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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 25.07.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 147/01
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 39 Abs. 1 Satz 1
Kann der persönlich haftende Gesellschafter nach dem Gründungsvertrag einer KG weitere Personen als Kommanditisten aufzunehmen, so entspricht der Höchstbetrag des Kommanditkapitals regelmäßig dem Geschäftswert für die Kostenrechnung des Notars
Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Schreieder und Dr. Denk

am 25. Juli 2001

in der Kostensache

auf die weitere Beschwerde des beteiligten Notars

beschlossen:

Tenor:

I. Der Beschluss des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 5. März 2001 wird aufgehoben.

II. Die Beschwerde gegen die Kostenrechnung des beteiligten Notars vom 21. Februar 2001 Nr. G 1432/04/00 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der beteiligte Notar beurkundete am 21.8.2000 einen Gesellschaftsvertrag, durch den die Golfanlage N. GmbH & Co. KG gegründet wurde. Die Gründungsgesellschafter übernahmen Einlagen in Höhe von 1,875 Mio. Euro. Nach dem Gesellschaftsvertrag ist die Aufnahme weiterer Kommanditisten vorgesehen, bis das Gesellschaftskapital insgesamt 4 Mio. Euro beträgt. Die Kosten der Beurkundung trägt nach der notariellen Urkunde die KG. Der Notar erstellte und übersandte dieser KG unter dem 4.9.2000 eine Kostenrechnung über 27886,75 DM, wobei er als Geschäftswert den Höchstbetrag des Gesellschaftskapitals von 4 Mio. Euro (7823320 DM) zugrunde legte.

Auf Veranlassung der Notarkasse erstellte und übersandte der beteiligte Notar dem Beteiligten unter dem 21.2.2001 eine inhaltlich ergänzte, im Zahlenwerk unveränderte Neufassung dieser Kostenrechnung.

Die KG, vertreten durch einen der beiden Geschäftsführer der Komplementär-GmbH legte gegen die Kostenrechnung Beschwerde ein und wandte sich gegen den der Rechnung zugrunde gelegten Geschäftswert. Letzterer sei nur an den Einlagen der derzeitigen Kommanditisten in Höhe von 1875000 Euro (= 3667181,75 DM) auszurichten.

Das Landgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 5.3.2001 stattgegeben. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des beteiligten Notars.

II.

Das vom Landgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassene und auch im übrigen zulässige Rechtsmittel (§ 156 Abs. 2 Satz 1 und 2 KostO) hat in der Sache Erfolg.

Es führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und zur Zurückweisung der Erstbeschwerde, da der beteiligte Notar die Beurkundungskosten zutreffend berechnet hat.

1. Die Erstbeschwerde ist, was der Senat zu prüfen hat, zulässig. Die KG hat das Rechtsmittel wirksam im eigenen Namen eingelegt.

a) Zwar steht das Beschwerderecht gemäß § 156 Abs. 1 Satz 1 KostO nur dem Kostenschuldner im Sinn der Kostenordnung zu (BayObLGZ 1971, 141/144). Antragsschuldner sind hier nur die Gründungsgesellschafter als die Vertragsteile, deren Erklärungen beurkundet wurden (§ 2 Nr. 1 KostO; vgl. Korintenberg/ Lappe KostO 14. Aufl. § 2 Rn. 41). Die KG ist jedoch Übernahmeschuldnerin gemäß § 3 Nr. 2 KostO. Dies ergibt sich aus der Regelung in der notariellen Urkunde, wonach "die Gesellschaft" die Kosten trägt. Diese Klausel ist von den am Beurkundungsvorgang Beteiligten im Sinn einer Kostenschuldnerschaft der KG verstanden worden, wie die Rechnungstellung an die KG und die Rechtsmitteleinlegung durch die KG, vertreten durch ihre persönlich haftende Gründungsgesellschafterin, zeigt. Die Übernahme der Kostenschuld in - der Urkunde war möglich, da die Gesellschaft, mangels abweichender Regelung im Vertrag, mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags entstanden war (vgl. Röhricht/Graf von Westphalen/von Gerkan HGB § 105 Rn. 15).

b) Das Rechtsmittel ist durch die vertretungsberechtigte Komplementär-GmbH namens der KG eingelegt worden. Für diese handelte zwar zunächst nur einer der beiden Geschäftsführer, während die GmbH ausweislich der Vertragsurkunde (S. 2) durch die beiden Geschäftsführer gemeinschaftlich vertreten wird (§ 35 Abs. 1 GmbHG). Aus dem weiteren Schriftverkehr im gerichtlichen Verfahren ergibt sich jedoch, dass auch der andere Geschäftsführer mit der Rechtsmitteleinlegung einverstanden war, so dass von einer wirksamen Vertretung der GmbH ausgegangen werden kann.

