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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 08.09.2004
Aktenzeichen: 3Z BR 149/04
Rechtsgebiete: UnterbrG, FGG


Vorschriften:

UnterbrG Art. 1 Abs. 1
FGG § 70h Abs. 1
FGG § 69f Abs. 1
Begeht ein Patient, der sich zunächst freiwillig in die geschlossene Abteilung eines Nervenkrankenhauses begeben hatte, in krankheitsbedingter Verkennung der Situation einen tätlichen Angriff auf das Pflegepersonal, und wird er anschließend überwältigt und fixiert, so kann das Vormundschaftsgericht im Rahmen der vorläufigen Unterbringung davon ausgehen, dass der Betroffene entsprechend den Angaben im Antrag der Nervenklinik nicht mehr freiwillig in der geschlossenen Abteilung verbleibt.
Gründe:

I.

Der Betroffene, der seit Jahren an einer bipolaren affektiven Erkrankung leidet, begab sich am Sonntag, 16.5.2004 gegen 3.00 Uhr morgens auf Veranlassung seiner Lebensgefährtin freiwillig in die geschlossene Abteilung des Bezirkskrankenhauses, da sich bei ihm Zeichen eines manischen Schubs manifestierten.

Nachdem der Betroffene gegen 7.00 Uhr des 16.5.2004 zwei Krankenschwestern, die ihn aus einem fremden Patientenzimmer verweisen wollten, verbal und tätlich bedroht hatte, wurde er nach Art. 10 Abs. 4 UnterbrG im Bezirkskrankenhaus festgehalten und zeitweise fixiert.

Mit Beschluss vom 16.5.2004 ordnete das Vormundschaftsgericht mit sofortiger Wirksamkeit die vorläufige Unterbringung des Betroffenen in einem Psychiatrischen Krankenhaus bis längstens 26.6.2004 an.

Mit am gleichen Tage bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 1.6.2004 legte die Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen gegen den am 18.5.2004 zugestellten Beschluss des Vormundschaftsgerichts sofortige Beschwerde ein mit den Anträgen,

1. festzustellen, dass die angeordnete vorläufige Unterbringung und deren bisherige Durchführung rechtswidrig gewesen sei und

2. die vorläufige Unterbringung aufzuheben.

Darüber hinaus beantragte sie festzustellen, dass die am 16.5.2004 im Bezirkskrankenhaus bei dem Betroffenen vorgenommenen Fixierungen rechtswidrig waren.

Nachdem das Landgericht am 11.6.2004 den Betroffenen und zwei Sachverständige im Bezirkskrankenhaus angehört hatte, wies es mit Beschluss vom 15.6.2004, dem Betroffenen und seiner Verfahrensbevollmächtigten zugestellt am 23.6.2004, die sofortige Beschwerde des Betroffenen zurück. Der Betroffene wurde am 24.6.2004 in eine offen geführte Station des Bezirkskrankenhauses verlegt.

Mit seiner am gleichen Tag beim Amtsgericht eingegangenen sofortigen weiteren Beschwerde vom 7.7.2004 will der Betroffene die Feststellung erreichen, dass die mit Beschluss des Amtsgerichts vom 16.5.2004 angeordnete vorläufige Unterbringung und die an dem Betroffenen während der Unterbringung vorgenommenen Fixierungsmaßnahmen rechtswidrig waren.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, soweit sie die Feststellung der Rechtswidrigkeit der vorläufigen Unterbringung begehrt. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

