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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 14.10.2002
Aktenzeichen: 3Z BR 149/02
Rechtsgebiete: UnterbrG, GG


Vorschriften:

UnterbrG Art. 1 Abs. 1 Satz 1
UnterbrG Art. 1 Abs. 1 Satz 2
GG Art. 19 Abs. 4
Die weitere Beschwerde wird durch den Gegenstand begrenzt, über den das Beschwerdegericht entschieden hat.
Gründe:

I.

Der Betroffene, der an einer Manie leidet, wurde auf Anordnung der Stadt Bayreuth vom 21.5.2002 am gleichen Tage vorläufig in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Er war an diesem Tage dadurch aufgefallen, dass er in den Morgenstunden Essen, Getränke und Schuhe von ihm unbekannten Personen kaufen wollte und einem Landwirt einen 50-Euro-Schein auf den Misthaufen warf. Bei einer Kontrolle durch die Polizei flüchtete er und wehrte sich nach seiner Fixierung unter Bellen, Miauen und Krähen gegen seine Einlieferung in ein Bezirkskrankenhaus. Bei seiner Untersuchung durch einen Medizinaloberrat drohte er damit, diesen umzubringen.

Beim gerichtlichen Anhörungstermin am 22.5.2002 war eine Verständigung mit dem unter Medikamenteneinwirkung stehenden Betroffenen nicht möglich. Das Amtsgericht bestätigte am gleichen Tag durch einstweilige Anordnung die vorläufige Unterbringung des Betroffenen bis spätestens zum 2.7.2002. Hiergegen legte der Betroffene sofortige Beschwerde ein.

Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 26.6.2002 zurückgewiesen. Der Betroffene ist am 2.7.2002 aus dem psychiatrischen Krankenhaus entlassen worden.

Mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde will der Betroffene die Feststellung erreichen, dass die mit Beschluss des Amtsgerichts vom 22.5.2002 angeordnete vorläufige Unterbringung rechtswidrig war.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig und hat auch in der Sache teilweise Erfolg. Das Landgericht hätte die Anordnung der vorläufigen Unterbringung nicht aufrecht erhalten dürfen, da im Zeitpunkt seiner Entscheidung am 22.6.2002 die Voraussetzungen einer vorläufigen Unterbringung des Betroffenen nicht vorlagen. Insoweit war der Fortbestand der Anordnung rechtswidrig. Im übrigen war eine Rechtswidrigkeit nicht festzustellen.

1. Die sofortige weitere Beschwerde mit dem Ziel, die Rechtswidrigkeit der angeordneten vorläufigen Unterbringung festzustellen, ist zulässig. Zwar hat sich vor Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde die Hauptsache da durch erledigt, dass der Betroffene entlassen worden ist. Dennoch fehlt der sofortigen Beschwerde nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes gebietet es, dass in den Fällen, in denen der durch die geschlossene Unterbringung bewirkte tiefgreifende Eingriff in das Grundrecht der Freiheit beendet ist, die Schutzwürdigkeit des Interesses des Betroffenen an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Grundrechtseingriffs zu bejahen (vgl. zuletzt BVerfG NJW 2002, 2456; Demharter FGPrax 2002, 137/138). Ob hiervon im Einzelfall Ausnahmen gerechtfertigt sein können (vgl. Demharter aaO), bedarf keiner weiteren Erörterung, da im vorliegenden Fall einer kurzzeitigen Freiheitsentziehung bereits nach den bisher maßgebenden Grundsätzen der Rechtsprechung (vgl. BVerfG NJW 1998, 2432; BayObLG NJW 2002, 146 m. w. N.) der Fortbestand des Rechtsschutzbedürfnisses zu bejahen ist.

