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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 23.10.2002
Aktenzeichen: 3Z BR 179/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1836 Abs. 2 Satz 4
Der Vergütungsanspruch eines berufsmäßigen Betreuers entsteht dann, wenn die Tätigkeit erbracht ist. Ab dann beginnt die Ausschlussfrist des § 1836 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 1 BGB.
Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer war berufsmäßiger Betreuer für den nicht vermögenslosen Betroffenen. Mit Schriftsatz vom 7.3.2001, eingegangen am 13.11.2001, beantragte er für den Zeitraum vom 10.4.2000 bis 7.3.2001 eine Vergütung in Höhe von 794,58 DM sowie Auslagenersatz in Höhe von 15,30 DM. Mit Beschluss vom 2.7.2002 setzte das Amtsgericht eine Vergütung in Höhe von 375 DM (191,73 Euro) sowie Auslagenersatz von 3,40 DM (1,73 Euro) fest. Nicht bewilligt wurde die beantragte Vergütung in der Höhe von 419,58 DM sowie geltend gemachter Aufwendungsersatz im Betrag von 11,90 DM. Da sich die entsprechenden Ansprüche auf Tätigkeiten bzw. Aufwendungen im Zeitraum vom 10.4. bis 10.8.2000 beziehen, seien sie jeweils mit Ablauf der seit 1.1.1999 geltenden 15-monatigen Ausschlussfrist bereits vor Eingang des Festsetzungsantrages erloschen.

Die gegen diesen Beschluss eingelegte sofortige Beschwerde des ehemaligen Betreuers hat das Landgericht am 30.7.2002 zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit der sofortigen weiteren Beschwerde, die auf die Geltendmachung des nicht zuerkannten Vergütungsbetrages beschränkt ist.

II.

Das zulässige, insbesondere vom Landgericht zugelassene Rechtsmittel (§ 69e Satz 1, § 56g Abs. 5 Satz 2 FGG) ist unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht dem Betreuer den Vergütungsanspruch versagt, soweit er für Tätigkeiten im Zeitraum vom 10.4.2000 bis 10.8.2000 erhoben wurde.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Nach der seit 1.1.1999 geltenden Regelung des § 1836 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB erlöschen Vergütungsansprüche des (berufsmäßigen) Betreuers, falls sie nicht binnen 15 Monaten nach ihrer Entstehung gerichtlich geltend gemacht werden. Der Vergütungsanspruch entstehe mit der zu vergütenden Leistung. Mit diesem Zeitpunkt beginne auch die Ausschlussfrist zu laufen. Diese Frist sei mit 15 Monaten nicht unangemessen kurz, zumal sie auch bei den von den meisten Berufsbetreuern bevorzugten Abrechnungszeiträumen gewahrt werde. Die in der Senatsentscheidung vom 29.6.2000 (BayObLGZ 2000, 197) aufgestellten Grundsätze für den Beginn der Verjährung von Ansprüchen eines Betreuers könnten für die hier zu entscheidende Rechtsfrage nicht herangezogen werden.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) stand.

Der Vergütungsanspruch des berufsmäßigen Betreuers erlischt, wenn er nicht binnen 15 Monaten nach seiner Entstehung beim Vormundschaftsgericht geltend gemacht wird (§ 1836 Abs. 2 Satz 4 Halbs. 1 i.V.m. § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB). Zwar kann das Vormundschaftsgericht nach Halbsatz 2 dieser Bestimmung eine abweichende Frist festsetzen; das ist aber im vorliegenden Fall nicht geschehen.

