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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 18.09.2003
Aktenzeichen: 3Z BR 167/03
Rechtsgebiete: BGB, BSHG


Vorschriften:

BGB § 181
BGB § 1795
BGB § 1796
BGB § 1899 Abs. 4
BGB § 2303 Abs. 1
BGB § 2325 Abs. 1
BGB § 2329 Abs. 1
BGB § 2332 Abs. 1
BGB § 2332 Abs. 2
BSHG § 90
1. Das Vormundschaftsgericht kann bei Vorliegen eines erheblichen Interessenkonflikts zwischen Betreuer und Betroffenem dem Betreuer die Vertretungsmacht konkludent durch die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers für den betreffenden Aufgabenkreis entziehen.

2. Die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers für die Prüfung und Geltendmachung von Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen des Betroffenen gegen Vater und Schwester, die zu seinen Betreuern bestellt sind, ist auch dann erforderlich, wenn ein Sozialhilfeträger diese Ansprüche nach § 90 BSHG auf sich übergeleitet hat.


Gründe:

I.

Für die Betroffene sind seit 15.1.2003 ihre Schwester und ihr Vater als Betreuer für einen umfangreichen Aufgabenkreis bestellt; jeder von ihnen ist berechtigt, jeweils alleine die Angelegenheiten der Betroffenen zu besorgen. Die Mutter der Betroffenen ist am 29.2.1996 verstorben. Nach einem von dieser und dem Vater verfassten gemeinschaftlichen Testament haben die Ehegatten beim Tod des Erstversterbenden sich wechselseitig zu Alleinerben und nach dem Tod des Überlebenden ihre erste Tochter, die Betreuerin, als Erbin zu 1/2 und ihre zweite Tochter, die Betroffene, als beschränkte Vorerbin zu 1/2 eingesetzt. Für den Fall, dass eine der Töchter nach dem Tod des Erstversterbenden den Pflichtteil forderte, sollte sie nach dem Tod des Letztversterbenden gleichfalls nur den Pflichtteil erhalten. Der Reinnachlass nach dem Tod der Mutter betrug ca. 11.000 DM. Ein im Miteigentum der Mutter und des Vaters stehendes Anwesen war bereits im Jahr 1989 auf die erste Tochter, die Betreuerin, übertragen worden.

Der Bezirk Schwaben trägt die anfallenden Kosten für die Unterbringung der Betroffenen im Rahmen der Eingliederungshilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz. Mit Schreiben vom 20.3.2003 regte der Bezirk die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers mit der Begründung an, der Betroffenen stünden Nachlassansprüche aus dem Erbe ihrer 1996 verstorbenen Mutter zu, über deren Bestehen, Art und Höhe Uneinigkeit mit der Betreuerin bestünde. Wegen der möglichen Interessenkollision sei die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers angezeigt. Das Amtsgericht bestellte am 7.4.2003 eine Rechtsanwältin zur Ergänzungsbetreuerin mit dem Aufgabenkreis Regelung von Nachlassangelegenheiten.

Gegen diesen Beschluss legte die Betreuerin sowohl im eigenen Namen als auch als Schwester der Betroffenen als auch für die Betroffene Beschwerde ein. Das Landgericht hat am 15.7.2003 die Beschwerde zurückgewiesen.

Mit ihren weiteren Beschwerden, die wiederum im eigenen Namen, als Schwester der Betroffenen und für die Betroffene eingelegt worden sind, verfolgt die Betreuerin ihr Ziel weiter, die Aufhebung der Ergänzungsbetreuung zu erreichen.

II.

