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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 29.06.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 150/01
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 70m Abs. 3
FGG § 69g Abs. 5 Satz 3
FGG § 68
Der Betroffene ist durch das Landgericht regelmäßig erneut zu hören, wenn die amtsgerichtliche Anhörung fehlerhaft war
Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Plößl und Dr. Denk

am 29. Juni 2001

in der Unterbringungssache

auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen

beschlossen:

Tenor:

I. Der Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 20. März 2001 wird aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht genehmigte zuletzt mit Beschluss vom 22.1.2001 die Unterbringung des Betroffenen durch seinen Betreuer in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses bis 22.1.2003. Hiergegen legte der Betroffene, vertreten durch seinen Verfahrenspfleger, sofortige Beschwerde ein.

Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 20.3.2001 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Betroffene mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen ist zulässig. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht, da die Entscheidung des Landgerichts an einem wesentlichen Verfahrensmangel leidet und deshalb der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG; § 550 ZPO) nicht standhält. Es fand nämlich keine Anhörung des Betroffenen durch das Landgericht statt.

Grundsätzlich hat auch das Beschwerdegericht den Betroffenen persönlich anzuhören (§ 70m Abs. 3, § 69g Abs. 5 Satz 1, § 68 Abs. 1 Satz 1 FGG). Hiervon darf es, abgesehen von den hier nicht gegebenen Fällen des § 68 Abs. 2 FGG, nur absehen, wenn das Amtsgericht den Betroffenen persönlich angehört hat und von der erneuten persönlichen Anhörung keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind (§ 69g Abs. 5 Satz 3 FGG).

Die erneute Anhörung durch das Landgericht war hier erforderlich, weil die Anhörung, die das Amtsgericht am 8.1.2001 vornahm, fehlerhaft war (vgl. BayObLGZ 1999, 12/13; OLG Schleswig SchlHA 1994, 65; Keidel/Kayser FGG 14. Aufl. § 69g Rn. 15). Der Richter, der die Verlängerung der Unterbringungsgenehmigung aussprach, hatte sich vor dieser Entscheidung nicht selbst einen unmittelbaren Eindruck verschafft (§ 70c Satz 1 FGG). Vielmehr war der Betroffene im Wege der Amtshilfe durch einen Richter des Amtsgerichts A. angehört worden. Dieser hatte den Verfahrenspfleger zur Anhörung nicht zugezogen, obwohl dieser, ein Rechtsanwalt, in seinem Schriftsatz vom 22.12.2000 mitgeteilt hatte, es entspreche dem Wunsch des Betroffenen, dass sein Verfahrenspfleger an der Anhörung teilnehmen könne. Der Betroffene hatte bei seiner Anhörung am 8.1.2001, von der der Verfahrenspfleger nicht verständigt worden war, erklärt, dass er nur in Anwesenheit "seines Rechtsanwalts" angehört werden wolle. Auch das erkennende Amtsgericht hatte die Zuziehung des Verfahrenspflegers für erforderlich erachtet, da es bei der Vorbereitung der zunächst am Gerichtsort geplanten Anhörung dessen Ladung verfügt hatte.

Es ist nicht auszuschließen, dass der Betroffene bei der Anhörung durch das Landgericht im Beisein seines Verfahrenspflegers Angaben gemacht hätte, die zu einer abweichenden Beurteilung der zu entscheidenden Fragen, etwa der der Freiwilligkeit hinsichtlich der notwendigen Medikamenteneinnahme, hätten führen können. Das Landgericht hat dem Betroffenen keinen Glauben geschenkt, ohne von ihm einen persönlichen Eindruck gewonnen zu haben.

Vor der erneuten persönlichen Anhörung des Betroffenen hat das Landgericht zu prüfen, ob die Anhörung, wie es dem Grundsatz entspricht (vgl. § 70m Abs. 3, § 69g Abs. 5 Satz 2 FGG), vor der voll besetzten Kammer erfolgen muss oder ausnahmsweise durch einen beauftragten Richter durchgeführt werden kann (vgl. BayObLG FamRZ 1997, 900). Wegen der widersprüchlichen Ausführungen zur Notwendigkeit einer weiteren Unterbringung des Betroffenen im letzten Absatz der fachärztlichen Stellungnahme vom 20.12.2000 könnte es angezeigt sein, zu der Anhörung des Betroffenen einen Sachverständigen hinzuzuziehen (§ 68 Abs. 4 Satz 1 FGG).

Ende der Entscheidung

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