Entstanden ist der Anspruch mit der jeweils einzelnen vergütungspflichtigen Betreuertätigkeit (BT-Drucks.13/7158 S. 26/27; BayObLGZ 1995, 395 = FamRZ 1996, 372; Schleswig-Holst. OLG FamRZ 2002, 1288; OLG Saarbrücken BtPrax 2000, 125/126; OLG Koblenz Fam.RZ 2002, 1355; MünchKomm/Wagenitz BGB 4. Aufl. § 1836 Rn. 59; Soergel/Zimmermann BGB 13.Aufl. § 1836 Rn. 29; Erman/Holzhauer BGB 10.Aufl. § 1836 Rn. 15; Knittel BtG § 1836 Rn. 43; insoweit unklar Staudinger/Engler BGB, Bearbeitung 1999 § 1836 Rn.71). Dies führt zu einer tageweisen Berechnung der Entstehung des jeweiligen Vergütungsanspruchs (MünchKomm/Wagenitz aaO; Soergel/Zimmermann aaO).

Von der Entstehung des Anspruchs, auf die § 1836 Abs. 2 Satz 4 1. Halbs. BGB allein abstellt, ist dessen Fälligkeit zu unterscheiden. Für den Beginn der Verjährung des Anspruchs des Betreuers gegen die Staatskasse in einem nach den bis zum 31.12.1998 geltenden Vorschriften zu beurteilenden Fall hat der Senat im Beschluss vom 29.6.2000 (BayObLGZ 2000, 197 = FGPrax 2000, 201) betont, dass der Anspruch des Betreuers zwar dem Grunde nach bereits mit der geleisteten Tätigkeit entstehe. Da das Gesetz aber den Zeitpunkt der Fälligkeit nicht näher bestimmt habe, sei darauf abzustellen, wann dem Betreuer die zusammenfassende Abrechnung der innerhalb eines angemessenen Zeitraums erbrachten Tätigkeiten möglich und zumutbar sei.

Diese Grundsätze können aber nicht für die seit 1.1.1999 geltende Ausschlussfrist des § 1836 Abs. 2 Satz 4 Halbs.1 BGB herangezogen werden (ebenso Schleswig-Holst. OLG aaO). Der Gesetzgeber hat vielmehr bei dieser Regelung bewusst auf die Entstehung des Anspruchs dem Grunde nach abgestellt und damit zum Ausdruck gebracht, dass er eine zusammenfassende Abrechnung der angefallenen Tätigkeiten innerhalb des damit beginnenden Zeitraums für zumutbar hält. Es wäre weder mit dem Wortlaut noch dem Sinn der gesetzlichen Regelung vereinbar, wenn man entgegen der ganz h.M. die für die Fälligkeit und daher den Verjährungsbeginn maßgebenden Erwägungen der Senatsentscheidung vom 29.6.2000 für die Feststellung heranziehen wollte, wann eine Forderung im Sinne von § 1836 Abs. 2 Satz 4 Halbs.1 BGB entsteht und damit die Ausschlussfrist in Lauf gesetzt wird. Die Regelung soll den Betreuer zur zügigen Geltendmachung seiner Ansprüche anhalten, damit diese nicht in einer Höhe auflaufen, welche die Leistungsfähigkeit des Betreuten überfordert und damit dessen Mittellosigkeit sowie die Eintrittspflicht der Staatskasse begründet (BT-Drucks.13/7158 S.27). Diesem Gebot einer zeitnahen Abrechnung durch eine klar eingegrenzte Ausschlussfrist würde es zuwiderlaufen, wenn die eindeutige Zuordnung der Entstehung des Anspruchs zu der jeweiligen Tätigkeit aufgegeben würde.

Die gesetzlich vorgesehene Frist ist mit 15 Monaten auch selbst dann angemessen, wenn entsprechend einer verbreiteten Abrechnungspraxis berufsmäßige Betreuer ihre Vergütungsanträge jeweils jährlich einreichen. Hinzu kommt, dass in besonderen Ausnahmefällen die in § 1836 Abs. 2 Satz 4 Halbs. 2 BGB vorgesehene Möglichkeit der Verlängerung der Frist in entsprechender Anwendung des § 15 Abs. 3 Satz 1 bis 5 ZSEG die Belange der Betreuer ausreichend berücksichtigt.

Ende der Entscheidung

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