Die Rechtsmittel sind zulässig. Die Betreuerin ist als Betreuerin (§ 20 Abs. 1 FGG) und als Schwester der Betroffenen (§ 69g Abs. 1 Satz 1 FGG) beschwerdeberechtigt, sie kann auch als deren Vertreterin (§ 69g Abs. 2 Satz 1 FGG) für diese weitere Beschwerde einlegen. Das Rechtsmittel hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:

Da die Betroffene von der Erbfolge nach dem Tod ihrer Mutter ausgeschlossen worden sei, stünden ihr grundsätzlich ein Pflichtteilsanspruch gemäß § 2303 Abs. 1 BGB und im Hinblick auf die zu Lebzeiten erfolgte Übertragung des Miteigentumsanteils möglicherweise Ansprüche gegen den Vater nach § 2325 BGB und gegen ihre Schwester, die Betreuerin, gemäß § 2329 BGB zu. Eine Verjährung dieser Ansprüche nach § 2332 BGB sei wegen der Geschäftsunfähigkeit der Betroffenen fraglich. Jedenfalls könnten Ansprüche der Betroffenen gegen die beiden Betreuer nicht ausgeschlossen werden. Die Betreuer könnten die Betroffene bei der Durchsetzung etwaiger Ansprüche wegen § 1908i BGB i.V.m. § 1795 Abs. 2 BGB nicht vertreten. Es sei nicht zutreffend, dass die Durchsetzung etwaiger Zahlungsansprüche gegen die Betreuer ausschließlich dem Bezirk zu Gute kämen. Der Betroffenen stehe nach § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG i.V.m. der Verordnung zur Durchführung dieser Vorschrift ein ihr zu belassender Freibetrag von 2.301 EUR oder sogar 23.010 EUR zu, der momentan nicht ausgeschöpft sei.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

a) Das Vormundschaftsgericht darf abweichend vom Grundsatz der Einzelbetreuung einen weiteren Betreuer bestellen, wenn der eigentliche Betreuer aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen verhindert ist (§ 1899 Abs. 4 BGB). Rechtlich verhindert ist der Betreuer unter anderem dann, wenn er nach § 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1795, § 181 BGB von der Vertretung des Betroffenen kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, oder wenn ihm das Vormundschaftsgericht die Vertretungsmacht wegen erheblicher Interessenkollision gemäß § 1796 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB entzogen hat. Dann ist der weitere Betreuer mit eigenem Aufgabenkreis in alleiniger Verantwortung zu bestellen (vgl. BayObLGZ 1997, 288/290; BayObLG FamRZ 2002, 61).

b) Die Feststellungen des Landgerichts, die verfahrensfehlerfrei zustande gekommen und deshalb für den Senat bindend sind, tragen nach diesen Grundsätzen die Bestellung der weiteren Betreuerin für den ihr zugewiesenen Aufgabenkreis.

aa) Der Vater und Betreuer ist gemäß § 181 i.V.m. § 1795 Abs. 2, § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB von der Vertretung der Betroffenen insoweit gesetzlich ausgeschlossen, als es um die Prüfung und Geltendmachung von Ansprüchen geht, die der Betroffenen als Pflichtteilsberechtigten zustehen. Sowohl den Pflichtteilsanspruch nach § 2303 Abs. 1 BGB als auch den Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 Abs. 1 BGB müsste er als Vertreter der Betroffenen gegen sich selbst als Alleinerben geltend machen.

bb) Soweit es um die Geltendmachung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs nach § 2329 Abs. 1 BGB gegen die beschenkte Schwester geht, ist der Vater allerdings nicht nach den genannten Vorschriften ausgeschlossen. Er ist aber nach § 1795 Abs. 1 Nr. 1 und 3 i.V.m. § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB gehindert, hinsichtlich dieses Anspruchs für die Betroffene rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben oder die Betroffene bei der gerichtlichen Geltendmachung dieses Anspruchs zu vertreten, da er mit der Schwester in gerader Linie verwandt ist. Diese Tätigkeiten werden von dem der Ergänzungsbetreuerin zugewiesenen Aufgabenkreis erfasst und sind, schon im Hinblick auf die unter Umständen erforderliche Hemmung der Verjährung (§ 204 BGB n.F.), ein wesentlicher Teil davon.

