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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 30.12.2003
Aktenzeichen: 3Z BR 159/94
Rechtsgebiete: AktG, BRAGO


Vorschriften:

AktG § 306 Abs. 7 (a.F.)
BRAGO § 10
Bei der Berechnung des Gegenstandswertes für die Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten eines antragstellenden Aktionärs in einem Spruchverfahren nach dem Recht vor dem Inkrafttreten des Spruchverfahrensgesetzes ist der Wertanteil, der auf Aktien nichtantragstellender außenstehender Aktionäre entfällt, auch dann nicht zu berücksichtigen, wenn die Zahl der vom Antragsteller gehaltenen Aktien ebenso wie die Gesamtzahl der von den nichtantragstellenden außenstehenden Aktionären gehaltenen Aktien nicht bekannt ist. Im Zweifel ist eine Schätzung durchzuführen, die mangels weiterer sachlicher Anhaltspunkte auch darin bestehen kann, den Geschäftswert im Verhältnis 1:1 antragstellenden und nichtantragstellenden Aktionären zuzurechnen.
Gründe:

I.

Die Antragsteller haben sich in vorliegender Sache an einem aktienrechtlichen Spruchverfahren beteiligt, das nach sofortiger Beschwerde mehrerer Beteiligter durch Senatsbeschluss vom 29.9.1998 in der Hauptsache rechtskräftig abgeschlossen werden konnte. Mit Beschluss vom 10.12.1998 hat der Senat den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren, an dem sich die Antragsteller zu 1 bis 4 und 6 bis 9 beteiligt haben, auf 6 Mio. DM festgesetzt. Mit Schriftsatz vom 28.10.2003 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin zu 6 und Antragsteller zu 7 die Festsetzung eines gesonderten Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren beantragt. Mit Schriftsatz vom 20.11.2003 hat der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers zu 4 die Festsetzung eines gesonderten Gegenstandswertes für den von ihm vertretenen Antragsteller beantragt.

II.

1. Im aktienrechtlichen Spruchverfahren nach dem bis zum Inkrafttreten des Spruchverfahrensgesetzes geltenden Recht ist der Geschäftswert gemäß § 306 Abs. 7 Satz 5 AktG a.F. von Amts wegen festzusetzen. Diese Wertfestsetzung ist grundsätzlich zwar auch für die Anwaltsgebühren maßgebend (vgl. §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 9 Abs. 1 BRAGO). Dieser Grundsatz gilt jedoch nur insoweit, als sich der Gegenstand der gerichtlichen Tätigkeit mit dem der anwaltlichen Tätigkeit deckt. Fehlt es an einer solchen Übereinstimmung, setzt das Gericht des jeweiligen Rechtszuges den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbständig fest (§ 10 Abs. 1 und 2 BRAGO).

Der Senat geht seit seiner Entscheidung vom 7.2.1991 (BayObLGZ 1991, 84) in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass in Spruchverfahren regelmäßig für jeden Antragsteller ein gesonderter Gegenstandswert festzusetzen ist. Dies entspricht im Übrigen auch der ganz überwiegenden Rechtsprechung (vgl. BGH DB 1999, 272 und NJW-RR 1999, 1191; OLG Düsseldorf AG 2000, 77 m.w.N.; OLG Hamburg AG 2001, 479/482; OLG Zweibrücken AG 1995, 421/423) und der herrschenden Meinung in der Literatur (vgl. Hüffer AktG 5. Aufl. § 306 Rn. 23). Mit Beschluss vom 26.6.2002 (BayObLGZ 2002, 169/175) hat der Senat seine Rechtsprechung dahin präzisiert, dass für die Berechnung des Wertes der Tätigkeit des Verfahrensbevollmächtigten eines Antragstellers der Teil des Geschäftswertes, der auf Aktien nichtantragstellender außenstehender Aktionäre entfällt, nicht in die Berechnung miteinbezogen werden kann. Für den Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit ist vielmehr im Grundsatz der Bruchteil des Geschäftswertes anzusetzen, der dem Verhältnis des Aktienbesitzes des Antragstellers zum Gesamtbestand der Aktien außenstehender Aktionäre entspricht. An dieser Auffassung hält der Senat weiter fest.