1. Die sofortige weitere Beschwerde mit dem Ziel, die Rechtswidrigkeit der angeordneten vorläufigen Unterbringung festzustellen, ist zulässig. Zwar hat sich vor Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde die Hauptsache durch Ablauf der im Beschluss des Amtsgerichts vom 16.5.2004 angeordneten Unterbringungsfrist erledigt. Dennoch fehlt der sofortigen Beschwerde nicht das Rechtsschutzbedürfnis (vgl. BayObLGZ 2002, 204/206). Die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes gebietet es in den Fällen, in denen der durch die beschlossene Unterbringung bewirkte tief greifende Eingriff in das Grundrecht der Freiheit beendet ist, die Schutzwürdigkeit des Interesses des Betroffenen an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Grundrechtseingriffs zu bejahen (vgl. BVerfG NJW 2002, 2456; Demharter FGPrax 2002, 137/138). Ob hiervon im Einzelfall Ausnahmen gerechtfertigt sein können, bedarf keiner weiteren Erörterung, da im vorliegenden Fall einer kurzzeitigen Freiheitsentziehung bereits nach den bisher maßgebenden Grundsätzen der Rechtsprechung (vgl. BVerfG NJW 1998, 2432; BayObLG NJW 2002, 146 m.w.N.) der Fortbestand des Rechtsschutzbedürfnisses zu bejahen ist. Es kann dahingestellt bleiben, ob das Rechtsschutzinteresse für den Fall zu verneinen wäre, dass der Betroffene mit seinem Verbleib in der geschlossenen Abteilung des Bezirkskrankenhauses einverstanden war (vgl. KG FGPrax 2002, 45/46; BVerfG [Kammer] NJW 1998, 2813/2814). Das Beschwerdegericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass das Einverständnis des Betroffenen nach dem Vorfall am Morgen des 16.5.2004 entfallen war (s.u. 3.b (3) dd).

2. Gegenstand der Rechtswidrigkeitsfeststellung durch den Senat ist zum einen, ob das Landgericht es zu Recht abgelehnt hat, die Rechtswidrigkeit der Anordnung der Unterbringung festzustellen und zum anderen die Frage, ob das Landgericht zu Recht die Fortdauer der vorläufigen Unterbringung bestätigt hat.

Die Rechtswidrigkeitsfeststellung kann sich sowohl auf die ursprüngliche Anordnung der öffentlich-rechtlichen Unterbringung als auch auf deren Fortbestand für den Zeitraum der Durchführung der Unterbringung bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses beziehen. Der Betroffene legt durch seinen Antrag fest, in welchem Umfang er die Rechtswidrigkeit überprüft sehen möchte. Tritt die Erledigung erst nach Erlass der Entscheidung des Beschwerdegerichts ein, sind die Grenzen zu beachten, die einer Überprüfung durch das Gericht der weiteren Beschwerde allgemein gezogen sind. Gegenstand des Verfahrens der weiteren Beschwerde und damit auch der Nachprüfung ist die Entscheidung des Beschwerdegerichts und damit das, worüber das Beschwerdegericht eine Entscheidung getroffen hat. Der Inhalt der Beschwerde bestimmt die Rechtsschutzziele des Betroffenen. Will der Betroffene über die Aufhebung der Anordnung der Freiheitsentziehung hinaus die ursprüngliche Rechtmäßigkeit der Anordnung und Durchführung der Unterbringung überprüft sehen, setzt dies ein konkret hierauf gerichtetes Rechtsschutzbegehren voraus (vgl. BayObLGZ 2002, 304/310, Senatsbeschluss vom 14.10.2002 Az 3Z BR 149/02).

So liegt es hier. Bereits mit seiner sofortigen Beschwerde hat der Betroffene über die Beendigung der Unterbringung hinaus die Feststellung begehrt, dass die Anordnung der vorläufigen Unterbringung durch das Amtsgericht und deren Durchführung rechtswidrig waren. Damit hat der Betroffene die gesamte Dauer seiner Unterbringung zur gerichtlichen Überprüfung gestellt.

