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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 01.10.2003
Aktenzeichen: 3Z BR 193/03
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 30 Abs. 1
KostO § 65
KostO § 131 Abs. 2
1. Für die Festsetzung des Geschäftswerts eines Beschwerdeverfahrens mit dem Gegenstand der Zurückweisung der Eintragung eines Nacherbenvermerks kommt es bei Ausübung des Ermessens nach § 30 Abs. 1 Halbsatz 2 KostO auf die Bedeutung der Beschwerde für die Beteiligten und das mit der Beschwerde verfolgte Interesse sowie auf alle sonstigen Umstände des Einzelfalles an. In der Regel ist, wenn mit der Beschwerde dasselbe Ziel wie in erster Instanz verfolgt wird, wie dort ein Bruchteil des Wertes des betroffenen Grundstücks oder Rechts anzusetzen.

2. Beruht die beantragte Eintragung eines Nacherbenvermerks auf einer letztwilligen Verfügung nach dem Recht des US-Bundesstaats Kansas, deren Rechtswirkungen nach deutschem Recht nicht eindeutig sind und lasten auf dem betroffenen Grundstück Grundschulden in beträchtlicher Höhe, erscheinen 10 % des Beziehungswerts als Geschäftswert angemessen.


Gründe:

I.

Der Erblasser Ferdinand F. war hälftiger Eigentümer des Grundstücks Flst.Nr.820/7 vorgetragen im Grundbuch. Er verstarb im Jahr 1996. Die Beschwerdeführerin ist Schwester des Erblassers. Sie ist der Auffassung, dass sie auf Grund eines in den Vereinigten Staaten vom Erblasser errichteten Testaments Nacherbin geworden sei und beantragte die Eintragung eines Nacherbenvermerks in das Grundbuch.

Das Amtsgericht hat am 27.7.2001 diesen Antrag zurückgewiesen. Die Beschwerde hiergegen hatte keinen Erfolg. In der zurückweisenden Entscheidung des Landgerichts vom 15.1.2002 setzte dieses einen Geschäftswert von 53.174,36 EUR fest.

Mit ihrer Beschwerde vom 7.3.2002 wandte sich die Beteiligte zu 1 gegen den Kostenansatz und den landgerichtlich bestimmten Geschäftswert. Das Landgericht hat am 4.9.2003 die Beschwerde der Beteiligten zu 1 wegen der Höhe des festgesetzten Geschäftswerts dem Senat vorgelegt.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg.

1. Die Festsetzung des Geschäftswerts für das landgerichtliche Beschwerdeverfahren kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 31 Abs. 3 Satz 1 KostO). Dabei handelt es sich um eine Erstbeschwerde (vgl. BayObLGZ 2003, 87).

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist formgerecht (§ 31 Abs. 3 Satz 1 KostO, § 14 Abs. 4 Satz 1 KostO, § 21 Abs. 2 FGG) und fristgerecht (§ 31 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 KostO) eingelegt. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 50 EUR (§ 31 Abs. 3 Satz 1 KostO).

2. Das Landgericht ist bei der Festsetzung des Geschäftswerts von einem Grundstückswert von 1,3 Mio. DM ausgegangen. Da sich der Nacherbenvermerk nur auf einen Hälfteanteil beziehe und hierauf lastende Grundschulden mit 546.000 DM anzusetzen seien, ergebe sich für das Beschwerdeverfahren ein Geschäftswert von 104.000 DM (= 53.174,36 EUR).