Die ebenfalls zum Aufgabenkreis gehörende Prüfung und Entscheidung der Vorfrage, ob ein Rechtsstreit überhaupt geführt werden soll, und die außerprozessuale Geltendmachung von Ansprüchen sollen hingegen von § 1795 Abs. 1 Nr. 3 BGB nach herrschender Meinung nicht erfasst werden (vgl. BayObLGZ 1961, 277/281 = NJW 1961, 2309; MünchKomm/Wagenitz BGB 4. Aufl. § 1795 Rn. 36; Staudinger/Engler BGB 13. Bearb. § 1795 Rn. 31), sie sind nach dieser Auffassung auch kein Rechtsgeschäft im Sinn von § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB (BayObLGZ 1963, 132/134 = FamRZ 1963, 578). Insoweit ist der Vater aber durch das Vormundschaftsgericht wegen des bestehenden Interessenkonflikts gemäß § 1796 Abs. 1 i.V.m. § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB von der Vertretung der Betroffenen ausgeschlossen worden und deshalb verhindert.

Die Entziehung der Vertretungsmacht nach dieser Vorschrift setzt einen erheblichen Interessenkonflikt voraus, der eine genügende Berücksichtigung der Interessen des Betreuten nicht erwarten lässt (vgl. Palandt/Diederichsen BGB 62. Aufl. § 1796 Rn. 2). Im vorliegenden Fall befindet sich der Vater in einem derartigen Interessenkonflikt (vgl. auch BayObLGZ 1963, 132/134). Auch ihm gegenüber besteht ein Pflichtteilsergänzungsanspruch aufgrund desselben Sachverhalts. Schon nach dem Inhalt des von ihm mit verfassten gemeinschaftlichen Testaments will er, wie die Pflichtteilsstrafklausel zeigt, offensichtlich eine Inanspruchnahme des Pflichtteils nach der verstorbenen Ehefrau vermeiden. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass er die insoweit bestehenden Interessen der Betroffenen objektiv und unvoreingenommen wahrnimmt.

Das Vormundschaftsgericht hat die Entziehung der Vertretung zwar nicht ausdrücklich ausgesprochen. Insoweit genügt jedoch die Bestellung einer Ergänzungsbetreuerin für den entsprechenden Aufgabenkreis und ihre Bekanntgabe an den Betreuer (vgl. MünchKomm/Wagenitz § 1796 Rn. 16, Staudinger/Engler § 1796 Rn. 24). Aus der Begründung des amtsgerichtlichen Beschlusses ergibt sich mit hinlänglicher Deutlichkeit, dass für die Regelung der Nachlassangelegenheiten allein die Ergänzungsbetreuerin zuständig sein soll.

cc) Die Schwester und Betreuerin ist von der Vertretung der Betroffenen insoweit gesetzlich ausgeschlossen, als es um die Prüfung und Durchsetzung etwaiger Ansprüche nach § 2329 BGB wegen der Schenkung des Anwesens geht. Zwar greift dieser Anspruch nur subsidiär für den Fall ein, dass der vorrangig verpflichtete Alleinerbe den Pflichtteilsergänzungsanspruch nicht bedienen muss oder kann (§ 2329 Abs. 1 Satz 1 BGB; vgl. hierzu Palandt/Edenhofer § 2329 Rn. 2 einerseits und MünchKomm/Frank BGB 3. Aufl. § 2329 Rn. 3 andererseits). Doch lässt sich beim derzeitigen Sachstand ein solcher Anspruch nicht ausschließen, weil der Wert der Schenkung nicht bekannt ist.

