Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 24.07.2002
Aktenzeichen: 3Z BR 143/02
Rechtsgebiete: FGG, BGB


Vorschriften:

FGG § 19 Abs. 1
FGG § 27 Abs. 1
FGG § 69e
FGG § 55
FGG § 62
BGB § 1828
BGB § 1829 Abs. 1 Satz 2
Wird die begehrte vormundschaftsgerichtliche Genehmigung per Vorbescheid angekündigt und erteilt das Amtsgericht nach Bestätigung des Vorbescheides durch das Beschwerdegericht die Genehmigung, so kann keine weitere Beschwerde gegen den Vorbescheid eingelegt werden, wenn die erteilte Genehmigung einem Dritten gegenüber bereits wirksam geworden ist.
Gründe:

I.

Mit Schreiben vom 21.9.2001 bat der Betreuer des Betroffenen um Genehmigung eines am 20.9.2001 abgeschlossenen notariellen Vertrages über den Verkauf eines Grundstücks des Betroffenen. Das Amtsgericht erteilte mit Beschluss vom 25.9.2001 einen Vorbescheid, es sei beabsichtigt, die Erklärungen des Betreuers in dem notariellen Kaufvertrag zu genehmigen, wenn nicht binnen zwei Wochen Beschwerde gegen den Vorbescheid eingegangen sei. Der Betroffene legte persönlich wie auch über seinen Verfahrensbevollmächtigten mit Schreiben vom 15. bzw. 21.10.2001 Beschwerde ein. Diese Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 2.5.2002 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Betroffenen vom 11.6.2002.

Mit Beschluss vom 6.6.2002 hat das Amtsgericht die verfahrensgegenständlichen Erklärungen des Betreuers vormundschaftsrichterlich genehmigt. Der Betroffene hat auch gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt.

II.

Die weitere Beschwerde des Betroffenen ist unzulässig, weil an der Aufhebung des ergangenen Vorbescheides kein Interesse mehr besteht. Der Vorbescheid ist durch die Erteilung der darin angekündigten Genehmigung und deren Wirksamwerden überholt.

1. Im Verfahren der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung eines Rechtsgeschäftes ist ein Vorbescheid gesetzlich nicht vorgesehen. Jedoch ergibt sich die Befugnis des Rechtspflegers zum Erlass eines solchen Bescheides aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18.1.2000 (BVerfGE 101, 397 ff.). Der Rechtspfleger hat vor Erlass einer in den Anwendungsbereich der §§ 55, 62 FGG fallenden Verfügung diese durch einen beschwerdefähigen Vorbescheid anzukündigen, wenn erkennbar ist, dass die beabsichtigte Entscheidung Rechte Dritter berührt, denen sonst der Rechtsweg gegen die Entscheidung selbst - jedenfalls praktisch - versperrt wäre (vgl. BVerfGE aaO; BayObLGZ 2002 Nr. 35).