3. Das Rechtsmittel ist nicht begründet.

a) Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Voraussetzungen der vorläufigen Unterbringung hätten im Zeitpunkt ihrer Anordnung durch das Amtsgericht am 16.5.2004 bis zur landgerichtlichen Entscheidung am 15.6.2004 vorgelegen und würden dies voraussichtlich auch noch mindestens bis zum Ablauf der Unterbringungsanordnung am 26.6.2004. Der Betroffene, bei dem eine bipolare affektive Erkrankung vorliege, sei in der Nacht vom 15.5. zum 16.5.2004 von seiner Mutter und seiner Lebensgefährtin in die geschlossene Abteilung des Bezirkskrankenhauses gebracht worden, weil sich Anzeichen eines manischen Schubs gezeigt hätten. Gegen 7.00 Uhr habe er sich ohne vernünftigen Grund in ein von anderen Patientinnen bewohntes Zimmer der Station begeben. Der Aufforderung der mit der Körperpflege der bettlägerigen Patientinnen befassten Krankenschwestern, das Zimmer zu verlassen, habe er keine Folge geleistet. Vielmehr habe er in krankheitsbedingter Situationsverkennung der Sachlage die erneute Aufforderung der Schwestern als Bedrohung aufgefasst, diese mit Kratzern und Schlägen verletzt und Patientinnen sowie Schwestern mit zwei Mineralwasserflaschen aus Glas bedroht. Nach den Feststellungen der Sachverständigen neige der Betroffene in manischen Phasen dazu, Alkohol zu konsumieren, was in Verbindung mit der Heilbehandlung dienenden benzodiazepinhaltigen Medikamenten zu erheblichen Situationsverkennungen wie der vom 16.5.2004 führen könne. Außerhalb der psychiatrischen Anstalt könnten derartige Situationsverkennungen zu noch schlimmeren Folgen führen, da dort keine geschulten Pflegekräfte zur Verfügung stünden, die den Betroffenen rechtzeitig überwältigen könnten. Da die manische Phase noch nicht abgeklungen, eine zuverlässige Fortführung der gesamten Medikation außerhalb der Anstalt nicht gesichert sei und der Betroffene einen genehmigten kurzen Geländeausgang zum Alkoholkonsum außerhalb des Anstaltsgeländes missbraucht habe, seien Fremdgefährdungen zeitnah zu erwarten. Der Betroffene bedürfe im Interesse der eigenen Gesundheit und im Interesse der Allgemeinheit dringend der Behandlung in einer geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses, weil nur durch den dort sichergestellten beschützenden Rahmen die von ihm ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung beseitigt werden könne.

b) Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

(1) Gegen oder ohne seinen Willen kann in einem psychiatrischen Krankenhaus nur untergebracht werden, wer psychisch krank oder infolge Geistesschwäche oder Sucht psychisch gestört ist und dadurch in erheblichem Maß die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 UnterbrG), sein Leben oder in erheblichem Maß seine Gesundheit gefährdet (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 UnterbrG). Da die Freiheit der Person ein so hohes Rechtsgut ist, dass sie nur aus besonders wichtigem Grund angetastet werden darf, ist bei einer Unterbringungsanordnung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit streng zu beachten (vgl. BVerfG NJW 1998, 1774/1775). Er ist nicht nur zentrales Auslegungskriterium für die einzelnen Unterbringungsvoraussetzungen, sondern auch Maßstab für die Sachverhaltsaufklärung; er verlangt eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls, bei der die vom Betroffenen ausgehenden Gefahren zur Schwere des Eingriffs in seine persönliche Freiheit ins Verhältnis zu setzen sind (vgl. BVerfGE 70, 297/313 = NJW 1989, 767; BayObLGZ 1998, 116/118 = NJW 1999, 1789 m.w.N.). Bestehen dringende Gründe für die Annahme, dass diese Voraussetzungen gegeben sind und mit dem Aufschub der Unterbringung Gefahr verbunden ist, kann das Vormundschaftsgericht die Unterbringung vorläufig anordnen (Art.9 UnterbrG, § 70h FGG). Die Beurteilung, ob der Betroffene an einer psychischen Krankheit leidet, ob er infolge dieser Krankheit die öffentliche Sicherheit und Ordnung, sein Leben oder in erheblichem Maße seine Gesundheit gefährdet und ob seine zwangsweise vorläufige Unterbringung deshalb erforderlich ist, obliegt dem Tatrichter. Das Rechtsbeschwerdegericht kann dessen Beurteilung nur auf Rechtsfehler überprüfen, also daraufhin, ob der Tatrichter die betreffenden unbestimmten Rechtsbegriffe verkannt hat, von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist, wesentliche Umstände außer Acht gelassen, der Bewertung maßgeblicher Umstände unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt, gegen Denkgesetze verstoßen oder Erfahrungssätze nicht beachtet hat (vgl. BayObLGZ 1999, 216/218 = NJW 2000, 881).

(2) Aufgrund des durch das Landgericht verfahrensfehlerfrei festgestellten und damit für den Senat bindenden (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 559 Abs. 2 ZPO) Sachverhalts steht fest, dass der Betroffene während der gesamten Dauer seiner Unterbringung an einer akuten manischen Episode der bei ihm bereits seit längerem diagnostizierten bipolaren affektiven Erkrankung litt. Ebenso steht fest, dass der Betroffene aufgrund seiner Krankheit in erheblichem Maß die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdete.