3. Nach § 131 Abs. 2 KostO bestimmt sich der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in allen Fällen nach § 30 KostO. Danach ist in vermögensrechtlichen Angelegenheiten der Wert, soweit er sich nicht aus anderen Vorschriften ergibt oder sonst feststeht, nach freiem Ermessen zu bestimmen; das gilt ausdrücklich auch für Verfügungsbeschränkungen (§ 30 Abs. 1 Halbsatz 2 KostO). Bei der Ausübung des Ermessens kommt es vor allem auf die Bedeutung der Beschwerde für die Beteiligten und das mit der Beschwerde verfolgte Interesse sowie auf die sonstigen Umstände des Einzelfalls an (BayObLG Rpfleger 1980, 35; Hartmann Kostengesetze 15. Aufl. § 30 KostO Rn. 15).

a) Nicht zu beanstanden ist der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts, das für die Festsetzung des Geschäftswerts auf das wirtschaftliche Interesse der Beschwerdeführerin abstellt. Das wirtschaftliche Interesse wird in dem landgerichtlichen Beschluss allerdings allein als Differenz zwischen dem von der Erbin mitgeteilten hälftigen Verkehrswert des Grundstücks und den anteiligen Grundschulden bestimmt. Offen bleibt, inwieweit die Grundschulden gegenständlich valutiert sind. Weitere Gesichtspunkte der Ermessensausübung enthält der angegriffene Beschluss nicht.

b) Als Anhaltspunkt für die Bewertung des Geschäftswerts der Beschwerde vor dem Landgericht kommt in erster Linie der Wert in Betracht, der für die Eintragung des Nacherbenvermerks in das Grundbuch anzusetzen wäre (vgl. Korintenberg/Lappe KostO 15. Aufl. § 131 Rn. 28). Denn die Beschwerdeführerin strebte mit ihrer Beschwerde in der Hauptsache diese Eintragung an. Für die Bewertung der Eintragung eines Nacherbenvermerks ist der Wert des Grundstücks heranzuziehen, auf das sich die Eintragung der Nacherbfolge bezieht (vgl. BayObLG aaO; Korintenberg/Reimann § 30 Rn. 8 f.).

Mit dem Landgericht kann unter Berücksichtigung des § 19 Abs. 2 KostO von dem offenbar im Erbschaftsverfahren mitgeteilten Verkehrswert ausgegangen werden. Diesen Wert greift die Beschwerdeführerin auch nicht an. Als Beziehungswert sind gegenständlich somit 650.000 DM anzusetzen. Von diesem Wert sind für die Bestimmung des Geschäftswerts Abschläge vorzunehmen, wobei sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Für die Ermessensausübung ist einmal von Belang, dass die Nacherbenstellung nur eine Anwartschaft begründet. Es ist nicht gesichert, dass der Anwartschaftsberechtigte den Eintritt des Nacherbfalls auch erlebt (vgl. Korintenberg/Lappe § 65 Rn. 4). Des Weiteren lasten auf dem Grundstück Grundschulden in beträchtlicher Höhe, wobei ungewiss ist, ob sie bis zum Eintritt des Nacherbfalls weggefertigt werden können. Schließlich ist zu beachten, dass die erbrechtliche Stellung der Beschwerdeführerin auf Grund der Verfügungen des Erblassers nach dem Recht des US-Bundesstaats Kansas von vorneherein zweifelhaft und mit weiteren erbrechtlichen Belastungen versehen war.

Es wird vertreten, dass bei der Eintragung von Verfügungsbeschränkungen zwischen 10 % und 50 % des Beziehungswerts als Geschäftswert anzusetzen sind (Korintenberg/Reimann § 30 Rn. 91). Dieser Bewertungsrahmen ist aus sachlichen Gründen nicht zu beanstanden, da angesichts des ungewissen künftigen Schicksals von Verfügungsbeschränkungen der Ansatz des vollen Beziehungswerts stets ausscheidet. Der Senat hat für die Bewertung einer Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung, die einen Antrag auf Eintragung einer Auflassung und auf Löschung eines Nacherbenvermerks zum Gegenstand hatte, etwa 20 % des Beziehungswerts für angemessen gehalten (BayObLG aaO).

c) Der Senat, der als Beschwerdegericht auch in Ansehung der Ermessensausübung an die Stelle des Landgerichts tritt, hält unter Berücksichtigung der unter Buchstabe b) für die Ermessensausübung angeführten Gründe 10 % des Beziehungswerts als Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens für angemessen. Er war somit auf 65 000 DM (= 33.233,97 EUR) festzusetzen (§ 31 Abs. 1 Satz 2 KostO).



Ende der Entscheidung

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