2. Gegenstand der Rechtswidrigkeitsfeststellung durch den Senat kann nur die Frage sein, ob das Landgericht zu Recht die Fortdauer der vorläufigen Unterbringung bestätigt hat.

a) Die Rechtswidrigkeitsfeststellung kann sich im Grundsatz sowohl auf die ursprüngliche Anordnung der öffentlichrechtlichen Unterbringung als auch deren Fortbestand für den Zeitraum der Durchführung der Unterbringung bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses beziehen. Der Betroffene legt durch seinen Antrag fest, in welchem Umfang er die Rechtswidrigkeit überprüft sehen möchte (vgl. hierzu BayObLGZ 2002 Nr. 54). Tritt die Erledigung erst nach Erlass der Entscheidung des Beschwerdegerichts ein, sind allerdings die Grenzen zu beachten, die einer Überprüfung durch das Gericht der weiteren Beschwerde allgemein gezogen sind. Gegenstand des Verfahrens der weiteren Beschwerde und damit auch der Nachprüfung ist die Entscheidung des Beschwerdegerichts und damit nur das, worüber das Beschwerdegericht eine Entscheidung getroffen hat. Dem entspricht es, dass das Rechtsbeschwerdegericht nur zu einer rechtlichen Überprüfung, nicht aber zu einer eigenen Sachverhaltsermittlung befugt ist (vgl. § 27 Abs. 1 FGG, §§ 546, 559 ZPO). Die nachträgliche Erledigung der Hauptsache beseitigt zwar nach den durch das Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätzen nicht das Rechtsschutzbedürfnis für die Überprüfung der landgerichtlichen Entscheidung, sie gestattet aber andererseits auch nicht die Einbeziehung von Verfahrensgegenständen, über die das Landgericht nicht entschieden hat (vgl. BayObLGZ aaO). Ist demnach lediglich der Fortbestand der amtsgerichtlichen Anordnung und die weitere Durchführung der Unterbringung der Gegenstand der Beschwerdeentscheidung, kann das Gericht der weiteren Beschwerde - wenn die Erledigung der Hauptsache erst nach der entsprechenden Beschwerdeentscheidung des Landgerichts eintritt - auch nur über die Rechtswidrigkeit zum Zeitpunkt dieser Entscheidung befinden. Nur wenn Gegenstand der Beschwerdeentscheidung auch die Überprüfung der ursprünglichen Rechtmäßigkeit der Anordnung und/oder der Durchführung der Unterbringung bis zur landgerichtlichen Entscheidung war, ist dem Gericht der weiteren Beschwerde auch die Entscheidung über diese Verfahrensgegenstände eröffnet.

b) Im konkreten Fall ist Gegenstand der landgerichtlichen Beschwerdeentscheidung lediglich die Frage, ob die Anordnung der vorläufigen Unterbringung aufrecht zu erhalten und damit die weitere Durchführung der Unterbringung rechtmäßig war.

aa) Allgemein kann zwar Gegenstand der landgerichtlichen Beschwerdeentscheidung nicht nur der Fortbestand der amtsgerichtlichen Anordnung und damit die Rechtmäßigkeit der weiteren Unterbringung sein, sondern auch die ursprüngliche Rechtmäßigkeit der Anordnung sowie die Rechtmäßigkeit ihres Fortbestands und der auf ihrer Grundlage durchgeführten Unterbringung bis zum Zeitpunkt der landgerichtlichen Beschwerdeentscheidung. Die Anordnung und die auf ihr beruhende Freiheitsentziehung bezieht sich nicht, wie zahlreiche andere Maßnahmen, auf einen bestimmten Zeitpunkt, sie wird über einen Zeitraum hinweg vollzogen. Es handelt sich um eine Dauermaßnahme. Innerhalb dieses Zeitraumes kann die Freiheitsentziehung zeitweise rechtmäßig, zeitweise nicht rechtmäßig sein. Dem Betroffenen kann es mit seiner Beschwerde nicht nur um die Verhinderung der weiteren Unterbringung, sondern auch um eine Überprüfung der ursprünglichen Rechtmäßigkeit der Anordnung und der anschließenden Freiheitsentziehung gehen. Dieses Ziel muss er bereits im verfahren der Erstbeschwerde verfolgen können. Nur so ist Art. 19 Abs. 4 GG als dem Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen Rechtsschutz Genüge getan (vgl. BVerfG NJW 2002, 2456; BayObLGZ aaO).