Die vom Betroffenen insoweit gegen die landgerichtlichen Tatsachenfeststellungen erhobenen Einwendungen lassen einen Rechtsfehler des Gerichts nicht erkennen.

aa) Das Verhalten des Betroffenen in der Aufnahmesituation bedurfte keiner weiteren Aufklärung. Abgesehen davon, dass insoweit keine unterschiedlichen Auffassungen zu erkennen sind, hat das Beschwerdegericht diesem Verhalten für die Beurteilung der Gefährlichkeit des Betroffenen rechtsfehlerfrei keine entscheidende Bedeutung beigemessen.

bb) Bei der Beurteilung der Frage, ob gemäß § 70 h Abs. 1 Sätze 1, 2, § 69 f Abs. 1 Satz 1 FGG, Art. 1 Abs. Satz 1 UnterbrG dringende Gründe für die Annahme bestehen, dass der Betroffene aufgrund seiner psychischen Erkrankung in erheblichem Maß die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährde, hat das Gericht darauf abgestellt, dass der Betroffene in der nach wie vor bestehenden manischen Episode generell und insbesondere im Zusammenhang mit Alkoholkonsum zu Situationsverkennungen mit vermeintlichen Notwehrhandlungen neigt, durch die insbesondere außerhalb des beschützenden Bereichs der psychiatrischen Anstalt Dritte in erheblichem Maß an den durch Art. 1 Abs. 1 Satz 1 UnterbrG geschützten Rechtsgütern verletzt werden könnten. Die hierfür erforderlichen konkreten Anhaltspunkte waren in Form des gravierenden Vorfalls am Morgen des 16.5. gegeben (Bedrohung der Krankenschwestern mit einer Glasflasche). Da der Betroffene bei seiner Anhörung durch das Beschwerdegericht außerdem erkennen ließ, dass er die manische Symptomatik unterdrückende Medikamente außerhalb der psychiatrischen Klinik nicht zuverlässig einnehmen werde und so mit einer Stabilisierung des Krankheitsbildes nicht zu rechnen war, bedurfte es keiner Ermittlungen zum Verhalten des Betroffenen bei entsprechender Medikamenteneinnahme. Die Würdigung der Sachverständigenäußerungen zur Gefährlichkeitsprognose lässt Rechtsfehler nicht erkennen, sie erfolgte insbesondere auf ausreichender Tatsachengrundlage. Die vom Sachverständigen befürchtete Unzuverlässigkeit des Betroffenen bei der Medikamenteneinnahme wird durch dessen Äußerungen bei der landgerichtlichen Anhörung ebenso bestätigt wie die Neigung zum Alkoholkonsum in Verbindung mit der Medikamenteneinnahme durch den Missbrauch des gewährten Geländeausgangs seitens des Betroffenen. Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit des von den Sachverständigen dargelegten Zusammenhangs zwischen Alkoholkonsum und Medikation sind weder ersichtlich noch vom Betroffenen geltend gemacht.

Entgegen der Auffassung des Betroffenen stützt das Beschwerdegericht die Unterbringung nicht auf die mangelnde Krankheitseinsicht und damit verbundene mangelhafte Medikamenteneinnahme als solche, sondern auf die daraus resultierende - wie dargelegt verfahrensfehlerfrei festgestellte - Gefährlichkeit des Betroffenen für Dritte. Die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch dem psychisch Kranken in gewissen Grenzen zu belassende "Freiheit zur Krankheit" (vgl. BVerfGE 58, 208 [224 ff.]; NJW 1998, 1774/1775) kann jedenfalls dann nicht mehr gewährt werden, wenn es - wie hier - um die Gefährdung von gewichtigen Rechtsgütern Dritter geht.

Entgegen der Auffassung des Betroffenen bedurfte es keines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Im Rahmen einstweiliger Anordnungen lassen § 70 h Abs. 1 Satz 2, § 69 f Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FGG ein ärztliches Zeugnis ausreichen. Ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör des Betroffenen im Rahmen der Sachverständigenanhörung ist nicht erkennbar. Da sowohl der Betroffene als auch dessen Verfahrensbevollmächtigte bei der Anhörung anwesend waren, ist die fehlende Übersendung der gerichtlichen Niederschrift unschädlich.