2. Durch den Vorbescheid kündigt das Gericht in einem aufgrund vollständiger Ermittlungen entscheidungsreifen Verfahren an, es werde eine bestimmte Entscheidung erlassen, wenn gegen die Ankündigung nicht innerhalb einer bestimmten Frist Rechtsmittel eingelegt werde (BGHZ 20, 255/257; BayObLGZ 1993, 389/392). Der Vorbescheid ist seinem Wesen nach zwar keine instanzabschließende Endentscheidung, sondern nur eine Zwischenverfügung, durch deren Erlass vor der abschließenden Klärung der Rechtslage Nachteile, die durch eine möglicherweise unrichtige Endentscheidung entstehen könnten, hintangehalten werden sollen (vgl. BayObLGZ 1981, 69/70). Er tritt aber gleichsam an die Stelle der abschließenden Entscheidung. Jedenfalls soweit er die Funktion dieser Entscheidung übernimmt, ist er ihr auch verfahrensrechtlich gleichzustellen (BayObLGZ 1997, 340/343). Gegen ihn ist deshalb stets das Rechtsmittel gegeben, dass auch gegen die Endentscheidung gegeben wäre, da die Klärung der Rechtsfrage im für die Endentscheidung maßgebenden Rechtszug gerade den Erlass des Vorbescheids rechtfertigt. Gegen die Erteilung einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung ist - unter bestimmten Voraussetzungen (vgl. Palandt/Diederichsen BGB 61.Aufl. § 1828 Rn.17) - die Beschwerde gegeben (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 19 Abs. 1 FGG), gegen die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts die weitere Beschwerde (§ 27 Abs. 1 FGG). Diese Rechtsmittel kommen damit auch bei einem entsprechenden Vorbescheid als statthafte Rechtsmittel in Betracht. Wird allerdings die mit Vorbescheid angekündigte Endentscheidung erlassen, ist der Vorbescheid überholt. Das auf seine Aufhebung gerichtete Verfahren ist damit gegenstandslos geworden (vgl. BayObLGZ 1982, BayObLG BtPrax 1994, 61; Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. § 27 Rn. 52; Bassenge/Herbst/Roth FGG/RPflG 9.Aufl. Einl. FGG Rn.119).

Fällt der Verfahrensgegenstand nach Verfahrenseinleitung durch ein die Sach- oder Rechtslage änderndes Ereignis fort, so dass die Verfahrensfortsetzung keinen Sinn mehr hat. so ist die Hauptsache erledigt (vgl. Bassenge Einl. FGG Rn. 118). Tritt die Erledigung der Hauptsache im Rechtsmittelverfahren zwischen den Instanzen ein, so hat dies regelmäßig zur Folge, dass das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen ist (vgl. Bassenge Einl. FGG Rn.128 m. w. N.; Keidel/Kahl § 27 Rn.54, § 19 Rn. 93).

3. Auch eine Fortsetzung des Verfahrens mit dem Ziel der Beseitigung der erteilten Genehmigung kommt nicht in Betracht. Zwar wird für das Erbscheinsverfahren eine Fortführung des Verfahrens mit dem Ziel einer "Einziehung" des Erbscheins für zulässig erachtet (vgl. BayObLGZ 1982, 236/239). Ob in Anlehnung an diese Grundsätze auch bei einem Vorbescheid für eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung die Fortführung des Beschwerdeverfahrens erwogen werden könnte mit dem Ziel, die erteilte Genehmigung wieder zu beseitigen (vgl. auch OLG Hamm NJW-RR 1995, 1414/1415), kann dahinstehen. Eine solche Möglichkeit scheidet jedenfalls aus, wenn die Genehmigung nicht mehr beseitigt werden kann. Dies ist hier der Fall.

Die erteilte Genehmigung ist entsprechend den Bestimmungen des notariellen Kaufvertrages (vgl. dort Ziffer VI.1) noch am 6.6.2002 dem Notar als Vertreter des Betreuers übermittelt worden. Der Notar war zugleich ermächtigt, die Genehmigung für den Betreuer der Vertragspartnerin des Betroffenen mitzuteilen und die Mitteilung für die Vertragspartnerin entgegenzunehmen (vgl. dazu Palandt/Diederichsen § 1828 Rn. 11 m. w. N.). Er hat den Kaufvertrag, wie die Feststellungen des Senats ergeben haben, mittlerweile in Vollzug gesetzt. Damit ist die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts wirksam geworden (§ 1829 Abs. 1 Satz 2 BGB; BayObLG FamRZ 1998, 1325/1326); eine Abänderung der ergangenen Verfügung ist auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (s.o.) nicht mehr möglich (§ 69e Satz 1, §§ 55, 62 FGG), da die Genehmigungsentscheidung ordnungsgemäß durch Vorbescheid angekündigt und der Vorbescheid durch die im Beschwerdeverfahren ergangene richterliche Entscheidung gebilligt war. Die am 13.6.2002 bei Gericht eingegangene weitere Beschwerde des Betroffenen ist hiernach unzulässig.

Ende der Entscheidung

Zurück