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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 14.08.2003
Aktenzeichen: 3Z BR 131/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1835
BGB § 1836
Zur Vergütungsfähigkeit der Teilnahme eines Betreuers an einer Hilfeplankonferenz.
Gründe:

I.

Seit 13.11.2002 ist für die mittellose Betroffene, die an einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis und einer atypischen nervösen Bulimie leidet, in dem Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge und Wohnungsangelegenheiten ein Berufsbetreuer bestellt. Einen Monat später wurde der Aufgabenkreis um die Bereiche Vermögenssorge, Entgegennahme sowie Öffnen und Anhalten der Post, Entscheidungen über Fernmeldeverkehr sowie Rentenangelegenheiten erweitert.

Mit Schreiben vom 24.12.'2002 beantragte der Betreuer die Festsetzung von Vergütung für eine Arbeitszeit von insgesamt 18 Stunden 22 Minuten und Aufwendungsersatz u.a. für Fahrtkosten für insgesamt 257 Kilometer gegen die Staatskasse. Davon entfielen auf ein mit den Eltern der Betroffenen geführtes Telefongespräch am 29.11.2002 "wegen Helferplankonferenz und weitere Absprachen" 23 Minuten und auf eine Position "Pflege- und Hilfeplankonferenz mit allen Beteiligten, sehr zähes vorankommen bei Lösungserarbeitung, Beurlaubung über die Feiertage geregelt" mit Datum 9.12.2002 267 Minuten sowie 98 Fahrtkilometer.

Das Amtsgericht setzte die Vergütung am 4.2.2003 antragsgemäß fest. Hiergegen legte die Staatskasse sofortige Beschwerde mit der Begründung ein, der Betreuer sei am 29.11. und am 9.12.2002 nicht im Rahmen seiner Aufgaben für die Betroffene tätig geworden, da die Hilfeplankonferenz ausschließlich der Rationalisierung und Zentralisierung der beteiligten Leistungsträger diene. Das Landgericht ist dieser Auffassung gefolgt und hat die festgesetzte Vergütung am.13.5.2003 um 200,24 EUR, das ist der auf die beanstandeten Positionen entfallende Teilbetrag, gekürzt..

Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Betreuers.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig. Sie wurde vom Landgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen (§ 56g Abs. 5 Satz 2, § 69e Satz 1 FGG) und fristgerecht eingelegt (§ 29 Abs. 2 und 4, § 22 Abs. 1, § 16 Abs. 2 Satz 1 FGG). In der Sache führt sie zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und zur Zurückverweisung der Sache.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, für die Teilnahme des Betreuers an der Hilfeplankonferenz sei keine Vergütung einschließlich Auslagenersatz zu bewilligen. Ziel der Hilfeplankonferenz sei es, die regionale sozialpsychiatrische Kompetenz, die fachkompetente Federführung in der individuellen Hilfeplanung und die Kostenkompetenz durch Zusammenarbeit von Kommunen, Landkreisen, Pflegeheimen und Betreuern zusammenzuführen. Die Konferenz verstehe sich zur Zeit auch als Übungs- und Experimentierfeld mit dem Ziel, ein praktikables und effektives Verfahren zu etablieren. Im Zusammenwirken solle nach neuen Wegen bei der Führung von Betreuungen gesucht werden. Das Forschungsprojekt könne nur losgelöst von den einzelnen Betreuungen als sogenannte Querschnittsaufgabe des Betreuers gesehen werden. Solche Aufgaben würden nicht im Rahmen von einzelnen Betreuungen vergütet.

2. Dies hält der rechtlichen Überprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) nicht stand.

a) Wird ein Berufsbetreuer zum Zweck der Führung der Betreuung, das heißt mit dem Ziel der Erfüllung seiner Aufgaben, im Interesse des Betroffenen tätig, setzt sein Anspruch auf Vergütung (§ 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1836 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 und 2, § 1836a BGB, § 1 BVormVG) bzw. Aufwendungsersatz (§ 1835 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 BGB) grundsätzlich voraus, dass die fragliche Tätigkeit in den ihm übertragenen Aufgabenkreis fällt und er die Tätigkeit aus seiner Sicht nach den Umständen des Einzelfalles für erforderlich halten durfte (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 BVormVG, §,670 BGB; st. Rspr. vgl. BayObLGZ 2001, 324/325 m. w. N.). Die Betreuung ist, wie schon die Überschrift "Rechtliche Betreuung" des Zweiten Titels des Vierten Buches des BGB zeigt, rechtsfürsorgerische Tätigkeit; sie ist ihrem Wesen nach bürgerlich-rechtlich geregelte gesetzliche Vertretung und umfasst alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen (§ 1901 Abs. 1 BGB; Beschluss des Senats vom 9.10.2002 - 3Z BR 146/02, LS in FamRZ 2003, 477).

b) Für die Vergütungsfähigkeit seiner Tätigkeit im Vorfeld und bei der Hilfeplankonferenz kommt es somit darauf an, ob, gegebenenfalls zu welchem Anteil, der Betreuer, dessen Aufgabenkreis zur fraglichen Zeit die Aufenthaltsbestimmung, die Gesundheitsfürsorge und Wohnungsangelegenheiten umfasste, dabei konkret für die Betroffene tätig geworden ist. Das Landgericht hat bei seiner Prüfung Anhaltspunkte außer Acht gelassen, die hierfür sprechen. Der Betreuer hat in seinem bei Gericht am 27.3.2003 eingegangenem Schreiben ausgeführt, dass seitens des Bezirks ein vollständig ausgefüllter Fragebogen (IBRP) verlangt wurde, wozu der Betreuer die erforderlichen Auskünfte bei den Eltern der Betreuten einholte. In der Hilfeplankonferenz wurden, so der Betreuer, der Fragebogen vorgelegt und weitere Therapien und Hilfen für die Betroffene besprochen. Die Stellungnahme der Betreuungsstelle vom 17.3.2003 geht ebenfalls in diese Richtung. Diese Anhaltspunkte sind mit den Feststellungen des Landgerichts, der Betreuer habe an der fraglichen Konferenz in Verfolgung einer Querschnittsaufgabe und somit losgelöst vom Einzelfall teilgenommen, nicht in Einklang zu bringen. Das Landgericht hat deshalb noch zu ermitteln (§ 12 FGG), ob bei der Hilfeplankonferenz tatsächlich nur vom Einzelfall losgelöste allgemeine Fragen behandelt worden sind, die keinen unmittelbaren Bezug zur Förderung der Angelegenheiten der Betroffenen haben, oder ob und in welchem Zeitrahmen konkrete Hilfsmaßnahmen für die Betroffene besprochen oder gar in die Wege geleitet wurden. In Betracht kommt insoweit die Einholung der Tagesordnung, der Teilnehmerliste, des Protokolls und des etwaigen Ergebnisses der Fallbesprechung. Sollten diese Unterlagen nicht hinreichend aussagekräftig sein, bietet sich die Vernehmung von Teilnehmern der Konferenz an.

Die Entscheidung des Landgerichts ist deshalb aufzuheben und die Sache zur weiteren Behandlung an das Landgericht zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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