2. Das Landgericht hat den Präsidenten des Landgerichts als vorgesetzte Dienstbehörde des Notars im Beschwerdeverfahren nicht ausdrücklich angehört (vgl. § 156 Abs. 1 Satz 2 KostO und zur Bedeutung der Anhörung BayObLGZ 1963, 141/148). Gleichwohl kann der Senat in der Sache entscheiden, da Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ausschließlich eine Rechtsfrage war, die Stellungnahme der Notarkasse vom 15.2.2001 alle hierfür wesentlichen Gesichtspunkte enthält und daher nicht zu erwarten war, dass die förmliche Anhörung des Präsidenten des Landgerichts zusätzlich Gesichtspunkte erbracht hätte. Dies ergibt sich schon daraus, dass diese Stellungnahme an den Präsidenten des Landgerichts gerichtet war und von diesem offenbar formlos der zur Entscheidung berufenen Kammer zugeleitet wurde. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass der Präsident des Landgerichts Kenntnis hatte und keinen Anlass zu einer eigenen Stellungnahme sah.

3. Die weitere Beschwerde ist begründet. Der beteiligte Notar hat seiner Kostenrechnung zu Recht einen Geschäftswert von 7823320 DM entsprechend 4 Mio. Euro zugrunde gelegt.

a) Nach § 39 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 141 KostO bestimmt sich der Wert beurkundeter Erklärungen nach dem Wert des Rechtsverhältnisses, auf das sich diese Erklärungen beziehen. Beim Abschluss eines Gesellschaftsvertrages geben die Partner Willenserklärungen ab, durch die sie sich zu Leistungen aus ihrem Vermögen an die Gesellschaft verpflichten. Die Summe der Werte dieser Leistungen bildet den Geschäftswert der Beurkundung des Gesellschaftsvertrages (vgl. BayObLGZ 1963, 141/149; 1982, 96/103 m.w.N.). Wird in dem Vertrag über die Gründung einer KG vereinbart, dass der persönlich haftende Gesellschafter berechtigt sein soll, weitere Personen als Kommanditisten aufzunehmen, so ist der dafür festgesetzte Höchstbetrag des Kommanditkapitals bei der Ermittlung des Geschäftswertes in voller Höhe zu berücksichtigen, vorausgesetzt, dass es sich nicht um eine bloße Absichtserklärung ohne rechtliche Bindungswirkung handelt, sondern um eine in dem Vertrag selbst erteilte ausdrückliche Ermächtigung des persönlich haftenden Gesellschafters, die nicht mehr von dem Einverständnis aller Gesellschafter abhängig ist, mithin eine verbindliche Ausgestaltung der künftigen Rechtsbeziehungen der Gesellschafter vorliegt (vgl. Rohs/ Wedewer KostO 65. ErgLfg zur 2. Aufl. § 39 Rn. 25b; KG DNotZ 1973, 183/184; JurBüro 1974, 1571/1572; OLG Zweibrücken Rpfleger 1975, 408/409; OLG Köln MittBayNot 1999, 39 19/400). So weit das Landgericht demgegenüber darauf abstellt, dass der Vertrag selbst die unmittelbare Grundlage für die Verpflichtungen zur Leistung der künftigen Einlagen in das Gesellschaftsvermögen bilden müsse (vgl. auch OLG Hamm BB 1974, 1090/1091; Schalhorn JurBüro 1973, 191/194), folgt der Senat dem nicht (vgl. Ackermann JurBüro 1976, 431/432; Lappe KostRspr § 39 Anm. zu Nr. 30).

