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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 16.05.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 131/01
Rechtsgebiete: KostO
Vorschriften:
KostO § 19 Abs. 4 |
Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Schreieder und Dr. Denk
am 16. Mai 2001
in der Kostensache
auf die weitere Beschwerde des beteiligten Notars
beschlossen:
Tenor:
I. Der Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 12.März 2001 wird aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.
Gründe:
I.
Der beteiligte Notar beurkundete am 30.4.1999 die Übergabe mehrerer Grundstücke von insgesamt 4,5459 ha Fläche, beschrieben als Wohnhaus, Wirtschaftsgebäude, Gebäude- und Freifläche, Grünland und Acker-Grünland, von den Eltern des Beteiligten an diesen. In der Urkunde wurde die Auflassung der Grundstücke an den Beteiligten und die Bestellung eines Leibgedings für die Eltern des Beteiligten erklärt, dessen wesentlicher Inhalt in einem Wohnungsrecht, der Gewährung täglicher Kost und jederzeitiger Wart und Pflege, jeweils lebenslang, besteht.
In der Kostenrechnung, die der beteiligte Notar dem Beteiligten am 3.5.1999 übersandte, wurde, ausgehend vom Verkehrswert der Grundstücke, ein Geschäftswert von 667000 DM angenommen.
Mit seiner Beschwerde hiergegen begehrte der Beteiligte die Anwendung des Landwirtschaftsprivilegs und damit die Heranziehung des vierfachen Einheitswertes der Grundstücke.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 12.3.2001 die Kostenrechnung des beteiligten Notars aufgehoben, den Notar angewiesen, unter Anwendung der Bewertungsvorschrift des § 19 Abs. 4 KostO eine neue Kostenrechnung zu erstellen und die weitere Beschwerde zugelassen.
Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des beteiligten Notars vom 10.4.2001.
II.
Die vom Landgericht zugelassene weitere Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 156 Abs. 2 Satz 1 und 2, Abs. 4 Satz 1 KostO). Sie ist in der Sache begründet.
1. Das Landgericht ist der Auffassung, dass das Kostenprivileg des § 19 Abs. 4 KostO zur Anwendung gelange und daher das Vierfache des letzten Einheitswertes für die Bewertung maßgeblich sei. Grundsätzlich müsse zwar hierfür eine gewisse Mindestgröße des übertragenen Betriebs vorliegen. Aus der Größe der Betriebsfläche mit 4,1618 ha allein könne jedoch kein sicherer Rückschluss gezogen werden, ob der Betrieb noch leistungsfähig genug sei. In solchen Grenzfällen, in denen eine Unterschreitung der Leistungsfähigkeit nicht festgestellt werden könne, müsse das Landwirtschaftsprivileg angewendet werden.
2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand (§ 156 Abs. 2 Satz 4 KostO, § 550 ZPO).
a) Durch die Einführung der Privilegierung in § 19 Abs. 4 KostO wollte der Gesetzgeber unter ausdrücklicher Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BverfGE 67, 348/367 f.; vgl. auch BVerfGE 15, 337/342) die Erhaltung leistungsfähiger landwirtschaftlicher Betriebe fördern, die vielfach seit Generationen in der Hand bäuerlicher Familien geführt wurden (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs des Bundesrates BT-Drucks. 11/2343 S. 6 f.). Daraus folgt, dass unter die Privilegierung nur solche landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Betriebe fallen, die den Unterhalt einer bäuerlichen Familie ganz oder teilweise sichern können (BayObLGZ 1992, 231/233; BayObLG AgrarR 1997, 293; FamRZ 1997, 831). Eine bezifferte Mindestgröße sieht das Gesetz selbst zwar nicht vor. Auch in der Gesetzesbegründung wird betont, dass eine bestimmte Betriebsgröße nicht vorausgesetzt werde und der Betrieb demnach auch nebenberuflich geführt werden könne (BT-Drucks. 11/2343 S. 7). In Rechtsprechung und Literatur ist jedoch anerkannt, dass ein leistungsfähiger Hof nur bei einer gewissen Mindestgröße vorliegt (vgl. BayObLGZ 1992, 231/233 f. m.w.N.). Sie ist jeweils nach den Umständen des Einzelfalles gesondert festzustellen (LG Bamberg MittBayNot 1990, 327). Zu ihrer Ermittlung bietet sich (vgl. LG Bamberg aaO; Korintenberg/Bengel KostO 14. Aufl. § 19 Rn. 75) ein Rückgriff auf die einschlägigen landwirtschaftlichen Gesetze gleicher Zielsetzung an, z.B. das Gesetz zur Förderung der bäuerlichen Landwirtschaft - LaFG - vom 12.7.1989 BGBl. 1, 1435 (mindestens 5 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche) und das Gesetz über die Altershilfe für Landwirte - GAL - vom 14.9.1965, BGBl. 1, 1449. Diese Gesetze schaffen allerdings nur Anhaltspunkte für die Anwendung des § 19 Abs. 4 KostO, nicht aber eine strikte Bindung an die in ihnen vorgesehenen Mindestgrößen, wenn diese - wie hier - annähernd erreicht werden (vgl. BayObLG FamRZ 1997, 831).
b) Der Ausgangspunkt des Landgerichts, dass in Ansehung der Mindestgröße des landwirtschaftlichen Betriebs hier ein Grenzfall vorliege und aus der Größe der vorliegenden Betriebsfläche allein kein sicherer Rückschluss auf die ausreichende Leistungsfähigkeit des Betriebs-gezogen werden könne, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Allerdings ist kein Grund ersichtlich, warum nicht von der Gesamtfläche des übergebenen Betriebes, also 4,5459 ha, auszugehen sein sollte. Das Landgericht hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, in welchem Umfang der Beteiligte aus der Bewirtschaftung des übergebenen landwirtschaftlichen Betriebes Einkommen erzielt. Solche Feststellungen sind jedoch für eine abschließende Beurteilung nicht entbehrlich. Die Privilegierung kommt nur dann in Betracht, wenn der Betrieb den Unterhalt einer bäuerlichen Familie ganz oder teilweise sichern kann. Die Einkünfte aus dem Betrieb müssen jedenfalls den Grundstock des Familienunterhalts bilden (BayObLGZ 1992, 231). So hat der Senat in einem vergleichbaren Grenzfall, der seinem Beschluss vom 22.1.1997 (FamRZ 1997, 831) zugrunde lag, die Anwendung des Landwirtschaftsprivilegs bejaht, weil der Beteiligte dort den landwirtschaftlichen Betrieb vollschichtig führte und einen nicht unerheblichen Teil des Familieneinkommens aus dem Betrieb erzielte. In einem anderen Fall (vgl. Senatsbeschluß vom 22.1.1997, AgrarR 1997, 293) hat er die Privilegierung versagt, weil der landwirtschaftliche Betrieb dort auch nicht teilweise aus eigener Kraft lebte, dem Beteiligten dort mithin nicht die Bewirtschaftung des Hofes als Existenzgrundlage diente, sondern - neben anderer Erwerbstätigkeit - wesentlich der Erhalt staatlicher Subventionen.
3. Der Senat kann nicht endgültig entscheiden, weil er die erforderlichen weiteren Feststellungen nicht selbst treffen kann. Dies führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
Ende der Entscheidung
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