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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 18.07.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 181/01
Rechtsgebiete: AuslG


Vorschriften:

AuslG § 57 Abs. 2 Satz 4
AuslG § 64 Abs. 3
Die Abschiebungshaft im Anschluss an die Untersuchungshaft ist bei einem mehrjährig Verurteilten nur zulässig, wenn die Staatsanwaltschaft einer Abschiebung innerhalb der nächsten drei Monate zustimmt.
Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Plößl und Dr. Denk

am 18. Juli 2001

in der Abschiebungshaftsache

auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen

beschlossen:

Tenor:

I. Die Hauptsache ist erledigt.

II. Der Betroffene trägt keine Gerichtskosten.

III. Die außergerichtlichen Kosten des Betroffenen werden, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, der Landeshauptstadt München auferlegt.

Gründe:

I.

Die Ausländerbehörde betrieb die Abschiebung des Betroffenen, eines nigerianischen Staatsangehörigen.

Mit Beschluss vom 20.2.2001 ordnete das Amtsgericht gegen ihn zur Sicherung seiner Abschiebung mit sofortiger Wirksamkeit Abschiebungshaft auf die Dauer von längstens sechs Wochen im Anschluss an bestehende Untersuchungshaft an.

Die vom Betroffenen hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht am 7.5.2001 zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss wendete sich der Betroffene mit der sofortigen weiteren Beschwerde. Mit Schreiben vom 7.6.2001 hat die Ausländerbehörde den Haftantrag zurückgenommen. Der Betroffene hat daraufhin die Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, der Landeshauptstadt München die Kosten aufzuerlegen.

II.

1. Nach der zulässigen Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde hat sich die Hauptsache dadurch erledigt, dass die Ausländerbehörde den Haftantrag zurückgenommen hat (vgl. BayObLGZ 1985, 178/180 m.w.N.).

2. Aufgrund der Beschränkung der sofortigen weiteren Beschwerde auf den Kostenpunkt hat der Senat über die gesamten Verfahrenskosten zu befinden (vgl. BayObLGZ 1985, 432/434). Er hat dabei den gesamten Akteninhalt zu berücksichtigen, ohne weitere Ermittlungen durchzuführen (vgl. BayObLGZ 1993, 177/179; Keidel/Zimmermann FGG 14. Aufl. § 13b Rn. 44).

a) Der Betroffene hat die Gerichtskosten erster und zweiter Instanz nicht zu tragen, da die Entscheidungen beider Instanzen, hätte sich nicht die Hauptsache erledigt, aufzuheben gewesen wären (§ 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 15 Abs. 1 FreihEntzG; vgl. BayObLGZ 1985, 432/435).

Beide Instanzen haben außer acht gelassen, dass der Betroffene am 9.2.2001 zu Freiheitsstrafe von drei Jahren sieben Monaten verurteilt worden war, wie sich aus der am 18.2.2001 bei dem Amtsgericht eingegangenen Vollstreckungsübersicht der Justizvollzugsanstalt ergibt, und daher § 57 Abs. 2 Satz 4 AuslG der Anordnung von Sicherungshaft entgegenstand.

Die Vorschrift schließt Sicherungshaft aus, wenn die Abschiebung innerhalb der nächsten drei Monate nicht durchgeführt werden kann und das bestehende Abschiebungshindernis vom Betroffenen nicht zu vertreten ist. Nach der noch nicht rechtskräftigen Verurteilung des Betroffenen zu Freiheitsstrafe von drei Jahren sieben Monaten ließ sich ausschließen, dass sich der staatliche Strafanspruch innerhalb von drei Monaten ab Haftanordnung durch Einstellung, rechtskräftigen Freispruch oder Beendigung der Strafvollstreckung endgültig erledigen würde. Daher wäre die Zustimmung der Staatsanwaltschaft zur Abschiebung gemäß § 64 Abs. 3 AuslG erforderlich gewesen (vgl. OLG Düsseldorf FGPrax 2001, 130). Nachdem diese nicht eingeholt worden war, bestand ein Abschiebungshindernis, das der Betroffene nicht zu vertreten hatte (vgl. SchlHOLG FGPrax 2000, 167 m.w.N.).

b) Für die dritte Instanz fallen Gerichtskosten dem Betroffenen nicht zu Last, da insoweit keiner der in § 14 Abs. 3 FreihEntzG vorgesehenen Gebührentatbestände erfüllt ist.

c) Die dem Betroffenen entstandenen außergerichtlichen Kosten waren der Gebietskörperschaft, der die Ausländerbehörde angehört, zu überbürden, da die Voraussetzungen des entsprechend anzuwendenden § 16 Satz 1 FreihEntzG (vgl. BayObLGZ 1997, 379/380 m.w.N.) gegeben sind. Das Verfahren hat, wie oben dargelegt, ergeben, dass unter Berücksichtigung der von der Ausländerbehörde offenbar übersehenen einjährigen Untersuchungshaft und der nach Art und Schwere des Delikts zu erwartenden Strafhöhe ein nicht nur vorübergehendes Abschiebungshindernis und damit kein begründeter Anlass zur Stellung des Antrags auf Anordnung von Abschiebungshaft vorlag.

Ende der Entscheidung

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