cc) Das Beschwerdegericht hat auch den entscheidungserheblichen Sachverhalt vom 16.5.2004 in dem im Rahmen einer einstweiligen Anordnung gebotenen Umfang verfahrensfehlerfrei aufgeklärt. Eine genauere Untersuchung der Details des gesamten Ablaufs wäre nur erforderlich gewesen, wenn sich dadurch das Verhalten des Betroffenen als situationsadäquat hätte erweisen können. Anhaltspunkte für einen "Angriff" der Schwestern auf den Betroffenen waren nicht ersichtlich. Der Betroffene hatte die Situation offensichtlich verkannt und deshalb seinerseits die Schwestern angegriffen.

dd) Ebenso wenig bedurfte der Vorfall vom 16.5.2004 gegen 3.15 Uhr im Raucherzimmer einer näheren Aufklärung, da er für die Beurteilung des Beschwerdegerichts ersichtlich keine Rolle spielte.

(3) Eine vorläufige Unterbringung nach § 70 h Abs. 1, § 69 f Abs. 1 FGG, Art. 1 Abs. 1 UnterbrG kommt nur in Betracht, wenn sie gegen oder ohne den Willen des Betroffenen erfolgt. Ist dieser mit der Unterbringung einverstanden, liegt keine Freiheitsentziehung vor. Für die Einwilligung kommt es auf den natürlichen Willen des Betroffenen an, da es sich nicht um ein Rechtsgeschäft oder eine Willenserklärung handelt, sondern um die Gestattung der Vornahme von Handlungen, die in rechtlich geschützte Güter eingreifen (vgl. Marschner/Volckart B Rn. 105, C Rn.7, 8; BayObLG FamRZ 1996, 1375).

aa) Der Betroffene hatte sich freiwillig in die geschlossene Abteilung der psychiatrischen Klinik begeben. Bei dem aufnehmenden Arzt bestanden keine Zweifel an der Einwilligungsfähigkeit des Betroffenen. Andernfalls hätte bereits zu diesem Zeitpunkt eine gerichtliche Genehmigung eingeholt werden müssen, da die Vorsorgebevollmächtigte ohne gerichtliche Genehmigung den Betroffenen nicht unterbringen konnte (§ 1906 Abs. 5 Satz 2, Abs. 2 BGB).

bb) Befindet sich eine psychisch kranke Person bereits freiwillig in geschlossener Unterbringung, darf sie nur dann untergebracht werden, wenn sie den Unterbringungsort ernsthaft verlassen will und sie deswegen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne des Art. 1 Abs. 1 UnterbrG darstellt (vgl. OLG Hamburg NJW RR 1992, 57; Marschner/Volckart B Rn. 106).

cc) Eine entsprechende Willensänderung hat das Beschwerdegericht für den Zeitraum ab der Anhörung vom 11.6.2004 verfahrensfehlerfrei festgestellt. Der Betroffene hatte bei dieser Anhörung unmissverständlich geäußert, er wolle nicht geschlossen untergebracht sein.

dd) Auch die Entscheidung des Beschwerdegerichts zur ursprünglichen Anordnung der vorläufigen Unterbringung hält der rechtlichen Überprüfung stand. Das Vormundschaftsgericht durfte im Rahmen der vorläufigen Unterbringung, bei der die Glaubhaftmachung der Voraussetzungen grundsätzlich genügt (vgl. Keidel/Kayser FGG 15.Aufl. § 70h Rn. 10), davon ausgehen, dass der Betroffene im Anschluss an den Vorfall vom Morgen des 16.5.2004 mit anschließender Sedierung und Fixierung mit seinem Verbleib auf der geschlossenen Station des Bezirkskrankenhauses nicht mehr einverstanden war. Dies entsprach den Feststellungen im Antrag des Bezirkskrankenhauses und wurde durch die späteren Ausführungen des Betroffenen bestätigt, wenn er seine tiefe Abneigung gegen Fixierungsmaßnahmen darlegt.

4. Zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der Fixierungsmaßnahmen (§ 70 I FGG) liegt keine Entscheidung des Landgerichts vor, über die der Senat befinden könnte.

Das Vormundschaftsgericht hatte über den bereits im Schriftsatz vom 1.6.2004 enthaltenen Antrag noch nicht entschieden. Dem Landgericht war daher lediglich die Beschwerde über die Unterbringung angefallen, hierüber hat es nach dem Tenor seines Beschlusses entschieden. Das Verfahren nach § 70 I FGG wird daher noch durchzuführen sein.



Ende der Entscheidung

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