.
1. Die Begrenzung auf 31 EURO (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG) ist nach ständiger Rechtsprechung im Grundsatz auch bei vermögenden Betreuten vorzunehmen (vgl. BGHZ 145, 104; BayObLG NJW-RR 2002, 1228/1229). Eine Erhöhung dieses Regelstundensatzes wegen Vorliegens besonderer Schwierigkeiten, die vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht wird, hat das Landgericht rechtsfehlerfrei abgelehnt. Zutreffend hat das Landgericht, ebenso in Übereinstimmung mit dem Beschwerdeführer, des Weiteren angenommen, dass ein Härteausgleich für 2003 nicht mehr in Betracht kommt (vgl. Entscheidung des Senats vom 10.12.2003 Az.: 3Z BR 232/03, Leitsatz in Report 2004, 129).
2. Schließlich hat das Landgericht auch die Frage, die den Kern der weiteren Beschwerde bildet, ob nämlich einem Betreuungsverein aufgrund seiner Besonderheit ein höherer Stundensatz zugesprochen werden kann, ohne Rechtsfehler verneint. Ein Betreuungsverein ist in Ansehung der Vergütungsstundensätze grundsätzlich nicht anders zu behandeln als ein einzelner Berufsbetreuer.
a) Zwar weist der Beschwerdeführer zutreffend darauf hin, dass Betreuungsvereine qualifiziertes Personal vorhalten müssen, um ihren Aufgaben gerecht werden zu können (vgl. BVerfG FamRZ 2002, 85). Mit dieser Begründung hat das Bundesverfassungsgericht (a.a.O.) die Festsetzung einer Vergütung für die Tätigkeit eines Vereinsbetreuers nach dem bis zum 31.12.1998 geltenden Recht beanstandet, die "von einer generellen Regelvergütung am unteren Bereich des Vergütungsrahmens" ausging und "allein den Schwierigkeitsgrad der Betreuung zum Maßstab für die festzusetzende Vergütung" nahm. Um eine solche Benachteiligung gegenüber der leistungsgerechten Vergütung anderer berufsmäßiger Betreuer geht es hier aber nicht. Vielmehr ist der vorhandenen Qualifikation der Mitarbeiter des Beschwerdeführers Rechnung getragen, indem für ihre Tätigkeit der Höchstsatz der Vergütung nach dem nunmehr maßgebenden § 1 Abs. 1 BVormVG festgesetzt wurde. Hierbei wurde dem Beschwerdeführer immerhin der Satz zugebilligt, den u. a. auch Rechtsanwälte als Betreuer im Regelfall erhalten. Es liegt also keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung des Betreuungsvereins gegenüber selbstständigen Berufsbetreuern vor.
b) Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers lässt es sich allerdings nicht rechtfertigen, die von dem Vereinsbetreuer im Einzelfall erzielte Vergütung allein deshalb zu erhöhen, weil ein Verein für andere möglicherweise besonders schwierige Betreuungen Mitarbeiter mit Spezialwissen und besonderer Erfahrung vorhält. Es ist von Verfassungs wegen nicht geboten, Betreuungsvereine insoweit auf Dauer (vgl. für die Übergangszeit nach dem 1.1.1999 BayObLGZ 2002, 121/125) gegenüber sonstigen berufsmäßigen Betreuern mit gegebenenfalls vergleichbarer Qualifikation zu bevorzugen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber - unbeschadet der großen Bedeutung, die der Betreuungsleistung von Vereinen allgemein zuzumessen ist - davon abgesehen hat, diese zur Übernahme von Betreuungen im Einzelfall zu verpflichten und damit Personal für alle denkbaren Anforderungen bereit zu halten. Sowohl die Bestellung von Vereinsbetreuern als auch des Vereins selbst bedarf dessen Einwilligung (§ 1897 Abs. 2 Satz 1, § 1900 Abs. 1 Satz 2 BGB).
c) Dass den Vereinen durch § 1908f Abs. 1 Nr. 1 und 3 BGB auferlegt ist, ihre Mitarbeiter weiterzubilden und ihnen einen Erfahrungsaustausch zu ermöglichen, kann ebenfalls keine allgemeine Erhöhung des Stundensatzes für die Tätigkeit eines Vereinsbetreuers begründen. Auch sonstige berufsmäßige Betreuer sind - wenngleich ohne ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung - zur Aufrechterhaltung ihrer Eignung gehalten, sich um eine angemessene Fortbildung zu bemühen. Gleichwohl ist es ihnen verwehrt, die hierfür anfallenden Kosten kalkulatorisch anlässlich der Vergütung einer einzelnen Betreuung anteilig geltend zu machen.