Entscheidend ist, ob der Höchstbetrag, den das Gesellschaftskapital erreichen soll, dergestalt vertraglich bindend vereinbart ist, dass mindestens einer der Gründer aufgrund dieser im Gesellschaftsvertrag eingegangenen Bindung später den Vollzug der Erhöhung des Gesellschaftskapitals und damit die Schmälerung der auf seinen Kapitalanteil entfallenden Gewinnquote hinnehmen muss, auch wenn er die Maßnahme dann nicht mehr billigt (vgl. KG DNotZ 1973, 184). Ist dies der Fall, spielt es keine Rolle, ob die Befugnis des Komplementärs, neue Kommanditisten aufzunehmen, auf einer Ermächtigung, insbesondere eine im Voraus erteilten Zustimmung der Gründungsgesellschafter zum Eintritt weiterer Gesellschafter (vgl. Palandt BGB 60. Aufl. § 185 Rn. 7 und § 736 Rn. 5), oder auf einer (bindenden) Vollmacht beruht (s. aber OLG Zweibrücken und OLG Köln je aaO).

Vorliegend wurde die Komplementär-GmbH bevollmächtigt, "im Namen der Gesellschaft" (nicht der Gesellschafter) neue Kommanditisten aufzunehmen, bis ein Gesellschaftskapital von 4 Mio. Euro, mindestens aber von 3 Mio. Euro, erreicht ist (§ 3 Nr. 1 und § 8 Nr. 6 GV). Das erreichte Gesellschaftskapital soll dann unveränderliches Festkapital sein (§ 3 Nr. 4 GV). Die Neuaufnahmen sind von der vorherigen Zustimmung des Beirates abhängig (§ 8 Nr. 6 GV). Der Beirat besteht aus zunächst vier der acht Gründungskommanditisten. Er wächst bei Hinzukommen weiterer Kommanditisten auf bis zu zehn Kommanditisten an. Die Zahl der Beiratsmitglieder bleibt jedoch stets unter der der Kommanditisten. Die Beiräte werden von der Gesellschafterversammlung gewählt (§ 16 Nr. 1 GV). Der Beirat beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit (§ 19 Nr. 1 GV). Daraus folgt, dass ein Kommanditist, der nicht Mitglied des Beirates ist oder als solches überstimmt wird, einer Neuaufnahme nicht entgegentreten kann. Andererseits ist die der Komplementär-GmbH zur Neuaufnahme erteilte "Vollmacht" als Bestandteil des Gesellschaftsvertrages bindend. Dies gilt umso mehr, als sie zum Handeln für die Gesellschaft, nicht für die bei Aufnahme neuer Gesellschafter an sich berufenen Altgesellschafter (vgl. Röhricht/von Westphalen/von Gerkan § 105 Rn. 81) ermächtigt. Von dieser Bindung kann sich der Kommanditist nur durch Kündigung der Gesellschaft lösen, die zu seinem Ausscheiden führt (§ 24 Nr. 2 und 3 GV).

Daraus folgt, dass zumindest einige Kommanditisten keine Möglichkeit haben, später die Erhöhung des Gesellschaftskapitals durch Neuaufnahmen zu verhindern, auch wenn sie dies dann nicht mehr billigen sollten. Jedenfalls für diese Kommanditisten regelt der Höchstbetrag im Gesellschaftsvertrag abschließend und verbindlich, bis zu welcher Grenze die Quote ihrer Kapitalanteile gemindert und damit ihre Gewinnquote geschmälert werden darf. Am Rande sei bemerkt, dass vom Unternehmenszweck, dem Errichten und Betreiben einer Golfanlage, her die Zustimmung des Beirats weniger als Instrument zur Verhinderung von Kapitalerhöhungen bis zur im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Grenze denn als solches zur Abweisung unerwünschter Teilhaber dienen dürfte.

Somit liegt in der Regelung des Höchstbetrages des Gesellschaftskapitals eine verbindliche vertragliche Ausgestaltung der künftigen Rechtsbeziehungen der Gesellschafter, nicht nur eine bloße Absichtserklärung ohne rechtliche Bindungswirkung. Dieser Höchstbetrag ist daher für den Geschäftswert der Beurkundung des Gesellschaftsvertrages maßgeblich.

Von einer Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten sieht der Senat ab, da er davon ausgeht, dass dem Notar besondere Kosten nicht entstanden sind (vgl. Rohs/Wedewer § 156 Rn. 86). Eine Entscheidung über die Gerichtskosten ist im Hinblick auf § 156 Abs. 4 Satz 2 und 3, § 131 Abs. 1 Satz 2 KostO nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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