2. Damit errechnet sich der Gegenstandswert für den Antragsteller zu 4 wie folgt:

a) Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren ist vom Senat auf 6 Mio. DM festgesetzt worden. Im Festsetzungsbeschluss vom 10.12.1998 wurde berücksichtigt, dass beide ehemalige Antragsgegnerinnen mittlerweile in Konkurs gefallen sind. Der Senat hat dieser Tatsache aber im Ergebnis keine Bedeutung beigemessen; die Konkurseröffnung wirke sich erst dann aus, wenn zu entscheiden sei, ob es sich bei etwaigen Gebührenforderungen um Masseschulden oder um Konkursforderungen handele (vgl. dazu ferner Senatsbeschluss vom 29.5.2002, Gz. 3Z BR 42 und 44/02). Soweit der Entscheidung des Senats vom 18.7.1978 (BayObLGZ 1978, 209/214) anderes entnommen werden könne, werde hieran nicht mehr festgehalten. Von diesen Grundsätzen ist auch bei der Berechnung des Gegenstandswertes auszugehen; eine "Abwertung" nach Maßgabe der zu erwartenden Konkursquote findet nicht statt.

b) Die Zahl der von den außenstehenden Aktionären im Beschwerdeverfahren noch gehaltenen Aktien betrug laut Senatsbeschluss vom 10.12.1998 7.224. Auf Grund der nicht weiter bestrittenen Angaben des Antragstellers zu 4 geht der Senat ferner davon aus, dass der Antragsteller zum maßgeblichen Zeitpunkt 2.846 Aktien gehalten hat. Damit entfällt auf den Antragsteller zu 4 ein Anteil in Höhe von 39,4 % an der Gesamtzahl der von außenstehenden Aktionären gehaltenen Aktien. Hieraus errechnet sich ein Gegenstandswert von 2.364.000 DM (= 39,4 % von 6 Mio. DM). Umgerechnet in Euro entspricht dies einem Betrag von 1.208.694 EUR.

3. Die Zahl der von den Antragstellern zu 6 und 7 noch im Beschwerdeverfahren gehaltenen Aktien kann der Senat nicht feststellen. Die Antragsteller wie auch die Antragsgegner haben sich hierzu nicht geäußert; zur Zahl der von diesen Antragstellern gehaltenen Aktien war auch zuvor nichts näher bekannt (vgl. Senatsbeschluss vom 28.2.2001, Gz. 3Z BR 381/00 S. 10). Für diesen Fall knüpft der Senat an seine bisherige Rechtsprechung an, wonach der Geschäftswert nach Abzug des auf den Antragsteller zu 4 entfallenden Anteils (s.o.) auf die antragstellenden Verfahrensbeteiligten im Verhältnis ihrer Zahl aufzuteilen ist (Aufteilung nach Kopfteilen; vgl. Senat aaO, BayObLGZ 1991, 84), allerdings mit der Maßgabe, dass auch insoweit der Restgeschäftswert zunächst um den auf die nichtantragstellenden Aktionäre entfallenden Anteil gemindert wird (vgl. BayObLGZ 2002, 169/176). Mangels näherer Anhaltspunkte schätzt der Senat diesen Anteil auf die Hälfte des Restgeschäftswertes; weitere Ermittlungen hierzu versprechen keine Aussicht auf Erfolg.

Im Ergebnis errechnen sich hiernach die Gegenstandswerte für die Antragsteller zu 6 und 7 wie folgt:

Geschäftswert: 6.000.000 DM

./. anteiliger Gegenstandswert für den Antragsteller zu 4: 2.364.000 DM

Restgeschäftswert: 3.636.000 DM

./. Anteil der nichtantragstellenden Aktionäre: 1.818.000 DM

Restbetrag: 1.818.000 DM.

Dieser Betrag ist rechnerisch aufzuteilen auf die Verfahrensbeteiligten zu 1 bis 3 und 6 bis 9, also auf insgesamt sieben Beteiligte. Hiernach entfällt auf die Antragsteller zu 6 und 7 ein Anteil von jeweils 259.714,29 DM. Dies entspricht 132.789,81 EUR.



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