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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 20.12.2004
Aktenzeichen: 3Z BR 156/04
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 27
FGG § 69i Abs.6
Lehnt das Vormundschaftsgericht die Aufhebung der Betreuung ab und verlängert gleichzeitig die Frist für deren Überprüfung, so ist die Beschwerde gegen die ursprüngliche Bestellung des Betreuers mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vizepräsidenten Sprau sowie der Richter Dr. Knittel und Dr. Kainz am 20.Dezember 2004 in der Betreuungssache

auf die sofortige weitere Beschwerde und die weitere Beschwerde des Betroffenen

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde und die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts München II vom 29.Januar 2002 werden verworfen.

Gründe:

I.

Am 21.11.1996 bestellte das Vormundschaftsgericht mit ausdrücklicher Zustimmung des Betroffenen durch einstweilige Anordnung dessen Schwester zur vorläufigen Betreuerin mit dem Aufgabenkreis der Vermögenssorge und des Schriftverkehrs mit Behörden, Banken und Versicherungen. Für den Bereich der Vermögenssorge wurde ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet, von dem geringfügige Angelegenheiten des täglichen Lebens sowie das dem Betroffenen zur freien Verfügung überlassene Taschengeld ausgenommen blieben. Mit Beschluss vom 20.5.1997 wurde die bisher vorläufige Betreuerin mit demselben Aufgabenkreis und unter Aufrechterhaltung des Einwilligungsvorbehalts zur endgültigen Betreuerin bestellt. Nachdem diese um ihre Entlassung gebeten hatte, wurde am 15.6.1998 der jetzige berufsmäßige Betreuer, ein Rechtsanwalt, bestellt.

Einem zwischenzeitlichen Antrag des Betroffenen, die Betreuung aufzuheben, entsprach das Vormundschaftsgericht nicht. Vielmehr verlängerte es nach mündlicher Anhörung des Betroffenen und der Sachverständigen Dr. H., die den Betroffenen bereits zuvor begutachtet hatte, mit Beschluss vom 27.4.2001 die Betreuung mit unverändertem Aufgabenkreis und unter Aufrechterhaltung des Einwilligungsvorbehalts. Als neuer Prüfungstermin wurde der 1.4.2006 festgesetzt.

Gegen die ihm am 6.6.2001 zugestellte Entscheidung legte der Betroffene mit einem am 18.6.2001 bei Gericht eingegangenen Schreiben Beschwerde ein. Das Landgericht bestellte ihm einen Verfahrenspfleger und ordnete eine nervenärztliche Begutachtung an. In einem ausführlichen Gutachten vom 10.11.2001 diagnostizierte der Sachverständige Dr. S. einen auf frühkindliche Hirn- oder Hirnhautschädigung zurückgehenden Intelligenzmangel im Sinne einer leichten geistigen Behinderung, der Denkstörungen und Urteilsschwäche sowie erhebliche Beeinflussbarkeit zur Folge habe. Auch verfüge der Betroffene nicht über den notwendigen Überblick über seine Einnahmen-Ausgabensituation sowie die Fähigkeit zu deren kritischer Prüfung. In seinem Interesse seien sowohl die Betreuung als auch der Einwilligungsvorbehalt unbedingt aufrechtzuerhalten.

Mit Beschluss vom 29.1.2002 wies das Landgericht die Beschwerde zurück, wobei die Begründung im Wesentlichen auf das Ergebnis der Begutachtung durch den Sachverständigen abstellte.

Bereits am 7.2.2002 beantragte der Betroffene zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Amtsgerichts erneut die Aufhebung der Betreuung. Nach persönlicher Anhörung des Betroffenen sowie des Sachverständigen Dr. H. beschloss das Vormundschaftsgericht am 25.4.2002, dass die Betreuung und der Einwilligungsvorbehalt unverändert bestehen bleiben. Als neuer Prüfungstermin wurde der 1.4.2007 festgesetzt.

Am 29.10.2003 beantragte der Betroffene wiederum, die Betreuung aufzuheben. Diesen Antrag wies das Amtsgericht mit Beschluss vom 4.12.2003 zurück. Aufgrund mehrfacher Begutachtung des Betroffenen sei davon auszugehen, dass die Betreuung erforderlich sei. Der wiederholten Anregung des Gerichts, zwecks vorzeitiger Überprüfung ein ärztliches Attest vorzulegen, habe der Betroffene nicht entsprochen.

Am 2.7.2004 legte der Betroffene bei einer persönlichen Vorsprache zur Niederschrift der Rechtspflegerin des Landgerichts ausdrücklich Beschwerde gegen den Beschluss vom 29.1.2002 ein und beantragte hilfsweise die Aufhebung der Betreuung.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde und die weitere Beschwerde sind unzulässig.

1. Soweit sich das Rechtsmittel des Betroffenen gegen die Anordnung des Einwilligungsvorbehalts richten sollte, ist es wegen Nichteinhaltung der gesetzlichen Frist unzulässig. Ein Einwilligungsvorbehalt kann nur mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden (§ 69g Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 FGG); entsprechendes gilt für das Rechtsmittel gegen eine Entscheidung des Landgerichts, welche einen Einwilligungsvorbehalt bestätigt (§ 29 Abs. 2 FGG). Auch dieses muss als sofortige weitere Beschwerde innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses eingelegt werden (§ 22 Abs. 1 FGG). Über diese Frist wurde der Betroffene mit der landgerichtlichen Entscheidung vom 29.1.2002 schriftlich belehrt. Sein fast zweieinhalb Jahre nach Zustellung dieses Beschlusses hiergegen eingelegtes Rechtsmittel ist deshalb unzulässig.

2. Soweit sich der Betroffene mit seiner weiteren Beschwerde gegen den vom Landgericht bestätigten Fortbestand der Betreuung wendet, ist sein Rechtsmittel zwar nicht fristgebunden und deshalb nicht allein wegen Zeitablaufs unzulässig. Jedoch hat sich die Hauptsache des Verfahrens, in welchem die landgerichtliche Entscheidung ergangen ist, zwischenzeitlich erledigt. Denn auf den unmittelbar nach Zustellung der Beschwerdeentscheidung gestellten erneuten Überprüfungsantrag des Betroffenen hat das Vormundschaftsgericht am 25.4.2002 die Betreuung samt Einwilligungsvorbehalt ausdrücklich aufrechterhalten. Weiterhin hat es den am 29.11.2003 gestellten Antrag des Betroffenen auf Aufhebung der Betreuung mit Beschluss vom 4.12.2003 zurückgewiesen.

Damit beruht der Fortbestand der Betreuung nicht mehr auf der ursprünglichen Anordnung vom 27.4.2001, welche vom Landgericht am 29.1.2002 bestätigt wurde. Die Hauptsache jenes Beschwerdeverfahrens hat sich mit dem weiteren amtsgerichtlichen Beschluss vom 25.4.2002 erledigt (vgl. BayObLG FamRZ 1994, 1190 für die Verlängerung einer vorläufigen Betreuung).

Ein erst nach Erledigung der Hauptsache erstmals eingelegtes Rechtsmittel ist unzulässig; es kann nicht auf die Kosten beschränkt werden (BayObLG aaO; Keidel/Kahl FGG 15. Aufl. § 19 Rn. 93 m.w.N).

Der Senat kann auch nicht über den vom Betroffenen hilfsweise gestellten Antrag auf Aufhebung der Betreuung entscheiden, weil außerhalb eines zulässigen Beschwerdeverfahrens allein das Vormundschaftsgericht als zuständige erste Tatsacheninstanz eine derartige Entscheidung treffen kann.



Ende der Entscheidung

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