d) Allerdings hat der Gesetzgeber den Betreuungsvereinen mit § 1908f Abs. 1 Nr. 2 und 2a BGB als sog. Querschnittsaufgaben das planmäßige Bemühen um die Gewinnung ehrenamtlicher Betreuer einschließlich deren Aus- und Fortbildung sowie Beratung und auch die planmäßige Information der Öffentlichkeit über Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen auferlegt. Es entspricht aber nicht der Konzeption des Gesetzes, diese Aufgaben über die aus der Justizkasse oder aus dem Vermögen des Betreuten für die Führung von Betreuungen zu entrichtende Vergütung zu finanzieren. Hierfür kommt - soweit nicht ausnahmsweise dem Verein sonstige Einnahmen, z. B. aus Spenden, zur Verfügung stehen - eine Förderung der Vereine aus staatlichen und kommunalen Zuschüssen in Betracht.
Es ist dem Senat bekannt, dass derartige Zuwendungen in der Vergangenheit auf staatlicher wie kommunaler Ebene in unterschiedlicher Höhe und häufig nicht zur Zufriedenheit der Vereine geflossen sind. Jedoch kann die klare gesetzgeberische Zuordnung der Vergütung nach § 1908 e BGB zu tatsächlich erbrachten Betreuungsleistungen unter Ausschluss allgemeiner Verwaltungskosten nicht durch die Gerichte dadurch unterlaufen werden, dass bei der Bemessung der Vergütung für Betreuungsleistungen im Einzelfall auch finanzieller Aufwand der Vereine berücksichtigt wird, der den Querschnittsaufgaben zuzurechnen ist.
Es ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers, privatrechtlichen Vereinen, die er für bestimmte Aufgaben in Anspruch nimmt, eine angemessene Finanzierung hierfür zu gewährleisten. Ist dies wie hier unterblieben, möglicherweise weil die - im Nachhinein aus der Sicht der Vereine enttäuschte - Erwartung bestand, die Länder würden die Vereine zum Ausgleich der ihnen übertragenen Querschnittsaufgaben ausreichend fördern, kann dies nicht dadurch ersetzt werden, dass eine für Betreuungsleistungen im Einzelfall bestimmte Vergütung nach einem Maßstab kalkuliert wird, welcher diese allgemeinen Aufgaben der Betreuungsvereine einbezieht. Das gilt umso mehr, als die in Rede stehende Vergütung nicht etwa aus der Staatskasse, sondern von Betroffenen zu zahlen ist, welche nicht vermögenslos sind und deshalb für die Vergütung des Betreuers selbst einzustehen haben.
Dass vorhandenes Vermögen des Betroffenen allein kein Argument dafür ist, die Vergütung des berufsmäßigen Betreuers über die als Orientierungshilfe zu verstehenden Sätze des § 1 BVormVG anzuheben, hat der Bundesgerichtshof (BGHZ 145, 104 = FamRZ 2000, 1569) entschieden. Der Senat (BtPrax 2002, 164) hat sich dem wie die überwiegende Rechtsprechung (z.B. OLG Karlsruhe NJW 2001, 1220; OLG Frankfurt FamRZ 2001, 711; OLG Zweibrücken BtPrax 2001, 78; OLG Schleswig MDR 2001, 994) angeschlossen. Es besteht kein Anlass, bei der Frage nach der Vergütungshöhe für die Leistungen von Betreuungsvereinen hiervon abzuweichen.
e) Das Grundrecht auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) wird durch das Bestehen einer Regelobergrenze für Betreuervergütungen nicht unzulässig eingeschränkt (vgl. BVerfG FamRZ 2000, 729/730 m.w.N.). Die vorliegende Vergütungsregelung verhindert oder erschwert auch nicht, dass sich einzelne Betreuer zu einem Verein zusammenschließen oder Dritte einen solchen Verein gründen. Andererseits ist es, wie bereits dargestellt, nicht geboten, nur aufgrund eines solchen Zusammenschlusses die Regelobergrenze der Vergütung, die der einzelne Betreuer hinnehmen muss, für Betreuungsvereine aufzugeben oder zu lockern.
Ende der Entscheidung
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