bb) Aus der Möglichkeit der Einbeziehung folgt aber nicht zwangsläufig, dass das Beschwerdegericht stets auch über die ursprüngliche Rechtmäßigkeit der Anordnung und die Rechtmäßigkeit der bereits vollzogenen Unterbringung zu entscheiden hätte. Vielmehr bestimmt der Inhalt der Beschwerde, welche Rechtsschutzziele der Betroffene mit seiner Beschwerde verfolgt. Legt er ohne nähere Angaben sofortige Beschwerde ein, kann im Grundsatz davon ausgegangen werden, dass er nur die Aufhebung der Anordnung und Beendigung der Freiheitsentziehung anstrebt. Will er darüber hinaus die ursprüngliche Rechtmäßigkeit der Anordnung und der Durchführung der Unterbringung überprüft sehen, setzt dies ein konkret hierauf gerichtetes Rechtsschutzbegehren voraus (vgl. BayObLGZ 2002 Nr. 54). In diesem Fall hat das Landgericht in seiner Beschwerdeentscheidung auch diese Anträge zu verbescheiden.

cc) Hier hat das Landgericht nur über die Fortdauer der vorläufigen Unterbringung entschieden. Dies ergibt sich zum einen aus den Beschlussgründen, in denen die derzeitige Entlassung des Betroffenen aus der stationären Behandlung der geschlossenen Abteilung abgelehnt wird, und in denen zur Begründung nicht auf die ursprünglich angeführte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1 UnterbrG verwiesen, sondern die nunmehr vorliegende Selbstgefährdung gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 2 UnterbrG herangezogen wird. Zum anderen war auch die durch den Betroffenen selbst eingelegte sofortige Beschwerde nur auf die Beendigung der Unterbringung gerichtet. Der damalige Verfahrenspfleger hatte sie dem Gericht mit dem ausdrücklichen Bemerken zugeleitet, der Betroffene halte einen Aufenthalt im Bezirkskrankenhaus bis zum 14.6.2002 für in Ordnung, aber nicht länger. Die später durch seine Verfahrensbevollmächtigte eingereichte Beschwerdebegründung zielte ebenfalls auf eine sofortige Entlassung des Betroffenen ab. Zwar enthält der Schriftsatz den Antrag auf Aufhebung der ursprünglichen Anordnung des Amtsgerichts, doch ist dieser Antrag auch für das Ziel einer Entlassung erforderlich. Der weitere Antrag, die Vollziehung des amtsgerichtlichen Beschlusses bis zu einer Entscheidung des Landgerichts einstweilen auszusetzen, deutet wiederum auf das Ziel der Entlassung des Betroffenen hin. Gleiches gilt für den Satz, dass der Betroffene zu entlassen sei, weil die Unterbringung nicht erforderlich sei. Auch wenn an einigen Stellen des Beschwerdeschriftsatzes sich Formulierungen finden, die eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch den Betroffenen zu jedem Zeitpunkt der Unterbringung verneinen, genügt dies nicht, um entgegen den eindeutig gestellten Anträgen den weitergehenden Antrag und Willen des Betroffenen anzunehmen, auch die ursprüngliche Rechtmäßigkeit der amtsgerichtlichen Anordnung und die Rechtmäßigkeit der Durchführung der Unterbringung zur Überprüfung zu stellen.

c) Gegenstand der Rechtswidrigkeitsfeststellung im vorliegenden Verfahren der weiteren Beschwerde kann demnach nur die Frage sein, ob die in der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts liegende Anordnung der Fortführung der Unterbringung rechtmäßig war oder nicht. Nur hierüber kann der Senat im anhängigen Verfahren entscheiden. Soweit der Betroffene in seiner weiteren Beschwerde den weitergehenden Antrag gestellt hat, insgesamt die Rechtswidrigkeit der mit Beschluss des Amtsgerichts vom 22.5.2002 angeordneten Unterbringung festzustellen, war dieser zurückzuweisen.