dd) Soweit es um die Prüfung und Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs nach § 2303 Abs. 1 BGB und des Pflichtteilsergänzungsanspruchs nach § 2325 BGB gegen den Vater geht, ist die Betreuerin gemäß §§ 1795 Abs. 1 Nr. 1 und 3, § 1796 Abs. 1 i.V.m. § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB von der Vertretung ausgeschlossen. Insoweit gelten die für die Vertretung durch den Vater dargelegten Gründe entsprechend. Die Betreuerin ist mit dem Vater in gerader Linie verwandt. Auch bei ihr besteht ein erheblicher Interessenkonflikt. Denn wenn sie den Pflichtteilsanspruch und den Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen den Vater durchsetzen würde, würde das dem Vater durch seine Ehefrau vererbte Vermögen verringert, und damit zwangsläufig das Vermögen, welches ihr im Erbfall nach dem Vater zufallen würde. Außerdem könnte sich ergeben, dass der Vater zur Erfüllung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs nicht in der Lage ist, so dass sich ein Anspruch aus § 2329 BGB gegen die Betreuerin ergeben würde. Zudem würde bei einer Durchsetzung der Ansprüche die Betroffene möglicherweise über ein so großes Vermögen verfügen, dass der Bezirk die Kosten der Heimunterbringung zumindest teilweise von der Betroffenen erstattet bekommen könnte. Hierdurch aber würde sich wiederum das zukünftige Erbe der Betreuerin vermindern, weil diese Beträge nicht mehr im Vermögen des Vaters bzw. dem der Betroffenen vorhanden wären.

c) Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die Bestellung einer Ergänzungsbetreuerin erforderlich ist.

aa) Wie jeder andere Betreuer darf auch ein Ergänzungsbetreuer nur für Aufgabenkreise bestellt werden, für die dies erforderlich ist (§ 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB). Kann der Betroffene durch andere Hilfen seine Angelegenheiten besorgen oder fallen im Rahmen eines Aufgabenkreises keine zu besorgenden Angelegenheiten an, fehlt es an der Erforderlichkeit.

bb) Insoweit steht eine (mögliche) Verjährung der in Frage stehenden Ansprüche der Bestellung nicht entgegen. Das gilt auch dann, wenn man unterstellt, dass der Vater und die Schwester die Verjährungseinrede erheben werden. Denn es steht keineswegs fest, dass die Verjährungsfrist abgelaufen ist. Vielmehr bedarf sowohl das Bestehen von Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen wie auch die Frage, ob derartige Ansprüche durchsetzbar sind und im Interesse der Betroffenen überhaupt durchgesetzt werden sollen, einer sorgfältigen objektiven Prüfung.

Der Pflichtteilsanspruch gegen den Vater verjährt nach § 2332 Abs. 1 BGB in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Pflichtteilsberechtigte von dem Eintritt des Erbfalls und der ihn beeinträchtigenden Verfügung Kenntnis erlangt, und ohne Kenntnis in 30 Jahren. Die Mitteilung des Nachlassgerichts vom Tod der Mutter sowie von der letztwilligen Verfügung konnte der geschäftsunfähigen Betroffenen keine Kenntnis im Sinn von § 2332 Abs. 1 BGB vermitteln, weil sie nicht in der Lage ist, aus diesen Informationen Schlüsse zu ziehen. Insoweit kommt es auf die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters an (vgl. Palandt/Heinrichs § 199 Rn. 23). Eine gesetzliche Vertretung bestand für die Betroffene im Zeitpunkt des Erbfalls nicht. Sie ist erst durch die Bestellung der Betreuer am 15.1.2003 geschaffen worden. Frühestens zu diesem Zeitpunkt begann damit die Verjährungsfrist zu laufen. Dies gilt auch für den Pflichtteilsergänzungsanspruch, der eine besondere Art des Pflichtteilsanspruchs darstellt und ebenfalls unter § 2332 BGB fällt; insoweit muss zusätzlich Kenntnis von der beeinträchtigenden Schenkung vorliegen (vgl. Palandt/Edenhofer § 2332 Rn. 4).

