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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 01.09.2004
Aktenzeichen: 3Z BR 162/04
Rechtsgebiete: BGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 1906
FGG § 70e
FGG § 19
Die Anordnung einer Begutachtung durch einen Sachverständigen zur Vorbereitung der Genehmigung einer Unterbringung im Betreuungsverfahren stellt keine mit der Beschwerde anfechtbare Zwischenentscheidung dar.
Gründe:

I.

Der Betreuer des Betroffenen beantragte am 12.7.2004 beim Vormundschaftsgericht die Genehmigung zur geschlossenen Unterbringung des Betroffenen gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Zur Vorbereitung einer Entscheidung ordnete das Vormundschaftsgericht mit Beschluss vom gleichen Tag die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens gemäß § 70e Abs. 1 Satz 1 FGG an. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Betroffenen verwarf das Landgericht am 22.7.2004 als unzulässig. Gegen diesen Beschluss legte der Betroffene am 16.8.2004 zur Niederschrift des Rechtspflegers beim Beschwerdegericht weitere Beschwerde ein.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Gegen die Anordnung der Einholung eines Sachverständigengutachtens im Unterbringungsverfahren ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

1. Die weitere Beschwerde ist zulässig. Die Entscheidung des Landgerichts unterliegt unabhängig von der Statthaftigkeit der Erstbeschwerde der weiteren Beschwerde (vgl. BayObLGZ 1993, 253). Der Betroffene ist beschwerdeberechtigt, weil das Landgericht seine Erstbeschwerde verworfen hat (vgl. BayObLGZ 1998, 195; Bassenge/Herbst/Roth FGG/RPflG 9. Aufl. § 27 FGG Rn. 7). Mangels gesetzlicher Bestimmung bedurfte es nicht der Einhaltung einer Beschwerdefrist.

2. Die weitere Beschwerde ist nicht begründet. Das Landgericht hat die Erstbeschwerde zu Recht verworfen, weil die Anordnung der Einholung eines Gutachtens und die Beauftragung eines Sachverständigen als solche keine anfechtbare Verfügung gemäß § 19 Abs. 1 FGG darstellt (BayObLG FamRZ 2001, 707; FamRZ 1998, 436/437; Keidel/Kahl FGG 15. Aufl. § 19 Rn. 9; Damrau/Zimmermann Betreuungsrecht 3. Aufl. § 68b FGG Rn. 37).

a) Nach dem Gesetz ist die Genehmigung einer Unterbringung zur Untersuchung des Gesundheitszustandes, Durchführung einer Heilbehandlung oder eines ärztlichen Eingriffs nur zulässig, wenn das Gericht zuvor das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt hat (§ 70e Abs. 1 Satz 1, § 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 FGG, § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Die Anordnung der Einholung eines solchen Gutachtens stellt ebenso wie die Einholung eines Gutachtens zur Erforderlichkeit der Betreuung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 FGG eine Zwischenverfügung dar. Solche Verfügungen sind nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich nicht der Beschwerde nach § 19 FGG unterworfen. Sie sind nur anfechtbar, wenn die angeordnete Maßnahme unmittelbar in die Rechte des Betroffenen eingreift, insbesondere von ihm ein bestimmtes Verhalten verlangt, und zwar in so erheblicher Weise, dass ihre selbständige Anfechtbarkeit geboten ist (vgl. BayObLG FamRZ 2001, 707; BayObLG FamRZ 1998, 436/437; Keidel/Kahl aaO § 19 FGG Rn. 9).

b) Der Beschluss des Amtsgerichts vom 12.7.2004 greift nicht in derartiger Weise in die Rechte des Betroffenen ein. Er ordnete lediglich die Einholung eines Gutachtens an, ohne dem Betroffenen Mitwirkungspflichten aufzuerlegen. Der Betroffene ist weder verpflichtet, sich untersuchen oder begutachten zu lassen, noch muss er überhaupt zu dem von dem Sachverständigen angesetzten Termin erscheinen. Die vom Senat zu den eine Betreuung vorbereitenden Gutachten nach § 68b FGG entwickelte Rechtsprechung erfasst auch die Gutachten zur Vorbereitung einer Unterbringung nach § 70e Abs. 1 Satz 1 FGG. Aus dem Zweck der Gutachtenerstellung ergibt sich nichts anderes. Der Verweis in § 70e Abs. 2 FGG auf § 68b Abs. 3 FGG verdeutlicht vielmehr die parallelen Strukturen der gesetzlichen Vorschriften.

Der gegenteiligen Auffassung des Kammergerichts zur Anordnung der psychiatrischen Begutachtung folgt der Senat aus den bereits mehrfach dargelegten Erwägungen nicht (vgl. z.B. BayObLG FamRZ 2001, 707/708; Beschluss vom 4.9.2002, Az. 3Z BR 153/02).

c) Eine Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 28 Abs. 2 FGG ist nicht geboten, weil es auf die streitige Rechtsfrage für die Entscheidung nicht ankommt. Auch bei Zugrundelegung der abweichenden Ansicht des Kammergerichts hätte die weitere Beschwerde des Betroffenen keinen Erfolg. Die vom Betroffenen eingelegte Erstbeschwerde wäre dann zwar als zulässig zu erachten. Die Anordnung des Amtsgerichts wäre jedoch zu Recht ergangen. Sie wäre nur dann rechtswidrig, wenn nach dem Inhalt der Akten, den bisher angestellten Ermittlungen und dem Ergebnis der persönlichen Anhörung des Betroffenen keinerlei Anhalt für die Annahme bestünde, er leide an einer psychischen Krankheit (vgl. KG FGPrax 2000, 237/238; KG FamRZ 2002, 970/ 972). Nach den bisherigen Erkenntnissen im Betreuungsverfahren ist jedoch davon auszugehen, dass der Betroffene an einer schweren Persönlichkeitsstörung leidet.



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