3. Der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit ist begründet, soweit er sich auf die Entscheidung des Landgerichts über die Fortführung der Unterbringung bezieht. Zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung lagen die Voraussetzungen für eine öffentlichrechtliche Unterbringung des Betroffenen nicht vor.

a) Das Landgericht hat in seiner Entscheidung die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 UnterbrG bejaht und dies folgendermaßen begründet: Bei seiner Einlieferung in das psychiatrische Krankenhaus sei der Betroffene sehr erregt gewesen und habe ein völlig unangemessenes Verhalten gezeigt. Nach den Feststellungen der behandelnden Stationsärztin sowie den Stellungnahmen des Leiters der Abteilung Allgemeinpsychiatrie des Bezirkskrankenhauses leide der Betroffene seit Jahren an einer immer wieder akut werdenden maniformen Psychose, deren Erscheinungsformen sich infolge der zwischenzeitlich zugeführten Medikamentation gemildert habe. Ein Absetzen dieser Medikamente, welches bei einer Entlassung des Betroffenen aus der geschlossenen Unterbringung zu erwarten wäre, hätte für seine Gesundheit verheerende Folgen. Diese ärztliche Einschätzung werde durch den Eindruck bestätigt, welchen das Gericht bei der Anhörung des Betroffenen gewonnen habe. Da der Betroffene nur eine oberflächliche Einsicht in seine Erkrankung und Behandlungsbedürftigkeit zeige und nach Auffassung der behandelnden Ärzte seine freie Willensbestimmung nach wie vor erheblich beeinträchtigt sei, sei es im Interesse des Betroffenen nicht zu verantworten, ihn zu entlassen, vielmehr bedürfe er der ärztlichen Überwachung, um erhebliche Gefahren für seine Gesundheit zu beseitigen.

b) Diese Feststellungen tragen die Fortdauer der Unterbringung nicht. Die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 UnterbrG lagen nicht vor.

(1) Gegen oder ohne seinen Willen kann in einem psychiatrischen Krankenhaus nur untergebracht werden, wer psychisch krank oder infolge Geistesschwäche oder Sucht psychisch gestört ist und dadurch in erheblichem Maß die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 UnterbrG), sein Leben oder in erheblichem Maße seine Gesundheit gefährdet (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 UnterbrG). Da die Freiheit der Person ein so hohes Rechtsgut ist, dass sie nur aus besonders wichtigem Grund angetastet werden darf, ist bei einer Unterbringungsanordnung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit streng zu beachten (vgl. BVerfG NJW 1998, 1774/1775). Er ist nicht nur zentrales Auslegungskriterium für die einzelnen Unterbringungsvoraussetzungen, sondern auch Maßstab für die Sachverhaltsaufklärung; er verlangt eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, bei der die vom Betroffenen ausgehenden Gefahren zur Schwere des Eingriffs in seine persönliche Freiheit ins Verhältnis zu setzen sind (vgl. BverfGE 70, 297/313 = NJW 1989, 767; BayObLGZ 1998, 116/118 = NJW 1999, 1789 m. w. N.). Die Beurteilung, ob der Betroffene an einer psychischen Krankheit leidet, ob er infolge dieser Krankheit die öffentliche Sicherheit und Ordnung, sein Leben oder in erheblichem Maße seine Gesundheit gefährdet und ob seine zwangsweise vorläufige Unterbringung deshalb erforderlich ist, obliegt dem Tatrichter. Das Rechtsbeschwerdegericht kann dessen Beurteilung nur auf Rechtsfehler überprüfen, also darauf hin, ob der Tatrichter die betreffenden unbestimmten Rechtsbegriffe verkannt hat, von ungenügenden oder verfahrenswidrig zu Stande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist, wesentliche Umstände außer acht gelassen, der Bewertung maßgeblicher Umstände unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt, gegen Denkgesetze verstoßen oder Erfahrungssätze nicht beachtet hat (vgl. BayObLGZ 1999, 216/218 = NJW 2000, 881).