Der Ergänzungsanspruch gegen die beschenkte Betreuerin verjährt nach § 2332 Abs. 2 BGB in drei Jahren nach Eintritt des Erbfalls; auf eine Kenntnis kommt es nicht an. Der Anspruch wäre damit an sich am 19.2.1999 bereits verjährt gewesen. Da die geschäftsunfähige Betroffene aber bis zum 15.1.2003 ohne jeden gesetzlichen Vertreter war, konnte die Verjährung erst sechs Monate nach dem Zeitpunkt eintreten, an welchem der Mangel der Vertretung behoben war (§ 206 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. bzw. § 210 Abs. 1 BGB n.F.). Es kann dahinstehen, ob insoweit die Betreuerbestellung vom 15.1.2003 genügt, obwohl die Betreuerin und der Betreuer an der Vertretung der Betroffenen gesetzlich jedenfalls an der verjährungshemmenden gerichtlichen Geltendmachung verhindert waren (vgl. auch Palandt/Heinrichs § 210 Rn. 3) und dieser Mangel erst am 7.4.2003 durch die Bestellung einer Ergänzungsbetreuerin behoben worden ist, so dass diese Verjährungsfrist erst am 7.10.2003 abläuft. Jedenfalls bedürfen auch diese Fragen einer unvoreingenommenen Prüfung. Dies genügt, zusammen mit dem Fortbestand der anderen Pflichtteilsansprüche, um die Frage der Erforderlichkeit der Ergänzungsbetreuung zu bejahen.

cc) Die Erforderlichkeit ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Bezirk nach der Behauptung der Betreuerin die der Betroffenen zustehenden Pflichtteilsergänzungsansprüche nach § 90 BSHG auf sich übergeleitet hat. Zwar sind die mit dem Erbfall entstehenden Pflichtteilsansprüche nach § 2317 Abs. 2 BGB übertragbar und können damit auch nach § 90 BSHG auf den Bezirk übergeleitet werden. Da die Geltendmachung von Pflichtteilsanspruch und Pflichtteilsergänzungsanspruch aber allein vom Willen des Berechtigten abhängig ist (vgl. die Formulierung in § 2303 Abs. 1 Satz 1, § 2325 Abs. 1 Satz 1 und § 2329 Abs. 1 Satz 1 BGB: "kann"), kann der Bezirk die Ansprüche erst dann für sich verwerten, wenn die Betroffene, vertreten durch die Ergänzungsbetreuerin, sich zur Geltendmachung dieser Ansprüche entschließt und die in § 852 Abs. 1 ZPO genannten Voraussetzungen vorliegen (Palandt/Edenhofen § 2317 Rn. 8 f.).

dd) Die erforderliche Prüfung, ob unter den dargestellten Umständen die Geltendmachung der Pflichtteilsansprüche zum jetzigen Zeitpunkt, mit der Folge des Verlusts der Vorerbenstellung nach dem Vater und der Verweisung auf den Pflichtteil, für die Betroffene günstiger ist als die spätere Stellung als beschränkte Vorerbin nach dem Tod des Vaters, und ob gegebenenfalls, auch unter Berücksichtigung der familiären Gesamtsituation, Maßnahmen zur Durchsetzung der Ansprüche eingeleitet werden sollen, obliegt der Ergänzungsbetreuerin. Bei der Abwägung hat diese allein die Interessen der Betroffenen wahrzunehmen, der im Übrigen ein Freibetrag von 2.301 EUR, beim Bezug von Eingliederungshilfe sogar von 23.010 EUR zusteht (vgl. BayObLGZ 2003, 29). In die Abwägung sind weder die Interessen der Betreuer, die eine Erstattung der Unterbringungskosten an den Bezirk möglichst vermeiden wollen, noch die Interessen des Bezirks, der eine Erstattung dieser Kosten anstrebt, einzubeziehen. Es geht nur darum, bei welchem Vorgehen die persönlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen der Betroffenen bestmöglich gewahrt sind.

3. Für eine Kostenerstattung war nach der Zurückweisung der weiteren Beschwerde kein Raum.

Ende der Entscheidung

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