(2) Aufgrund des durch das Landgericht verfahrensfehlerfrei festgestellten und damit für den Senat bindenden Sachverhaltes (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 559 Abs. 2 ZPO) steht fest, dass der Betroffene an einer maniformen Psychose, also einer psychischen Krankheit, leidet. Es steht weiter fest, dass er aufgrund dieser Erkrankung nicht in der Lage ist, Behandlungseinsicht zu zeigen, so dass ohne medikamentöse Behandlung die Gefahr weiterer Krankheitsschübe besteht.

(3) Das Landgericht hat aber bei seiner Entscheidung nicht hinreichend beachtet, dass infolge dieser Erkrankung eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, eine Gefahr für das Leben oder eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit des Betroffenen gegeben sein muss.

Der Betroffene hat nach den bindenden Feststellungen des Landgerichts in den Morgenstunden des 21.5.2002 ein auffälliges Verhalten in der Form gezeigt, dass er in einem ländlichen Ortsteil herumlief, um Essen und Trinken bettelte, von einem Bauern Schuhe erhielt und einen 50-Euro-Schein auf einen Misthaufen warf sowie grundlos vor einer polizeilichen Kontrolle flüchtete. Ein derartiges Verhalten belästigt zwar die Öffentlichkeit, stellt aber weder eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung noch eine erhebliche Gefahr für die eigene Gesundheit dar. Soweit der Betroffene nach seiner polizeilichen Fixierung verschiedene Tierlaute von sich gab und den ihn untersuchenden Arzt bedrohte, gilt dasselbe. Eine ernsthafte Gefahr konnte in diesem Zustand von dem Betroffenen nicht ausgehen. Des weiteren sind während der Unterbringung des Betroffenen ähnliche Vorfälle nicht mehr vorgekommen. Offensichtlich hat auch das Landgericht die Lage so gesehen, da es seine Entscheidung, anders als noch das Amtsgericht, ausschließlich auf die Selbstgefährdung des Betroffenen gestützt hat.

Es liegt aber auch keine für eine Unterbringung nach Art. 1 Abs. 1 Satz 2 UnterbrG ausreichende Selbstgefährdung vor. Allein die Verweigerung einer ärztlichen, insbesondere einer psychiatrischen Behandlung oder die Verweigerung der Einnahme für notwendig erachteter Medikamente reichen für eine Unterbringung ebenso wenig aus wie die Gefahr eines gesundheitlichen Rückfalls oder der Verlängerung des Krankheitszustandes im Fall der Nichtbehandlung. Denn erforderlich ist auch in einem solchen Fall, dass durch das verhalten des Betroffenen die öffentliche Sicherheit und Ordnung beeinträchtigt sein kann (BayObLGZ 1989, 17/21). Davon wird man bei Krankheiten ohne gravierende Auswirkungen auf Dritte in der Regel nur bei der Gefahr einer schweren Schädigung ausgehen können, etwa bei Lebensgefahr oder der Gefahr dauernder erheblicher Behandlungsbedürftigkeit (vgl. Zimmermann UnterbrG 4. Aufl. Art. 1 Rn. 10 f.). Die Gesundheitsgefahr, die daraus resultiert, dass eine nach Beginn der Unterbringung begonnene Behandlung wieder abgebrochen wird, rechtfertigt für sich genommen nicht die Aufrechterhaltung der Unterbringung (vgl. Marschner/Volckart Freiheitsentziehung und Unterbringung 4. Aufl. B Rn. 139 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Hier ist neben der Gefahr, dass bei einer Nichteinnahme der Medikamente bei dem Betroffenen die maniforme Psychose wieder ausbrechen könnte, eine höhere Gesundheitsgefahr für den Betroffenen weder aus den Feststellungen der Ärzte noch denjenigen des Landgerichts erkennbar. Der Hinweis eines Arztes auf "verheerende Folgen für die Gesundheit" des Betroffenen ist zu wenig konkret, als dass darauf eine so schwerwiegende Maßnahme wie die mit der Unterbringung verbundene Freiheitsentziehung gestützt werden könnte.

4. Die Entscheidung über die notwendigen Auslagen beruht auf § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG.

Der Geschäftswert wurde nach § 31 Abs. 1 Satz 1, § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 KostO festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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